Die Zahl der Weidetiere, die bei Wolfsübergriffen getötet, verletzt oder vermisst wurden, ist in Sachsen zurückgegangen, während die Anzahl der Rissereignisse auf einem ähnlichen Niveau bleibt. Das sind Ergebnisse aus der Rissstatistik für das Jahr 2021, die das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) bereits im Februar 2022 veröffentlicht hat.

2021 sind in Sachsen 383 Weidetiere durch Wölfe geschädigt worden und damit weniger als in den beiden Vorjahren. 2020 wurden 417 Weidetiere bei Wolfsübergriffen verletzt, getötet oder vermisst, 2019 waren es 547 Tiere. Die Anzahl der Rissereignisse hat sich im Jahr 2021 mit 116 Rissen an Weidetieren im Vergleich zu 2020 mit 112 Rissen an Weidetieren hingegen kaum verändert. Die meisten Ereignisse hatte es in Sachsen 2019 gegeben, als es zu 135 Übergriffen durch Wölfe auf Weidetiere kam.

Herdenschutz wirkt, wenn er denn eingesetzt wird

Ob sich der Trend, dass weniger Weidetiere bei Wolfsrissen geschädigt werden, in Zukunft fortsetzen wird, könne zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bewertet werden. Zum einen gingen die Wolfsexperten davon aus, dass Wölfe in weiteren Regionen Sachsens, wie das Erzgebirge, vordringen werden, zum anderen hat die Umsetzung der Herdenschutzmaßnahmen vor Ort einen großen Einfluss auf das Rissgeschehen, so die PM.

Bei Wolfsübergriffen im Jahr 2021 waren überwiegend Schafe betroffen. Das entspricht einem Anteil von 83 Prozent der Fälle, gefolgt von Damwild (sieben Prozent), Ziegen (sechs Prozent), Rind (drei Prozent) und Alpaka (ein Prozent). In 40 Prozent der Fälle sind die Vorgaben des Mindestschutzes nach Sächsischer Wolfsverordnung nicht eingehalten worden. Darüber hinaus empfiehlt die Fachstelle Wolf den Tierhaltern Herdenschutzmaßnahmen, die über die gesetzlichen Mindestschutzkriterien hinausgehen. Diese empfohlenen Schutzmaßnahmen wurden lediglich in neun begutachteten Fällen vorgefunden.

Im Landkreis Bautzen ereigneten sich 2021 mit 53 Rissen die meisten Wolfsübergriffe, gefolgt vom Landkreis Görlitz mit 20, dem Landkreis Meißen mit 15 und dem Landkreis Nordsachsen mit 14 Rissereignissen. Schwerpunktregionen mit einem erhöhten Rissgeschehen waren der Raum Elstra und der Raum Wittichenau im Landkreis Bautzen, der Raum Strehla beziehungsweise die Gohrischheide im Landkreis Meißen sowie der Raum Reichenbach im Landkreis Görlitz. In den Schwerpunktregionen haben sich mit 65 Fällen und 234 geschädigten Tieren mehr als die Hälfte der bestätigten Wolfsübergriffe ereignet. In 45 Prozent der Fälle waren die Koppeln nur mit Festzäunen ohne Stromführung gesichert, die keinen guten Schutz bieten. Empfohlen werden Elektrozäune sowie eine ausreichende Koppelgröße.

Tierhalter können sogar Beratungsgespräche in Anspruch nehmen

Insgesamt hat der Freistaat Sachsen im Jahr 2021 rund 84.300 Euro Schadensausgleich an Tierhalter gezahlt und Herdenschutzmaßnahmen in Höhe von rund 661.100 Euro gefördert. Sachsen fördert Herdenschutzmaßnahmen, die dem Schutz von Schafen, Ziegen sowie Gehege- oder Damwild dienen, zu 100 Prozent. Zudem können Tierhalter eine individuelle Herdenschutzberatung in Anspruch nehmen. Mit Blick auf die neue Weidesaison sollten Tierhalter ihre Schutzmaßnahmen überprüfen und die Beratungs- und Förderangebote in Anspruch nehmen.

Großer Rissvorfall bei Dauban im Juli 2022

An den tot aufgefundenen Tieren der Schaf- und Ziegenherde, die in der Nacht vom 6. auf den 7. Juli von einer Weide im Daubaner Wald ausgebrochen waren, sind Rissmerkmale festgestellt worden, die mit hinreichender Sicherheit von Wölfen verursacht wurden. Das bestätigte die Fachstelle Wolf des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) im Juli.

Der gesetzlich geforderte Mindestschutz für die Tiere sei gegeben gewesen, bevor die Herde ausgebrochen sei. Ab dem Zeitpunkt des Ausbruchs wären die Tiere im Wolfsgebiet nicht mehr durch das elektrische Weidenetz geschützt gewesen und eine leichte Beute geworden. Was zum Herdenausbruch geführt hat, könne nicht abschließend rekonstruiert werden. Sowohl die Anwesenheit von Wölfen in der Nähe des Weideplatzes, als auch eine Unruhe innerhalb der Herde können mögliche Ursachen sein. Die Weide befindet sich im Territorium des Daubaner Wolfsrudels.

Warum wurden Schafe und Ziegen dort nur unter „Mindestschutz“ gehalten?

Dieser beträgt:

  • Elektrozäune: mindestens 90 cm hoch und mit einer Mindestspannung von 2.000 Volt auf der gesamten Zaunlänge.

Bei Litzenzäunen gilt: Abstand zum Boden und der Abstand der drei unteren Litzen untereinander nicht größer als 20 cm; Abstand der darüberliegenden Litzen jeweils max. 30 cm. Beispiel: 20 – 20 – 20 – 30 cm.

Bei Netzzäunen darf der Abstand der waagerechten Leiter (bis zur Höhe 60cm) max. 20 cm betragen.

  • Festzäune aus Maschendraht, Knotengeflecht oder ähnlichem Material: mindestens 120 cm hoch mit festem, bodengleichem Abschluss (Spanndraht), die aufgrund ihrer Bauart ein Durchschlüpfen von Wölfen verhindern

Hier der empfohlene Schutz:

Die empfohlenen Schutzmaßnahmen bieten einen deutlich verbesserten Grundschutz vor Wolfsübergriffen. An diesen Maßnahmen sollte man sich orientieren, wenn man seinen Herdenschutz überprüfen und verbessern möchte. Auch diese Maßnahmen können gefördert werden.

Maßnahmen:

  • Stromführende Zäune mit einer Höhe von 100 bis 120 cm und einer Mindestspannung von 4.000 Volt auf dem gesamten Zaun.
  • Bei einem Tierbestand von mehr als 100 Tieren können Herdenschutzhunde wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt werden.
  • Wildgatter sollten mittels Untergrabschutzes gegen das mögliche Untergraben gesichert werden.
  • Wenn ein Elektrozaun, der mindestens den Anforderungen für den Mindestschutz entsprach, überwunden wurde, sollte zusätzlich „Flatterband“ eingesetzt werden. Diese Breitbandlitze ohne Strom dient als optische Erhöhung / Barriere. Sie wird in einem Abstand von ca. 30 cm oberhalb des bestehenden Zaunes angebracht und sollte sich locker bewegen können. Der Einsatz dieses „Flatterbands“ kann vorübergehend für ein bestimmtes Gebiet zum Mindestschutz erklärt werden. Die Fachstelle Wolf gibt eine solche Mitteilung ortsüblich bekannt. Kommen Herdenschutzhunde zum Einsatz, kann auf das Flatterband verzichtet werden.

Festzäune können zwar die Mindestschutzkriterien erfüllen, sie werden jedoch nicht empfohlen und sind nicht förderfähig (außer Untergrabschutz bei Gehegewild). Sie stellen lediglich eine rein physische Barriere dar, die leicht untergraben bzw. überwunden werden kann. Sie verfügen über keine aktive, abschreckende Wirkung, wie stromführende Zäune.