Unser Vereinsmitglied Toni Seiler ist tot – Als Mensch und Wolfsexperte ein schmerzlicher Verlust

Toni Seiler (hier mit seiner Wölfin Inge ) ist im Alter von 71 Jahren verstorben.

Es gibt Menschen, die bewirken sehr viel, stellen sich aber nicht in den Vordergrund, sondern agieren  – wo immer es geht – im Stillen. Toni Seiler war so ein Mensch. Er hat sich nie als Wolfsexperte aufgespielt,  obwohl er ein ganz bedeutender war. Seine Aufgabe sah er darin, das Wesen des Wolfs genau zu erkunden und seine fundierten Beobachtungen und Untersuchungen den Menschen in Vorträgen weiter zu geben und darüber aufzuklären, dass der Wolf ebenso ein Recht hat hier zu leben, wie Hirsche, Rehe, Füchse, oder Schafe. Jetzt ist er am 30. August im Alter von nur 71 Jahren gestorben. In der relativ kurzen Zeit, in der wir uns näher kannten, ist eine wunderschöne Freundschaft entstanden. Gerne erinnere ich ich an das Interview, das er Brigitte Sommer und mir für unseren nicht kommerziellen Dokumentarfilm „Menschen für Wölfe“ in seiner grünen Oase am Rande des Westerwaldes gab. Hier  ein Auszug: https://www.menschen-fuer-woelfe.com/blog/unser-erster-trailer-f%C3%BCr-unseren-dokumentarfilm-menschen-f%C3%BCr-w%C3%B6lfe?fbclid=IwAR0irbfHtI7oJSaDmJNqSvJ6gMj7UEsOGE8EmswYnDCWgS6bLKSQs1jRkmM Und als Mitglied in unserem Verein Wolfsschutz-Deutschland e.V. hatten wir noch viele Vorträge mit ihm geplant.

Seine Zeit mit den Wölfen begann 1991. Als Toni gerade mit seiner Hundeschule begonnen hatte, traf er erstmals mit dem international bekannten Wolfsforscher Erik Zimen zusammen. Zwei Jahre später zog er auf Bitte von Erik Zimen die ersten drei Grauwolfwelpen in einem Gehege auf seinem naturbelassenen Grundstück auf, die aus den Abruzzen kamen und unbedingt ein Zuhause brauchten. Alleine die Erlaubnis von den Behörden dazu zu erhalten, war damals ein Erlebnis. Zu jener Zeit war Tonis Grundstück täglich von hunderten Schaulustigen bevölkert, die sogar die Zäune überwanden. Und täglich kamen Fernsehteams – auch aus dem Ausland – vorbei, die alles filmten und ihn interviewten. Neben Karlchen und Mina war es vor allem die Wölfin Inge, die ihn mit bewundernswerter Treue viele Jahre seines Lebens begleitete. In dieser Zeit hatte er mit allen heute bekannten Wolfsexperten zu tun. Mit den meisten von ihnen brach er den Kontakt schon bald ab, „weil die von Wölfen einfach keine Ahnung haben und nur Geld damit verdienen wollen“, wie mir erzählte.

Toni Seiler hat zusammen mit dem früh verstorbenen Erik Zimen Gundlagen für heutiges Wolfswissen geschaffen. Beide Namen sind in der Wolfsforschung nicht mehr wegzudenken.

Mit Wölfin Inge nahm er Menschen die Angst vorm Wolf

Immer dann, wenn wir auf Inge zu sprechen kamen, hörte ich die Begeisterung für dieses einmalige Tier aus ihm heraus. Sie war so zahm, dass er sie zu Vorträgen in Schulen und zu Vereinen mitnehmen konnte. Sein Ziel war es die ganze Zeit seines Schaffens, den Menschen endlich die Angst vor dem Wolf zu nehmen. Gegenüber der Zeitung „Welt“ erklärte er 1998: „Am liebsten gehe ich mit ihr zu den Kindern. Sie sind noch offen und neugierig, vielleicht läßt sich doch etwas tun gegen den Hass.“

Diesen Hass gegenüber Wölfen wollte er nie verstehen.  In einem Gespräch mit mir nannte er diese Menschen einfach nur „hirnlos und gefährlich“.

Die Handaufzucht seiner Wölfe brachte ihm über Deutschland hinaus Aufmerksamkeit. Wölfin Inge wurde oft als Filmwolf für Serien wie „Tierärztin Dr. Mertens“ oder „Charly“ gebucht. Sie war ein Star, Toni legte auf Allüren keinen Wert. Zusammen mit Erik Zimen drehte er in den Wolfsgebieten im Osten Europas Filme fürs Fernsehen. „Eine aufregende, schöne Zeit war das“, meinte er zu mir.

Begeisterter Naturschützer und Musiker

Doch Toni Seiler war viel mehr als nur ein Wolfsexperte und Wolfsschützer. Er war mit Herzblut auch Naturschützer und begeisterter Musiker, spielte jahrelang in einer Band und es war unterhaltend, mit ihm über die Musik der 70er und 80er Jahre zu plaudern. Sein Handgelenk erlaubt es ihm leider nicht mehr Gitarre zu spielen, sonst hätten wir beide vielleicht noch Fußgängerzonen mit Gitarren- und Saxophonmusik beschallt.

Bei den Aufnahmen für den nicht kommerziellen Dokumentarfilm „Menschen für Wölfe“: Toni Seiler (Mitte) mit Brigitte Sommer und Volker Vogel
Toni Seiler mit Wolfsbotschafter TWH Anori Pura Goia. Eigentlich mochte er keine Wolfshunde und sagte dies auch ganz offen.

Ich (Volker Vogel) werde wohl nie wieder so ausführliche, fröhliche, unterhaltsame Telefonate führen, wie mit Toni. Man konnte mit ihm am Telefon stundenlang philosophieren, ohne dass es langweilig wurde. Dass Wolfsexperte Ullrich Wotschikowsky, mit dem Toni des öfteren nicht einer Meinung war,  am gleichen Tag starb, ist so ein Zufall, der am Rande erwähnt sei. Vielleicht gibt es für beide ja ein Wiedersehen, wo auch immer und sie können ihren Diskurs fortführen.

Als Toni mich anrief, um zu sagen, dass er schwer krank ist, dachten wir noch an so etwas wie Hoffnung. Wir verabredeten uns für eines der kommenden Wochenende auf einen Kaffee. Wir hatten uns noch viel zu erzählen. Das muss jetzt warten, bis wir uns irgendwann, irgendwo wiedersehen. Vielleicht ist Toni nun wieder mit seiner Wölfin Inge und Erik Zimen vereint. Wir wünschen seiner Frau und seinen Kindern Kraft für schwere Zeit, auch alle Mitglieder des Vereins Wolfsschutz Deutschland, die ihn kannten und der Initiative Menschen für Wölfe sind unendlich traurig.

Volker Vogel, Schriftführer Wolfsschutz Deutschland e. V.

Brigitte Sommer, Vorsitzende Wolfsschutz Deutschland e. V.