Erster Teilerfolg in Thüringen – Gericht untersagt Abschuss der Mutterwölfin, Jagd auf Welpen geht aber weiter

@ Brigitte Sommer – Beispielbild Wolfspaar: Seit vergangenem Jahr wurde im Revier der Wölfin Ohrdi ein Wolfsrüde nachgewiesen. Aktuell ist Paarungszeit. Somit besteht in diesem Jahr gar keine Gefahr, dass sich die Wölfin mit einem streunenden Hund paaren könnte. Anscheinend hat der neue Wolfsrüde sogar die Welpen der bislang allein erziehenden Mutterwölfin akzeptiert.

Das Verwaltungsgericht Gera hat gestern den Abschuss der Mutterwolfin Ohrdri vorläufig untersagt. Dies ist ein erster Teilerfolg.Weiterhin gefährdet sind jedoch die Mischlingswelpen, deren Abschuss nach wie vor beschlossene Sache zu sein scheint. Auch die anderen Verbände wie NABU und BUND hatten sich für deren Abschuss ausgesprochen, während Wolfsschutz Deutschland e. V. Anzeige wegen der Abschüsse von nunmehr zwei der fünf Welpen erstattet hat. Weiterhin besteht auch die Gefahr, dass die Wölfin und ihr neuer Wolfspartner „versehentlich“ erschossen werden könnten, weil im Schießbefehl auf die Wolfsmischlinge aufgeführt ist, dass bis zum 30. April auch  auf „graue“ Tiere  geschossen werden dürfe. Die Mischlingswelpen sind schwarz. Ohrdri und ihr Partner grau.

Seit vergangenem Jahr wurde im Revier der Wölfin Ohrdi ein Wolfsrüde nachgewiesen. Aktuell ist Paarungszeit. Somit besteht in diesem Jahr gar keine Gefahr, dass sich die Wölfin mit einem streunenden Hund paaren könnte. Anscheinend hat der neue Wolfsrüde sogar die Welpen der bislang allein erziehenden Mutterwölfin akzeptiert.

Wölfe in FFH-Gebieten noch strenger geschützt

Das Verwaltungsgericht Gera habe gestern  einem Eilantrag des Naturschutzbundes Deutschland, Landesverband Thüringen e.V. (NABU), stattgegeben und die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die angegriffene Entnahmegenehmigung wiederhergestellt,“ heißt es in einer Pressemitteilung. Damit dürfe die vom Freistaat Thüringen angeordnete sofortige Tötung („Entnahme“) einer in dem europäischen Schutzgebiet „TÜP Ohrdruf-Jonastal“ ansässigen Wölfin (und ggf. eines weiteren Wolfes) zunächst nicht vollzogen werden.

Nach Auffassung der Kammer hätte das Landesamt bei seiner Entscheidung nicht nur die artenschutzrechtlichen Vorschriften ins Auge fassen müssen. Vielmehr hätte es vorrangig beachten müssen, dass die Wölfin zu einer Tierart gehört, die wesentlicher Bestandteil des europäischen Schutzgebietes „TÜP Ohrdruf-Jonastal“ ist und als solche durch die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über den Gebietsschutz besonderen Schutz beanspruchen kann. Die Kammer habe entschieden, dass selbst wenn die Tötungsentscheidung der Wölfin als Maßnahme der unmittelbaren Gebietsverwaltung betrachtet werde, die Behörde nicht aufgeklärt und geprüft habe, ob diese im Hinblick auf den Gebietsschutz auch verhältnismäßig sei. Möglicherweise sind weniger einschneidende Maßnahmen möglich, die zu einen Ausgleich zwischen der Nutztierhaltung und der Existenz der Wölfe führen. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang die Prüfung des durch öffentliche Mittel geförderten Einsatzes höherer Zäune, des umfangreicheren Einsatzes von Schutzhunden und der Installation ortsfester Pferche angesprochen.

NABU für Erhaltung der Mutter, aber für Abschuss der Welpen

Im Klartext sagt das Gericht damit, dass Wölfe in FFH-Gebieten unter noch höherem Schutz stehen. Dieses Urteil könnte evtl. auch Auswirkungen auf Wolfsrüde Roddy haben, der in Niedersachsen auch in einem FFH-Gebiet lebt. In diesem Fall hat der Niedersächische Umweltminster Lies bislang über 1,2 Millionen Euro für eine erfolglose Jagd auf den Familienvater ausgegeben. Dem gegenüber stehe ein Schaden von etwas mehr als 500 Euro. Das Gericht hät es also für zumutbar, dass in Herdenschutzmaßnahmen intensiviert wird. Die Jagd auf die Thüringer Mischlingswelpen ist durch dieses Urteil leider noch immer im vollen Gange. Der NABU hatte zwar gegen den Abschuss der Mutterwölfin geklagt, doch den Abschuss der Welpen beführworte man aus artenschutzrechtlichen Gründen, heisst es.

Wir von Wolfsschutz Deutschland haben Anzeige gegen alle ausführenden und entscheidenden Personen gestellt, die am Abschuss der Welpen beteiligt sind.

Die Heraufbeschwörung der Gefahr einer Zerstörung des reinen Erbes der Wölfe gehört ins Reich der Fake-News

Gemäß  Anhang II des Berner Abkommens  zählt der Wolf zu den streng zu schützenden Arten von gemeinschaftlichem Interesse. Diesem strengen Schutzstandard unterliegen auch Hybridwölfe,  also Tiere, die aus einer Verpaarung zwischen einem Hund und einem Wolf stammen. Auch nach naturwissenschaftlichen Aspekten gehören Hybridwölfe zur Art „Wolf“. Hybridwölfe sind zudem auch durch das Tierschutzgesetz geschützt.  Kein Tier darf damit ohne Vorliegen eines vernünftigen Grundes getötet werden. Auch ein genereller Konsens, dass Hybriden aus Artenschutzgründen aus der Natur zu entfernen seien, stellt kein Argument dar, weil sich zum Beispiel fünf, bzw. drei verbliebenen Hybriden in Thüringen niemals so stark ausbreiten würden, dass sie die reinerbigen Wölfe von ihren Standorten verdrängen oder gar vernichten würden. Die Hybridisierungsrate beträgt in Deutschland  unter einem Prozent.

Gefahr, dass Wölfin oder ihr Partner „versehentlich“ abgeschossen wird, besteht wohl weiter

Die artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gelte für wolfsfarbene Tiere bis zum 30.04.2020, heißt es in der Pressemitteilung des Umweltamtes. Damit solle sichergestellt werden, dass die Wölfin nicht geschossen wird, während sie Jungtiere versorgt. Würde sie in der Gebär- und Aufzuchtzeit geschossen, kämen unselbstständige Welpen zu Schaden.

Rechtliche Analyse und Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V. http://www.djgt.de/system/files/320/original/Kurzposition_VG_Gera.pdf?fbclid=IwAR35sqbIpmwy8daB4zLOCv2gRlm_PleiB8Uv6F_qKheNW7OpePOyyaP8OUI

Hier der Link zur Presseinfo

http://www.vgge.thueringen.de/webthfj/webthfj.nsf/7C7103088943E827C12585140061AEA6/$File/03-2020%20Presseerklärung%20Wolfentnahme.pdf?OpenElement

Niedersachsen – Faktencheck zum Rodewalder Wolfsrudel – Kein Weidetierschutz aber Minister Lies will angeblich Abschuss

Niedersachsen - Faktencheck zum Rodewalder Wolfsrudel - Kein Weidetierschutz aber Minister Lies will angeblich Abschuss
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Neue Problemwolfkreation in Niedersachsen?

Drei Jahre ist es nun her, dass in Niedersachsen ein Wolf auf Geheiß eines Niedersächsischen Umweltministers erschossen wurde. Dabei war der Jungwolf Kurti (offiziell MT6) nach unseren Recherchen gar kein Problemwolf gewesen. Nun denkt anscheinend erneut ein Umweltminister aus Niedersachsen über einen Schießbefehl auf einen Wolf, bzw. sogar auf ein ganzes Rudel, nach. Der Grund: Hobbyschäfer in der Region Nienburg klagen über Risse. Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) hat sich nun zu Wolfsrissen in der Samtgemeinde Steimbke geäußert. In einem Gespräch mit dem Heemser CDU-Landtagsabgeordneten Dr. Frank Schmädeke betonte er nach Schmädekes Angaben, dass man die Tierhalter und Bevölkerung vor Ort bei diesem ernsten Thema nicht alleine lassen werde.

Wolfsrudel soll laut Minister Lies entnommen werden

Mit dem vermuteten Wolfsriss im Stall eines landwirtschaftlichen Betriebes sei aus der Sicht des Ministers „eine Grenze ganz deutlich überschritten worden“. Sollte sich der Verdacht durch die DNA-Analyse bestätigen, dann müsse dieser Wolf beziehungsweise das Rudel konsequent entnommen werden, zitiert Schmädeke den Minister. Das bedeutet im Klartext: Der Wolf und das vermutete Rudel würden dann geschossen werden. So werden beide Politiker in einem Bericht in der Onlinezeitung „Die Harke“ zitiert. https://www.dieharke.de/Lokales/Lokalnachrichten-6/70532/Minister_Wenn_sich_der_Riss_bestaetigt_wird_der_Rodewalder_Wolf_geschossen.html . Wie sich Minister Lies zu einer solchen Aussage versteigen konnte, ist uns schleierhaft:

Bei keinem der Fälle sind die Mindestanforderungen zum Schutz der Weidetiere erfüllt

Nur zwei Mal wurde bis Dato überhaupt der Wolf bestätigt. In keinem der Fälle ist ein Mindestschutz vorhanden gewesen. Quelle: https://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/wolfsbuero/nutztierschaeden/nutztierschaeden-161701.html

Niedersachsen ist von jeher durch Weidezäune geprägt

Das sind die Fakten: Rissgeschehen zum so genannten Rodewalder Wolf: Zehn Schafe, drei Rinder und eine Ziege sind seit dem Juli gerissen worden. In zwei Fällen ist der Wolf als Verursacher nachgewiesen, in allen anderen Fällen ist die Bearbeitung noch nicht abgeschlossen. Unabhängig davon, ob nun in den anderen Fällen auch der Wolf als Verursacher identifiziert werden kann, lässt sich jedenfalls schon jetzt sagen, dass in allen Fällen von Schafsverlusten, die gemeldet wurden, die Anforderungen der Richtlinie Wolf an den wolfsabweisenden Grundschutz nicht erfüllt waren.

Im Klartext: die betroffenen Halter haben nichts oder nicht genug getan, um ihre Herden zu schützen, obwohl der LK Nienburg zur sog. Förderkulisse gehört und das Land bis zu 80 % der Kosten für Zaunmaterial und/oder Herdenschutzhunde trägt. Siehe auch: http://www.nds-voris.de/jportal/;jsessionid=E36BCB6010E474C7A5B913886B7E0994.jp25?quelle=jlink&query=VVND-28100-MU-20170515-SF&psml=bsvorisprod.psml&max=true#ivz9 . Der CDU-Politiker Schmädeke ist bislang vor allem dadurch aufgefallen, dass er sich grundsätzlich gegen eine Einzäunung in der Kulturlandschaft ausspricht, also auch gegen den wolfsabweisenden Grundschutz. Obwohl Niedersachsens Kulturlandschaft durch Weidezäune geprägt ist. Die Weidetierhaltung ist seit Jahren auf dem Rückzug, aus betriebswirtschaftlichen Gründen, nicht wegen des Wolfes.

Vor allem müssen sich Menschen mit gesundem Menschenverstand fragen, warum seit dem Rissgeschehen im Juli immer weitere Risse passieren konnten und noch immer jedesmal kein Mindestschutz für die Tiere vorhanden war. Handeln so verantwortungsbewusste Weidetierhalter? Dass sich in der Gegend ein Wolf (inzwischen wohl sogar eine Wolfsfamilie) niedergelassen hat, ist bereits seit vergangenem Jahr bekannt. Siehe Karte der DBB-Wolf. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob man in diesem Gebiet nicht absichtlich anfüttert, so wie Sachsen im Gebiet des Rosenthaler Rudels, um Fakten zu schaffen, die einen Abschuss des Rudels rechtfertigen sollen?

Bereits seit vergangenem Jahr ist der Wolfsrüde dort als ansässiger Wolf bekannt. Quelle: www.dbb-wolf.de

Laut zuständigem Wolfsberater sind die betroffenen Halter allesamt Hobbyhalter. Der Wolf in dem Gebiet sei auch nicht mehr alleine, sondern es seien eine Fähe sowie drei Welpen bestätigt worden. In einem Fall habe ein Tier ein Schaf in einen Stall getrieben und dort gerissen. Auch dieser Fall wäre wohl mit wolfssicheren Zäunen vermeidbar gewesen. Zitat aus dem Managementplan für Niedersachsen: „Bei auffälligen Wölfen tritt zur Planung und Durchführung geeigneter Maßnahmen eine spezielle Arbeitsgruppe zusammen. Die Arbeitsgruppe informiert das Ministerium für Umwelt und Klimaschutz und das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung über die geplanten Maßnahmen.“

Bevor über einen Abschuss überhaupt nachgedacht werden kann, müssen zuvor alle Alternativen ausgeschöpft werden. Hier ist wohl auch nicht der Dienstweg eingehalten worden. Die Rahmenbedingungen für eine Entnahme sind nicht gegeben, da nicht einmal  ein Mindestschutz vorhanden ist.