Thüringer Umweltministerium zieht Schießgenehmigung auf Wölfin zurück und zahlt weiter Weideprämie

Das Land Thüringen hat die Abschussgenehmigung für die auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf lebende Wölfin zurückgenommen,“ so der MDR am 04. Janaur 2021. Herdenschutzmaßnahmen hätten gewirkt und ein Abschuss wäre nicht mehr verhältnismäßig, wird Staatssekretär Olaf Müller weiter in dem MDR-Artikel zitiert. Wolfsschutz-Deutschland e. V. zeigt sich sehr erfreut darüber, dass Umweltministerin Siegesmund ganz augenscheinlich ihren Feldzug gegen eine Wolfsfamilie aufgegeben hat und wohl eingesehen hat, dass Abschüsse nichts bringen. Stattdessen soll die Schaf- und Ziegenprämie auch im Jahr 2021 weiter gezahlt werden.

Wölfin Ohrdi darf nicht mehr abgeschossen werden. Wir hoffen, dass sie auchin diesem Jahr wieder Nachkommen mit ihrem Wolfsgatten zeugt. Beispielbild © Brigitte Sommer

Die Antragsunterlagen dazu stehen auf der Internetseite des Thüringer Umweltministeriums zur Verfügung: https://umwelt.thueringen.de/schazie

Weideprämie statt Wolfstötung

„Weil es weiterhin keine bundesweite Prämie geben würde, sei die Unterstützung der Thüringer Schäferinnen und Schäfer umso wichtiger,“ wird Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) in einer Pressemeldung vom 18.01.2021 zitiert.

Die Thüringer Prämie in Höhe von 25 Euro pro Tier sei bei ihrer Einführung im Jahr 2019 in Deutschland einmalig gewesen. Inzwischen hätten auch Hessen, Sachsen und Bayern eine Schaf-Ziegen-Prämie nach Thüringer Vorbild eingeführt. Die Schaf-Ziegen-Prämie kann bis zum 31.03.2021 neu beantragt werden. Wer die Prämie bereits 2019 oder 2020 beantragt hat, muss bis zum 31.03.2021 lediglich einen Auszahlungsabruf einreichen.  Auch im vergangenen Jahr setzte sich Thüringen im Bundesrat mit einer Initiative für eine bundesweite Weidetierprämie von 30 Euro je Mutterschaf oder –ziege ein. Die Initiative fand im Bundesrat zwar eine Mehrheit, die Bundesregierung hat die Einführung einer Weidetierprämie für Schafe und Ziegen allerdings erneut abgelehnt. So wird es also auch im Jahr 2021 keine Weidetierprämie auf Bundesebene geben.

Die maximale Fördersumme für die einzelnen Schäferinnen und Schäfer ist aufgrund europarechtlicher Vorgaben auf 20.000 Euro innerhalb von 3 Jahren begrenzt (De-minimis-Beihilfe). Für das Antragsjahr 2021 sind Finanzmittel für die Thüringer Schaf- und Ziegenprämie im Landeshaushalt eingestellt.

Mehr Wolfsabschuss gleich weniger Weidetierschutz

Eine wissenschaftliche Theorie zu Wolfsabschüssen besagt, dass eher das Gegenteil von besserem Schutz für Weidetiere erreicht werden würde. Sie besagt, dass der Abschuss von Wölfen, vor allem von trächtigen Tieren oder Elterntieren, ganze Rudel destabilisieren oder sogar ganz auflösen könnte. Dies könne dann unter anderem eine Neuordnung der Territorien auslösen. Versprengte Einzeltiere und Wölfe, die ihr neues Territorium noch nicht kennen, würden dann auf Nutztierherden als Beute zurückgreifen. Schlichtweg deshalb, weil diese besser auffindbar und verletzlicher als wilde Beutetiere seien. Mehr Wolfsabschüsse führen zu mehr versprengten Einzeltieren und Gebietswechseln, wodurch die Risse an Nutztierherden steigen würden. Die Folge wären weitere Abschüsse von Wölfen – und der Kreislauf beginne von Neuem.

Schäfer Neumann hatte bereits vor Jahren in Brandenburg anhand seiner eigenen Tiere nachgewiesen, dass ortsansässige Wölfe Schafe sogar schützen können. Hätten die Wölfe einmal begriffen, dass sie an die Weidetiere nicht herankommen, würden sie mit Angriffen aufhören. Dadurch, dass Wölfe ihr Revier verteidigen würden, schützten sie Schafe auch vor Wolfsrudeln, die noch keine Erfahrung mit ausreichend geschützten Weidetieren gemacht hätten, so der Tenor des Schäfers, der sowohl mit wolfsabweisenden Zäunen als auch mit Herdenschutzhunden arbeitete.

Im vergangenen Jahr wurde bereits der Abschuss der Wölfin von einem Gericht untersagt.  Wir berichteten hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2020/02/21/erster-teilerfolg-in-thueringen-gericht-untersagt-abschuss-der-mutterwoelfin-jagd-auf-welpen-geht-aber-weiter/

Die Hauptverhandlung wäre in der vergangenen Woche gewesen. Wolfsschutz-Deutschland e. V. hatte diverse Anzeigen gegen die Umweltministerin gestellt und auch als einziger Verein heftig gegen den unserer Ansicht nach nicht rechtsmäßigen Abschuss der frei geborenen Wolfsmischlingswelpen aus den Jahren 2019 und 2018 protestiert.

Quellen: https://www.mdr.de/thueringen/west-thueringen/gotha/wolf-ohrdruf-abschuss-keine-genehmigung-100.html

https://umwelt.thueringen.de/aktuelles/anzeigen-medieninformationen/schaf-ziegen-praemie-wird-auch-2021-in-thueringen-ausgezahlt

https://www.infosperber.ch/umwelt/wolfsabschuss-zum-herdenschutz-kaum-wissenschaftliche-belege/?fbclid=IwAR3GBq5ucHe7VpmFk4ZwT4i30XZfzb2YDbRo5bSYfaz8CM7-3mYYWC_nOb4

https://wolfsschutz-deutschland.de/2020/02/19/wolfsschutz-deutschland-e-v-protestiert-und-stellt-anzeige-wegen-erneuter-toetung-so-genannter-hybriden-in-thueringen/

 

 

Wolfswelpen in Thürungen komplettieren erstes Rudel

Obwohl so genannte Experten daran zweifelten, dass die Ohrdrufer Wölfin im Alter von zirka neun Jahren noch einmal Nachwuchs bekommen könnte, zeigen nun Bilder aus einer Wildkamera des Umweltministeriums das Gegenteil. Auf Wildkamerabildern tummeln sich mehrere Wolfswelpen. Das freut uns von Wolfsschutz-Deutschland e. V. sehr. Gleichzeitig hoffen wir, dass die Abschussfarce der Thüringer Umweltministerin Siegesmund (Grüne) auf diese Wolfsfamilie damit endlich beendet wird.

Wolfswelpen in Thüringen. ©TMUEN

Zwei Mal hintereinander hatte die Wölfin Ohrdri mangels Anwesenheit eines Wolfsrüden in der Paarungszeit mit einem streunden Hund Welpen gezeugt und es sogar geschafft, diese Welpen alleine großzuziehen. Wegen einer angeblichen Notwendigkeit der Erhaltung der „Reinrassigkeit der deutschen Wölfe“ wurden die meisten dieser Wolfskinder allerdings getötet, obwohl so genannte F1-Hybrinden zu dem Zeitpunkt den gleichen Schutzstatus laut EU-Recht wie Wölfe genossen hatten. Dies wurde allerdings zwischenhzeitlich mit Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes (LEX-Wolf) Anfang des Jahres aufgehoben. Seither läuft aber ein Pilotverfahren gegen Deutschland.  Wir von Wolfsschutz Deutschland e. V. protestierten vehement und erstatteteten auch Anzeige gegen die Thüringer Umweltministerin Siegesmund. Wir berichteten hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2020/02/19/wolfsschutz-deutschland-e-v-protestiert-und-stellt-anzeige-wegen-erneuter-toetung-so-genannter-hybriden-in-thueringen/

Wolfsmutter sollte abgeschossen werden

Doch nicht nur die Welpen sollten nach dem Willen der Grünen Umweltministerin sterben. Auch die Mutter Ohdri geriet Anfang des Jahres auf die Abschussliste. Eine Schlappe gab es dann allerdings im Juli für das Thüringer Umweltminsterium und Umweltministerin Anja Siegesmund. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hatte mit Beschluss vom 2. Juli 2020 den Vollzug der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Genehmigung zum Abschuss der auf dem Gebiet des ehemaligen Truppenübungsplatzes Ohrdruf-Jonastal lebenden Wölfin weiterhin ausgesetzt. Wir berichteten hier: http://Eine Schlappe gab es gestern für das Thüringer Umweltminsterium und Umweltministerin Anja Siegesmund. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 2. Juli 2020 den Vollzug der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Genehmigung zum Abschuss der auf dem Gebiet des ehemaligen Truppenübungsplatzes Ohrdruf-Jonastal lebenden Wölfin weiterhin ausgesetzt.

Ein Umdenken dank nun „reinrassiger“ Welpen?

„Wir freuen uns über das erste echte Wolfsrudel in Thüringen seit 150 Jahren. Das ist ein Erfolg für den Artenschutz. Gleichzeitig bleiben wir an der Seite der Schäferinnen und Schäfer, um den maximalen Schutz ihrer Herden zu ermöglichen“, wurde Umweltstaatssekretär Olaf Möller in einer Pressemitteilung vom 14.08.2020 zitiert. Die Aufnahmen zeigten jeweils zwei Jungtiere, die phänotypisch mitteleuropäischen Wolfswelpen entsprechen würden. Der genetische Nachweis stehe jedoch noch aus. Mit dem Nachweis des Wolfsnachwuchses wechsele der Status des Wolfsvorkommens bei Ohrdruf von „Paar“ auf „Rudel“. Zitat: Auf den vorliegenden Bildern läuft um 2.49 Uhr erst die Wölfin durch das Blickfeld der Kamera, drei Minuten später folgen ihr zwei Welpen. Der zweite Nachweis der Jungtiere gelang am Abend desselben Tages. Um 22:23 Uhr lichteten die Kameras erneut beide Welpen ab. Es sind die einzigen vorliegenden Aufnahmen, die den bislang vermuteten Wolfnachwuchs bestätigen. Die genaue Anzahl und das Geschlecht der Welpen sind nicht bekannt. Über die Fotofallenaufnahmen ist lediglich gesichert, dass es sich um mindestens zwei Tiere handelt. Die jungen Wölfe sind zum jetzigen Zeitpunkt etwa 3 Monate alt. Meist bleiben die Nachkommen bis zu ihrer Geschlechtsreife im Alter von ein bis zwei Jahren im Rudelverband.“

Weidewonne? Schaf- und Ziegenhaltung für Fleischgewinnung massiv vom Land subventioniert

Gleichzeitig soll laut einer Thüringer Vermarktungsinitiative der Umsatz für für Lammfleisch deutlich wachsen. Dafür überreichten Umweltstaatssekretär Olaf Möller und Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) vor wenigen Tagen  einen Förderbescheid an die Naturstiftung David.

Die DBU finanziert 67.476 EUR, vom Thüringer Umweltministerium fließen 60.0000 EUR. Das Projekt der Naturstiftung David hat ein Volumen von rund 135.000 EUR und läuft vorerst bis Juli 2021. Zukünftig sollen Fleisch und Wolle so in ganz Thüringen unter der Marke „Weidewonne“ vertrieben werden. Dazu sollen regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsketten etabliert und ausgebaut werden. Projektpartner sind dabei die zwölf Thüringer Natura‐2000‐Stationen, das Natura 2000-Kompetenzzentrum, der Landesverband der Thüringer Schafzüchter und das Landesamt für Landwirtschaft und ländlichen Raum.

Schaftstod durch Schlachter akzeptiert

Bei so vielen Subventionen sollte es doch nun endlich auch von Seiten der Weidetierhalter möglich sein, auch in den Schutz ihrer Tiere zu investieren, die wohl nachweislich eben nicht als Streicheltiere und reine Landschaftspfleger gehalten werden sollen. Insofern wundern wir uns schon über emotionalisierte Aufschreie von Schäfern und der Presse, wenn der Wolf sich ab und an auch mal ein Schaf holt; zumal es Entschädigungen gibt, HSH und auch noch Zäune bezahlt und gefördert werden.

Hier geht es zur Pressemitteilung: https://umwelt.thueringen.de/aktuelles/anzeigen-medieninformationen/wolfnachwuchs-in-thueringen

Sehr übersichtliche Rissliste mit wenigen Vorkommnissen in Thüringen: https://umwelt.thueringen.de/fileadmin/001_TMUEN/Unsere_Themen/Natur_Artenschutz/Wolf_Luchs_Biber/20200903.pdf

https://umwelt.thueringen.de/aktuelles/anzeigen-medieninformationen/weidewonne

Wolfsmanagementplan Thüringen: https://umwelt.thueringen.de/fileadmin/00_tlubn/Naturschutz/Dokumente/4_wolf_luchs/managmentplan_wolf.pdf

Förderrichtline: https://umwelt.thueringen.de/fileadmin/00_tlubn/Naturschutz/Dokumente/4_wolf_luchs/foerderantraege_wolf_luchs/2019-11-19_nichtamtl.-Lesefass._AEnderung_Richtlinie_Wolf-Luchs_Website_TMUEN.pdf

 

 

Nächstes Gericht bestätigt: Thüringer Wölfin Ohrdri darf weiter nicht geschossen werden

Eine Schlappe gab es gestern für das Thüringer Umweltminsterium und Umweltministerin Anja Siegesmund. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 2. Juli 2020 den Vollzug der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Genehmigung zum Abschuss der auf dem Gebiet des ehemaligen Truppenübungsplatzes Ohrdruf-Jonastal lebenden Wölfin weiterhin ausgesetzt.

Nach den Erkenntnissen des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) lebt eine Wölfin mit einem Wolfsrüden und ihren im Frühjahr geborenen Welpen in der Region um den ehemaligen Truppenübungsplatz Ohrdruf, der als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet Nr. 63 „TÜP Ohrdruf-Jonastal“ dem Europäischen Schutzsystem Natura-2000 unterliegt und in dem Wölfe ihrer Art nach besonders geschützt sind. Nachdem die Wölfin mehrfach Herdenschutzanlagen überwunden und verschiedentlich Schafe und Ziegen gerissen hatte, beantragte das TMUEN Ende 2019 beim Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz die Zulassung einer „letalen Entnahme“ der Wölfin unter Ausnahme von natur- und artenschutzrechtlichen Verboten. Diesem Antrag entsprach das Landesamt unter Auflagen mit Bescheid vom 23. Dezember 2019 und ordnete die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung an. Der Thüringer Landesverband des Naturschutzbunds Deutschland (NABU) hat daraufhin Klage zum Verwaltungsgericht Gera erhoben, über die noch nicht entschieden wurde.

Schießgenehmigung rechtswidrig

Der zeitgleich gestellte Antrag auf vorläufigen Eilrechtsschutz hatte Erfolg. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde des Freistaats Thüringen hat der zuständige 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts den Beschluss des Verwaltungsgerichts nun bestätigt. Die Genehmigung zum Töten der Wölfin erweise sich bereits im Eilverfahren als höchstwahrscheinlich rechtswidrig. Sie berücksichtige ausschließlich artenschutzrechtliche Belange, ohne eine aufgrund europarechtlicher Vorgaben gebotene Vorprüfung zur Ermittlung der Auswirkungen des Vorhabens auf die für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungsziele oder eine sich dann ggf. als notwendig erweisende Verträglichkeitsprüfung durchzuführen.

Herdenschutz statt Wolfsabschuss

Es könne aber bereits jetzt nicht ausgeschlossen werden, dass der Abschuss der Wölfin (und unter Umständen des mit ihr im Rudel lebenden Wolfsrüden) den Erhalt einer langfristig überlebensfähigen Population der für das FFH-Gebiet „TÜP Ohrdruf-Jonastal“ ausdrücklich als prioritäres Erhaltungsziel benannten Tierart „Wolf“ gefährden würde. Art und Umfang des Artenschutzrechts werden europarechtlich unter anderem durch die Vorgaben der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) gesteuert. Dadurch würden neben dem allgemeinen Artenschutz die Habitate der Pflanzen- und Tierwelt unter ein besonders strenges Schutzregime gestellt. Pläne und Projekte, die ein solches besonderes Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen könnten, müssten vorher auf ihre Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen überprüft werden. Dies habe das Landesamt offensichtlich versäumt. Abschließend weist der Senat darauf hin, dass sich das Landesamt mit den von den Beteiligten in das Zentrum ihrer rechtlichen Auseinandersetzung gestellten Fragen – etwa zur Zumutbarkeit weiterer Herdenschutzmaßnahmen – erst befassen muss, wenn eine von ihm durchzuführende Verträglichkeitsprüfung ergeben sollte, dass der Abschuss der Wölfin die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck des FFH-Gebiets erheblich beeinträchtigen würde.

Hier ein Link zur Stellungnahme der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V. https://www.djgt.de/news/20200710171734_20200710_OVG_Thueringen_Ohrdrufer_Woelfin.pdf?fbclid=IwAR1dS2mpPfW6SjvMwMM3yTl-NIc24RuePXG1eHV-UkbVEwpHDRVxJoWEULA