Schon sechs tote Wölfe seit Anfang des Jahres in Sachsen

Dass der Mensch für den Wolf eine viel größere Gefahr darstellt als umgekehrt, macht eine Pressemitteilung des Kontaktbüros „Wölfe in Sachsen“, der offiziellen Informationsstelle zum Thema Wolf vom Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL), in Trägerschaft des Landratsamtes Görlitz, von gestern deutlich.

Auf dieser Karte zur Verteilung der Wolfsfamilien in Sachsen – erstellt vom LUPUS Institut – ist deutlich zu erkennen, wie viel Platz in Sachsen für Wölfe noch ist. Auch zeigen die Grenzen der Territorien auf, dass Wölfe sich eben nicht unkontrolliert versehen, wie viele Politiker gerne behaupten. In Ostsachsen fand eine Sättigung des Bestandes statt.

In Sachsen wurden im Jahr 2019 bislang sechs tote Wölfe registriert. Vier davon wurden im Landkreis Bautzen und je einer in den Landkreisen Görlitz und Mittelsachsen festgestellt. Unter den Totfunden waren vier Wolfswelpen, die infolge von Verkehrsunfällen zu Tode kamen und zwei Altwölfe, die Verletzungen aufwiesen, welche jeweils auf eine Auseinandersetzung mit anderen Wölfen schließen lassen. Seit 2000 gab es in Sachsen insgesamt 85 tote Wölfe. Davon starben 56 Wölfe bei Verkehrsunfällen, zwölf Wölfe starben an natürlichen Ursachen, acht wurden illegal getötet, bei 7 blieb die Todesursache unklar und zwei wurden im Rahmen von Managementmaßnahmen getötet, schreibt das Kontaktbüro. Darunter Wolf Zottel, gegen dessen Abschuss wir von Wolfsschutz Deutschland e. V. anzeige erstattet hatte, weil wir der Meinung waren, dass der Wolf hätte behandelt werden können. Der zweite Wolf war ein blinder Welpe.

Wolf bei Lohsa soll keine Schussverletzungen gehabt haben

Am 26.03.2019 versetzte ein verletzter Altwolf in der Gemeinde Lohse in Aufregung.  Anwohner waren sich sicher, in Zusammenhang mit einem verletzt gesichteten Wolf Schüsse gehört zu haben. Am darauffolgenden Tag gelang es, das Tier einzufangen und zu betäuben, damit es tierärztlich untersucht werden konnte, gibt das Kontaktbüro bekannt. Dabei habe sich herausgestellt, dass der Wolf schwere Bissverletzungen gehabt hätte. Das Gewebe um die Verletzungen sei teilweise bereits abgestorben gewesen. Aufgrund der Schwere der Verletzungen sei der Wolf letztlich eingeschläfert worden.  Die Vermutung, dass jemand auf den Wolf geschossen haben könnte, sei von den Ergebnissen der am Leibniz- Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) durchgeführten pathologischen Untersuchung nicht bestätigt worden, so das Kontaktbüro.

Bei dem Tier handelte es sich um den alten Milkeler Rüden, vermutet das Kontaktbüro. Die Untersuchung der genetischen Probe stehe noch aus, jedoch sei dieser alte Wolf durch Fotofallenaufnahmen bekannt. Er wurde 2006 oder 2007 im Daubitzer Rudel geboren. 2009 bis 2011 war er der Rüde des Seenlandrudels. Nachdem die alte Seenland-Fähe im Winter 2011/2012 verschwunden war, wechselte der Rüde in das Milkeler Territorium. Dort verpaarte er sich 2012 zunächst mit einer Milkeler Tochter. Ab 2013 war er als Rüde des Milkeler Rudels mit der alten Milkeler Fähe verpaart. Die alte Fähe ist ebenfalls bereits 13 oder 14 Jahre alt und wurde im Herbst 2018 das letzte Mal nachgewiesen. In den letzten beiden Jahren hat das alte Paar offensichtlich keine eigenen Welpen mehr aufgezogen. Stattdessen hatten sich im Monitoringjahr 2017/2018 zwei ihrer Töchter im Milkeler Territorium reproduziert (Kontaktbüro berichtete).  Der alte Rüde wurde nun bei Kämpfen mit anderen Wölfen schwer verletzt.

Wölfe verteidigen ihr Revier erbittert gegen andere Wölfe 

Auch der am 21.02.2019 bei Waldhufen gefundene erwachsene Wolfsrüde hatte schwere Bissverletzungen erlitten, in deren Folge er starb. Wölfe markieren die von ihnen bewohnten Gebiete und verteidigen sie gegen fremde Wölfe. Vor allem in Gebieten, in denen flächendeckend Wolfsterritorien etabliert sind, kann es zwischen benachbarten Rudeln zu Kämpfen kommen, welche zum Tod eines Individuums führen können. Besonders im Frühjahr zur Paarungszeit können intensive Auseinandersetzungen zwischen benachbarten Rudeln auftreten.Am 21.02.2019 wurde ein erwachsener Rüde in der Gemeinde Waldhufen (Landkreis Görlitz) tot aufgefunden, der offenbar durch Artgenossen getötet wurde.

Am gefährlichsten für Wölfe: der Straßenverkehr

Am 24.02.2019 starb eine Welpenfähe auf der A 14 bei Großweitzschen (Landkreis Mittelsachsen) bei einem Verkehrsunfall (Kontaktbüro berichtete über beide Ereignisse). In beiden Fällen ist die Untersuchung der genetischen Rudelzugehörigkeit noch nicht abgeschlossen. Am 18. und 20.03.2019 war jeweils ein Wolfswelpe in einen Verkehrsunfall im Landkreis Bautzen verwickelt. Zunächst starb ein männlicher Welpe im Bereich des Czorneboh auf dem Gebiet der Gemeinde Cunewalde im Territorium des Cunewalde Rudels. Zwei Tage später wurde ein toter, weiblicher Welpe an der Anschlussstelle der A 4 bei Salzenforst südlich des Rosenthaler Territoriums gemeldet. Das Ergebnis der genetischen Untersuchungen steht bisher noch aus.

Schon am 08.01.2019 wurde in der Gemeinde Ralbitz-Rosenthal (Landkreis Bautzen) ein toter, männlicher Wolfswelpe gefunden, der auf der Straße zwischen Ralbitz und Naußlitz tödlich verunglückte. Die Annahme, dass der Welpe aufgrund des Fundortes aus dem Rosenthaler Rudel stammt, wurde durch die genetische Untersuchung der am toten Welpen genommenen Probe bestätigt.

Unkontrollierte Vermehrung der Wölfe ist ein Märchen

Nach den Daten des Kontaktbüros sind in Sachsen sind Wölfe seit Ende der neunziger Jahre wieder dauerhaft heimisch. Im Monitoringjahr 2017/2018 wurden in den Landkreisen Görlitz, Bautzen, Meißen, Nordsachsen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge insgesamt 18 Wolfsfamilien (Rudel) und vier Paare nachgewiesen. Laut DBB Wolf https://www.dbb-wolf.de/Wolfsvorkommen/territorien/status-und-reproduktion sind es 2018/19: Territorien in Sachsen: 18 18 Rudel, 0 Paare, 0 Einzeltiere. Das Monitoringjahr ist zwar längst noch nicht abgeschlossen, dennoch kann von einer rasanten oder gar unkontrollierten Vermehrung nach Ansicht von Wolfsschutz Deutschland e. V. gar keine Rede sein. Zumal die EU in einem Schreiben an Landrat Harig im Herbst 2018 bestätigt hatte, dass sich der Bestand der Wölfe in Sachsen gesättigt habe. Herausgefunden hatten dies auch die Fachleute von LUPUS und vom Kontaktbüro.