Räude als natürliche Regulation verstehen?
Aufnahmen von Wildkameras in Sachsen-Anhalt zeigen Fälle von Räude bei Wölfen. Die Infektion kann schwerwiegend verlaufen und führt nicht selten zum Tod der Tiere. Jedoch ist die Krankheit Teil natürlicher Regulationsprozesse bei wildlebenden Tieren − auch wenn es im Einzelfall für Menschen schwer zu akzeptieren sei, schrieb das Landesumweltamt am fünften Juni in einer Pressemitteilung. Wir stellen diese Aussage gerne in unserem Artikel zur Diskussion. Teilen Sie uns Ihre Ansicht in den Kommentaren mit.
In fünf der in Sachsen-Anhalt bekannten Wolfsrudel seien nachweislich Fälle von Räude aufgetreten. Das zeigen Bilder aus Wildkameras und ein Wolfstotfund im April bei Jütrichau. Betroffen seien die Territorien Oranienbaumer Heide, Stresower Heide, Hoher Fläming, Parchen und Zerbst.
Bei der Krankheit handelt es sich um die von Milben verursachte Sarcoptes-Räude, von der sogenannte Hundeartige, also Füchse, Marderhunde oder Wölfe, befallen werden. Die Milbenart nistet sich im Fell ein und legt ihre Eier in der Haut ab. Das führt bei den befallenen Tieren zu starkem Juckreiz, der durch intensives Kratzen bekämpft wird. Dadurch fällt das Fell an diesen Stellen aus, die Haut wird eröffnet und es kommt zu Entzündungen, die das Immunsystem belasten. Das wiederum führt zu Auszehrung und im schlimmsten Fall zum Tod. Räudeausbrüche können in Wolfspopulationen zu einer deutlich erhöhten Sterberate, insbesondere unter den Welpen führen. Tiere mit starkem Immunsystem heilen die Krankheit meist aus, selbst wenn sie massiv befallen sind. Generell handele es sich dabei um einen natürlichen Regulationsmechanismus, der ohne menschliche Eingriffe funktioniert, so die Ansicht des LAU.
Nicht nur in Sachsen-Anhalt, auch in anderen Bundesländern wie Sachsen und Brandenburg haben wir immer wieder Wölfe mit Räude vor unseren Kameras.
Bei jagdbaren Tieren, wie Füchsen, sei es üblich, stark erkrankte Tiere zu schießen. Bei streng geschützten Tierarten wie Wölfen wäre auch bei Räudeerkrankung der Abschuss nur in Ausnahmen möglich. Insbesondere, wenn ein Tier so stark geschwächt ist, dass es nicht mehr flüchten kann und wenn nach tierärztlicher Einschätzung keine Chance auf Überleben besteht, dürfe es getötet werden.
Und genau bei dieser Argumentation können wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. in Punkto Logik und Ethik nicht mehr ganz folgen. Während Füchse, die sowieso in fast allen Bundesländern, in manchen sogar ohne Schonzeit und ohne vernünftigen Grund bereits geschossen werden dürfen, dürfen sie bei Räude dann gleich nach Sichtung „erlöst“ werden. Aber ein Wolf, bei dem eine Räudeerkrankung beobachtet wird, darf weder „erlöst“ noch darf ihm geholfen werden? Die Spätfolgen von Räude können furchtbar sein. Schwere bakterielle Infektionen können zu einer Sepsis führen, oder das betroffene Tier kann im Winter elendig erfrieren. Für Hunde dagegen gibt es es Hilfe. Drei wirksame Medikamente töten die Milben ab. Infolge dessen kann die Haut heilen und das Fell nachwachsen. Per Köderform könnte auch Wölfen dieses Medikament verabreicht werden. Übrigens gibt es das Krankheitsbild auch beim Menschen. Die Milbenerkrankung beim Menschen wird in der Umgangssprache Krätze genannt. Cremes und Medikamente können die Milben beseitigen.
Vor ein paar Jahren wurde ein Tierfilmer, der Pinguine in der Antarktis gerettet hatte, statt nur ihren Überlebenskampf mit anschließendem sicheren Tod zu filmen, für sein entschlossenes Handel gefeiert.
Der Natur ihre Auslese treffen zu lassen, ist einfach, solange man dies als mitfühlendes Mitlebewesen nicht mitbekommt. Doch sofern Leid bemerkt wird und Hilfe möglich wäre, gibt es da nicht eine moralische und ethische Verpflichtung zu helfen?
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