Tragische Entwicklungen in der Hohen Rhön: Hoffnung durch Wolfswelpe Hope, doch Frigga, Griso und weitere Wölfe vermutlich tot

Die Hohe Rhön bleibt ein Krisengebiet für den Wolfsschutz. Am 11. April 2025 bestätigte das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) den Nachweis eines neuen Wolfswelpen mit der Kennung GW4442m, einem Nachkommen des Paares Frigga (GW3092f) und Griso (GW3519m). Wir haben ihn „Hope“ getauft – ein schwacher Trost angesichts der dramatischen Lage. Frigga und Griso sind unseren Daten nach tot, ebenso  zwei weitere Welpen ihres Wurfes. Auch das benachbarte Rudel Wildflecken, aus dem Griso stammt, hat im vergangenen Jahr Verluste erlitten. Medienberichte, wie im Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt vom 18. Juni 2025, zeichnen ein verzerrtes Bild des Wolfsbestandes, das die aktuelle Bedrohung durch illegale Beseitigung, auch in ganz Bayern, verschleiert.

Hope: Ein Überlebender inmitten von Verlusten

Der Nachweis von Hope im April 2025 ist der letzte Beleg für die Fortpflanzung von Frigga und Griso in der Hohen Rhön. Doch wir gehen davon aus, dass beide Elternwölfe tot sind: Frigga wurde zuletzt am 25. Juli 2024 nachgewiesen, Griso am 16. Oktober 2024. Starke Indizien deuten darauf hin, dass Frigga bereits im Sommer 2024 illegal getötet wurde, mit gerade einmal vier Jahren. Auch zwei weitere Welpen ihres Wurfes (GW4464m und GW4403m), im Herbst 2024 noch bestätigt, sind verschwunden und vermutlich tot. Die LfU-Liste für die Hohe Rhön wird nur sehr verzögert und intransparent aktualisiert und Anfragen von Wolfsschutz-Deutschland e.V. nach dem Umweltinformationsgesetz blieben unbeantwortet.  GW4442m (Hope) wurde im Oktober 24 und April 25 nachgewiesen. Über Monate hinweg hieß es in der Liste lediglich, dass Bilder und Filme Wölfe gezeigt hätten. Ein Fotonachweis aus der Hohen Rhön vom 10. Mai ist nicht unter der Liste zu dem entsprechenden Territorium zu finden, sondern in der Liste ohne feste Territorien. Die Bilder und Filme werden weder veröffentlicht, noch können sie angefordert werden. Ein Mangel an Transparenz, der illegale Tötungen verschleiern könnte.
Ein weiterer Welpe, Nuka, wurde im Juni 2024 hilflos im Territorium gefunden und von Spaziergängern gerettet. Er lebt nun in einem Wildpark in Belgien. Sein Fund spricht für eine Zerstörung des Rudels, wahrscheinlich durch menschliche Eingriffe. Hope ist der einzige bekannte Überlebende des Wurfes.
Beispielfoto einjähriger Wolfsrüde.

Das Rudel Wildflecken: Weitere Verluste

Das benachbarte Rudel Wildflecken, aus dem Griso stammte, hatte im Monitoringjahr 2023/24 zwei nachgewiesene Welpen. Doch auch hier gibt es Anzeichen für Verluste: Eine Jungwölfin (GW4174f) wurde im August 2024 nach einem Riss in der Hohen Rhön getötet, obwohl sie mit dem Vorfall nichts zu tun hatte. Ein Verfahren gegen Schützen und Verantwortliche aufgrund einer gestellten Strafanzeige von Wolfsschutz-Deutschland e V. wurde erst gar nicht eröffnet, die Klagen zweier Umweltverbände abgewiesen. Ein Welpe des Rudels (GW4731m)  wurde in Hessen bei Eichenzell am 24.04.25 überfahren.

Irreführende Zahlen: Kein „Wachstum“ in der Rhön

Der Artikel des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts vom 18. Juni 2025 meldet einen Anstieg des Wolfsbestandes in Bayern auf 56 Wölfe im Monitoringjahr 2023/24 (35 Welpen, 19 Adulte, zwei nicht zugeordnete), gegenüber 25 im Vorjahr. Diese Zahlen, basierend auf Daten des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) und der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW), erwecken den Eindruck eines „deutlichen Wachstums“ mit elf Territorien, darunter sieben Rudeln.
Diese Darstellung ist jedoch rückwärtsgewandt und täuscht über die Realität hinweg. Die Daten enden am 30. April 2024 und berücksichtigen weder die Welpen des Jahrgangs 2024, noch Verluste durch illegale Tötungen.  In der Hohen Rhön zeigt das Monitoring, dass die Wolfspräsenz drastisch gesunken ist. Die Meldung eines „Wachstums“ ignoriert die akute Gefährdung durch illegale Wolfsjagd und unzureichenden Schutz.
Ausriss aus DBB-Wolf. http://www.dbb-wolf.de
Ausriss aus DBB-Wolf. http://www.dbb-wolf.de
Ausriss aus DBB-Wolf. http://www.dbb-wolf.de

In nur in einem Territorium in ganz Bayern Welpen nachgewiesen

Nur im Territorium Veldensteiner Forst konnte am 05. Juni eine Fähe mit Gesäuge nachgewiesen werden, was auf Welpen hindeutet. Im Köschinger Forst gibt es seit Sommer 24 keine Nachweise mehr, Altmühltal seit Dezember 24, Allgäuer Alpen seit Sommer 24 und Ruda seit November 24. Ganz erloschen sind Grafenwöhr und Zella Rhön. Wir bezweifeln, dass es in diesem Jahr, selbst nach Nachmeldungen, einen echten Anstieg geben wird. Grotesk: Die Jäger gieren nach Abschuss und wollen den gesunden regionalen Erhaltungszustand ausrufen, aber gleichzeitig werden Wölfe in Bayern, genau wie Luchse, Otter und Biber, im großen Stil illegal beseitigt. Wo nichts ist, kann auch kein günstiger Bestand ausgerufen werden, es sei denn, es werden einfach Rudel dazu erfunden. Das Wolfsmonitoring in Bayern müsste unbedingt in neutrale Hände.

 

Schafe mit Herdenschutzhunden im Film

 

 

Schafe hinter wolfsabweisendem Netz und Herdenschutzhunden, am 16.06.25 im Territorium Lange Rhön. © Brigitte Sommer

 

Diese Ziegen standen am 15.06.25 hinter einem wolfsabweisenden Netz mit 6.000 Volt Spannung. © Brigitte Sommer

 

Schafe am 16.06.25 hinter wolfsabweisendem Netz mit 6.000 Volt Spannung. Territorium Hohe Rhön.©Brigitte Sommer

Herdenschutz: Teilerfolge und eklatante Mängel

Bei unserer jüngsten Tour in der Hohen Rhön sahen wir endlich akzeptable Zäune für Schafe und Ziegen – ein Beweis, dass Herdenschutz funktioniert, wenn er richtig umgesetzt wird. Doch für Rinder und Kühe bleibt die Lage kritisch: Viele Weiden sind ungeschützt oder nur mit unzulänglichen Ein-Litzen-Zäunen gesichert, die Wölfe nicht stoppen. Solche Versäumnisse führen unter Umständen bei verirrten Kälbern, die mühelos unter solchen Zäunen hindurch können, zu Rissen, die als Vorwand für Abschüsse dienen. Oder aber es wird versucht, Totgeburten zu versilbern und mit solchen nachgesorgten Totgeburten als Risse zu verkaufen und  Hass auf Wölfe zu schüren.
Am 26. August 2024 riss Griso sechs ungeschützte Schafe, die frei herumliefen. Statt den Herdenschutz zu verbessern, wurde die unbeteiligte Jungwölfin aus Wildflecken getötet – ein Skandal, der zeigt, wie perfide die Wolfsjagd ist. Solche Fehlentscheidungen, wie die Abschussverfügung der Regierung Unterfranken, bestrafen Wölfe, während die eigentlichen Ursachen unangetastet bleiben.
Mutterkuhherde nur mit einer Litze am 16.06.25, ohne Spannung im hessischen Teil des Territoriums Höhe Rhön, Ehrenberg-Wüstensachsen. © Brigitte Sommer

Mutterkuhherde im Film

 

Keine Spannung auf der einen Litze. ©Brigitte Sommer

 

Die Rhön: Ein Schlachtfeld der Interessen

Das Biosphärenreservat Rhön sollte ein Schutzraum für Wölfe sein, ist aber ein Tummelplatz der Agrar- und Jagdlobby. Hochsitze prägen die Landschaft und Jagdfrevel bleibt unentdeckt, da Wanderer die Wege nicht verlassen dürfen. Gleichzeitig fördert die jagdnahe Wildland-Stiftung ein Wiederansiedelungsprojekt für Birkhühner – eine Doppelmoral, die Wölfe dämonisiert, während andere Wildtiere geschützt werden. Die Hetze wird von Akteuren wie einem aus Niedersachsen zugezogenen Berufsschäfers geschürt, der ungeschützte Weiden nutzt, um Risse zu provozieren und Abschüsse zu fordern. Dabei sind die Schäden marginal: 2024 wurden im Landkreis Rhön-Grabfeld nur sechs Ziegen und Schafe durch Wölfe getötet – ein verschwindend geringer Anteil im Vergleich zu Verlusten durch Krankheiten oder Schlachtung.
Im Herbst des vergangenen Jahres hatten wir erneut Rissprovokationen im Territorium Lange Rhön (Rudel Frigga und Griso) nachgewiesen. Ein besonders krasser Fall zeigte von der Herde abgetrennte Herdenschutzhunde, die natürlich so ihre Herde nicht bewachen konnten. Siehe hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2024/10/15/bayern-vier-verwaiste-wolfswelpen-im-territorium-von-woelfin-frigga-in-der-hohen-rhoen/?fbclid=IwY2xjawLEv8ZleHRuA2FlbQIxMAABHsSdnQLKzNk-lXO-dKPYi84tsDzLA9Dfs4HYhzgM_kWOmRt38Agyx9iiERVt_aem_it_e0dipsLHwwEKzZgc5xg   Ein erneuter Besuch dort im Territorium zeigt, dass man sehr wohl kann, wenn man will. Wir fanden eine Herde mit Herdenschutzhunden direkt bei den Tieren vor. Warum erst jetzt, nachdem Frigga, Anton und zwei Welpen „verschwunden“ sind, also das Rudel praktisch ausgelöscht ist?
Basaltsee bei Ginolfs. © Brigitte Sommer

Streit ums Jagdgesetz: Wirklich Aiwanger vs. Kaniber?

Ein zentraler Konflikt verschärft die Lage: Jagdminister Hubert Aiwanger fordert seit Monaten die Aufnahme des Wolfs ins Bayerische Jagdgesetz, um Abschüsse zu erleichtern und wirft der CSU „parteitaktische Blockade“ vor. Forstministerin Michaela Kaniber nennt dies „Symbolpolitik“ und ein „verfassungsrechtliches Experiment“, das nichts bringe außer „billige Schlagzeilen“. Dieser Streit, der auch in einem Gespräch mit Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) im November 2024 thematisiert wurde, zeigt unserer Meinung nach aber keine Spaltung in der Koalition, sondern reines Polittheater. Aiwanger und Glauber wollen die Änderung jetzt, während Kaniber Gesprächsbedarf sieht, doch das macht sie nicht plötzlich zur Wolfsfreundin.  Kaniber:“Die Aufnahme ins bayerische Jagdrecht wäre reine Symbolpolitik, solange der Bund nicht den „günstigen Erhaltungszustand“ für ganz Deutschland feststellt.“ Sie selbst und ihr Ministerium stünden an der Seite der Weidetierhalter – „mit dem nötigen langen Atem, den das völkerrechtlich und europäisch verankerte Artenschutzrecht nun einmal erfordert“. Die EU hat den Schutzstatus des Wolfs auf „geschützt“ herabgestuft und die neue Bundesregierung plant, ihn ins Bundesjagdgesetz aufzunehmen, was mit dem Ziel, Wölfe zu bejagen einhergeht, auch wenn stets behauptet wird, man wolle nur so genannte „Problemwölfe“ leichter bejagen. Eine Umweltorga prüft eine Klage.

 

Blick auf Lange Rhön und Gangolfsberg. © Brigitte Sommer

 

Die Lange Rhön ist Teil des Biosphärenreservates und als Naturschutzgebiet gekennzeichnet, doch es ist sehr zu bezweifeln, dass verbotene Wege wirklich dem Naturschutz dienen sollen. Vielmehr werden Jäger und Bauern geschützt, deren Wirken nicht von Wolfsfreunden und Naturschützern ohne Strafzahlungen überprüft werden kann. © Brigitte Sommer

 

 

Im Gegensatz zu Wanderern und Naturfreunden haben Jäger und Bauern im Kerngebiet der langen Rhön freie Fahrt mit ihren Fahrzeugen. Wanderer und Naturfreunde dagegen dürfen hier nicht einmal die ausgefahrenen Wege betreten. Jagd- und Zaunfrevel können weder überprüft, noch nachgewiesen werden. © Brigitte Sommer

 

Wie der Blick von Heidelstein aus belegt, wäre hier viel Platz für Menschen und Wölfe. © Brigitte Sommer

 

Am Fuße des Gangolfberges. ©Brigitte Sommer

 

Falschmeldungen sollten als Risse versilbert werden?

Die Tatsachenbehauptung auf diesem Wolfshasserplakat im hessischen Teil des Territoriums lange Rhön kann ganz klar widerlegt werden. In der Rissliste ist aufgeführt, dass entsprechende Vorfälle gar nicht von Wölfen verursacht worden sind. Quelle: https://wolfszentrum.hessen.de/sites/wolfszentrum.hessen.de/files/2025-05/20250519_nutztierschaeden_24_25_final_export_woms_listen_homepage_0.pdf

Genauso sieht es in Bayern (LK Rhön-Grabfeld) aus: https://www.lfu.bayern.de/natur/wildtiermanagement_grosse_beutegreifer/verdachtsfall/index.htm

Hassplakat bei Ehrenberg. © Brigitte Sommer

 

Quellen:

https://www.wochenblatt-dlv.de/politik/wolfsbestand-bayern-waechst-deutlich-581213

https://www.br.de/nachrichten/bayern/klagen-gegen-abschuss-von-woelfin-in-der-rhoen-abgewiesen,UjpeIcp

https://www.lfu.bayern.de/natur/wildtiermanagement_grosse_beutegreifer/wolf/monitoring/index.htm

https://www.ardmediathek.de/video/br24/bayern-streit-ums-jagdgesetz/br/Y3JpZDovL2JyLmRlL2Jyb2FkY2FzdC9GMjAyNFdPMDE4MDExQTAvc2VjdGlvbi9mNTY2YWU1Mi0yMDFiLTRlNTgtYmE1Yi0zZTFhZTZiZmZiNTg

https://wolfszentrum.hessen.de/aktuelles-0

 

Wir freuen uns über finanzielle Unterstützung:

Konzerne und Lobbyisten bestimmen immer mehr –  und nicht im Interesse der Bürger und nicht zum Wohle der Natur – mit. Deshalb ist es essentiell, dass es Vereine wie Wolfsschutz-Deutschland e. V. gibt, die völlig unabhängig sind. Kein Vorstandsmitglied sitzt in einer Partei. Parteien mischen auch nicht bei uns mit und wir nehmen keine Lobbygelder an. Wer uns unterstützt, kann sich also sicher sein, dass wir stets im Sinne unserer Wölfe handeln. Wir sind nicht bestechlich. 

Doch wir Helfer brauchen auch Hilfe. Bitte unterstützen Sie uns mit einer Spende. Auch mit einem Dauerauftrag von 5 Euro im Monat können wir viel Gutes tun und weiter für unsere Wölfe kämpfen. https://wolfsschutz-deutschland.de/spenden-2/

Ein Gedanke zu „Tragische Entwicklungen in der Hohen Rhön: Hoffnung durch Wolfswelpe Hope, doch Frigga, Griso und weitere Wölfe vermutlich tot

  1. was erwartet man von einer Regierung, die kriegstüchtig werden will? Die Wölfe sind nicht das Problem, der Jagdlobbyismus, die Weidetierhalter, die ihre Tiere nicht schützen und die Medien sind das Problem. Wie lügen und betrügen die Medien, hetzen auf und verdummen unsere Bürger. Jeder Weidetierhalter, der seiner Verpflichtung, seine Tiere zu schützen nicht nachkommt, sollte eine hohe Strafe bekommen. Und die Jäger, die Spaß am töten haben, sollten gesellschaftlich geächtet werden. Wir leben in einer schrecklichen Zeit und das Böse ist immer da. Deshalb muß der Kampf für die Wölfe, für alle Tiere weitergehen.

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