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Schießerlaubnis Rodewaldrudel: Oberverwaltungsgericht Lüneburg segnet Wild-West-Methoden der Landesregierung ab

Beschwerde gegen die erneute Genehmigung zum Abschuss des Rodewalder Wolfsrüden erfolglos, gab dasOberverwaltungsgericht gestern in einer Pressemeldung bekannt. Wir von Wolfsschutz Deutschland protestieren auf das Schärfste gegen diesen Entscheid und weisen darauf hin, dass dieses Urteil unserer Ansicht nach komplett gegen höherrangiges EU-Recht verstößt, denn zusätzlich wurde es laut O-Ton im Bescheid gestattet, „dass ein Wolf auch dann getötet werden darf, wenn er nicht anhand leicht erkennbarer äußerer Merkmale (etwa einer besonderen Fellzeichnung) als der Leitrüde des Wolfsrudels identifiziert werden kann, und dass diese Vorgehensweise gegebenenfalls bis zur Tötung des Leitrüden oder bis zum Ausbleiben weiterer Weidetierrisse fortgesetzt werden dürfe.“

Eine solche Entscheidung ist nichts anderes als eine Legalisierung einer Wolfsjagd, bei der es wohl völlig egal zu sein scheint, ob es denn wirklich den Verursacher der Risse treffen würde oder einen völlig anderen Wolf. Die Genehmigungserweiterung auf den Heidekreis könnte sogar noch andere Wolfsrudel als das Rodewalder Rudel treffen.

Der 4. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 24. November 2020 die Beschwerde einer staatlich anerkannten Naturschutzvereinigung gegen die neuerlich erteilte Ausnahmegenehmigung für die Tötung des Leitwolfs des Rodewalder Rudels zurückgewiesen, heisst es weiter in der Pressemitteilung.  (Az. 4 ME 199/20).

Schießgenehmigung gilt bis zum 31.12.2020

Nachdem diese Ausnahmegenehmigung Ende März 2020 ausgelaufen war, ohne dass der Wolf erlegt werden konnte, sei es im Territorium des Rodewalder Wolfsrudels im Mai und Juni 2020 zu zwei weiteren Rissen von Rindern und Pferden gekommen. Daraufhin erteilte hätte der NLWKN mit dem Bescheid vom 17. Juli 2020 erneut eine für sofort vollziehbar erklärte Ausnahmegenehmigung zur Tötung des Wolfsrüden erteilt. Dabei waren dem Rodewaldrüden  diese Risse gar nicht zweifelsfrei nachgewiesen worden. Diese erneute Schießgehmigung ist bis zum 31. Dezember 2020 befristet und örtlich auf einzelne im Wolfsterritorium liegende Städte und Gemeinden in den Landkreisen Nienburg/Weser und Heidekreis beschränkt.

Einen dagegen gerichteten Eilantrag einer Naturschutzvereinigung hatte das Verwaltungsgericht Oldenburg mit Beschluss vom 5. Oktober 2020 abgelehnt (Az. 5 B 2442/20).

Strafanzeigen und Beschwerden bei der EU

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat diesen erstinstanzlichen Beschluss bestätigt. Die vom NLWKN getroffene Prognose, dass die Tötung des Wolfs GW717m zur Abwendung ernster wirtschaftlicher Schäden erforderlich sei, sei gerechtfertigt. Es könne davon ausgegangen werden, dass dieser Wolf weiterhin Pferde und Rinder reißen und dadurch Schäden in erheblichem Umfang verursachen werde. Wolfsschutz Deutschland e. V. stellt die dringliche Frage in den Raum, ob besagte Tierhalter nicht selbst Risse provoziert haben, um eben solche Entscheidungen zu erreichen. Als Beweis dienen Fotos von Zaunkontrollen in betreffenden Gebiet, die darstellen, wie wenig Halter zum Schutz ihrer Tiere tun. Pferde sind auf ablegegendsten Weiden untergebracht, mit teilweise nur zwei Litzen als Zaun. So können auch die Pferde leicht ausbrechen und zu einer Gefahr für Wanderer und Straßenverkehr werden.

Normales Wolfsverhalten kriminalisiert

Außerdem sei damit zu rechnen, dass der Wolf seine Jagdtechnik auch an seine Nachkommen weitergeben werde, zumal andere Wölfe des Rudels schon an bisherigen Angriffen auf große Weidetiere beteiligt gewesen seien, heisst es weiter in der PM.  Woher sollen Wölfe wissen, dass sie Schafe – weil im Entschädigungskatalog, reißen dürfen und andere Tiere, die wegen geringer Körpergröße oder schlechtem Allgemeinzustand ins Beuteschema passen – nicht reißen dürfen? Dies hat mit einer Weitergabe der Jagdtechniken an Welpen nichts zu tun, da das Reißen von Beute im Spektrum zum normalen Verhalten eines Wolfs gehört.  Zumutbare Alternativen zur Tötung seien ebenfalls nicht ersichtlich. Wir sind der Ansicht, dass es sehr wohl zumutbare Alternativen geben würde, wenn man es denn wollen würde, nämlich die unbürokratische Förderung von wolfsabweisenden Zäunen bei Rindern und Pferden, wie es einige Weidetierhalter ja dort bereits realisiert haben. Ferner sind Herdenschutzhunde auch bei Pferde- und Rinderhaltung realisierbar. Ebenso finden wir es für Pferdehalter zumutbar, ihre Tiere nachts in einen Stall zu bringen.

Außerdem verstoße der seit dem 13. März 2020 geltende § 45a Abs. 2 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), der den Abschuss von einzelnen Mitgliedern eines Wolfsrudels in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit bereits eingetretenen Rissereignissen auch ohne Zuordnung der Schäden zu einem bestimmten Einzeltier erlaubt, nicht gegen europäisches Recht, heisst es weiter in der Pressemitteilung des OVG. Diese Rechtsauffassung zweifeln wir von Wolfsschutz Deutschland e. V. und wir werden Strafanzeigen erstatten und eine offizielle Beschwerde an die EU senden, falls ein Wolfs des Rodewald-Rudels oder eines benachbarten Rudels aufgrund dieser Tötungserlaubnis sein Leben verlieren sollte.

Der Beschluss sei unanfechtbar, endet die PM des Oberverwaltungsgerichtes.

Wolfsschutz Deutschland e. V. ruft zum legalen Widerstand auf

Wie auch im vergangenen Jahr, rufen wir dazu auf, die Vorgänge im Landkreis Nienburg und im Heidekreis sehr genau zu beobachten sowie zu dokumentieren und weitläufige Spaziergänge und Wanderungen zu unternehmen. Wir sichern neuen Vereinsmitgliedern aus diesen Gebieten zu ihrem Schutz zu, völlig inkongnito zu bleiben.

Hier die Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg: https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/beschwerde-gegen-die-erneute-genehmigung-zum-abschuss-des-rodewalder-wolfsruden-erfolglos-194854.html

 

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View Comments (26)

  • Ich finde das nur noch alles zum Kotzen ,wie hier mal wieder im Sinne der Wolfsgegner entschieden wird !!

  • Mir drängt sich hier die Frage auf, in welchem Jagdverein die Richter*Innen des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes ihre Freizeit verbringen? Anders lassen sich solche Urteile nicht erklären. Hier geht es nur noch um Ausrottung des Wolfes um jeden Preis. Und solange Verstöße gegen EU-Recht immer nur in Form eines "Dudu"-Daumens geahndet werden, wird sich auch nichts ändern...

    • Da haben die Jagd-, Bauern- und Nutztierhalterverbände wieder mal ihre Lobbyistenmacht ausgespielt.

    • Sie sprechen mir aus der Seele, auch meine erster Gedanke war, welchen Jagdkameraden denn hier ein Gefallen getan wurde - diese Entscheidung kann ja keinesfalls auf ökologischem Wissen basierend getroffen worden sein. Aber was kann man von Menschen erwarten, die das Töten von Tieren als Sport empfinden und sich ansonsten den wissenschaftlichen Erkenntnissen um ökologische Zusammenhänge verweigern.

  • Ja, ich frage mich auch wie es zu diesem Urteil kommen kann.
    Man sollte nachfragen können, ob dieses unabhängige Gericht nachgeprüft hat, ob die angeblich von dem Wolf gerissen Tiere, überhaupt geschützt waren.
    Oder ob man das vom Schreibtisch aus entschieden hat, weil man dieser Landesregierung sowieso alles glaubt.

  • Ich kann mich dem Kommentar von Helga NUR ANSCHLIEßEN. Welche Lobby hat da mal wieder Geld fließen lassen?

  • Für mich als Wolfsfreund sind die Ansichten einiger Landespolitiker (Weil, Lies) wie auch dieses Urteil des OVG vollkommen unverständlich!
    Nicht nur, dass sie m. E. gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen, sie verstoßen auch gegen geltendes EU-Recht. Nicht umsonst hat die EU gegen Deutschland ein Pilotverfahren wegen dieser Angelegenheit gestartet.
    Desweiteren wissen die Politiker wie Richter auch, dass die Nutztiere bei der Nahrung von Wölfen nur 1% ausmachen. Die paar Risse von Nutztieren sind im Vergleich zu den Fallzahlen bei Nutztieren sicherlich zu verkraften. Gestern konnte man bei FAKT wieder einmal sehen, wie wir mit Nutztieren, in diesem Fall Schweinen, in Schlachthäusern umgehen (https://www.mdr.de/investigativ/fakt-tierquaelerei-massenzucht-100.html). Und da handelt es sich um ganz andere Zahlen als bei den paar Rissen durch Wölfe.
    Wann begreifen Politiker und Tierhalter endlich, dass nicht nur Schafe, sondern auch Rinder und Pferde durch Elektrozäune und HSH vor Wölfen geschützt werden müssen?!

  • Kommt nicht die höchste Repräsentantin der EU aus diesem Bundesland?
    Ist sie nicht verpflichtet dem EU-Recht zur Geltung verfassen?
    Hier zeigt sich wieder einmal wie Überflüssig die EU ist wenn sie ihre Gesetze nicht umsetzt.

  • Wie bitteschön soll denn legaler Widerstand aussehen. Mit einem Schild bekloppt rumstehen? Da werden die Wolfsgegner ja vor Angst erzittern. Macht mal irgendwie eine Aktion die etwas Aufsehen erregt und abschreckt.

    • Wir halten Sie nicht davon ab, mit einer von Ihnen beschrieben Aktion eigentständig anzufangen.

    • Vielleicht die Jägerschaften zum Leidwesen der Naturschützer die es auch unter Ihnen gibt (vielleicht sogar noch die Mehrheit) als bloß macht und schießwütig darzustellen.

      Denn unter den Jägern gibt es auch Wolfsbefürworter die dann unter Ihren "Kollegen" ihr eigenes Ansehen verlieren, da müssten die doch auch mal selber tätig werden, wenn sie noch in der (nicht ländlichen) Bevölkerung ernst genommen werden wollen.

      Und aus der Sicht der christlich kaufmännisch orientierten Politiker könnte der Wolf ja auch schon eine rein kaufmännische Daseinsberechtigung haben, weil er eben den Verbiss bei neu angepflanzten Baumarten die den Klimawandeln besser ertragen, auf natürlichste Art und Weis begrenzt.
      Also welche Aktion ?
      Die muss ja auch legal sein sonst bewirkt man bei diesen "verdrehten" Einzeltätern die von ihren Politikern bzgl. ihrer nicht nur Meinungs- sondern Tatenfreiheit unter "besonderen" Schutz gestellt sind, doch dann genau das Gegenteil.
      Aber ein aufweckender Skandal dieser "Vetternwirtschaft" wäre sicherlich nicht schlecht.

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