Panikmache statt Info: Der unsägliche Umgang der Massenmedien mit Jungwölfen

Im Winter, wenn die Welpen knapp zwei Jahre alt sind, beginnen sie das elterliche Rudel zu verlassen. In Deutschland, wo die Lebensräume durch menschliche Aktivitäten stark beeinflusst sind, stellt dies eine besondere Herausforderung dar. Der Höhepunkt der Paarungszeit, die aktuell stattfindet, markiert auch die größte Abwanderung von Jungtieren. Leider ist dies auch mit alljährlicher Wiederkehr von Angst- und Panikmache in den Medien verbunden, obwohl die Redaktionen inzwischen längst wissen müssten, dass die wandernden Jungtiere keine Gefahr für Menschen darstellen.

In Deutschland, wo die Wolfspopulation in den letzten Jahrzehnten wieder an Bedeutung gewonnen hat, beginnt die Paarungszeit der Wölfe im Winter, typischerweise zwischen Januar und März. Diese Zeit ist geprägt von intensiven sozialen Interaktionen innerhalb der Rudel: Innerhalb eines Wolfsrudels bestimmen die Wolfseltern die Fortpflanzung. Hierbei zeigt sich, dass das Elternpaar üblicherweise das einzige Paar ist, das sich während dieser Zeit paart, um die Ressourcen für die aufkommenden Welpen zu sichern. Heulkonzerte sind während dieser Phase häufig, da sie nicht nur zur Kommunikation mit anderen Rudelmitgliedern dienen, sondern auch zur Abgrenzung und Verteidigung des Territoriums. Diese Heulrituale stärken auch die Bindung innerhalb des Rudels.
Fortpflanzung: Nach einer Tragzeit von etwa 63 Tagen gebären die Wölfinnen ihre Welpen im Frühling, meist zwischen April und Mai. Die Paarungszeit markiert auch den Höhepunkt an Abwanderungen von Jungwölfen aus den Wolfsfamilien, die aus Vater, Mutter und Welpen aus dem vergangenen Jahr bestehen, von denen viele noch nicht abwandern, sondern in diesem Jahr noch bei der Aufzucht der neuen Welpen helfen und Geschwistern, die knapp zwei Jahre alt werden. Diese machen sich jetzt auf die gefährliche Reise, denn sie wollen einen Partner finden und eine eigene Familie gründen.
Junge Wölfe im Alter von neun Monaten bis 1,5 Jahren machen sich hauptsächlich von Januar bis März alleine auf ihre gefährliche Reise. Beispielfoto © Brigitte Sommer

Jungwölfe auf der gefährlichen Suche nach einem eigenen Revier

Diese Jungwölfe suchen sich neue Reviere, um eine eigene Familie zu gründen. Dies kann bedeuten, dass sie durch dicht besiedelte Gebiete oder landwirtschaftlich genutzte Flächen wandern müssen, wo sie natürlich gesehen werden können. Die Wanderungen können weitreichend sein, manchmal über hunderte oder sogar tausende von Kilometern. In Deutschland, ein Land mit einer relativ hohen Bevölkerungsdichte und vielen Straßen, sind diese Wanderungen auch mit einem erhöhten Risiko von Unfällen verbunden. Jungwölfe müssen sich an die spezifischen Bedingungen in Deutschland anpassen, wo sie auf landwirtschaftliche Nutzflächen, Autobahnen und Siedlungen treffen. Dies erfordert eine hohe Anpassungsfähigkeit und Intelligenz, um sowohl menschliche Begegnungen zu vermeiden, als auch neue, sichere Lebensräume zu finden.

Natürliches Verhalten wird für Panik- und Angstmache genutzt

Da die Jungwölfe weder einen Kompass, noch Landkarten oder Navi haben, kann es passieren, dass sie sich auch in Ortschaften oder Gärten verirren können. Sie sind überhaupt nicht gefährlich für Menschen und man sieht auf den zahlreichen Filmen, die jetzt wieder in den sozialen Netzwerken herum geistern, dass sie eigentlich nur aus der Situation weg wollen. Deutliches Anzeichen ist ein eingezogener Schwanz. Die Wanderungen der Jungwölfe in Deutschland sind ein ganz normales Verhalten, das zeigt, dass sich Wölfe weder unkontrolliert vermehren, noch dass in einem Revier zu viele von ihnen leben und praktisch den Wald leer fressen würden.
All dies ist seit der Rückkehr der Wölfe vor mehr als zwanzig Jahren nach Deutschland längst bekannt, doch leider beteiligen sich viele Massenmedien an Fake-News und Lügen der Jagd- und Agrarlobby.
Sollten Sie ein solches Jungtier sehen, bitte stellen Sie keinen Film davon in soziale Netzwerke, bitte keinesfalls an Medien oder den „Jäger, bzw. Landwirt des Vertrauens“ geben. Jegliche Verbreitung bringt die Jungtiere in Gefahr und wird für Propagandazwecke genutzt. Hier ein aktuelles Beispiel aus der NRZ.

Hetze statt Information

 

Die NRZ nahm als Titelbild für ihren Artikel ein Standbild aus einem Film, der völlig aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Unbedarfte Leser müssen so glauben, dass der Wolf den Filmer beißen wollte. Tatsächlich aber ist das Tier in Angst und Panik gegen die Fensterscheibe geknallt. Natürlich ist die restliche Information hinter Bezahlschranke: https://www.nrz.de/niederrhein/article408326913/wolf-steht-vor-der-terrassentuer-familie-filmt-geschockt-mit.html

Hier das komplette Video

 

 

Dieses Video von diesem sich in Mönchengladbach verirrten Jungtier geistert seit einigen Tagen im Netz umher mit immer abstruseren Geschichten dazu. Nun veröffentlichen es auch die Massenmedien und Haterseiten und es kursieren Lügengeschichten. Dieses Jungtier hat sich offensichtlich in einen Garten verirrt und es nimmt die Glasscheibe nicht wahr. So versucht es sich an einem vermeintlichen Ausgang, rennt aber mit dem Kopf an die Scheibe, was natürlich schmerzhaft ist. Jeder würde hier das Gesicht verziehen.  Eine weitere logische Erklärung wäre, dass das bereits total gestresste Tier plötzlich einen nicht vorhandenen Artgenossen im Spiegelbild wahrnimmt und sich erschreckt. Ein solches Jungtier hat natürlich keinerlei Erfahrung mit Fensterscheiben.  In Deutschland ist übrigens die Tollwut ausgerottet, aber natürlich hält dies Hass-Seiten nicht davon ab, zu verbreiten, dass das Tier Tollwut hätte.

Wir freuen uns über finanzielle Unterstützung:

Konzerne und Lobbyisten bestimmen immer mehr –  und nicht im Interesse der Bürger und nicht zum Wohle der Natur – mit. Deshalb ist es essentiell, dass es Vereine wie Wolfsschutz-Deutschland e. V. gibt, die völlig unabhängig sind. Kein Vorstandsmitglied sitzt in einer Partei. Parteien mischen auch nicht bei uns mit und wir nehmen keine Lobbygelder an. Wer uns unterstützt, kann sich also sicher sein, dass wir stets im Sinne unserer Wölfe handeln. Wir sind nicht bestechlich. 

Doch wir Helfer brauchen auch Hilfe. Bitte unterstützen Sie uns mit einer Spende. Auch mit einem Dauerauftrag von 5 Euro im Monat können wir viel Gutes tun und weiter für unsere Wölfe kämpfen. https://wolfsschutz-deutschland.de/spenden-2/

Achtung: Teenager sucht erste eigene Bude!

Die Jungwolfwandersaison hat begonnen. Bitte gerade jetzt mit Vorsicht und Bedacht Auto fahren. 

 

Viele Menschen sind nur im Herbst, wenn die Tage kürzer werden, darauf vorbereitet, langsamer und vorsichtiger zu fahren. Nicht nur das fallende Laub macht die Straßen gefährlich, auch Wildtiere, die urplötzlich die Straße überqueren, können Unfälle verursachen. Doch kaum jemand ist darauf eingestellt, gerade jetzt im Hoch- und Spätwinter, wenn die Tage wieder länger werden, noch einmal mit Wildwechsel zu rechnen. Dabei beginnt gerade jetzt eine ganz besondere Zeit im Wolfsjahr. Die Paarungszeit steht kurz bevor und die Jungwölfe verlassen ihr Rudel, um sich ein eigenes Revier zu suchen. Dabei geraten sie leicht in große Gefahr, überfahren oder Opfer von illegaler Tötung zu werden.

Einer der faszinierendsten Beutegreifer ist seit knapp 20 Jahren nach Deutschland zurückgekehrt. Unsere wildreichen Wälder bieten ihm viel Nahrung und er kommt sehr gut in unserer Kulturlandschaft zurecht.  Wölfe leben, wie wir Menschen auch, in Familienverbänden. Mutter und Vater bleiben zusammen. Sie besetzen ein Revier, dass sie gegen andere Wölfe verteidigen. Wenn die Lebensbedingungen dort gut sind, erwarten sie Nachwuchs, der im Frühjahr auf die Welt kommt. Oft helfen die einjährigen Welpen noch bei der Aufzucht der Welpen mit. So wie der Wolf Pumpak aus dem polnischen Ruszow-Rudel, der hier, wie im Video zu sehen, im Alter von einem Jahr seine Geschwister sittet, während die Mutter auf Jagd ist. Die zweijährigen Jungtiere sind zu diesem Zeitpunkt schon abgewandert.

Ganz Deutschland ist Wolfserwartungsland. Der Wolf ist in Deutschland streng geschützt und er darf nicht abgeschossen werden. Bei uns leben inzwischen um die 500 Wölfe. Platz wäre leicht für das Vierfache. Seit Anfang des Jahres (Quelle: DBB-Wolf) sind bereits neun Wölfe überfahren worden. Bitte fahren Sie deshalb gerade jetzt besonders vorsichtig. Da Jungtiere leicht 70 Kilometer pro Tag zurücklegen, kann jetzt praktisch überall ein Wolf auftauchen. Besondere Vorsicht beim Fahren ist in der Oberlausitz und allen anderen neuen Bundesländern und in Norddeutschland geboten.

Wolfsteenager sind im Verhalten vergleichbar mit menschlichen Teenagern. Sie sind unerfahren, gehen Risiken ein. Sie sind neugierig und neigen zur Selbstüberschätzung. Sie sind genauso groß wie ihre Eltern, aber im Gegensatz zu einem erfahrenen Altwolf lassen sie sich auf ihren Wanderungen blicken. So ist es völlig normal, dass ein solches Jungtier auch mal durch Ortschaften streift, oder Feldwege und Radwege benutzt. Schließlich kommt ein Wolf dort schneller voran, als im Gelände. Sein Ziel ist es, ein für ihn geeignetes Revier zu finden.

Oft werden Filme, die Landwirte von Traktoren aus machen, in soziale Netzwerke gestellt. Sie sollen beweisen, dass Wölfe die Scheu verloren hätten. Doch dies stimmt ganz und gar nicht. Die Jungtiere kennen Traktoren und Fahrzeuge. Sie erkennen allerdings nicht sofort, dass sich ein Mensch darin befindet. Bitte niemals solche Filme in sozialen Netzwerken teilen. Sie landen garantiert auf Wolfshasserseiten. Dort werden Lügengeschichten verbreitet. Oder Onlineausgaben von Tageszeitungen bringen diese Filme, übertitelt mit reißerischen Überschriften, die nichts anderes als Panik schüren sollen.

Wer einem Jungwolf  begegnet, der sollte sich bewusst machen, dass ihm in diesem Moment ein ganz wunderbares Naturerlebnis geschenkt worden ist. Es ist möglich, dass das Jungtier nicht gleich flüchtet, sondern neugierig schaut. Wem diese Situation unangenehm wird, kann sich großmachen, laut sprechen und gegebenenfalls mit einem Stock nach dem Tier werfen. Bitte keine Filme oder Fotos von einer solchen Begegnung ins Netz stellen. Schon gar nicht mit Ortsangaben. Niemals einem Jungtier etwas zum Fressen zuwerfen. Es könnte diesem Tier zum Verhängnis werden, mit Menschen positive Erinnerungen zu verbinden. Denn in Deutschland herrscht noch immer das „Rotkäppchensyndrom“. Dabei stehen wir Menschen ganz und gar nicht auf dem Speiseplan von Wölfen. Sie ernähren sich zu über 90 Prozent von Wild. Natürlich verschmähen sie auch Schafe nicht, wenn sie ihnen ungeschützt auf dem Silbertablett serviert werden. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten Weidetiere zu schützen. Entschädigungszahlungen gibt es ebenfalls.

Jeder kann mit einer vorsichtigen Fahrweise und mit klugem, medienreflektiertem Handeln dazu beitragen, dass ein Jungwolf auch das Erwachsenenalter erreichen kann.