Who lies in Steinfeld? Von Brüder Grimm, Rotkäppchen, Herrn Holle, einem Gärtner und einer Medienhysterie

Wir wissen nicht, ob sich Bürgermeister Holle für seinen nächsten Jobwunsch als Bürgermeister der Gemeinde Stuhr im Landkreis Diepholz, im Bereich des Goldenstedter Rudels, schon mal vorweg als „harter Hund im Umgang mit dem Wolf“ präsentieren wollte. Der Bürgermeister möchte seine Amtszeit in der Samtgemeinde Tarmstedt  im Landkreis Rotenburg nämlich gar nicht regulär beenden. Wir glauben aber nicht, dass sich diese Aktion positiv auf die Wählerschaft der CDU insgesamt und auch direkt auf die zukünftige Wählerschaft des Herrn Holle auswirken wird. In Bereich des Goldenstedter Rudels gibt es eine kleine, aber laute Anti-Wolfs-Szene, dafür aber auch sehr viele stille Wolfsbefürworter. Auch in Bereich der Konservativen und Wertkonservativen gibt es viele Menschen, die eine an den Haaren herbeigezogene Geschichte nicht tolerieren wollen. Dies ist am Gegenwind zu spüren, der Bürgermeister und Umweltminister schon jetzt entgegenweht.

Der „Tatort“ am Friedhof in Steinfeld-Tarmstedt. Hier soll ein schwarzes Tier einen Gärtner gebissen haben. Drei weiße sollen zugesehen haben. Polizei, Bürgermeisten und Medien machten aus dem Tier einen Wolf. Die Geschichten läuft seit Tagen durch die Medien.

Gärtner und Holle könnten sich auch geirrt haben?

So beantwortete Holle auf eine Anfrage der Facebookseite „Wolf ja bitte“,  dass der Gemeindegärtner bzw. Holle sich auch geirrt haben könnte und nunmehr erst einmal mit Ruhe das Ergebnis das DNA-Ergebnis abgewartet werden solle. Damit schreibt Holle das Gegenteil von dem, was er bisher verlautbart hat. GroKo-Kollege und Umweltminister Lies behält bislang weiter seinen harten Kurs. Das Rudel in der Umgebung müsse „beobachtet“ und ggf. „komplett“ abgeschossen werden, heißt es. 

Gärtner will keine Stellungnahme abgeben

Keine Spur von Wölfen, auch nicht von Hunden, außer unserem.

Der einzige, der momentan etwas mehr Klarheit in die Angelegenheit bringen könnte, ist der Gärtner. Wir haben ihn angerufen und wollten ihm eine Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Dies wurde abgelehnt. Wir waren auch direkt vor Ort in Steinberg und wir haben uns den Ort des Geschehens angesehen und mit verschiedenen Menschen gesprochen. Niemand möchte namentlich genannt werden, denn die Menschen fühlen sich von der Presse und den Wolfsgegnern bedrängt.

Mehr Presse und Wolfsgegner in Steinberg als Anwohner?

In der Tat machen die Menschen vor Ort bereits Witze über ihre zweifelhafte Berühmtheit. Ein Mann sagte uns, dass er seit zehn Jahren dort am Friedhof arbeiten würde und noch nie einen Wolf gesehen hätte. Andere meinen, dass sie Wölfe mal von Weitem über ein Feld laufen gesehen hätten. Angst will sich bei den Anwohnern aber anscheinend partout nicht einstellen. Sie  seien auch von Wolfsgegnern genervt, die allerlei Unsinn erzählen würden. Viele Anwohner können nicht verstehen, weshalb zahlreiche TV-Übertragungswagen und sogar DER SPIEGEL für eine Story anreist, die nichts weiter zu bieten hat, als eine kleine Verletzung an einer Hand und einen Mann, der gesagt haben soll, ihn hätte ein schwarzes Tier gebissen sowie drei weiße Tiere hätten zugesehen. Selbst wenn es ein Wolf gewesen sein sollte, wäre ja wohl kaum was passiert.  Immerhin würde der Auflauf im Ort vielleicht die Geschäfte ankurbeln. Der Gärtner sei jedenfalls ein guter Bekannter des Bürgermeisters. Der Bürgermeister wiederum ist mit Dammann-Tamke verbandelt, dem „Chef“ der niedersächsischen Jäger, wie ihn das Jäger Medium Outfox-World betitelt. Dammann Tamke ist als Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen kein Wolfsfreund.  

Wir haben uns gestern den nicht fertig reparierten Zaun angesehen und nach Spuren gesucht. Weder haben wir Spuren von Hunden, noch von Wölfen entdeckt. Auch keine Haarreste. Auch in der Umgebung im Moorgebiet und um Wald fanden sich weder Spuren noch Losung. Auch ein Hund, der auf die Anwesenheit von Luchs und Wolf früher schon reagiert hatte, zeigte keinerlei Reaktion.

Alternative Fakten vom Jäger? Die Tollwut ist seit vielen Jahren in Deutschland ausgerottet und die Gefahr, sich mit einem Fuchsbandwurm anzustecken, äußerst gering für Spaziergänger.

Kein Medienhype um schwere Jagdunfälle

Wir fragen uns, weshalb es eine derartig dünne Geschichte in fast alle großen Deutschen Medien schafft, während Gewässerbelastungen mit multiresistenten Keimen, an deren Folgen sogar schon ein Niedersachse gestorben sein soll, sowie Glyphosat in Gewässern und im Grundwasser  sowie überdüngte Felder, in deren Folge die Gewässer ebenfalls belastet werden, kaum eine Chance haben, in ein Meinungsmedium zu gelangen. Fast zeitgleich zu dem angeblichen Beißvorfall kam es an mehreren Orten in Deutschland wieder einmal zu schweren Jagdunfällen. In den betroffenen Orten stauen sich allerdings keine Übertragungswagen.

Niedersachsen droht Millionenstrafe

 Niedersachsen steht vor ganz anderen Herausforderungen. Wegen Versäumnissen beim Ausweisen von EU-Naturschutzgebieten drohen dem Land Niedersachsen Strafzahlungen in Höhe von knapp zwölf Millionen Euro. Als einzigem Bundesland gelinge es Niedersachsen bis zum Fristablauf Ende des Jahres nicht, alle Flächen unter Schutz zu stellen, bestätigte das Umweltministerium. Es gehe um 90 der 385 betroffenen Flächen, die aber im Laufe des kommenden Jahres ausgewiesen werden sollen. Ein Grund für die noch nicht erfolgte Ausweisung der Naturgebiete sei, dass man betroffene Landwirte, Waldbesitzer, Jäger und Unternehmer eng in das Verfahren einzubinden versuche, sagte Lies dem NDR. Im Klartext: die Lobby mauert.  https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Schutzgebiete-Niedersachsen-droht-Millionenstrafe,naturschutzgebiete106.html

 

 

Faktencheck Goldenstedter Wolfsresolution

Niedersachsen – Gestern machte in sozialen Netzwerken ein Artikel aus einer Tageszeitung die Runde, der bei vielen Menschen Panik verbreitete. Viele fürchteten, dass es eine Abschussgenehmigung für das Goldenstedter Rudel geben würde. Das ist nicht der Fall. Der Artikel beschrieb lediglich, dass der Gemeinderat in Goldenstedt bei einer Sitzung am 18. Dezember in einer Resolution (eine schriftliche Erklärung zu einem offiziellen Beschluss) beschlossen hat, den Abschuss des Goldenstedter Rudels zu fordern. Fakt ist, dass der Goldenstedter Rat eigenständig keine Abschussgenehmigung für ein Wolfsrudel in Niedersachsen erlassen darf. Abschussgenehmigungen kann nur die Landesregierung erlassen. Die Resolution der Gemeinde Goldenstedt ist also lediglich als Forderungen an die Landesregierung zu bewerten.

Wir haben die Resolution als Pressemeldung vorliegen. Darin steht, dass der Rat wegen zu großer Gefahren den sofortigen Abschuss des Goldenstedter Rudels fordert. Wirklich konkrete Gefahren werden darin allerdings nicht geschildert. Die Weidetierhaltung sei in Gefahr heißt es und Kinder könnten nicht mehr draußen spielen. Ferner fühlten sich die Schäfer im Stich gelassen. Weiter geht es hier:  Resolution Wolf Ratsbeschluss

Abgesehen davon, dass der Wolf in Deutschland unter dem höchsten Schutzstatus steht, hat er laut der aktuellen Statistik des BfN auch in Deutschland noch keinen günstigen Erhaltungszustand erreicht. Doch selbst wenn dieser Erhaltungszustand erreicht wäre, gäbe es überhaupt keinen Grund, das Goldenstedter Rudel abzuschießen. Fakt ist, dass es in den rund 20 Jahren, in denen der Wolf wieder hier zuhause ist, keinen einzigen Angriff auf Menschen gegeben hat. Und selbst wenn mal ein Wolf zubeißen würde, läge dies noch immer weit unter der Zahl von Hundebissen.

Wir haben uns mal realistische Gefahren in Deutschland angeschaut:

Allein in Niedersachsen werden nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) bis zum Frühjahr 168 Kinder unter 14 Jahren vermisst – darunter 91 Jungen und 77 Mädchen. Die ältesten Fälle gehen zurück bis ins Jahr 1975.

Es kommt in erheblichen Ausmaß zu Kindesmisshandlungen. Für das Jahr 2011 registrierte die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 4.096 Anzeigen von Kindesmisshandlungen (§ 225 StGB) und 12.444 Anzeigen von sexuellem Missbrauch an Kindern (§ 176 StGB). Täglich werden 11 Kinder misshandelt, 39 Kinder sexuell missbraucht und drei Kinder pro Woche sterben an den Folgen von Misshandlung und Vernachlässigung. Quelle: Kinderschutz in Niedersachsen

Die meisten Kinder kommen durch Stürze zu Schaden: Hier eine Umfrage der GfK  – Vor allem Stürze http://www.gdv.de/wp-content/uploads/2012/08/Studie-Kinderunfaelle-Schmidt_GfK.pdf

Für Landwirte sind die eigenen Weidetiere allemal gefährlicher als der Wolf. Unfall auf der Weide: https://www.agrarheute.com/tier/rind/unfall-weide-lauert-gefahr-525189

Durch Kühe sterben mehr Menschen als durch weiße Haie,  alleine in 2013 gab es 10.200 Unfälle https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article136013256/Mehr-Tote-durch-Kuehe-als-durch-Weisse-Haie.html

Das gefährlichste Tier in Deutschland ist die Zecke: https://www.focus.de/wissen/videos/atemnot-hirnhautentzuendung-schmerzen-achtung-bedrohlich-das-sind-die-gefaehrlichsten-tiere-in-deutschland_id_5806431.html

Hunde beißen immer öfter. Das sagt eine „Beißstatistik“, die das „Deutsche Ärzteblatt“ veröffentlicht hat. Insgesamt ist in Deutschland derzeit pro Jahr von 30.000 bis 50.000 Bissverletzungen auszugehen. Da für Bisswunden keine Meldepflicht besteht, gibt es keine bundesweite offizielle Statistik, die Zahlen sind geschätzt.

Ist die Weidetierhaltung in gesamten Gebiet des Landkreises tatsächlich in Gefahr? Zum Vergleich hier die Liste. https://www.wolfsmonitoring.com/monitoring/nutztierrisse/ Sollten die wenigen Risse tatsächlich die gesamte Weidetierhaltung unmöglich machen, können nicht allzu viele Tiere dort auf der Weide stehen. Zaunkontrollen vor Ort ergeben leider immer wieder, dass kein Strom auf den Zäunen ist, oder die Weiden nur durch gespannte Drähte, die große  Abstände aufweisen,  eingezäunt werden. Auch liegt das Problem oft nicht an der Höhe der Zäune, sondern daran, dass kein Schutz am Boden vorhanden ist. Auch erweist sich immer wieder, dass es nicht die hauptberuflichen Halter sind, die Abschüsse fordern, sondern die Hobbyhalter.

Wir würden uns wünschen, dass der Gemeinderat in Goldenstedt im neuen Jahr statt Populismus lieber Realismus walten lassen würde und besorgte Eltern lieber  beruhigen würde als sie in Panik zu versetzen. Besonders die GRÜNEN, die die Resolution laut Bericht der Tageszeitung mitgetragen haben, sollten ihren Kurs doch noch einmal überdenken.