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Voll daneben: wie sich die Tagesschau mit „alternativen Fakten“ über Wölfe und Wolfsschützer blamiert

Vorgestern Abend in der Tagesschau nahm das Unbill seinen Anfang. Ein dreimütiger Bericht des Autors Marco Heuer von NDR über das Rodewaldrudel startete mit verzerrten Fotos aus Wildkameras die mit Störgeräuschen und Gruselmusik in bester Krimischockermanier hinterlegt waren. Wer sich nicht mit Wölfen auskennt, musste bei diesem Intro wirklich Angst bekommen. Dann wurde weiter berichtet, dass der böse Rodewalder Wolf sich praktisch quer durch den Landkreis Nienburg fressen würde. Kühe, Schafe, Alpakas, alles hätte Wolf „Roddy“ auf dem Kerbholz. Dass dies gar nicht der Fall sein kann, zeigt das Wolfsmonitoring der Jägerschaft. Hier ist inzwischen nachgetragen, dass der einzig nachgewiesene Welpe durch einen Verkehrsunfall ums Leben kam. Es sind also nur noch Roddy und seine Partnerin Lichta dort. Einen solchen Hunger können keine zwei Wölfe haben. https://www.wolfsmonitoring.com/monitoring/wolfsterritorien_in_niedersachsen/territorium_rodewald/Und schon kam eine Halterin von Kühen zu Wort, die ihre „hochemotionale Bindung“ zu ihren Tieren beschwor. Kein Wort zu den Zäunen, die hinter der Frau gut zu sehen waren. Stacheldraht ist nicht nur tierschutzrechtlich bedenklich, sondern hilft auch absolut nicht vor Angriffen von Hunden oder Beutegreifern, die einfach unter der ersten Litze hindurch kommen können. Dass die „hochemotionale Bindung“ vor dem Schlachthof endet, kam auch nicht zur Sprache.  Die Tierhalter hätten Billigkeitsleistungen beantragen können, sich den Schaden ersetzen lassen können. Dieser war nicht wirklich hoch, denn Wolf Roddy hat nachgewiesener Maßen einen Schaden von unter 2.000 Euro verursacht. Außerdem hat der Abschluss des Wolfsmonitorings der Jäger ergeben, das in Niedersachsen nur die Hälfte der Risse überhaupt auf Wölfe zurückzuführen sind. Zaunkontrollen von uns ergaben, dass der Herdenschutz in der Region sprichwörtlich sogar verweigert wird.  Dabei kommen Weidetierhalter alles bezahlt. Von den Zäunen bis zur Entschädigung. https://wolfsschutz-deutschland.de/2019/05/08/unsere-zaunkontrollen-und-der-abschluss-des-wolfsmonitorings-der-jaegerschaft-belegen-problemzaeune/ Das kam aber im Bericht ebenfalls nicht zur Sprache. Auch nicht, dass die GRÜNEN eine Anfrage zu den Kosten des Schießkommandos von Herrn Lies gestellt hatten und die Anfrage wohl bislang nicht beantwortet worden ist. Stattdessen behauptete der Autor, dass Wolfsschützer sich nicht vor seiner Kamera äußern wollten. Das stimmt nicht. Fakt ist, dass wir weder vom NDR noch von Herrn Heuer überhaupt eine Anfrage hatten. Ein Mitglied des NABU kam immerhin für die Pro-Wolf-Seite  zu Wort. Ganze fünf Sekunden.

Mehr Raum wurde den Jägern gegeben. Alle Wolfsschützer seien militant, würden mit Böllern nach den Jägern schmeissen und Hochsitze umwerfen, es habe schon Polizeieinsätze gegeben, sagte Jagdpächter Benedikt Schmitz. Wir haben das Zitat von Herrn Schmitz mal nachrecherchiert und diese Antwort  von der Polizei Nienburg erhalten, die deutlich macht, dass überhaupt nicht erwiesen ist, dass Wolfs- oder gar Tierschützern in Konflikte mit den Jägern geraten sind. Die Behauptung basiert rein auf den Aussagen von Jägern. Während des Polizeieinsatzes waren auch nur Jäger da und keine weiteren Personen. Zudem war dieser Einsatz nicht aktuell, wie es im Filmbeitrag erscheint, sondern bereits im Februar. Dies nachzurecherchieren, wäre eigentlich Aufgabe des Herrn Heuer gewesen.

Hier die Antwort der Polizei:

Sehr geehrte Frau Sommer,

in den Abendstunden des 19.02.2019 hielten sich unbekannt gebliebene Personen in der Nähe einer Kuhherde im Bereich Steimbke westlich der Lichtenhorster Straße auf. Durch deren Anwesenheit in Waldrandlage nahmen einige Jäger von einer geplanten Wildschweinjagd Abstand. Die Jäger informierten die Polizei und berichteten, dass die Personen sich vor die Fahrzeuge der Jäger stellten und dass auch mindestens ein Böller gezündet wurde. Die Jäger gingen davon aus, dass es sich bei der Personengruppe um Tierschützer handelte.

Beim Eintreffen der Polizeibeamten waren lediglich die Jäger zugegen. Personen der anderen Gruppe (Tierschützer) waren nicht mehr vor Ort. Der Sachverhalt wurde polizeilich dokumentiert, es wurden aber keine Anzeigen gefertigt. Die Jäger betonten, dass es nicht zu strafbaren Handlungen kam.

Zur Identität der angetroffenen Jäger kann ich keine Angaben machen.

Ich hoffe, Ihnen geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Timo H., PHK

Weiter behaupteten die Jäger, dass militante Tierschützer Hochsitze umwerfen würden. Wir sind in dem Gebiet nahezu täglich unterwegs. Wir haben noch nie irgendwelche militanten Tierschützer gesehen. Wir distanzieren uns auch von solchen Leuten. Als „Beweis“ von angeblicher Militanz waren im Beitrag Screenshots aus Facebook eingeblendet, die zudem wohl auch aus dem Zusammenhang gerissen waren. Jedem normal denkenden Menschen  dürfte außerdem klar sein, dass Aktivisten, die Hochsitze umwerfen wollen, dies bestimmt nicht öffentlich schreiben würden. Nach der unwahren Schilderung mit dem Böllervorfall würden wir uns deshalb auch gar nicht wundern, wenn der Hochsitz von selber umgefallen wäre und die Jäger das umgefallene  morsche Ding Tierschützern unterschieben wollen.

Dass dieser Bericht nicht nur unausgewogen, sondern schwer tendenziös war, scheint nun auch die ARD gemerkt zu haben, denn der Bericht ist nun in der Mediathek in abgeänderter Forum zu finden. Die alternativen Fakten des Jägers sind aber nach wie vor darin. Hier der geänderte Beitrag: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hallo_niedersachsen/Streitpunkt-Wolf-Jaeger-gegen-Wolfsschuetzer,hallonds51562.html?fbclid=IwAR07UEOxHNtphufg_lf-bP38C5ZLEvFDPePlRRXtOj5zMrF_yBzebAjtC28

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View Comments (36)

  • LERNEN DIE MENSCHEN DENN ÜBERHAUPT NICHTS DAZU? ÜBER DAS VERHALTEN DER WÖLFE UND DAS FEHLVERHALTEN DER MENSCHEN IST DOCH SCHON SEHR OFT BERICHTET WORDEN!

  • Eigentlich ist die Tagesschau durchaus für seriösen Journalismus bekannt, von Ausnahmen abgesehen, in diesem Fall wurde einfach nur schlecht, einseitig und nicht umfassend recherchiert, so das es dadurch einfach keinen guten objektiven und seriösen Bericht geben konnte!!! Hier muss die ARD Tagesschau einfach nachbessern, damit solche einseitigen Berichte wirklich nur die absolute Ausnahme bleiben!

    • Einfach nachbessern, so eine Antwort ist doch erbärmlich. Der NDR/ ARD wird von Steuergeldern bezahlt, also von jedem TV-Seher, und dann einfach lapidar zu sagen, nachbessern, ist in meinen Augen das Eingeständnis eines wahrlich miserablen Journalismus`, der sich inzwischen vor allem bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten immer mehr dem Lobbyismus vor die Füße wirft. Als langjähriger Journalist weiß ich, von was ich rede. Es fehlt inzwischen an einer wirklichen Ausbildung in jeder Beziehung. Dass man auch noch zu einer Zwangsabgabe gezwungen wird, um somit indirekt einen derart schlechten Journalismus unters Volk zu bringen, erschüttert mich zusehends. Und das ist beim NDR nicht das erste Mal.

    • seriös ist was anderes, Herr Bolz. Aber es gibt immer noch Leute,welche sich ein O für U vormachen lassen. Einfach mal selbst recherieren,die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt durch das Internet.

  • Diesem Idioten vom.NDR sollte man empfehlen sich dem Trumpschen Kommumikationsteam anzubieten ... da passt der haargenau hin...
    schlecht recherchieren .. fake-news in die Welt setzen und immer dem Herrn nach dem Maul schwätzen !!!

    • Sie haben es in dürren Worten auf den Punkt gebracht, Willy Alef. Den NDR kenne ich hier unten in Bayern eigentlich von sehr guten Tier-Dokus... Daß sich Journalisten im Dienst eines als "seriös" geltenden TV-Senders sich dieser unglaublich verlogenen Hetzkampagne gegen Roddy angedient haben, ist einfach empörend. Diese wirklich mangelhafte "Nachbesserung" der Meldung in der Mediathek ist keineswegs eine Richtigstellung. Ich verlange vom NDR, daß er eine mindestens 10minütige Doku zur Wolfsituation in Deutschland aus der Sicht der WolfsEXPERTEN und Ökologen nachreichen. Und ab sofort ihre verhetzende Art der Berichterstattung einstellen.

  • Unglaublich! Hab's nun auf Twitter auch an Jan Hofer geteilt. Es ist zum Haareraufen

  • Das Herr L. mal wieder sein Statement dazu gibt..ist nicht verwunderlich.
    Wenn man den Wolf eleminieren will,dann erfindet man eben Dinge,die vielleicht garnicht so gewesen sind..
    Der Satz,daß das erlernte Verhalten an seine Nachkommen weiter gibt,ja also ist verständlich.Wie soll sich bitte der Wolf sonst ernähren? Das Reissen der Nutztiere wird dem Welpen doch nicht von seinen Eltern beigebracht.
    Es werden da Sätze gebildet,bei denen man wirklich nur noch den Kopf schütteln kann.
    Die Jagd muss grundsätzlich verboten werden.Dann gibts keine Probleme.Und Problemmenschen haben wir genügend. Problemwölfe gibt es für mich nicht.

  • Sie haben es in dürren Worten auf den Punkt gebracht, Willy Alef. Den NDR kenne ich hier unten in Bayern eigentlich von sehr guten Tier-Dokus... Daß sich Journalisten im Dienst eines als "seriös" geltenden TV-Senders sich dieser unglaublich verlogenen Hetzkampagne gegen Roddy angedient haben, ist einfach empörend. Diese wirklich mangelhafte "Nachbesserung" der Meldung in der Mediathek ist keineswegs eine Richtigstellung. Ich verlange vom NDR, daß er eine mindestens 10minütige Doku zur Wolfsituation in Deutschland aus der Sicht der WolfsEXPERTEN und Ökologen nachreicht. Und ab sofort seine verhetzende Art der Berichterstattung einstellt! Das ist ja wohl das Mindeste, was man verlangen kann.

  • Typisch Medien immer schön Hetzen und der Jägerlobby zuspielen, wahrscheinlich fröhnt Hr. Heuer auch der Jagdlust...

  • Ich bin fassungslos! Das Ganze ist nicht mehr normal und die öffentl.rechtl. Medien sollte man abschaffen!

    • Bitte sachlich bleiben, Birgit, abschaffen der öffentlichen Medien ist ein Angriff der Demokratie!!! Dass diese Medien auch manchmal nicht ganz sauber berichten, ist klar. Aber deswegen muss man sie nicht abschaffen. Außerdem haben sie wohl ihren Bericht über den Wolf revidiert

  • Ich habe den Bericht gestern in der Tagesschau gesehen. Mir war klar, dass das keinesfalls so stimmen kann. Auch ist mir der Stacheldrahtzaun aufgefallen. Ich fände es angemessen, wenn die Tagesschau eine Berichtigung senden würde und sich für Falschmeldungen entschuldigen würde.

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