Faktencheck: Angeblicher Hunderiss in Sachsen – Lügt die Besitzerin?

Hinter dieser Baumgruppe liegt das Anwesen.

 

Weißkeißel liegt inmitten von Wäldern und Feldern. Kein Wunder sind hier viele Wildtiere unterwegs.

 

Im Februar des vergangenes Jahr wurde ein Wolf in der gleichen Gegend erschossen, weil er einen Hund getötet haben sollte. Wolf „Zottel“ litt höchstwahrscheinlich unter Räude. Diese hätte behandelt werden können. Es gibt zwei Medikamente in Tablettenform, die man als Köder damals hätte verabreichen können.  Stattdessen erschoss man das Tier. Wir berichteten: https://wolfsschutz-deutschland.de/2018/02/23/erschiessung-wolf-zottel-veroeffentlichung-ueber-gutachten-wirft-noch-mehr-fragen-auf-petition-weiter-offen/

Nun scheint diese Methode der Abschussforderung von Wölfen ein Comeback zu erleben. Am 7. August wurde erneut ein toter Hund bei Weißkeißel aufgefunden. Schon erscheinen die ersten reißerischen Berichte über den aktuellen  Vorfall.

Tag 24 schreibt:

Weißwasser –Entsetzen in der Oberlausitz! In Weißkeißel (Landkreis Görlitz) fanden Halter ihren geliebten Mischling Schila (10) leblos auf und völlig entstellt, ohne Kopf. Die Bernersennen-Schäferhündin wurde von einem Wolf getötet, das vermutet nicht nur die Polizei.

Hundehalterin Madeleine Troll (43) betrat am Morgen ihre Terrasse.

„Ich sah in rund 200 Metern Entfernung einen Wolf auf der Wiese, wie er an etwas zerrte. Ich dachte, er hätte ein Reh gerissen“, sagt die Bürokauffrau traurig. „Da wusste ich noch nicht, dass er gerade unsere Schila fraß.“ Zitat aus dem Artikel: „Entsetzen in der Oberlausitz! In Weißkeißel (Landkreis Görlitz) fanden Halter ihren geliebten Mischling Schila (10) leblos auf und völlig entstellt, ohne Kopf. Die Bernersennen-Schäferhündin wurde von einem Wolf getötet, das vermutet nicht nur die Polizei. Hundehalterin Madeleine Troll (43) betrat am Morgen ihre Terrasse. „Ich sah in rund 200 Meter Entfernung einen Wolf auf der Wiese, wie er an etwas zerrte. Ich dachte, er hätte ein Reh geriss“, sagt die Bürokauffrau traurig. „Da wusste ich noch nicht, dass er gerade unsere Schila fraß.“ Hier geht es zum Artikel https://www.tag24.de/nachrichten/weisswasser-wolf-beisst-hund-tot-schila-raueber-holt-sogar-ihren-kopf-1163688?fbclid=IwAR019hUvPU-mS-bg3i1UmBPd8W88txYNHkxDGCJdX1LJtOWvg91cFZ-4RXY

Wir waren vor Ort und haben unter anderem  mit einigen  Nachbarn über den Vorfall  gesprochen.  Sie hätten noch nie  einen Wolf  in der Region gesehen, sagten sie zu uns. Angeblich hätten aber irgendwelche weiteren Bekannten angeblich schon einmal Wölfe gesehen. Dies sei aber mehr Hörensagen und Ausschmückung von Geschichten á la „stille“ Post, als es Fakten entspräche.  Wir haben das Gelände im Umkreis von zirka zwei Kilometern  nach Wolfsspuren bzw. Losung  sowie Rissresten abgesucht,  aber nichts dergleichen gefunden. Der getötete Hund soll ein großer schwarzer 45 kg schwerer Hund gewesen  sein und er wäre sonst eigentlich immer auf dem Grundstück in einem Zwinger eingesperrt gewesen. Zwingerhaltung halten wir von Wolfsschutz Deutschland e. V. aus tierschutzrechtlichen Gründen allerdings für sehr bedenklich.

Dieser Hund scheint also keineswegs ein geliebtes Familienmitglied gewesen zu sein. Diese Auskunft deckt sich auch mit einem Artikel aus TAG 24, in dem die Hundehalterin Madeleine Troll behauptet, dass die Polizei ihr gesagt hätte, es sei ein Wolf gewesen. Polizei und Wolfsexperten hätten ihren eigenen Verdacht sofort bestätigt. Wir fragten heute bei der Polizei nach. Hauptwachtmeister Urban von der Polizei Weißwasser gab uns die Auskunft, dass am 07.08.2019 Beamte vor Ort lediglich einen toten Hund vorgefunden hätten. Irgendwelche Spekulationen hätte die Polizisten bestimmt nicht gemacht und es sei auch nichts im Bericht vermerkt. 

Lügt die Hundebesitzerin?

Vanessa Ludwig von LUPUS und der Fachstelle Wolf in Nossen gab uns die telefonische Auskunft, dass Mitarbeiter der Fachstelle Wolf vor Ort nie angeben würden, dass der Hund mit Sicherheit von einem Wolf gerissen worden sei. Es sei bereits viel von dem Kadaver gefressen worden. Man hätte lediglich den Wolf als Verursacher nicht ausschließen können. Allerdings wäre ein Verschleppen des Hundekopfes normalerweise eher anderen Waldbewohnern, wie zum Beispiel Füchsen zuzuschreiben. Der Kadaver des Hundes sei ins Senckenberg-Institut nach Berlin gebracht worden, wo weitere Untersuchungen stattfinden würden. Dort würde man auch DNA-Proben nehmen, die anschließend im Senckenberg-Institut in Gelnhausen  untersucht werden würden. Erst wenn weitere Ergebnisse vorliegen würden, könne man genauere Auskunft geben. Außerdem habe man dort Wildkameras aufgehängt, um zu schauen, was oder wer sich dort weiter aufhält. 

Anmerkung von Wolfsschutzz-Deutschland e.V. : Selbst wenn es stimmt, dass Frau Troll einen Wolf an ihrem toten Hund gesehen hat, heißt das noch lange nicht, dass ein Wolf auch tatsächlich den Hund gerissen hat. Wölfe fressen nämlich auch Aas. Auch wenn die DNA-Analyse einen Wolf bestätigen sollte,  heißt das nicht, dass der Wolf auch der „Täter“ war.

Unser Team vor Ort hatte das Gefühl, dass die Befragten nicht von einem Wolfsübergriff überzeugt sind und diese Geschichte nicht wirklich glauben. Wollten sich die Besitzer am Ende selber ihres ihnen lästig gewordenen Hundes entledigen? Oder hat ein Jäger den Hund erschossen und den Kopf wegen einer verräterischen Wunde verschwinden lassen? Unklar. Fakt ist, dass Wölfe, Hunde als Spielpartner, als Sexualpartner (sofern in der Ranzzeit kein Wolf zur Verfügung steht) oder als Beute wahrnehmen können. Ein Hund, der allein ohne Besitzer unterwegs ist, kann zur Beute werden, da kein Mensch mit seiner Anwesenheit den Wolf schützt. Wölfe sehen uns Menschen ebenfalls als Beutegreifer, deshalb sind Hunde an der Leine in Wolfsgebieten in Sicherheit, unangeleinte Hunde nicht. Selbst wenn es also ein Wolf gewesen ist, ist dies keinesfalls ein unnatürliches Verhalten. 

In der Gegend um Krauschwitz befindet sich das Daubitzer Rudel sowie das Nochtener Rudel. Die Anwohner sollten eigentlich seit Jahren schon auf Wölfe eingestellt sein.