Neue Studie bestätigt: Wölfe bleiben scheu – ein Plädoyer für ihren Schutz

Eine bahnbrechende Studie aus Polen, veröffentlicht am 2. Oktober 2025 in der renommierten Fachzeitschrift „Current Biology“  liefert erneut Beweise dafür, dass Wölfe ihre natürliche Scheu vor Menschen bewahren – selbst in streng geschützten Gebieten. Für uns bei Wolfsschutz-Deutschland e. V. unterstreicht diese Forschung, warum jeder Abschuss von Wölfen nicht nur unnötig, sondern auch kontraproduktiv ist. Wölfe sind keine Bedrohung, sondern ein unverzichtbarer Teil unserer Ökosysteme und ihre Angst vor Menschen zeigt, dass sie alles tun, um Konflikte zu vermeiden.

Wölfe in der Tucheler Heide: Scheu trotz Schutz

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Liana Zanette (Western University, Kanada) und Dries Kuijper (Polnische Akademie der Wissenschaften) hat in der Tucheler Heide in Nordpolen das Verhalten von Wölfen untersucht. Mit über 100 Kamera-Lautsprecher-Systemen testeten die Wissenschaftler, wie Wölfe auf menschliche Stimmen im Vergleich zu natürlichen Geräuschen (z. B. Eulenrufe) reagieren. Die Ergebnisse sind eindeutig: In 80,4 % der Fälle flohen Wölfe bei menschlichen Geräuschen – doppelt so häufig und deutlich schneller als bei Kontrollgeräuschen (43,2 %). Noch beeindruckender: Wölfe sind nachts fast fünfmal aktiver als Menschen, um Begegnungen zu vermeiden. Diese Erkenntnisse widerlegen den gefährlichen Mythos, dass Wölfe durch Schutzmaßnahmen zutraulich werden. Selbst in Gebieten, in denen sie streng geschützt sind, bleibt ihre Angst vor Menschen tief verwurzelt. Die Studie zeigt, dass diese Scheu ein globales Muster ist: Menschen töten große Raubtiere wie Wölfe weltweit neunmal häufiger als natürliche Todesursachen. „Wären Wölfe furchtlos, wären sie tot“, fasst es die Studie treffend zusammen. Für uns ist klar: Diese Angst ist ein Überlebensmechanismus, der durch menschliche Verfolgung und Abschüsse nur verstärkt wird.
Beispielfoto Wölfe. ©Brigitte Sommer

Begegnungen durch Hunger, nicht durch Zutrauen

Die Studie liefert auch eine wichtige Erklärung für seltene Begegnungen zwischen Wölfen und Menschen, etwa in Dörfern. Diese sind nicht das Ergebnis von „Zutrauen“, sondern von Hunger. Wölfe wägen Risiken und Nutzen ab: Wenn Nahrung knapp ist, nehmen sie größere Gefahren in Kauf, um zu überleben. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, natürliche Lebensräume und Beutetiere zu schützen, anstatt Wölfe zu töten. Abschüsse, wie sie in einigen Regionen gefordert oder durchgeführt werden, sind nicht nur grausam, sondern verschärfen das Problem, indem sie Rudelstrukturen zerstören und junge Wölfe in die Verzweiflung treiben. Ein Aufruf zum Handeln: Schutz statt Abschuss. Die Ergebnisse der polnischen Studie sind ein Weckruf für den Wolfsschutz in Deutschland und Europa. Wölfe sind keine Gefahr für den Menschen – sie fürchten uns und tun alles, um uns aus dem Weg zu gehen. Statt sie zu verfolgen, müssen wir ihren Lebensraum sichern und Konflikte durch präventive Maßnahmen lösen. Dazu gehören:

  • Schutz der Lebensräume: Erhalt und Ausweitung natürlicher Habitate, um Wölfen ausreichend Beutetiere zu bieten.
  • Präventionsmaßnahmen: Förderung von Herdenschutzmaßnahmen wie Zäune und Herdenschutzhunde, die nachweislich effektiv sind.
  • Aufklärung: Mythen über „gefährliche“ Wölfe entkräften und die Bevölkerung über ihr scheues Verhalten informieren.

Jeder Abschuss eines Wolfes ist ein Angriff auf die Biodiversität und die Stabilität unserer Ökosysteme. Wölfe regulieren Wildbestände, fördern die Artenvielfalt und sind ein Symbol für eine intakte Natur. Die Wissenschaft zeigt: Wölfe wollen keinen Konflikt mit uns. Es liegt an uns, ihnen die Chance zu geben, in Frieden zu leben.

Das Problem mit „Wald vor Wild“


Das in mehreren deutschen Bundesländern (z. B. Bayern, Hessen, Baden-Württemberg) angewandte Konzept „Wald vor Wild“ gefährdet die Lebensgrundlage von Wölfen und anderen Wildtieren, indem es die Jagd auf deren Beutetiere wie Rehe und Hirsche priorisiert. Wir bei Wolfsschutz-Deutschland e. V. lehnen dieses Konzept entschieden ab, da es nicht nur Hobbyjägern, sondern auch Berufsjägern und Förstern als Befehlsempfängern die Legitimation gibt, die natürlichen Beutetiere der Wölfe systematisch zu dezimieren. Dies destabilisiert das ökologische Gleichgewicht und treibt Wölfe in die Nähe menschlicher Siedlungen, wo sie aufgrund von Nahrungsknappheit Konflikte riskieren.

  • Warum ist „Wald vor Wild“ problematisch?
    • Störung des ökologischen Gleichgewichts: Wölfe regulieren Wildbestände wie Rehe und Hirsche auf natürliche Weise, was die Waldgesundheit fördert. Durch die intensive Jagd auf Beutetiere im Rahmen von „Wald vor Wild“ wird diese natürliche Regulation untergraben, was langfristig zu mehr Schäden durch Überpopulationen oder Nahrungsknappheit führt.
    • Indirekte Bedrohung für Wölfe: Weniger Beutetiere zwingen Wölfe, größere Risiken einzugehen, z. B. in die Nähe von Siedlungen zu kommen. Die polnische Studie zeigt, dass solche Begegnungen durch Hunger, nicht durch Zutrauen entstehen. „Wald vor Wild“ verschärft dieses Problem.
    • Berufsjäger und Förster als Teil des Problems: Während Hobbyjagd oft im Fokus steht, setzen Berufsjäger und Förster als ausführende Organe von „Wald vor Wild“ die politischen Vorgaben um, ohne die langfristigen Folgen für Wölfe und Ökosysteme ausreichend zu hinterfragen.
  • Unsere Forderung: Wir fordern die Abschaffung von „Wald vor Wild“ und eine Neuausrichtung hin zu nachhaltigem Naturschutz, der die Rolle von Wölfen als natürliche Regulatoren anerkennt. Statt Beutetiere zu jagen, brauchen wir Investitionen in Lebensraumschutz und Präventionsmaßnahmen, um Mensch, Wolf, Wild und Wald in Einklang zu bringen.
Beispielfoto Wolfsrudel. © Brigitte Sommer

 

Unser Standpunkt: Kein Wolf darf sterben

Bei Wolfsschutz-Deutschland e. V. stehen wir uneingeschränkt hinter unseren Wölfen. Die polnische Studie bestätigt, was wir seit Jahren betonen: Wölfe sind keine Bedrohung, sondern ein Geschenk für unsere Natur. Jeder Abschuss ist ein Schritt zurück in eine Zeit, in der Wölfe in Deutschland fast ausgerottet waren. Wir fordern ein Ende aller Abschusspläne und eine konsequente Umsetzung von Schutzmaßnahmen. Gemeinsam können wir eine Zukunft schaffen, in der Mensch und Wolf harmonisch koexistieren. Unterstützen Sie uns! Werden Sie Mitglied bei Wolfsschutz-Deutschland e. V., teilen Sie diese Erkenntnisse und helfen Sie mit, die Stimmen unserer Wölfe zu verstärken. Denn ein Land mit Wölfen ist ein Land voller Leben.

Quelle: Kasper, K., et al. (2025). Wolves and their prey all fear the human ’super predator‘. Current Biology, 35(20), 1–7. Verfügbar unter: https://publish.uwo.ca/~lzanette/papers/Kasper_et_al_2025.pdf.

 

Wir freuen uns über finanzielle Unterstützung:

Konzerne und Lobbyisten bestimmen immer mehr –  und nicht im Interesse der Bürger und nicht zum Wohle der Natur – mit. Deshalb ist es essentiell, dass es Vereine wie Wolfsschutz-Deutschland e. V. gibt, die völlig unabhängig sind. Kein Vorstandsmitglied sitzt in einer Partei. Parteien mischen auch nicht bei uns mit und wir nehmen keine Lobbygelder an. Wer uns unterstützt, kann sich also sicher sein, dass wir stets im Sinne unserer Wölfe handeln. Wir sind nicht bestechlich. 

Doch wir Helfer brauchen auch Hilfe. Bitte unterstützen Sie uns mit einer Spende. Auch mit einem Dauerauftrag von 5 Euro im Monat können wir viel Gutes tun und weiter für unsere Wölfe kämpfen. https://wolfsschutz-deutschland.de/spenden-2/

Auch durch den Kauf unseres neues Wolfskalenders für 2026 kann unsere Arbeit wirkungsvoll unterstützt werden. Hier geht es zu den Bestellmöglichkeiten: https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/08/19/unser-wolfskalender-2026-ist-da/

 

Neue Studie: Ohne Wölfe keine Hunde

Eine neue Studie zeigt, dass die Domestizierung der Hunde ohne die Wölfe als flexible und robuste Ausgangsart nicht möglich gewesen wäre. Sie liefert Einblicke in die komplexe Interaktion zwischen natürlicher Evolution und menschlichem Einfluss und betont, dass die Wölfe nicht nur passive Vorfahren, sondern dynamische Akteure in der Entstehungsgeschichte der Hunde waren. Diese Erkenntnisse können bedeuten, dass sich Wölfe selbst dazu entschieden haben an der Seite der Menschen zu leben.

Beispielfoto Wolf. © Brigitte Sommer
Die Studie „Rapid prehistoric evolutionary divergence of dogs from wolves via natural and human-driven selection“ (Schnelle prähistorische evolutionäre Divergenz von Hunden aus Wölfen durch natürliche und menschliche Selektion), veröffentlicht in Proceedings of the Royal Society B, untersucht die Domestizierung von Hunden mit einem besonderen Schwerpunkt auf der zentralen Rolle der Wölfe als Ausgangspunkt dieses Prozesses. Durch paläontologische, morphologische und genetische Analysen wird gezeigt, wie sich Hunde aus ihren Wolfs-Vorfahren entwickelten und welche natürlichen und menschlichen Selektionskräfte dabei wirkten.
Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen Menschen und Wölfen hat wahrscheinlich viel früher angefangen, als bislang vermutet. KI-Bild, erstellt von Grak/X

Die Rolle der Wölfe als Ursprung

Wölfe (Canis lupus) bilden die Grundlage der gesamten Evolution der Hunde und sind der wilde Stammvater, von dem alle domestizierten Hunde abstammen. Die Studie hebt hervor, dass Wölfe nicht nur als genetische Vorlage dienten, sondern auch durch ihre Vielseitigkeit und Anpassungsfähigkeit die Voraussetzungen für die Domestizierung schufen. Ihre ursprünglichen Eigenschaften – wie kräftige Kiefer, ausgeprägte Sozialstrukturen und Jagdinstinkte – waren der Ausgangspunkt, von dem aus evolutionäre Veränderungen einsetzten. Fossilien von Wölfen, die in der Nähe prähistorischer menschlicher Siedlungen gefunden wurden, zeigen, dass diese Tiere bereits in Kontakt mit Menschen standen, lange bevor die Domestizierung vollständig abgeschlossen war.
 
Die Forscher analysierten Schädel, Zähne und Skelettreste von Wölfen sowie frühen Hunden aus prähistorischen Fundstellen. Diese Vergleiche zwischen Wölfen und ihren domestizierten Nachkommen waren entscheidend, um die morphologischen Unterschiede zu verstehen. Genetische Daten von fossilen Wölfen wurden ebenfalls einbezogen, um die Abstammungslinien und die Punkte der Divergenz zu rekonstruieren. Die Studie zeigt, dass Wölfe nicht einfach passiv „verändert“ wurden, sondern dass ihre natürliche Variabilität – etwa in Verhalten, Größe und Schädelstruktur – die Basis für Selektionsprozesse lieferte.
Gemeinsame Jagd brachte Vorteile für Wölfe und Menschen. KI-Bild erstellt mit Grok/X.

Wichtige Ergebnisse:

  1. Schnelle Divergenz von Wölfen: Die Studie belegt, dass sich Hunde innerhalb weniger Generationen deutlich von Wölfen unterschieden. Dieser schnelle Wandel wurde durch starke Selektionsdrücke ermöglicht, die auf der natürlichen Vielfalt innerhalb der Wolfs-Populationen aufbauten.
  2. Natürliche Selektion bei Wölfen: Wölfe, die in der Nähe menschlicher Siedlungen lebten, entwickelten Merkmale wie kleinere Schädel und kürzere Schnauzen, die sie von ihren wilderen Artgenossen abhoben. Diese Anpassungen könnten darauf hindeuten, dass weniger aggressive oder territorial dominante Wölfe besser mit menschlichen Abfällen als Nahrungsquelle zurechtkamen, was ihre Überlebenschancen erhöhte.
  3. Menschliche Selektion aus der Wolfs-Population: Menschen wählten bewusst oder unbewusst Wölfe mit bestimmten Eigenschaften aus – etwa solche, die zutraulicher waren oder nützliche Fähigkeiten wie Wachsamkeit zeigten. Diese Wölfe wurden in die menschliche Umgebung integriert, wodurch ihre Gene weitergegeben wurden und die Grundlage für domestizierte Hunde entstand.
  4. Morphologische Unterschiede: Im Vergleich zu Wölfen zeigen frühe Hunde eine reduzierte Gesichtslänge und veränderte Zahnstrukturen. Während Wölfe mit ihren kräftigen Kiefern und großen Zähnen für die Jagd auf Beutetiere optimiert waren, deuten die Veränderungen bei Hunden auf eine Anpassung an eine Ernährung hin, die stärker von menschlichen Resten geprägt war. Dennoch bleiben die Ähnlichkeiten zwischen Wölfen und frühen Hunden ein Beleg für ihre enge Verwandtschaft.
  5. Zeitlicher Rahmen: Die Abspaltung von Wölfen hin zu Hunden begann (bereits) in prähistorischer Zeit, wobei die natürlichen Eigenschaften der Wölfe als Ausgangspunkt dienten. Die Studie legt nahe, dass die heutige Vielfalt der Hunderassen auf den genetischen und verhaltensmäßigen Reichtum der Wolfs-Populationen zurückzuführen ist.

Die Bedeutung der Wölfe

Die Autoren betonen, dass Wölfe nicht nur die „Rohstoffe“ für die Domestizierung lieferten, sondern auch aktiv durch ihre Anpassungsfähigkeit den Prozess mitgestalteten. Ihre Fähigkeit, in unterschiedlichen Umgebungen zu überleben und ihre sozialen Strukturen machten sie zu idealen Kandidaten für eine enge Beziehung mit dem Menschen. Die Evolution der Hunde ist somit weniger eine vollständige „Umformung“ der Wölfe, sondern vielmehr eine Weiterentwicklung spezifischer Wolfs-Eigenschaften unter neuen Selektionsbedingungen. Die mutualistische Beziehung – Wölfe profitierten von Nahrungsquellen, Menschen von Schutz und Jagdhilfe – unterstreicht die zentrale Rolle der Wölfe in diesem Prozess.
Quelle: