„Logik der Schädlingsbekämpfung“: Alois Rainer (CSU) will ein Wolfsgemetzel
Vorgestern hat der „Tagesspiegel“ einen Gesetzentwurf aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium thematisiert, der uns die Sprache verschlägt. Unter der Überschrift „Logik der Schädlingsbekämpfung: Alois Rainer gibt den Wolf zum Abschuss frei“ liegt nun Schwarz auf Weiß vor, was wir seit Jahren angekündigt haben: Der Wolf soll nicht mehr geschützt, sondern systematisch ausgerottet werden – und zwar mit Methoden, die selbst hartgesottenen Jägern die Schamesröte ins Gesicht treiben sollte.

Was genau plant Minister Alois Rainer (CSU)?
- Reguläre Jagdzeit vom 1. September bis 28. Februar – genau in der Zeit, in der Welpen noch von ihren Eltern abhängig sind und gleichzeitig die neue Paarungszeit beginnt.
- Ein einziger bestätigter Riss → sechs Wochen freie Jagd in einem 20-Kilometer-Radius (bisher 1000 Meter), ohne dass der „Schadwolf“ überhaupt identifiziert werden muss.
- Die Jagd endet erst, „sobald der „Schadwolf“ erlegt ist“ – eine Gummiklausel, die praktisch nie endet.
- Ganze Rudel dürfen getötet werden, auch präventiv, ohne dass ein einziger Riss nachgewiesen wurde.
- In Almen, Deichen und anderen „nicht zumutbar schützbaren“ Gebieten sollen dauerhaft wolfsfreie Zonen entstehen.
- Der Schutzparagraph § 45a Bundesnaturschutzgesetz soll komplett gestrichen werden.
- Das Umweltministerium soll entmachtet werden – alles will künftig das Landwirtschaftsministerium allein entscheiden.
Und nun ist es auch nicht schwer vorzustellen, welche Daten dann zur Wolfsjagd heran genommen werden, um die Wölfe aufzuspüren. Natürlich die Daten aus dem offiziellen Wolfsmonitoring. Wir fordern seit Jahren, das Wolfsmonitoring an eine regierungsunabhängige Organisation zu geben und haben ein vereinsinternes Wolfsmonitoring etabliert, was einige Wolfsfreunde der anderen Verbände bisher aber nicht verstanden haben. Vielleicht jetzt?
Und genau das ist der Kern: Der Wolf wird nicht mehr als Wildtier, sondern als Ungeziefer behandelt – mit Nachtzielgeräten, Scheinwerfern und künstlichen Lichtquellen, die selbst die Ethik der waidgerechten Jagd verhöhnen.
Wer profitiert wirklich?
Nicht die Bürgerinnen und Bürger (die in allen Umfragen klar für den Wolf sind).
Sondern einzig die Jagdlobby und jene Kreise, die seit Jahren auf Konfrontation und nicht auf Koexistenz setzen.
Das ist kein „pragmatischer Umgang mit dem Wolf“ mehr. Das ist die Blaupause für etwas Größeres. Denn genau in diesem Jahr hat dieselbe Regierung bereits angekündigt, das Verbandsklagerecht von Umwelt- und Tierschutzverbänden abzuschaffen oder massiv einzuschränken („Entbürokratisierung“ nennt man das im Neusprech). Übersetzt heißt das: Organisationen wie wir sollen künftig nicht mehr vor Gericht ziehen dürfen, wenn Politik und Lobby gemeinsam Natur zerstören. Der Wolf ist nur ein Opfer dieser schleichenden Entdemokratisierung.
- Erst wird der Schutz des Wolfs gekippt – unter Ausschluss der Öffentlichkeit und des Fachministeriums.
- Dann wird Naturschutzverbänden das Klagerecht genommen, damit niemand mehr juristisch eingreifen kann.
- Und am Ende steht eine Politik, die ohne Gegenwehr Wölfe und weitere Wildtiere ausrottet, Wälder rodet, Autobahnen durch Moore, Windkraft-Ausnahmen für Konzerne und Pestizid-Freifahrtscheine durchdrückt.
Wer Menschen dazu ermutigt oder sogar verpflichtet, systematisch zu töten (egal ob Tiere oder Menschen), der verändert langfristig die Hemmschwellen einer Gesellschaft. Das wussten schon die alten Römer („panem et circenses“ plus Gladiatorenspiele), das wussten die Militärstrategen des 20. Jahrhunderts, und das wissen auch moderne Sozialpsychologen. Warum das gezielte Verrohen funktioniert:
- Desensibilisierung
Wer regelmäßig Blut sieht, Welpen erschießt oder Rudel „erlegt“, gewöhnt sich an Gewalt. Studien zur Jagdpsychologie zeigen: Je länger und intensiver Menschen jagen, desto geringer wird die emotionale Reaktion auf Leid und Tod. - Empathie-Abtrainierung
Grausamkeit gegen Tiere ist der klassische Einstieg in die „Dehumanisierungskette“. Wer lernt, dass Schwächere (Tiere) keinen Schutz verdienen, überträgt diese Haltung leichter auf „schwache“ Menschengruppen (Flüchtlinge, Arme, Andersdenkende …). - Machtdemonstration des Staates
Wenn der Staat sagt: „Ihr dürft jetzt töten, wo ihr früher nicht durftet“, signalisiert er gleichzeitig:- Die bisherigen moralischen und rechtlichen Grenzen sind verhandelbar.
- Gewalt ist wieder ein legitimes Mittel der Konfliktlösung.
Das ist ein extrem wirkmächtiges Signal an eine Gesellschaft, die gerade ohnehin verunsichert ist.

Historische Beispiele (leider keine Theorie)
- NS-Zeit: Die Jagd wurde massiv gefördert („Volksjagd“), Vivisektion an Tieren war erlaubt, während gleichzeitig die Hemmschwelle sank, Menschen zu töten.
- USA nach 9/11: Plötzlich durften Zivilisten wieder „Trophäenfotos“ mit getöteten Tieren posten, Folter wurde salonfähig debattiert – und die Gesellschaft wurde spürbar roher.
Und heute? Wenn eine Regierung
- den Wolf vom geschützten Tier zum „Schädling“ erklärt,
- ganze Rudel präventiv töten lässt,
- das Verbandsklagerecht von Naturschutzverbänden abschaffen will,
- und gleichzeitig die Jägerschaft zur „Hilfspolizei“ im Wald macht,
dann geschieht das nicht aus biologischer Notwendigkeit (die Wissenschaft sagt das Gegenteil), sondern aus politisch-psychologischer Kalkulation: Eine verrohte, desensibilisierte Bevölkerung lässt sich leichter regieren. Sie stellt weniger Fragen, wenn später härtere Maßnahmen kommen – gegen „Schädlinge“ anderer Art. Wer also heute zusieht, wie der Staat Jagd auf Wölfe freigibt,
der sieht morgen vielleicht, wie der Staat Jagd auf andere „Unbequeme“ freigibt, wie wir es ja in den vergangen Jahren auch schon bei Corona erleben konnten. Deshalb ist der Kampf für den Wolf immer auch ein Kampf gegen das Verrohung der Gesellschaft – und damit für uns selbst.
Rainer Mausfeld hat es schon vor fünf Jahren auf den Punkt gebracht:
Und wer heute schweigt, weil „mich der Wolf ja persönlich nicht betrifft“, der begreift nicht: Wer sich heute für den Wolf einsetzt, kämpft morgen für sein eigenes Recht, noch etwas dagegen unternehmen zu dürfen. Deshalb ist das hier kein reiner Naturschutz- und Tierschutz-Fall mehr. Das ist ein Demokratie-Fall.
Wir freuen uns über finanzielle Unterstützung:
Konzerne und Lobbyisten bestimmen immer mehr – und nicht im Interesse der Bürger und nicht zum Wohle der Natur – mit. Deshalb ist es essentiell, dass es Vereine wie Wolfsschutz-Deutschland e. V. gibt, die völlig unabhängig sind. Kein Vorstandsmitglied sitzt in einer Partei. Parteien mischen auch nicht bei uns mit und wir nehmen keine Lobbygelder an. Wer uns unterstützt, kann sich also sicher sein, dass wir stets im Sinne unserer Wölfe handeln. Wir sind nicht bestechlich.
Doch wir Helfer brauchen auch Hilfe. Bitte unterstützen Sie uns mit einer Spende. Auch mit einem Dauerauftrag von 5 Euro im Monat können wir viel Gutes tun und weiter für unsere Wölfe kämpfen. https://wolfsschutz-deutschland.de/spenden-2/

