Wolfsschutz-Deutschland e. V. schlägt Alarm: Auch in NRW verschwinden Wölfe

Vier erwachsene, gesunde Wölfe sind nicht mehr nachweisbar. Und es scheint sich Grundlegendes im Ablauf des Wolfsmonitorings in NRW und vor allem auch im Wolfsgebiet Schermbeck geändert zu haben und es liegen viel weniger Monitoringdaten vor als in den vergangenen Jahren. Wie kann das sein? In unserer Reportage versuchen wir etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Einfach verschwunden sind Wölfin Glorias Gatte Ingolf (GW1587m), die Partnerin (GW2890f) des Dämmerwaldrüden, der Rüde bei Haltern (GW2347m)  und die Mutter  des Leuscheider Rudels (GW1415f) an der Grenze zu RLP. Es wurden weder Spuren noch tote Tiere gefunden, noch wurden die vermissten Wölfe in anderen Gebieten nachgewiesen. Also liegt der Verdacht nahe, dass sie heimlich beseitigt wurden, also S,S,S Schießen, Schaufeln, Schweigen in Frage kommen könnte.

Beispielfoto Wolfswelpen, © Brigitte Sommer

Wer die Gelegenheit hat, Wölfe verschwinden zu lassen, ist nicht allzu schwer zu erraten. Man munkelt, dass die Jägerschaft in NRW seit einem Jahr in Schermbeck das Wolfsmonitoring übernommen habe. Was schon in Niedersachsen nicht klappt, denn dort positionieren sich die Jäger für den Abschuss von Wölfen, kann in NRW unserer Meinung nach auch nicht funktionieren.

Auch in NRW tritt die Jägerschaft nicht neutral auf. Der Nabu Bottrop bemängelt in seinem neuesten Newsletter die schlechte Datenlage zum Schermbecker Rudel. Man wisse praktisch in diesem Jahr gar nichts über das Rudel, heißt es im Newsletter vom 10. August 2023. Weder, ob es Welpen in diesem Jahr gäbe, noch wer der Vater, falls es Welpen gäbe, sein könnte. Man wisse auch nicht, ob sich GW 954 (Gloria) und der Dämmerwälder Rüde (GW 2889 m) zusammengetan hätten.  Es wären wichtige Monitoring- Instrumente, wie die Auswertung von Kotproben, weit weniger zum Einsatz gekommen als in den Vorjahren. Wären in 2022 (12 Monate) im Kreis Wesel 23 Kot- und Urinproben ausgewertet worden, seien es in den Monaten 1 bis 7/2023 bisher ganze sieben Proben gewesen.

Werden Daten absichtlich verschwiegen?

Wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. haben aktuelle Daten, können diese aber aus Gewissensgründen nicht herausgeben. Allerdings sind wir uns ziemlich sicher, dass die Jägerschaft auch über die gleichen Daten verfügt. Ob dieses Daten nicht ihren offiziellen Weg finden, um Wölfe heimlich zu beseitigen, wissen wir natürlich nicht und wir wollen dies auch nicht unterstellen. Aber solche Gedanken sind sicherlich nicht komplett weltfremd, denn auch in NRW will ein Großteil der Jägerschaft den Wolf „reguliert sehen“ und viele nehmen Wölfe ganz offensichtlich als Beutekonkurrenten wahr. Einige wollen für ihre Wolfstrophäe vielleicht auch nicht erst mühsam ins Ausland reisen.

 

Zweite Vorsitzende und Wolfsteamleitung NRW, Ulrike de Heuvel, vor Ort.

 

 

Erste Vorsitzende Brigitte Sommer, ebenfalls vor Ort.

 

So eskaliert auch in Niedersachsen der Streit ums Wolfsmonitoring der Jägerschaft. Wir fordern seit Jahren, den Jägern das Monitoring wegen massiven Interessenkonflikten aus der Hand zu nehmen. Der Freundeskreis frei lebender Wölfe e. V. fordert dies inzwischen für Niedersachsen auch.

Kein Monitoring ist genauso schwierig wie Monitoring von der falschen Seite

Das Monitoring dient im besten Sinne dem Schutz der Wölfe. Versetzt es aber Menschen in die Position, praktisch selbst ihre Schützlinge zu „verwalten“, wird es komplizierter. Alle Daten, z. B. Videos und Losungen werden mit genauer Positionsangabe bundesweit an einer Stelle zusammengetragen. Wir wissen, dass diese Daten, die nicht nur Jäger, sondern auch viele ehrenamtlichen Helfer sammeln, nicht nur zum Schutz und zur Statistik verwendet werden können, sondern auch zum Aufspüren der Tiere nach Schießgenehmigungen.  Im Fall von Wölfin Gloria wurden bislang zwar alle Anträge auf Abschuss abgeschmettert, doch aktuelle Beispiele gibt es dazu aus Brandenburg aus dem Frühjahr 23. Hier wurden im Landkreis Teltow Fläming zuerst der Sohn und dann der Vaterwolf aufgrund von Schießgenehmigungen getötet. Ehrenamtliche aus unserem Verein wären ihr Leben nicht mehr froh, wenn ihre Arbeit dazu beitragen würde, Wölfe zum Abschuss aufzuspüren. Wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. sind uns sicher, dass auch hier Daten aus dem Wolfsmonitoring herangezogen werden und fühlen uns deshalb auch nicht in der Lage, hier Daten zu liefern, solange man dies so handhaben kann. Auch fürchten wir, dass diese Daten später  für ein regionales, aktives Wolfsmanagement, wie es die Bundesregierung plant, verwendet werden könnten. Wir halten diese Planungen für nicht vereinbar mit EU-Recht und dem unterschriebenen Abkommen der EU. So heißt es ja aus Kreisen des Bundesumweltministeriums und aus Kreisen des Niedersächsischen Umweltministeriums immer wieder, dass es geplant sei, den guten Erhaltungszustand der Wölfe in Deutschland zu erklären.

Uns ist allerdings die Wichtigkeit eines Monitorings durchaus bewusst, da bei keinem ausreichenden Wolfsmonitoring auch heimlich Wölfe verschwinden lassen werden können, bevor sie überhaupt in einer aktuellen Statistik auftauchen können. Und wer die Möglichkeiten und die Gelegenheiten hat, ist ja kein Geheimnis. Es bräuchte also eine Aufsicht über die Aufsicht der Wölfe.

 

Kleine und große Abdrücke von Wolfspfoten.

 

Hier in Beispiel aus einer unserer Wildtierkameras, irgendwo in Deutschland. Das Datum stimmt nicht. Der Film ist aktuell und aus diesem Jahr im Juli. Standortgaben machen wir nicht, weil wir Bedenken haben, dass die Wölfe aufgespürt werden könnten.

 

 

Abdruck einer/zweier Wolfspfote/n.

 

Kleine Wolfspfoten.

 

Blick in ein großartiges Wolfsrevier

Oft behaupten Wolfsgegner, das Revier von Wölfin Gloria und ihrer Familie sei doch viel zu klein und auch viel zu dicht besiedelt und Wölfe würden hier nicht hinpassen. Dabei umfasst das Gebiet eine Fläche von 957 Quadratkilometer. Wer dort schon einmal gewandert ist, oder Radtouren organisiert hat, weiß, was dies bedeutet, der Raum ist groß genug für Mensch und Wolf und auch für die Weidetiere. Deshalb bekommen Menschen die Wölfe auch so gut wie nie zu Gesicht. Hier sind wieder einige Einblicke in das Zuhause von Gloria und Co.

 

Reh im strömenden Regen.

 

 

Die romantische Stimmung bei Sonnenaufgang im Wolfsgebiet Schermbeck täuscht darüber hinweg, dass hier zahlreiche Stacheldrahtzäune um Weiden, die nicht mehr genutzt werden, nicht zurück gebaut wurden. Dabei wird von der Landbevölkerung gerne das Argument benutzt, dass wolfsabweisende Zäune, Wildtiere am Durchlaufen hindern würden. Bei den jährlichen grausamen Treib- und Drückjagden sind diese alten Stacheldrähte ein zusätzliches Dilemma für Wildtiere, die sich darin schlimm verletzen können.

 

 

Ganz besondere Stimmung bei Sonnenaufgang im Wolfsgebiet Schermbeck.

 

Ein kurzer Sonnenspot im Dauerregen, genau auf das Reh.

 

 

Ab August verhüllt Nebel frühmorgens die Lichtungen.

 

Fliegendes Reh.

 

Morgenstimmung im Wolfsgebiet. © Brigitte Sommer

 

Mystische Stimmung im Dauerregen. © Ulrike de Heuvel

 

Zaunrealitäten:

Rolf Fricke, der Vorsitzende des Nabu Bottrop, kritisiert in einem Artikel in der WAZ vom 11.08.23 einen gefährlichen Leichtsinn von Weidetierhaltern im Wolfsgebiet Schermbeck. Wir stimmen mit dem Nabu nicht in allen Punkten überein, aber diese Kritik unterstützen wir vollumfänglich und wir zeigen unten stehend wieder Zaunbeispiele. Eine Million Euro stellte das Land für Herdenschutzmaßnahmen zur Verfügung. Abgerufen worden waren zum 15. Juni 2023 erst 182.00 Euro. Warum so wenig Interesse?

Dafür werden aber auf bestimmten Hetzseiten in sozialen Netzwerken immer weiter Wolfsabschüsse gefordert. Statistisch gesehen ist die Gefahr von Rissen ab August wieder höher, da Welpen nun auch mehr Fleisch benötigen.

 

Hier gab es vor einiger Zeit mal einen Riss bei Damwild, das nun hinter diesen Zebus gehalten wird. Umzäunung besteht aus Wilddraht mit einer Litze innen, die eigentlich nach außen müsste.

 

Hier die Zebus noch einmal heran gezoomt. In der kleinen Hütte verbargen sich zirka sechs dieser kleinen Zwergrinder. Die Eingangstüre könne Lücken aufweisen.

 

Zwei mittelgroße Rinder alleine auf einer Weide. Sind solche Tiere nicht fit, können sie ins Beuteschema eines Wolfs fallen.

 

Seitlich ist das Gelände nur mit zwei Stacheldrahtlitzen eingezäunt, die keinen Schutz bieten.

 

Auch die Türe kann leicht untergraben werden.

 

Pony, nur hinter Wild- und Maschendrahtzaun, ohne Untergrabschutz.

 

Schafe, nur mit Wilddraht umzäunt. Unten ist zwar eine Litze, aber Mitte Juni wies diese keine Spannung auf.

 

Keine Spannung auf der einzigen Litze unten, die unter Strom stehen müsste.

 

Keine Spannung, kein Schutz.

Die „heiligen“ Getreidefelder

 

Jäger und Bauern wettern gerne gegen wolfsabweisende Zäune, da diese angeblich die Landschaft verschandeln und andere Wildtieren am Durchqueren hindern würden. Bei Mais- und Getreidefeldern, besonders wenn man hier auch noch Erntejagd veranstalten kann, scheinen die gleichen Argumente nicht zu gelten.

 

Wolfsabweisend eingezäunter Mais.

 

Hier ist ein riesiges Weizenfeld zirka 1,80 Meter hoch eingezäunt.

 

 

Da wir nicht staatlich unterstützt werden, sind wir auf Spenden angewiesen. Wir freuen uns über jeden kleinen Beitrag. Sehr gut helfen uns regelmäßige Spendenabos in Höhe von beispielsweise 5 Euro im Monat.

Wolfsschutz-Deutschland e.V.

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NRW: Neue Nachbarn bei Gloria von Wesel und eine Klatsche für Wolfshasser

Es gibt gleich zwei gute Nachrichten aus dem Landkreis Wesel aus NRW. Zum Einen könnte sich ein neues Wolfspaar direkt in der Nachbarschaft angesiedelt haben und zum Anderen gibt es eine sehr deutliche Ansage an diejenigen, die meinen, für Wölfe in NRW gäbe es keinen Platz.

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) bestätigt heute in einer Pressemitteilung neue Wolfsnachweise in Schermbeck (Kreis Wesel).

Beispielbild. ©Brigitte Sommer

Sie sind wahrscheinlich schon länger dort, aber mittels genetischer Analysen von Kotproben im Senckenberg Forschungsinstitut in Gelnhausen konnten zwei neue Wölfe im Wolfsgebiet Schermbeck, außerhalb des Streifgebietes des bekannten Rudels um Gloria von Wesel, identifiziert werden. Die in einem Waldgebiet im Raum Schermbeck gefundenen Losungen vom 04. und 12. Juli 2022 konnten dem bislang unbekannten Rüden mit der Kennung GW2889m zugeordnet werden. Eine am 09. Juli 2022 gefundene Losung stammt von dem ebenfalls bislang unbekannten Weibchen mit der Kennung GW2890f. In beiden Fällen ist das Herkunftsrudel nicht bekannt, genetisch zählen diese Wölfe aber unzweifelhaft zur Mitteleuropäischen Flachlandpopulation. Anhand der DNA-Ergebnisse sei belegt, dass die beiden Wölfe nicht mit Gloria und ihrer Familie verwandt sind. Ob sich die beiden neuen Wölfe in Schermbeck ansiedeln oder bereits wirklich ein Paar sind, könne noch nicht geklärt werden, so das LANUV.

Das LANUV empfiehlt den Halterinnen und Haltern von Schafen, Ziegen und Gehegewild im Wolfsgebiet Schermbeck und in der umgebenden Pufferzone, ihre Tiere mit geeigneten Zäunen wolfsabweisend zu sichern. In den Wolfsgebieten und in den Pufferzonen werden Präventionsmaßnahmen wie beispielsweise die Anschaffung wolfsabweisender Elektrozäune zu 100 Prozent gefördert. Im Wolfsgebiet Schermbeck können gemäß Förderrichtlinien Wolf vom 03. Februar 2017, zuletzt geändert am 06. Dezember 2021, nur dann Entschädigungsleistungen für nachweislich von einem Wolf getöteten Schafe, Ziegen oder Gehegewild gewährt werden, wenn ein wolfsabweisender Grundschutz vorhanden ist.

Klatsche für die Wolfshasser

NRW hat übrigens einen neuen Umweltminister und der hat gleich klar gemacht, dass Wölfe eine Daseinsberechtigung in NRW haben.

Oliver Krischer (Grüne) verweist in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der SPD, die dem WDR vorläge, so die Tagesschau, auf die strengen EU-Vorgaben. Diese sicherten dem Wolf, der hierzulande knapp 200 Jahre lang als ausgestorben galt, einen umfangreichen Schutzstatus zu. Für Krischer bedeutet das, „dass ein Bestandsmanagement mit Regulierungsabschüssen von Wölfen (…) nicht zulässig ist“. Er sieht für NRW „weder eine fachliche Rechtfertigung noch eine Aussicht auf Erfolg, den Schutzstatus des Wolfes in Deutschland zu ändern“.

Und dem WDR sagte Krischer, der Abschuss von Wölfen sei keine Lösung: „Das würde auch der Wolf nicht mit sich machen lassen. Das ist eine Art, die von alleine hier hin kommt. Und wenn wir einen Wolf abschießen, dann wird es sicherlich bald so sein, dass der nächste auftaucht. Und wo soll das enden?“ Wichtig sei, die Herden zu schützen.“

Ein gutes Zeichen für die neuen Wölfe und auch für Glorias Familie, denn auch bei den aktuellen Rissen war nicht wolfsabweisend gezäunt. Und auch für einen neuen Wolf bei Paderborn eine gute Nachricht. Bekannte Rudel gibt es bei Leuscheid im Grenzgebiet zu NRW und ein Einzelwolf in der Hohen Mark. Wolfsschutz-Deutschland e. V. freut sich auf weiteren Zuwachs.

 

Presseinformation LANUV: https://www.wolf.nrw/wolf/de/aktuelles/2022-08-29?fbclid=IwAR2w7txm19kxfShfW4CPYi1mH4eQXKT1iswJCq9NiwX9hBu2l41PpdmQ-L4

Weitere Quelle:

https://www.tagesschau.de/inland/regional/nordrheinwestfalen/wdr-story-50083.html?fbclid=IwAR2UnHEWWaPedAKB5aqS3SUl-aZAWZSik5n3ekcUxua_qf0NyvTuWckKECA

https://wolf.nrw/wolf/de/aktuelles/2022-08-23?fbclid=IwAR2gAZpQ_CePOch88c_55YT2HHpH94vKvI0UhChAcBgbZLaOpGVxlKZfheg