Wolfsschutz-Deutschland e. V. schlägt Alarm: Wolfsrudel an der Grenze zu Polen „verschwunden“

Die im vergangenen Herbst bekannt gegebenen Wolfsmonitoringzahlen wiesen bereits darauf hin, dass es in Sachsen kaum noch Zuwachs an Wölfen gibt. Begründet wurde dies offiziell durch eine besonders hohe Dynamik unter den einzelnen Rudeln. Diese hohe Dynamik bestand aber bereits seit mehreren Jahren, ohne dass sich die Wölfe bekriegt hätten. Zudem war es oft Verwandtschaft, die sich im Nachbarrevier ansiedelte.  Wolfsschutz-Deutschland e. V. vermutet etwas anderes. Seit die Schonzeit für Rothirsche aufgehoben wurde und Wildschweine wegen der Amerikanischen Schweinepest im großen Stil erschossen werden, verschwinden auch die Rudel an der Grenze zu Polen. So ist ein so gut wie wolfsfreier Korridor entstanden. Besteht ein Zusammenhang? Hier unsere Reportage.

Die Natur in der Oberlausitz an der Grenze zu Polen ist atemberaubend schön. Feuchtgebiete wechseln sich mit Heiden und sandigen Böden ab. Dazwischen große eindrucksvolle Wälder, in denen sogar Kraniche brüten. In den Seengebieten und Fischteichgebieten leben Wildgänse, Kormorane, Reiher, Kraniche und sogar Seeadler. Es wirkt wie ein Paradies für Wildtiere, wo sanfter Tourismus und Naturfotografierende ihr zuhause finden. Doch hinter diesen paradisischem Anblick lautert der Tod. Verursacht von Jägern im Blutrausch, die auch in Naturschutzgebieten und sogar Totalreservaten ihr Unwesen treiben.

 

Neißeschleife in der Morgendämmerung. Früher gab es einen regen Austausch an Wildtieren zwischen Polen und Deutschland. Heute ist auf beiden Seiten der Grenze ein kilometerlanger Zaun angebracht, der Tiere am Überqueren hindern soll. Grund: die Abwehr der ASP. Um Wölfen den Wechsel zu erleichtern, errichtete der Forst am Truppenübungsplatz Oberlausitz Kletterhilfen. Auf Druck der Jägerschaft wurden diese wieder abgebaut.

 

Sogar Kraniche brüten jedes Jahr in der Oberlausitz an der Grenze zu Polen.

Weiter Blick in die Landschaft an der Grenze zu Polen.
Auch Beutegreifer wie Bussarde, Seeadler und Milane „verschwinden.“

 

Blick in die Landschaft an der Grenze zu Polen.

 

Niederspree

 

Bei Niesky. Nur ein Fuchs lässt sich in der Abenddämmerung am Waldrand blicken.

 

 

Normalerweise geben wir niemals Standorte bekannt. Hier müssen wir eine Ausnahme machen. Denn dieses Rudel in Neusorge gehört zu den „verschwundenen“ Rudeln. Seit 2017 lebte die Fähe GW1144f aus Biehain mit dem Rüden GW570m  aus Daubitz in dem Gebeit an der Grenze zu Polen. Sie hatten einmal vier und einmal acht Welpen. Ihr Revier liegt genau in dem Bereich, in dem die Jäger praktisch Narrenfreiheit wegen der Schweinepest haben.

Schon ein Jahr vorher „verschwand“ ein Rudel bei Weißwasser, dann Neiße, Biehain (Ein Teil lebt jetzt bei Konigsheimer Berge) und Niesky.

 

Blick durch eine unserer Forschungskameras nach Sachsen. Wildschweine haben wir kaum noch auf den Karten, da sie gnadenlos zusammen geschossen werden. Angeblich um eine Verbreitung der Schweinepest zu verhindern. Dabei wird keine Rücksicht auf die Balance der Ökosysteme an der Grenze zu Polen genommen, wo zusätzlich noch ein Zaun die Schweine am Passieren hintern soll. Bis hinein in Prozessschutzgebiete, in denen dort eigentlich nur im vierten Quartal eines Jahres gejagt werden darf, werden die Tiere verfolgt. Dabei sind längst ganz andere, durch Menschen verursachte Übertragungswege in die Schweinemastanlagen entdeckt worden. Auch Jäger selbst können die Schweinepest übertragen. Wölfe hingegen können helfen, die Schweinepest einzudämmen. Wir berichteteten hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2022/01/10/neue-studie-woelfe-koennen-afrikanische-schweinepest-asp-eindaemmen/?fbclid=IwAR06SeAS05HjjPKippIivhFZXTU3xZoUiinTcswR6CBmJP2CJ2u4w2Y7tXI

Jäger verdienen an Abschüssen

„Für das Jagdjahr 2021/2022 wird für jedes erlegte Stück Schwarzwild grundsätzlich 70 € je Tier als Aufwandsentschädigung gewährt. In grenznahen Landkreisen und kreisfreien Städten zu Thüringen, Sachsen und der Tschechischen Republik werden 100 € je Tier gewährt.“ https://www.wildtierportal.bayern.de/wildtiere_bayern/185480/index.php?fbclid=IwAR3YpbahLzFhtVJLULhdHC-vhgfvWoLrSbiMAkdlN1tdIB-dOeVg42-Dg7o
Dazu auch ein sehr interessantes Schreiben der Offenen Jagdgesellschaft Sachsen, in dem gefordert wurde, den Tierschutz praktisch außer Acht zu lassen.  https://ojs-sachsen.de/2020/12/was-wird-das-denn-oejv-mit-einem-schreiben-an-staatsministerin-koepping/

Tierfeindliches Konzept „Wald vor Wild“ beenden!

Im Jahr 2020 wurde auch die Schonzeit für Rothirsche im Kreis Görlitz aufgehoben. Dies deckt sich mit dem Zeitpunkten des Verschwindens der Wolfsrudel.
Die Rothirsche und auch Rehe sind dort ständig auf der Flucht. Nicht etwa vor Wölfen, sondern vor ständigen Jagdevents sowie Störungen durch Waldrodungen, die nicht mehr wie früher nur bei Frost stattfinden.  Die Gesellschaftsjagden des Staatsbetriebes Sachsenforst mit dutzenden, manchmal mehr als einhundert Jägern und Treibern mit ihren Hunden finden mitlerweile fast das ganze Jahr über statt.

Die Philosophie des sächsischen Umweltministeriums und des ihm unterstellten Staatsbetriebs Sachsenforst ist wildtierfeindlich und nicht tierschutzkonform. Es gibt keine stichhaltigen Belege dafür, dass der seit Jahren kontinuierlich steigende Abschussplan von Rot- und für Rehwild tätsächliche Minderungen an Verbissen der Bäume bringt. Der hohe Jagddruck treibt Rothirsche nämlich erst in die Wälder hinein. Rothirsche sind eigentlich Steppenhirsche, die wunderbar beim Freihalten von Flächen helfen können. Den Bestand der Rothirsche könnten wiederum Wölfe in Schach halten.

Zu Jagd-Events kommen regelmäßig über einhundert Jäger aus allen Teilen der Republik und aus Nachbarländern angereist. Mangels eigener Jagdmöglichkeiten nutzen diese Jäger hier jede Chance gegen Gebühr , stattliche Trophäen zu ergattern.

Bei dieser Art der Jagd wird auf alles geschossen, was vor die Flinte kommt. Dadurch werden überlebenswichtige Strukturen im Familien- und Rudelverband von Rothirschen und Rehen zerstört. Immer wieder kommt es auch zu Fehlschüssen. Aktive haben oft in diesen Gebieten bereits elendig leidende schlimm verwundete Hirsche und Rehe gefunden, die seit Tagen gelitten haben mussten. Beschwerden bei den Behörden führen in der Regel nicht weiter. Zuckt der Zeigefinder am Gewehr auch, wenn ein Wolf vor die Flinte läuft? Logischerweise werden alle Tiere des Waldes bei solchen Jagden aufgeschreckt.

Werden bei solchen Treibjagden auch Wölfe geschossen? Einen Beweis haben wir nicht, aber Whistleblower und Jäger, denen das Gemetzel selbst wohl langsam ans Gemüt geht, erzählen dies unter vorgehaltener Hand. Öffentlich äußern möchte sich niemand. Aber der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Verschwinden der Wolfsrudel an der Grenze und der Bekämpfung der Schweinepest ist frappierend. Wer hier  S S S (Schießen, Schaufeln, Schweigen) kann sich relativ sicher sein, dass ein erschossenes Tier in den riesigen Gebieten nie gefunden werden wird.

2018 wurden zwei Streichelziegen eines Kindergartens bei Uhsmannsdorf gerissen. Eine Abschussforderung wurde damals nicht genehmigt. Auch, weil wir nachwiesen, dass die Tiere nicht geschützt waren. Plötzlich fanden jedoch in diesem Gebiet große Treibjagden statt und das Biehainer Rudel, das dort lebte, verschwand.

 

In so genannten Totalreservaten oder Prozessschutzgebieten soll die Natur, bzw. der Wald sich selbst überlassen werden. Gejagt darf hier nur im vierten Quartal eines Jahres. Es findet jedoch das ganze Jahr starke Jagdbewegung statt.

 

Im Prozessschutzgebiet Niederspree darf nur im jeweils vierten Quartal eines Jahres gejagt werden. Die Jäger haltern sich allerdings nicht daran. Konsequenzen haben sie kaum zu befürchten.

 

Verlassene Wolfshöhle im Neusorgegebiet.

 

Die Biehainer Fähe. Teile des ehemaligen Biehainer Rudels bilden nun das Rudel Königshainer Berge, südlich des ehemaligen Reviers. Was vertrieb sie von dort? Waren es die Treibjagden?

 

Blick in das ehemalige Revier des Rudels Niesky. Unser aktives Mitglied Lara Sommer auf der Suche nach Losung.

 

Wo viele Rudel leben, ist auf den Wegen immer Wolfslosung zu finden, denn die Tiere markieren so ihre Reviergrenzen. Im Bereich an der Grenze zu Polen ist von Weißwasser im Norden von Ostsachsen bis Görlitz im Süden so gut wie nichts mehr zu finden. Das Neißerudel ist noch offiziell gelistet, wir finden aber keine Spuren mehr. Im Spätwinter war ein neues Wolfspaar bei Neusorge aufgetaucht. Auch dieses Paar verschwand nach kurzer Zeit wieder.

 

An allen Ecken stehen Hochsitze.

Wir fordern ein Verbot der Hobbyjagd in Totalreservaten und Naturschutzgebieten

Diesem Treiben muss ein Ende bereitet werden. Wir fordern ein komplettes Verbot der Hobbyjagd in ganz Deutschland. In diesem empfindlichen Ökosystem müssen aber sofort tragende Konzepte her, um die Natur durch die Ausbeutung zu bewahren und zu beschützen. Hausschweine werden nicht dadurch gegen die Schweinepest geschützt, in dem man ihre wilden Verwandten an Masse umbringt und dadurch ganze Ökosysteme ins Wanken bringt. Wie jedes Tier des Waldes, haben auch Wildschweine ihre Funktion. Aber es bestehen vor allem auch ethische Gründe, das Massaker an Wildschweinen, Rehen, Waschbären, Marderhunden, und vielen weiteren Arten, endlich zu beenden. Diese Mitlebewesen haben genauso ein Anrecht auf ihren Platz, wie wir Menschen. Wenn wir nicht endlich lernen, zu teilen, wird auch unsere Art Geschichte sein, weil wir unseren eigenen Planten zerstören.

Wir brauchen Hilfe und Unterstützung

Die Aufhebung der Schonzeit für Rothirsche sowie die Bekämpfungsmaßnahmen stellten sich bereits als Riesenproblem heraus, und dann kamen noch die Coronamaßnahmen hinzu. Während die anfangs die Arbeit der Jäger als „systemrelevant“ eingestuft worden ist, mussten wir Naturschützer zu Hause bleiben. In dieser Zeit haben wir das Neusorgerudel verloren. Ein bitterer Verlust für uns, denn dieses Rudel war das Rudel, das unserem Sitz am Nächsten lebte. Wir haben es mit einer Lobby zu tun, die über ein Vielfaches an Macht und Geld verfügt. Um hier auch weiterhin Paroli bieten zu können brauchen wir sowohl finanzielle Unterstützung, als auch aktive Mitarbeit. Wir sichern akztiven Mitgliedern Anonymität zu.  Wir suchen dringend tier- und naturliebende Menschen aus den Gebieten rund um Weißwasser, Hähnichen, Rothenburg, Görlitz, Knappenrode, Bärwalder See, Niesky, Uhsmanndorf, usw. sowie in ganz Sachsen. Ebenso sichern wir Informantinnen und Informanten Schutz und Anonymität zu. Unter 0176-48732612 erreichen Sie direkt den Vorstand von Wolfsschutz-Deutschland e. V.

Wie kann ich auch aktiv mithelfen?

Natürlich können Sie auch aktiv in unserem Verein mithelfen, darüber würden wir uns sehr freuen! Voraussetzung ist, dass Sie sich – wie wir – für den uneingeschränkten Schutz der Wölfe einsetzen wollen. Schreiben Sie uns einfach über unser Kontaktformular eine Nachricht.

Hier unsere Kontonummer:

 

Wolfsschutz-Deutschland e.V.

Berliner Sparkasse

IBAN DE79 1005 0000 0190 7118 84

BIC BELADEBEXXX

Auch Paypal ist möglich: https://wolfsschutz-deutschland.de/spenden-2/

 

https://www.dbb-wolf.de/Wolfsvorkommen/territorien/karte-der-territorien

Quellen: https://wolfsschutz-deutschland.de/2018/09/22/faktencheck-sachsen-schiessbefehl-auf-uhsmannsdorfer-wolf-ist-nicht-legal/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2022/02/15/sachsen-wolfsschutz-deutschland-e-v-protestiert-gegen-den-abbau-von-kletterhilfen-ueber-asp-zaeune-fuer-woelfe/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2021/10/28/keine-rasante-vermehrung-neue-wolfszahlen-fuer-sachsen-entlarven-alte-probleme/

https://www.kreis-goerlitz.de/Aktuelles.htm/01-Aktuelles/Bekanntmachungen/Afrikanische-Schweinepest-breitet-sich-weiter-aus-Der-gesamte-Landkreis-wird-als-gefaehrdetes-Gebiet-eingestuft.html?keyword=2180,2306&eps=25

https://www.kreis-goerlitz.de/Aktuelles/Archiv-der-Meldungen.htm/Bekanntmachungen/Allgemeinverfuegung-des-Landkreises-Goerlitz-zur-Aufhebung-der-Schonzeit-fuer-Rotwild-im-Gebiet-des-gemeinschaftlichen-Jagdbezirks-Neusorge.html?

Zahlen Jagdstrecke Sachsen: https://ljv-sachsen.de/aktuelle-jagdstrecke/

Karte Forstbezirk Oberlausitz: https://www.sbs.sachsen.de/oberlausitz-7296.html

Nicht nur im Odertal verheerend, auch in Ostsachsen: https://www.spektrum.de/news/afrikanische-schweinepest-ein-zaun-quer-durch-einen-nationalpark/1988536

Interessantes Forschungsprojekt zur oralen Immunisierung von Wildschweinen gegen Schweinepest: https://d-nb.info/961981164/34

3 Gedanken zu „Wolfsschutz-Deutschland e. V. schlägt Alarm: Wolfsrudel an der Grenze zu Polen „verschwunden“

  1. Ich bin unendlich traurig über das, was ich jetzt lesen musste. Die Vermessenheit, Borniertheit, Frechheit und kriminelle Energie der Jäger macht mich fassungslos. Aber diese Typen haben tatsächlich Helfer in der Politik und deshalb ist es schwierig, denen das Handwerk zu legen. Aber Aufgeben darf natürlich nie eine Option sein, weitermachen für den Schutz der Wölfe und aller anderen Wildtiere.

  2. Der findige „Häcker“ der uns heute wohl wirklich helfen statt boykottieren wollte, möchte sich doch bitte mal bei uns melden. Wir behandeln die Daten wirklich vertraulich. Die „Hilfe“ war wirklich kompetent, durchdacht und auch perfekt im Ausdruck. Doch möchten wir natürlich wissen, mit wem wir es zu tun haben. Vielleicht finden wir eine Möglichkeit der Zusammenarbeit?

  3. Vielen vielen Dank für Eure Arbeit für die Tiere. Bei diesem Artikel kommen mir die Tränen. Wieso muss sich denn für diese armen Waldtiere die Situation immer weiter verschlechtern statt verbessern? Das ist schwer auszuhalten und man fühlt sich so ohnmächtig. In Österreich in Tirol gibt es einen ähnlichen Spruch bezüglich der Jagd: Schauga, schiaßa, schaufla (schauen, schießen, schaufeln). Anscheinend ist es leider überall das gleiche mit der Jägerschaft.

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