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Offener Brief – Herr Bundespräsident Steinmeier, sagen Sie „Nein“ zur nicht EU-konformen „Lex Wolf“!

Bundespräsidialamt
Spreeweg 1
10557 Berlin

E-Mail: bundespraesidialamt@bpra.bund.de

Sehr geehrter Herr Bundespräsident Steinmeier,

wir Deutschen verlangen von Ländern in der Dritten Welt ganz selbstverständlich, dass die Menschen dort ihre Natur und die Wildtiere darin schützen, ganz gleich ob für Menschen gefährlich oder nicht. Aber im eigenen Land soll uns dies nicht gelingen? Wir haben das große Glück, dass 150 Jahre nach seiner Ausrottung ein Beutegreifer in unser Land zurückgekehrt ist, der für Menschen ungefährlich und in der Lage ist, bei der Renaturierung ganzer Landstriche mitzuwirken: der Wolf.

In Bälde wird Ihnen ein Gesetz zur Unterschrift vorgelegt werden, das am vergangenen Freitag, dem 14.02.2020 den Bundesrat passiert hat. Es handelt sich um eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, die sog. Lex Wolf. Danach ist es zukünftig erlaubt, alle Wölfe in einem Gebiet abzuschießen, wenn dort Risse an Nutztieren erfolgt sind, bis zur völligen Auslöschung der Wolfspopulation. Die nächsten Wölfe werden in das freigewordene Gebiet einwandern, und auch sie können dann abgeschossen werden, bis keine Risse mehr vorkommen.
Durch Studien ist wissenschaftlich bewiesen, dass Wolfsabschüsse nicht weniger, sondern mehr Nutztierrisse verursachen, weil unerfahrene Jungtiere, denen die Eltern fehlen, lieber auf leichte Beute wie Schafe zurückgreifen. Nur 1,1 % Weidetiere machen überhaupt das Nahrungsspektrum von Wölfen aus. Viel mehr Weidetiere sterben durch völlig andere Ursachen wie Vernachlässigung, Krankheiten und Unfälle.

Wir sind entsetzt und fassungslos über die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes und möchten Ihnen kurz darlegen, weshalb.

Erstens verstößt die Lex Wolf gegen das höherrangige EU-Recht, wie sogar der zuständige Fachausschuss des Bundesrates in seiner Empfehlung an das Plenum einräumt. Es ist wohl sicher, dass die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten wird – ein weiteres im Bereich von Umwelt- und Naturschutz, in dem Deutschland von der EU auch jüngst wieder wegen massiver Versäumnisse scharf kritisiert wurde.

Zweitens wird die Lex Wolf nicht die wirtschaftlichen Probleme der Weidetierhalter lösen. Diese sind struktureller Natur und existierten bereits lange, bevor der Wolf sich wieder in Deutschland zu etablieren begann.

Drittens wird auch die versprochene Rechtssicherheit für Wolfsabschüsse eben nicht hergestellt, denn an entscheidender Stelle bleibt die Lex Wolf vollkommen vage.
Sehr geehrter Herr Steinmeier, wir appellieren eindringlich an Sie, dieses Gesetz nicht zu unterzeichnen. In Zeiten des dramatischen Artensterbens sollten wir die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland begrüßen und fördern, anstatt mit der Lex Wolf seiner erneuten Ausrottung den Boden zu bereiten.

Ein Großteil der Deutschen begrüßt trotz des medialen Dauerfeuers gegen ‚Problemwölfe‘ noch immer die Rückkehr der Wölfe. Dies bestätigen Umfragen immer wieder. Wölfe sind zudem überhaupt nicht gefährlich für Menschen. In den 20 Jahren seit der Rückkehr der Wölfe hat es keinen einzigen Angriff eines freilebenden Wolfes auf einen Menschen gegeben.

Wölfe vermehren sich nur einmal im Jahr. Sie leben in Kleinfamilien mit Mutter, Vater, dem Wurf vom Vorjahr und den neuen Welpen zusammen, die im Frühjahr geboren werden. Wölfe sind äußerst soziale Tiere. Sie fühlen Schmerz und Freude wie wir. Die zweijährigen Jungtiere helfen oft den Eltern noch als Babysitter, bevor sie sich ein eigenes Revier suchen. Sie wandern dabei oft hunderte Kilometer weit und verlieren ihr Leben häufig im Straßenverkehr.

Wölfe halten Reh- und Hirschbestände besser im Rahmen als menschliche Jäger, da sie nicht die Starken, sondern die Schwachen, Kranken, Alten und Jungen reißen. Sie tragen dadurch zur Gesunderhaltung dieser Wildtierpopulationen und auch gesamter Ökosysteme bei.

EU-Kommissar Karmenu Vella von der EU bescheinigte Deutschland im vergangenen Jahr, dass hier bei uns noch nicht einmal der ‚günstige Erhaltungszustand‘ des Wolfes erreicht ist. Das heißt, Wölfe können noch immer sehr leicht ausgerottet werden, denn es gibt schlichtweg noch nicht genug von ihnen.

Zudem ermahnte EU-Kommissar Vella verschiedene Politiker aus Sachsen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein dafür zu sorgen, dass Herdenschutzmaßnahmen endlich konsequent umgesetzt werden. Die EU erlaubt seit vergangenem Jahr, dass alle Herdenschutzmaßnahmen den Weidetierhaltern zu 100 % erstattet werden. Im Übrigen werden Landwirte von der Gesellschaft seit Jahrzehnten hochgradig subventioniert – da sollte es doch recht und billig sein, eine Akzeptanz für Natur- und Artenschutzbelange, zu erwarten.

Die „Lex Wolf“ bietet für Weidetierhalter gar keine nachhaltigen Lösungen Es wird der Eindruck erweckt, man könne nun durch das Provozieren von Rissen noch leichter Abschussverfügungen erreichen. Gleichzeitig werden echte Hilfen für Weidetierhalter seit Jahren im Bundestag blockiert.

Einige PolitikerInnen haben bereits angekündigt, dass ihnen die Lex Wolf nicht weit genug geht. Sie möchten mittelfristig wolfsfreie Zonen schaffen, was in eklatanter Weise gegen EU-Recht verstoßen würde. Also wird die „Lex Wolf“ noch nicht einmal eine Befriedung der Wolfsdebatte bringen.

Mit freundlichen Grüßen

Brigitte Sommer, Vorsitzende Wolfsschutz Deutschland e.V.

Ursula Ripke, Assistentin des Vorstandes Wolfsschutz Deutschland e.V.

Hier die PDF-Version des Offenen Briefs: Offener_Brief_an_Bundespräsident_Steinmeier,_17._Februar_2020

Categories: Allgemein
Wolfsschutz:

View Comments (55)

  • Auch ich befürworte ein NEIN zum Wolfsabschuß. Der Bundespräsident muß dahingehend UNBEDINGT seinen Einfluß auf die Regierung ausüben!

  • kann man sich an dem Schreiben an den Bundespräsidenten irgendwie mit ranhängen?
    Oder besteht die Möglichkeit sich an einer Unterschriftenaktion zu beteiligen?

    • Der Wolf, der dem Allgemeinwohl dient, weil er einen positiven Einfluss auf die Artenvielfalt hat, die bekanntlich zu unseren Lebensgrundlagen gehört, soll geschossen werden.
      Kein Nutztier hat diese positive Wirkung auf unsere Lebensgrundlagen, davon abgesehen wird mit einer Bejagung die Vermehrung des Wolfs gefördert, da damit das Gefüge des Rudels zerstört wird... eine Politik, die soetwas beschließt, schädigt ihre Bürger!

      • Ersetzt den " Wolf " mal mit " Politiker " in der Stellungnahme von Ellen Renne..
        Ein Politiker, der dem Allgemeinwohl dient, weil er einen positiven Einfluss auf die Artenvielfalt hat,
        würde vom Wolf gefressen..

    • Liebe Jutta, eine spezielle Unterschriftenliste hätte keinen Sinn, da der Bundespräsident ja stündlich das verschärfte Bundesnaturschutzgesetz unterschreiben könnte. Es gibt ja schon Petitionen von uns, die sich um den Schutz der Wölfe in Deutschland bemühen. Da - wie gesagt - die Unterschrift des Bundespräsidenten jederzeit erfolgen kann, wären nur E-Mails an das Präsidialamt möglich. Die E-Mail Adresse sehen Sie ja auf dem Blogeintrag auf unserer Webseite ganz oben. Alles andere hat keinen Sinn mehr. Diese E-Mails sollen auch gar nicht lang sein. Aber bitte freundlich formuliert und wenn es geht mit Verweis auf unsere Webseite. Bitte keine Hass erfüllten E-Mails, das überlassen wir den Wolfshassern, die uns ständig verunglimpfen! :-)

      • Ganz ehrlich glaube ich nicht, dass dieser Brief etwas bei einem Mann etwas bewirkt, der öffentlich lieber englisch redet, weil deutsch ja die Sprache der Schande ist... Solch einem Mann sind die Wölfe genauso egal wie er sich für die eigene Sprache schämt... Dieser Mann ist komplett fehl am Platz!

    • Wer sind wir, die sich das Recht herausnehmen, über die Wölfe zu richten, sie abzuschießen, weil sie schon mal Nutztiere reißen. Wir, die wir jeden Tag Millionen von Tieren in Massentierhaltung quälen und schlachten! Wir sind nicht in der Position, über den Wolf zu richten - bei Gott, dass sind wir nicht!
      hwd

  • Fr. Sommer,
    dass was Sie geschrieben haben ist so prägnant, dass Hr. Steinmeier dass lesen muss und auch verstehen muss. Denn was ihm vom Bundesrat zur Unterschrift vorgelegt wird, ist hingegen so unsachlich gekürzt, dass er es (auch wenn ihm diese Thema interessiert) locker unterschrieben. Selbst dass ist manipulativ und widerspricht einem Rechtsstaat.

    Er muss sich Ihren Brief durchlesen wenn er ein guter Bundespräsident sein will und dann auch ein Machtwort sprechen, denn alles was sie schrieben ist juristisch belegt und wissenschaftlich richtig.

    Es handelt sich hier um ein Präzedenzfall vorsätzlich gegen EU Recht zu verstoßen um mindestens grob fahrlässig Beihilfe zur erneuten Ausrottung des Wolfes zu leisten.

    Die Meinung des Einzelnen zählt ja nicht viel. Aber für mich gibt es den Rechtsstaat nicht mehr. Der Existiert in Deutschland an leiden vielen Stellen nur in der Theorie bzw.. auf dem Papier, Moral gibt es nicht. Die Mächtigen dürfen sich in der BRD scheinbar ALLES! erlauben.

    Und vielleicht hilft auch dass; erst trifft es den Wolf später die Randgruppen usw. den Rest kennen wird ja.

    Es ist unfassbar was da passiert ist!
    Juristisch hätte die BRD die EU verlassen müssen, dann hätte sie rechtsstaatlich das Naturschutzgesetz für ihre eigentlichen Auftraggeber Landwirte und Jäger abändern können.

    Dass ist die letzte Chance den Rechtsstaat noch als solchen "erscheinen" zu lassen!
    Ich hoffe das Hr. Steinmeier, nach ihren super guten Brief das auch so sieht und endlich in Namen des Volkes das den Wolf ja will mal ein Machtwort spricht.

    Denn wozu ist ein Bundespräsident in unserem vorbelasteten Land den sonst da. Bestimmt nicht dazu eine EU gesetzeswidrigen Gesetzesänderung, gegen die Volksmehrheit so wie seine Vorinstanzen (rechtswidrig ähnlich einer Lobbyisten Republik) einfach durchzuwinken.

  • Sehr geehrter Herr Steinmeier, ich appelliere an ihre Menschlichkeit. Sie selbst stehen klar gegen Fremdenhass und Hetze. Bitte beteiligen Sie sich nicht an der Hetze gegen den Wolf. Bitte unterschreiben Sie dieses gegen EU Recht verstoßende Gesetz nicht. Zeigen Sie uns das es noch Politiker gibt die nicht vor Lobbys kuschen. Ich bitte Sie inständig, verhindern Sie diesen erneuten Versuch die Wölfe in Deutschland verschwinden zu lassen.

    • Ganz ehrlich glaube ich nicht, dass dieser Brief etwas bei einem Mann etwas bewirkt, der öffentlich lieber englisch redet, weil deutsch ja die Sprache der Schande ist… Solch einem Mann sind die Wölfe genauso egal wie er sich für die eigene Sprache schämt… Dieser Mann ist komplett fehl am Platz!

  • Sehr geehrter Herr Steinmeier, bitte helfen Sie mit das Wölfe hier wieder festen Fuß fassen. Unterschreiben Sie bitte das neue Gesetz für den Abschuss des Wolfes nicht. Die falsche Hetze erfolgt nur weil gewisse Leute Angst haben, der Wolf könnte ihnen etwas wegnehmen und durch Facebook und Co, haben es solche Personen leicht, gegen etwas schlechte Stimmung zu machen. Wir zerstören die Lebensräume und die Natur, alles vereinnahmen wir. Ich bitte Sie, denken sie darüber nach. Der Wolf gehört zu uns, genauso wie Luchse oder Füchse, auch Bären gab es mal in Deutschland. Warum kann man es nicht so handhaben wie die Nachbarländer Schweden oder Norwegen, ja sogar in Kroatien funktioniert das. Wir haben selber auch Tiere, Zwergziegen, Pferde, aber deswegen keineAngst vorm Wolf, es gibt genug Möglichkeiten solche und auch Nutztiere vor dem Wolf zu schützen. Auch muss man doch keine Bedenken haben wenn man im Wald wandert oder Schwammerl sucht. Wir sollten der Natur die Chance geben sich selber zu regulieren und nicht der Mensch verändert alles. Kämpfen sie für den Wolf und die Tiere die es auch schon früher in Deutschland gab, lassen Sie nicht zu das Jäger alles abschießen dürfen.

  • bitte sehr verehrter Herr Bundespräsident
    verhelfen Sie bitte dem Wolf zu seinem Recht, das Recht zum Leben

  • Ich bin auch gegen den Wolfabschuss...wir müssen dieses schöne Tier schützen und nicht töten !,

  • Das Mitgefühl mit allen Geschöpfen ist es, was Menschen erst wirklich zum Menschen macht.
    (Albert Schweitzer)
    bitte, sehr verehrter Herr Bundespräsident, haben Sie Mitgefühl für den Wolf

  • Schön, aber auch wichtig wäre es, wieder mehr Natur in unsere Landschaft einziehen zu lassen. Da, wo der Wolf wieder ein natürliches Regulativ geworden ist, ändert sich vieles zu zum Guten, was bis dahin noch unter dem Pfusch der Ausrottungsmanie leidet.

  • Es ärgert mich unbeschreiblich und macht mich wirklich sehr zornig, wenn ich immer wieder feststellen muss, wie sehr die Lobby der verschiedenen Organisationen (hier der Bauernverband und seine Anhänger) unsere windelweiche Regierung und willfährigen Minister/innen beeinflusst und gängelt. Ich hoffe, diese Herren und Damen bekommen bei der nächsten Wahl ihr Fett weg.

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