Gericht kippt intransparente Abschussverfügung auf Wolf in Brandenburg

Seit dem 25. November 2024 lief bereits eine Schießgenehmigung auf einen Wolf aus dem Rudel Golzow, ohne öffentliche Pressemitteilung und ohne klagefähige Verbände vorher mit einzubeziehen. Nun kippte ein Gericht erst einmal die Verfügung wieder. Bis zur endgültigen Entscheidung darf nun kein Wolf abgeschossen werden.  Warum das ganze Rudel und sogar weitere Wolfsfamilien in Gefahr waren, erfahren Sie in unserem Artikel.

Die MOZ berichtete am 8.Janaur 2025, dass seit dem 25. November 2024 eine Wolfsentnahme bei Angermünde lief. Ein Wolf aus dem Rudel Golzow habe innerhalb von vier Wochen zweimal den durch das LfU empfohlenen Herdenschutz überwunden. Dazu kämen noch einmal vier weitere Fälle, wo durch den Wolf der Mindestschutz von Weidetieren überwunden wurde. Die „Entnahmen“ liefen zwischen acht bis 12 Wochen nach dem letzten Übergriff durch Wölfe. Die Entnahmeverfügung hätte also sogar auch noch in der Paarungszeit der Wölfe hinein stattgefunden.
Beispielfoto spielende Wölfe.

Töten ohne Sinn und Verstand?

Wie würde überhaupt festgestellt, dass der richtige Wolf am Ende abgeschossen wird? lautete eine Frage der MOZ. Zitat: „Dies ist praktisch nicht möglich und stellt eine diskussionswürdige Regelung der Gesetzgebung dar“,  antwortete der Pressesprecher des LfU, Frey. Vor einem Abschuss könne nicht festgestellt werden, ob der richtige „Problemwolf“ getroffen wurde und nach dem Abschuss würde eine genetische Probe genommen und mit Proben verglichen, sofern diese durch die vorherigen Übergriffe vorhanden sind.

Falls es sich bei dem abgeschossenen Tier dann nicht um den eigentlichen Problemwolf handele, könne zwar die Maßnahme laut LfU fortgesetzt werden, denn Entnahmen gelten immer nur für einen Wolf – doch nur in einem bestimmten zeitlichen Rahmen. Falls der letzte Übergriff durch das Tier zu weit zurückliege, müsse eine neue Entnahme angeschoben werden. Und das könne dauern, so der Tenor zur MOZ.
Frey beteuerte zwar der MOZ gegenüber, dass man nicht das ganze Rudel abschießen wolle, doch wenn nach und nach weitere Wölfe abgeschossen werden dürften, wäre am Ende natürlich doch das ganze Rudel betroffen. Wie zum Beispiel im Fall von Teltow-Fläming, wo Ermittlungen gegen einen Jäger nach einer Strafanzeige von Wolfsschutz-Deutschland e. V. aufgenommen worden waren. Im betroffenen Rudel waren zuerst ein Sohn und dann der Vater des Rudels erschossen worden. https://wolfsschutz-deutschland.de/2023/05/25/falscher-wolf-erschossen-ermittlungen-gegen-jaeger-in-brandenburg/
Auch im aktuellen Fall werden wir erneut Strafanzeigen stellen, sollten Wölfe aufgrund des Abschussbescheides zu Tode kommen.
Studien belegen längst, dass das Zerschießen von Wolfsrudeln eher mehr als weniger Nutztierrisse nach sich ziehen wird, weil ein allein erziehender Elternteil oder unerfahrene Jungtiere gezwungen sind, auf leichte Beute zurück zu greifen.
Intransparent ist auch die Informationspolitik des LfU zu aktuellen Rissen. Hier ist eine Liste zum Nachprüfen einfach nicht vorhanden, bzw. wird einfach nicht zur Verfügung gestellt. Rissgeschehen können so von unabhängigen Vereinen gar nicht überprüft werden.

Weitere Wolfsfamilien in Gefahr

Das Rudel Golzow lebt nordöstlich von Berlin. GW3343f aus Parstein-Oderberg und GW2497m aus Wokuhl hatten im Monitoringjahr 34/34 fünf Welpen.
Direkt in der Nachbarschaft westlich befindet sich das Rudel Groß Schönebeck mit den Wolfseltern GW3561f und GW2852m. Die beiden hatten 34/24 ebenfalls fünf Welpen. In der Nachbarschaft rechts lebt das Rudel Parstein-Oderberg mit den Eltern GW2785f und GW3656m. Es gab 34/24 einen Doppelwurf mit neun Welpen.
Auch diese beiden Rudel wären durch den geplanten Abschuss massiv gefährdet gewesen.
Die Entnahme würde durch einen örtlichen Jäger durchgeführt werden, so Frey zur MOZ. Insider berichteten uns allerdings, dass die Jäger aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen dem „Schießbefehl“ bislang nicht nachgekommen wären. Geklagt hatte mittels Eilverfahren der Verein Freundeskreis frei lebender Wölfe e. V. Heute berichtet der Verein, dass das Verwaltungsgericht Potsdam dem Eilantrag stattgegeben habe. Anfang Februar könne das Gericht dann zu einer endgültigen Entscheidung gelangen.
Die MOZ behauptete in ihrem Artikel auch wirklich Absurdes. Es sei nachgewiesen, dass ein Wolf über einen Zaun gesprungen wäre, obwohl der Zaun keinen Untergrabschutz aufgewiesen hatte.
Wolfsfreundinnen und Wolfsfreunde müssen sich unserer Meinung nach in Zeiten eines immer stärker werdenden Lobbyeinflusses darüber im Klaren sein, dass die Daten des Wolfsmonitorings auch für das Auffinden von Wölfen nach Abschussgenehmigungen heran gezogen werden. Wir suchen deshalb engagierte Menschen, die sich an unserem internen Wolfsmonitoring in Brandenburg beteiligen möchten. https://wolfsschutz-deutschland.de/mitglied-werden/
Über ausufernde Lobbyarbeit, unter anderem auch in Brandenburg, berichteten wir auch kürzlich hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/01/14/exponentiell-wachsende-gefahren-durch-die-agrar-und-jagdlobby/
Quellen:

Heimkehrer Wolf- Es gibt keinen Grund, sich vor ihm zu fürchten

Ein Gastbeitrag von Sabine Brauer

Vor über 150 Jahren wurden die letzten Wölfe in Deutschland von Menschenhand ausgerottet. Ablenkend von sozialen Konflikten, stempelte man sie ab als Sinnbild des Bösen, was sich auch heute noch in bekannten Märchen widerspiegelt. Sie erfuhren die gleiche Verfolgung, wie Frauen, die man der Hexerei bezichtigte. Im Jahr 2000 wanderten die ersten Wölfe aus Polen wieder ein und finden seitdem deutschlandweit neue Lebensräume. Auch in Niedersachsen, u. a. im Landkreis Harburg, sind einige Rudel wieder heimisch geworden. Nach europäischem Recht sind Wölfe eine streng geschützte Art, genießen damit auch in Deutschland höchsten Schutzstatus und dürfen weder verletzt noch getötet werden. Trotzdem verschwinden immer wieder Wölfe oder werden illegal erschossen aufgefunden.

Heimkehrer Wolf- Es gibt keinen Grund, sich vor ihm zu fürchten
Sabine Brauer

Wölfe passen sich an die immer stärker besiedelte, von Straßen durchzogene Landschaft an. Dennoch kommen vor allen Dingen abwandernde Jungwölfe im wahrsten Sinne des Wortes leider häufig unter die Räder. Trotzdem finden sie Areale, in denen sich jeweils einzelne Rudel ansiedeln, die sehr wertvolle Regulatoren für das jeweilige Ökosystem darstellen. Ein Rudel besteht aus dem Elternpaar, den Welpen des aktuellen Jahres und Jährlingen, die sich an der Aufzucht der Jungen beteiligen. Es beansprucht eine Größe von 150 – 350 km². Darin wird die Wolfsdichte niemals größer sein, als die eines einzigen Rudels. Als Kulturfolger haben sich Wölfe schon immer auch in unmittelbarer Nähe von menschlichen Siedlungen aufgehalten. Daraus resultieren ihre domestizierten Nachkommen, unsere Haushunde, die alle noch Gene ihrer Vorfahren in sich tragen.

Weidetiere können geschützt werden, man muss es nur wollen

Leider treffen mit der Rückkehr der Wölfe auch unterschiedliche Interessen aufeinander. Der Beutegreifer Wolf benötigt Nahrung in Form von Wildtieren wie Rehen, Hirschen, Wildschweinen und kleineren Säugetieren. Er ist damit genau das Regulativ in Wald und Flur, das durch seine Ausrottung gefehlt hat. In seiner Anwesenheit entsteht eine völlig natürliche Auslese auch schwacher und kranker Tiere, die für einen ausgeglichenen gesunden Bestand sorgt, der nicht mit Überproduktion der Populationen reagiert.

Wenn Wölfen leichter Zugang zu Schafen oder Ziegen geboten wird, werden sie allerdings auch diese leichte Beute nicht verschmähen. Denn als bestens an die Natur angepasstes Lebewesen, verschwenden sie keine unnötige Energie. Unzureichend geschützte, eingepferchte Weidetiere, sind leichte Opfer. Panik innerhalb einer Herde, die bei einem Wolfsangriff nicht entkommen kann, löst bei Wölfen einen starken Beutetrieb aus, der dann leider häufig sogar zu Mehrfachrissen führt. In der Natur kommt genau das nicht vor, weil Wölfe sich auf ein Beuteobjekt konzentrieren und alle anderen Tiere flüchten können. Für nachgewiesene Wolfsrisse erhalten Weidetierhalter eine Entschädigung vom Land.

Der Artenschutz darf nicht aufgeweicht werden

Panikmache durch Medien und Tierhalter, die ihre Tiere immer noch nicht ausreichend schützen (wollen), ist so wenig hilfreich, wie zielführend. Die zunehmende Stimmungsmache von Weidetierhaltern und Jägern gegen die Wölfe darf nicht dazu führen, dass der Artenschutz aufgeweicht wird. Die Übernahme in das Jagdrecht ist absolut keine Option.

Im Besonderen geht es deshalb jetzt also darum, die Akzeptanz für den Wolf zu stärken, Vorurteile abzubauen und Maßnahmen sowohl zum Schutz der Wölfe, als auch zur Absicherung von Weidetieren zu unterstützen. Da der Wolf seit bald zwanzig Jahren wieder in Deutschland heimisch wird, gibt es auch bereits beste Erfahrungen mit vorbildlichen, vielfach erfolgreich angewandten Herdenschutzmaßnahmen, bestehend aus elektrischen Zäunen mit Untergrabungsschutz und Herdenschutzhunden, die auch finanziell von den Ländern gefördert werden.

Die Panik vor dem Wolf ist völlig unbegründet

Für Menschen stellt der Wolf keine Gefahr dar. So sind europaweit in den letzten Jahrzehnten keinerlei Übergriffe auf Menschen bekannt. Auch wenn sich gelegentlich Wölfe durch Siedlungsbereiche bewegen, in der Regel nachts oder in der Dämmerung, sind sie nicht gefährlich für Menschen. Ältere Tiere oder Rudel wird man ohnehin kaum zu sehen bekommen, weil diese sehr scheu sind und den Kontakt zum Menschen meiden. Jüngere Tiere, die im Alter von etwa eineinhalb bis zwei Jahren im Frühjahr ihr Ursprungsrudel verlassen, sind noch neugierig und so kommt es vor, dass man gerade in dieser Jahreszeit – mit ganz viel Glück – vielleicht einmal einem Wolf begegnet. Wir brauchen also keine Angst zu haben vor dem „bösen Wolf“, der in vielen von uns noch Rotkäppchenängste auslösen mag.

Nur weil Wölfe uns heute noch fremd sind, wir den Umgang bisher nicht gewohnt sind oder lernen konnten, heißt es nicht, dass wir sie fürchten müssen. Sie sind nicht unsere Feinde, sondern folgen menschlichen Ansiedlungen schon seit Urzeiten. Sie sind die wilden Vorfahren unserer Haushunde. Was mir fremd ist, muss ich mir vertraut machen, um mir eine eigene ungefärbte Meinung bilden zu können. Im Rahmen meiner Tierrechtsinitiative beschäftige ich mich seit längerer Zeit mit diesem Heimkehrer, sammle Informationen über Wölfe, ihr Verhalten und den Umgang mit ihnen und stelle diese für die Öffentlichkeit und die Politik im Internet zur Verfügung. Informative Beiträge aus allen Medien, von Experten, Wolfsberatern und Behörden, aber auch persönliche Erfahrungen Dritter sollen hier einen Überblick schaffen Werfen Sie einen Blick auf meine Facebookseite: www.facebook.com/LobbyproWolf

Sehr gern unterstütze ich auch den Verein Wolfsschutz Deutschland e. V., dessen engagierte Mitglieder sich uneingeschränkt für den Schutz von Wölfen und anderen Tieren einsetzen.

Ich freue mich, wenn auch ich mit diesem Artikel dazu beitragen kann, Ihnen Informationen an die Hand zu geben, Ängste zu nehmen und vielleicht auch Sie dafür zu gewinnen, den Wolf in Deutschland, Niedersachsen und in unserer Nachbarschaft willkommen zu heißen.

 

Zur Person: Sabine Brauer lebt in Niedersachsen, ist aktiv für die SPD in der Kommunalpolitik tätig und engagiert sich seit Jahren für den Tierschutz. Siehe auch www.lobby-pro-tier.de

 

Rissprovokation und/oder der Versuch einer illegalen Wolfsbeseitigung? Update zur Lage der Schafe in Kemlitz

Brandenburg – 28.01.18 – Wir waren erneut vor Ort in Kemlitz bei den fünf Schafen, die auf einer mehr als unzureichend eingezäunten Weide mitten im Wolfsgebiet untergebracht waren. Im Vergleich zu unserem ersten Besuch Mitte und Ende Dezember 17 hat sich nichts geändert. Siehe auch: https://wolfsschutz-deutschland.de/2018/01/07/brandenburger-wolfsverordnung-freibrief-zum-woelfe-toeten/

Das ist der Bericht unseres Wolfsschutzmitarbeiters: „Das Ganze weist sehr auf Lockplatz für Wölfe mit Lebendfutter hin. Auf der Nordseite steht ein stabil ausgebauter Anstand, gegenüber an einem Maisfeld ist ein mobiler Anstand platziert. Die Versorgung ist genau genommen Futterverweigerung. Das Heu unter dem Misttreuer ist komplett durchnässt. Am Zaun steht ein zugefrorener, gerissener Plastikeimer. Der Wind pfeift jämmerlich übers Gelände. Die fünf Tiere können sich nirgendwo unterstellen. Die Weidefläche ist für fünf Tiere viel zu groß bemessen. Sie ist mit einer Art mobilem Zaun umgeben. Drei Litzen, eine weitere soll wohl so etwas  so etwas wie ein Flatterband darstellen  – das ist jedoch Quatsch, weil eben nichts flattert, und die Höhe der oberen Litze gutmütig gemessen 85 cm  und weniger und ohne Strom ist. Ich habe es getestet: die Stromversogung steht in einem Blechkasten. Klemmen sind am Zaun angeschlossen. Es handelt sich um eine normale Autobatterie mit 12v, 380a u. 65 ah. Die Batterie ist leer. Auf der Seite am mobilen Anstand sind nebeneinander zwei Unterwühlungen zu sehen. 

Die ganze Gegend ist ein intensiv ausgebautes Jagdgebiet mit mehreren mobilen und festen Anständen.“ Bei einer erneuten Kontrolle standen die Tiere nun komplett außerhalb des Zaunes. 

Wir haben den zuständigen Wolfsberater informiert. Der Besitzer der Schafe wurde anscheinend auch ausfindig gemacht.  Doch das Wohl seiner Tiere scheint ihn wenig zu stören. Die Leute, die für diese „Weidetierhaltung“ verantwortlich sind, müssen sich schon die Frage gefallen lassen, ob sie mit dieser Technik Risse provozieren  oder gar Wölfe illegal beseitigen wollen? Fakt ist, dass, falls die Brandenburger Wolfsverordnung jemals in Kraft treten sollte, dies solchen Praktiken Tür und Tor öffnen kann. 

Gleichzeitig ist dieses Drama dort ein deutliches Argument für den Wolf. Denn trotz, dass die Tiere geradezu auf einem Silberteller „serviert“ werden, ist den Schafen bislang nichts passiert. Und das mitten im Wolfsgebiet.

Hier sind aktuelle Fotos: