Wolfsrudel in Thüringen unter Propagandadauerbeschuss

Wir wollten es mit eigenen Augen sehen: Stimmt die Geschichte von den „auffälligen“, „menschengefährdenden“ Wölfen im Ilm-Kreis wirklich? Also sind wir hingefahren – zwei Tage lang, über 40 Kilometer zu Fuß, bewusst ohne Tierabwehrmittel, mitten hinein ins Revier des Neustädter Rudels. Das Ergebnis war ernüchternd – aber nicht wegen der Wölfe, sondern wegen der Panikmache. Keine Sichtung. Keine Annäherung. Keine Angst bei den Menschen vor Ort. Stattdessen fanden wir Blutlachen von Drückjagden, Sprühleuchtfarbe an Bäumen, schwere Harvester, die gesunde Bäume zermalmen und heimliche Spuren eines Rudels, das im Spätsommer seinen Vaterwolf durch eine illegale Kugel verloren hat. Hier unser großer Thüringenbericht. 

Das Thüringer Umweltministerium hatte Ende September eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der von „auffälligem Verhalten“ einzelner Wölfe aus dem Rudel Neustadt am Rennsteig (NAR) berichtet wurde. Laut Mitteilung näherten sich Tiere in den Forstrevieren Morast bei Neustadt und Wildschopfe bei Neuhaus einem Spaziergänger mit Hunden sowie einem Förster, sie hätten sich nicht sofort zurückgezogen und sich „aggressiv annährend“ gegenüber den Hunden verhalten. Als Reaktion würden intensiviertes Monitoring durch Funkfallenkameras und Vergrämungsmaßnahmen mit Gummigeschossen vorbereitet. Das Verhalten werde möglicherweise auf den illegalen Beschuss des Rudel-Leitwolfes (GW3147M) zurückgeführt, der im September 2025 gemeldet wurde. Das Rudel bestehe aus acht Tieren: einer Mutter-Fähe, vier Einjährigen und vier Welpen.
Als Wolfsschutz-Deutschland e.V. begrüßten wir den Hinweis auf den illegalen Abschuss als Ursache – ein Verbrechen, gegen das wir bereits Strafanzeige gestellt und eine Belohnung von 2.000 € ausgesetzt haben. Doch die Darstellung des Verhaltens als „auffällig“ und die geplanten Maßnahmen werfen ernste Fragen auf. Die Thüringer Allgemeine und weitere Medien machten aus der Pressemitteilung „einen Angriff auf Menschen“. Hier unser Bericht: https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/09/27/sensationsgier-statt-fakten-berichterstattung-der-thueringer-allgemeinen-zur-sogenannten-wolfsattacke/
Wir waren genau in diesem Gebiet vor Ort und konnten ein anderes Bild zeichnen.
In Thüringen sollen Mitglieder des Neustädter Rudels angeblich einen Förster und einen Spaziergänger mit Hunden verfolgt haben. Da gucken selbst die Wölfe erstaunt. © Brigitte Sommer

Unsere Beobachtungen vor Ort widersprechen der Alarmstimmung

Am 7. und 8. Oktober 2025 legten wir über 40 Kilometer durch das Morast- und Dreiherrenstein-Gebiet zurück – denselben Bereich, in dem die Sichtungen gemeldet wurden. Trotz bewusster Provokation (Pausen, langsamen Gehen, Hund an der Leine) gab es keinen einzigen Wolfs-Kontakt. Weder Annäherung, noch Verfolgung, noch Aggression. Gespräche mit Wanderern und Waldarbeitern ergaben: Niemand hatte kürzlich Wölfe gesehen, geschweige denn „auffälliges“ Verhalten erlebt. Die einhellige Aussage: „Hier ist alles ruhig.“ Diese Diskrepanz ist kein Zufall. Die Behörden basieren ihre Einschätzung auf subjektiven Meldungen – oft von Forstmitarbeitern, die weisungsgebunden sind. Ein Wolf, der sich „nähert“, ohne anzugreifen, ist natürliches Verhalten in einem gestörten Revier, nicht Aggression. Gerade nach dem Verlust des Leitwolfes ist das Rudel – insbesondere die Jungtiere und die nun allein erziehende Mutter – neugieriger und unsicherer. Das stellt unserer Ansicht  keine „Bedrohung“ dar, sondern ist ein Aufruf, dass Menschen den Tieren mehr Raum lassen, denn hier geht Ungeheuerliches vor sich. 
Am 7. und 8. Oktober 2025 waren wir mit weiteren Aktiven im Kerngebiet des Neustädter Rudels und haben lange Wanderungen quer durch das Gebiet unternommen. Unser Ziel war es, „verfolgt“ zu werden, doch die Wölfe hatten anscheinend anderes zu tun. Wir sprachen mit zahlreichen Touristen und auch Waldarbeitern, die weder verfolgt worden waren, noch Angst hatten.

Unsere Wanderungen am 7. und 8. Oktober 2025

Wir gingen bewusst ohne Tierabwehrmittel los – weil wir von vornherein davon ausgingen, dass die Geschichten von „menschengefährdenden“ oder verfolgenden Wölfen nicht stimmen. Wir konzentrierten uns auf das Gebiet um den Dreiherrenstein und das Morast bei Neustadt am Rennsteig, also das Kerngebiet des Neustädter Rudels. Zwei Tage, weit über 40 Kilometer zu Fuß. Ergebnis: keine Wolfssichtung, kein Anzeichen von Wölfen, die Nähe zu Menschen suchten. Das Gebiet um Neuhaus am Rennweg ließen wir aus, weil dort überhaupt keine Wölfe sind. Dass wir im richtigen Gebiet unterwegs waren, bestätigte uns auch der Fund von Wolfslosung. 

 

Brigitte, Gudrun und Alba gaben sich am 7. und 8. Oktober im Kerngebiet des Neustädter Rudel in Thüringen alle Mühe, um verfolgt zu werden. Brigitte hatte sogar, wenn schon kein rotes Mützchen, wenigstens ein rotes Jäckchen an.

 

Keine Vergrämung mit Gummigeschossen

Eine Vergrämung mit Gummigeschossen ist  tierschutzwidrig und kontraproduktiv und ein Skandal. Diese Munition kann schwere Prellungen, Rippenbrüche, innere Verletzungen und sogar den Tod verursachen – bei scheuen Tieren, die ohnehin leiden. Das widerspricht dem Bundes-Tierschutzgesetz (§ 1 TierSchG) und der EU-Habitatrichtlinie, die den Wolf als streng geschützte Art priorisiert. Statt  verstärkter Aufklärung (z. B. Leinenpflicht für Hunde, die das Ministerium selbst empfiehlt) wollte man zu Gewalt greifen. Aber anscheinend hat man dies selbst eingesehen, denn unser Anruf beim Ministerium am 19. November bestätigt: Es finden keine Vergrämungsmaßnahmen statt, weil kein neuer Vorfall gemeldet wurde. Natürlich nicht. 

 

Je weiter man ins Tal gelangt, desto verheerender wirken die Rodungen. Foto © Brigitte Sommer

 

Thüringen stimmte in Saarbrücken für die Jagd auf Wölfe – ein Verrat an Natur und Vernunft

Thüringens Umweltminister Tilo Kummer (BSW) hat auf der Umweltministerkonferenz in Saarbrücken (12.–14. November 2025) mit allen anderen Ländern dafür gestimmt, den Wolf ins Bundesjagdgesetz aufzunehmen. Einstimmig, ohne Widerspruch, über alle Parteigrenzen hinweg.
Das heißt konkret:
Der streng geschützte Wolf darf künftig ganzjährig bejagt werden – auch präventiv, auch ohne konkreten Schaden, auch ohne dass alle Präventionsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.
Und das in einem Bundesland, in dem das Realität ist:

  • Nur höchstens 24 Wölfe in fünf Territorien
  • seit Juli 2025 genau sieben bestätigte Nutztierrisse – alle bei fehlendem oder unzureichendem Herdenschutz
  • kein einziger dokumentierter Angriff auf Menschen
  • dafür aber mehrere illegale Abschüsse (u. a. der Leitwolf des Neustädter Rudels im August 2025) 

Minister Kummer hat also nicht für mehr Schutz, nicht für mehr Fördergelder für Zäune und nicht für konsequente Strafverfolgung von Wilderern gestimmt, sondern dafür, dass der Wolf in Thüringen künftig als „Schädling“ behandelt werden darf. Das ist kein Kompromiss. Das ist Kapitulation vor der Jagd- und Agrarlobby. Das ist ein Freibrief für genau die Leute, die nachts mit Schalldämpfern unterwegs sind.

Mystisch und gesund sieht der Wald nur noch weiter oben auf dem Dreiherrenstein aus. © Brigitte Sommer

 

Schwerwiegender Verdacht: Drückjagd mitten in der Kernzone des Biosphärenreservats

Am 7. und 8. Oktober entdeckten wir von  Wolfsschutz-Deutschland e.V. während unserer zweitägigen Begehung im Kerngebiet des Biosphärenreservats, genau in den Bereichen Dreiherrenstein und Morast bei Neustadt am Rennsteig, also im Territorium des Neustädter Wolfsrudels, Indizien, die auf Drückjagden hinweisen. Dort stießen wir auf deutliche und unmissverständliche Indizien für eine kürzlich stattgefundene Drückjagd – und das mitten in der Kernzone, in der nach UNESCO-Kriterien und Thüringer Naturschutzrecht eigentlich Prozessschutz gelten muss und nur ausnahmsweise behördlich genehmigtes Wildtiermanagement zulässig ist. Konkret fanden wir:

  • Mehrere Bäume mit frischer Sprühleuchtfarbe (leuchtend orange) in typischer Höhe und Anordnung, wie sie Jäger zur Markierung von Hochsitzen und Treibwegen verwenden.
  • Eine Blutlache in einer Pfütze direkt neben einem markierten Baum – eindeutig frisch und in einer Menge, die auf ein erlegtes oder angeschossenes Stück Schwarzwild oder Rotwild hinweist.
  • Gespräch mit Waldarbeitern bestätigten uns die dort durchgeführten Drückjagden.

Drückjagden mit Treibern, Hunden und hohem Störungsgrad sind nach allen geltenden Regelungen in Kernzonen von Biosphärenreservaten unzulässig. Sie widersprechen:

  • dem UNESCO-MAB-Kriterium der „ungestörten natürlichen Entwicklung“ in Kernzonen
  • § 23 Bundesnaturschutzgesetz (Eingriffe nur bei „unabdingbarer Erfordernis“)
  • der Thüringer Biosphärenreservatsverordnung, die in Kernzonen lediglich punktuelles, behördlich genehmigtes Management erlaubt – und das ausschließlich ohne massive Störung.

Eine Drückjagd mit dutzenden Teilnehmern sowie Hunden  stellt eine erhebliche Beeinträchtigung des Prozessschutzes dar. Sie gefährdet nicht nur die natürliche Entwicklung des Waldes, sondern auch das ohnehin stark belastete Neustädter Wolfsrudel – insbesondere nach dem illegalen Beschuss des Rudelvaters GW2671m im August 2025.  Wir fordern das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) sowie die Untere Naturschutzbehörde Ilm-Kreis auf, sofortige Ermittlungen einzuleiten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Kernzone ist kein Jagdrevier – sie ist der letzte Rückzugsraum für streng geschützte Arten wie den Wolf. Wer hier mit Drückjagden operiert, handelt nicht nur rechtswidrig, sondern gefährdet aktiv den Erhalt der biologischen Vielfalt.

 

Hinweistafel für Besucher. © Brigitte Sommer

 

In der Kernzone finden Treibjagden statt. Diese Markierungen dienen dazu, dass Gastjäger ihre Hochsitze finden. Über die Grausamkeit von Drückjagden hier ein neuer Bericht: https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/10/27/dokumentation-einer-drueckjagd-im-taunus-so-grausam-hetzen-jaeger-wildtiere-in-den-tod/
Hochsitz mit Markierung. © Brigitte Sommer
Deutliche Blutlache in einer Pfütze am Dreiherrenstein. © Brigitte Sommer

 

Unser vereinsinternes Wolfsmonitoring vor Ort

Ausblick aus einer unserer Wildkameras in ein Wolfsrevier, irgendwo in Deutschland. Ehrenamtliche Aktive, die in den Wolfsgebieten leben, beteiligen sich an unserem vereinsinternen Wolfsmonitoring. Die neusten offiziellen Zahlen machen immer deutlicher, wie wichtig eine Überprüfung dieser offiziellen Daten ist, an denen die Jägerschaft einen großen Anteil hat. Dies ist nicht nur in Niedersachsen so, sondern bundesweit.
Dank unserer Daten können wir widersprechen und richtigstellen. Macht mit. Alles was Ihr braucht, bekommt Ihr von uns gestellt. Allerdings lassen wir mittlerweile auch Schweigevereinbarungen unterschreiben. Wichtigste Voraussetzung: Die Daten müssen absolut vertraulich bleiben, um unsere Wölfe zu schützen. Wir veröffentlichen deshalb auch nur sehr wenige Wolfsfilme, und diese sehr ausgesucht, damit man nicht am Hintergrund erkennen kann, wo sie entstanden sind.

 

 

Alba erschnüffelt Wolfslosung und Geruchspuren von Wölfen in der Umgebung. © Brigitte Sommer
Wir fanden relativ frische Losung. Dies zeigt uns, dass wir auch in der richtigen Ecke des Revieres waren. Foto: Privat.
Wolfslosung, irgendwo im Revier des Neustädter Rudels.  © Brigitte Sommer
Grundprinzip der Pflegezone. Hier soll nachhaltige, landschaftsprägende Nutzung stattfinden, die gleichzeitig die Schutzziele des Reservats unterstützt. Es ist also kein reines Schutzgebiet, sondern ein Raum für „sanfte“ Wirtschaft und Pflege der Kulturlandschaft. Beispiel Thüringen – Biosphärenreservat Vessertal-Thüringer Wald. Die Pflegezone macht dort ca. 70 % der Fläche aus. Die Thüringer Biosphärenreservatsverordnung und der Rahmenentwicklungsplan erlauben: extensive Waldweide, Plenter- und Femelschlag (keine großen Kahlflächen) normale Jagd (auch Drückjagden), angeblich mit Rücksicht auf streng geschützte Arten (z. B. Wolf, Schwarzstorch)

 

Kerngebiet des Neustädter Rudels, das durch die massiven Rodungen wahrscheinlich auch massiv gestört wird. © Brigitte Sommer

 

Verwunschener Teich. © Brigitte Sommer

 

Illegal getöteter Vaterwolf des Neustädter Rudels

Der Vaterwolf des Neustädter Rudels GW3147m wurde schwer verletzt auf einem Feld bei Ilmenau aufgefunden – wohl nicht bei Pennewitz, wie zunächst durch Insider bekannt gemacht worden war, sondern der Ort war wahrscheinlich bei Oehrenstock. Dieser Fundort liegt tatsächlich deutlich näher am eigentlichen Kerngebiet des Rudels. Vom Dreiherrenstein führt ein Rad- und Wanderweg direkt dorthin. Der Wolf musste laut Angaben der Behörden wegen der Schwere der Verletzungen  eingeschläfert werden. https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/09/07/unsere-pressemitteilung-zum-fall-des-angeschossenen-wolfs-in-thueringen/ 
Wegen des abgemagerten Zustandes gingen die Behörden zuerst davon aus, dass es sich um ein Jungtier gehandelt habe. Das DNA-Ergebnis erbrachte dann die traurige Wahrheit, dass der Vaterwolf des Neustädter Rudels angeschossen worden war. https://umwelt.thueringen.de/aktuelles/anzeigen-medieninformationen/einzeltiere-aus-dem-wolfs-rudel-neustadt-am-rennsteig-nar-auffaellig-mehr-monitoring-und-vergraemung
Bis heute, 19. November 2025, liegt uns kein einziger Hinweis auf den oder die Täter vor. Wolfsschutz-Deutschland e.V. hat eine Belohnung von 2.000 Euro für entscheidende Hinweise ausgesetzt, die zur Überführung des Täters oder der Täter führen. Hotline: 0176-48 73 26 12 oder Brigitte.Sommer@wolfsschutz-deutschland.de . Wir garantieren Quellenschutz. 

 

Radweg, der vom Dreiherrenstein bis nach Oehrenstock führt. © Brigitte Sommer

 

Oehrenstock. © Brigitte Sommer.

 

Der Wolf könne statt bei Jesuborn auch auf einem Feld bei Oehrenstock gefunden worden sein. Behörden mauern und sind nicht bereit, nähere Angaben zu machen. Aber für unsere Leser ist diese Information evtl. von Bedeutung. © Brigitte Sommer

Rodungen

Bei unserer zweitägigen Begehung  rund um den Dreiherrenstein und das Morastgebiet im Thüringer Wald – also im unmittelbaren Lebensraum des Neustädter Wolfsrudels – wurden wir Zeugen einer Waldzerstörung, die weit über das hinausgeht, was als „Borkenkäfermanagement“ gerechtfertigt werden kann. Wir beobachteten und dokumentierten:

  • Großflächige Einschlagflächen direkt im Wolfsrevier, teilweise nur wenige hundert Meter vom Kerngebiet des Biosphärenreservats Vessertal-Thüringer Wald entfernt.
  • Gesunde, vitale Bäume – vor allem alte Fichten und Buchen ohne sichtbaren Käferbefall – wurden planmäßig mitgeerntet und abtransportiert.
  • Schwere Harvester und Rückezüge, die tiefe Spurrinnen in den weichen Waldboden zogen und ganze Hanglagen zerschnitten.
  • Frische Stümpfe von Bäumen mit 70–90 cm Durchmesser, die eindeutig nicht vom Borkenkäfer geschädigt waren.

Die offizielle Begründung lautet stets „Entnahme von Käferholz“. Vor Ort sieht die Realität anders aus: Gesunde Bäume werden systematisch mitgeerntet, weil es wirtschaftlich sinnvoll ist, weil die Maschinen ohnehin stehen oder weil Forstbetriebe ihre Holzquoten erfüllen müssen. Das ist keine Schadensbegrenzung – das ist industrielle Nutzung unter dem Vorwand des Waldschutzes.

 

Die Rodungsareiten zerstören nicht nur Waldwege, sondern auch Waldböden. © Brigitte Sommer
Holzabtransport am Dreiherrenstein.
Auf dem Foto sind riesige gerodete Flächen zu sehen.

 

Hochsitze überall in dem Gebiet.

 

Ist das Wolfsrudel etwa durch eine der vielen Treibjagden aufgeschreckt worden?

 

Zwei Tage lang sind wir riesige Strecken gelaufen und fanden auch Spuren des Rudels. © Brigitte Sommer

 

Die Folgen für das Neustädter Wolfsrudel sind dramatisch:

  • Der Lebensraum wird zerschnitten, Deckung und Ruhezonen gehen verloren.
  • Das Rudel ist ohnehin stark belastet nach dem illegalen Abschuss des Rudelvaters bei Oehrenstock im August 2025.
  • Lärm und Maschinen verdrängen die Tiere in immer kleinere Rückzugsräume – genau in einer Phase, in der sie besonders störungsempfindlich sind.

Forstwirtschaft und Naturschutz müssen nicht unbedingt einen Widerspruch darstellen – aber nur, wenn wirklich nur befallene Bäume einzelstammweise entnommen werden. Was wir gesehen haben, war das Gegenteil: flächiger Einschlag, bei dem alles mitgenommen wird, was wertvoll ist.

Bei Frauenwald werden für Touristen und Fotografen regelmäßig Rothirsche angefüttert. Für die Wölfe kann die Ansammlung von Rothirschen natürlich auch interessant sein. Anwohner in Frauenwald sahen auch bereits den ein oder anderen Wolf am Zaun vorbei schreiten, doch Angst hat dort niemand. © Brigitte Sommer

 

Hier bei Frauenwald haben wir einen Zaun dokumentiert, der in der Liste der Nutztierschäden als „nicht definiert“ bezeichnet wird. Eine Litze in einer Höhe, wo alles darunter hindurch kann.  Bei Ohrdruf werden Wölfe geradezu auf solche Zäune konditioniert: https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/05/03/thueringen-kein-unglaublicher-anstieg-der-wolfsrisse-politiker-und-presse-verbreiten-die-unwahrheit/

 

 

Propaganda und Realität

Anlässlich der Vorstellung der „Wolfsregulierung“-Petition von Bürgermeister Peter Grimm („Wir für Euch“) im Petitionsausschuss des Thüringer Landtags stellt Wolfsschutz-Deutschland e.V. klar: Die Behauptung eines „extremen Anstiegs“ von Nutztierrissen und einer angeblich drohenden Gefahr für die Bevölkerung ist durch die offiziellen Zahlen eindeutig widerlegt. Vorsitzende Brigitte Sommer: „Wir waren am 7. und 8. Oktober 2025 zwei volle Tage vor Ort im Ilm-Kreis – genau dort, wo Herr Grimm die größte ‚Wolfskrise‘ ausruft. Ergebnis: Kein Wolf gesichtet, keine Verfolgung, keine Angst bei Wanderern und Waldarbeitern. Die Menschen vor Ort lachen über die Panikmache.“

Illegale Tötungen statt „Wolfsplage“

Während Bürgermeister Grimm von „Regulierung“ spricht, sterben Wölfe in Thüringen durch illegale Kugeln:
  • August 2025: Vaterwolf des Neustädter Rudel auf einem Feld (Ilm-Kreis) schwer angeschossen aufgefunden und eingeschläfert. Fundort liegt direkt am Radweg vom Dreiherrenstein – also im Kerngebiet des Rudels. Bis heute keine Täterhinweise. Wolfsschutz-Deutschland e.V. hat 2.000 Euro Belohnung ausgesetzt.
  • November 2023 (bestätigt 2025): Wolf im Wartburgkreis illegal getötet – Strafanzeige durch Wolfsschutz-Deutschland e.V.
  • Juni 2025: Wolf bei Ohrdruf offenbar mit Auto gehetzt und getötet – Strafanzeige
    1. November 2025: toter Wolf zwischen Luisenthal und Oberhof gefunden (angeblich Verkehrsunfall, MDR Thüringen 18.11.2025)

Alle behördlichen Abschussanträge 2025 – unter anderem gegen die tächtige Wolfsmutter des Neustädter Rudels – wurden abgelehnt, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren. 

 

Beim Daraufklicken wird der Artikel lesbar. Bürgermeister Grimm reichte eine Petition ein, die „Wolfsregulation“ fordert. Besonders fällt dabei auf, dass dies eben nicht nur „rechte Parteien“ fordern, wie einige Vereine behaupten, sondern alle Parteien mitmachen, wie hier auch das BSW. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass alle gerissenen Tiere auch seit Juli 25 immer noch nicht geschützt gewesen sind. Die Veterinärämter wären hier längst in der Pflicht einzuschreiten und Schutzverweigerern vorzuschreiben, dass Tiere geschützt werden müssen.

 

Im Freien Wort erschien ein Artikel, in dem der Thüringer Staatskanzleichef Stefan Gruhner (CDU) behauptet, dass in Deutschland 3.300 „erwachsene“ Wölfe leben würden. Das Blatt hat eine Auflage von fast 40.000 Exemplaren.  Hier die Wirklichkeit  https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/11/14/wolfsmonitoring-2024-25-die-offiziellen-zahlen-beweisen-der-guenstige-erhaltungszustand-ist-nicht-erreicht/

 

Wir halten uns an die offiziellen Zahlen des Thüringer Landesamts für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) – Stand 13.11.2025 – und konzentrieren uns ausschließlich auf die Nutztierschäden ab Juli 2025. Nutztierschäden seit dem 1. Juli 2025 (TLUBN-Liste)

  • Gesamt gemeldete Schadensereignisse seit Juli: 31
  • Davon amtlich als „Wolf“ bestätigt: 13
  • Davon als „Hund“ bestätigt: 8
  • Davon noch in Bearbeitung oder unklar: 15

Bei allen sieben bestätigten Wolfsrissen war der Herdenschutz entweder „nein“ oder „nicht definiert“. „Nicht definiert“ bedeutet in der Praxis: Es lagen keine Angaben zu einem funktionsfähigen Schutz vor – also war keiner vorhanden oder er war unzureichend.

Veterinärämter müssten hier bei dieser Herdenschutzverweigerung längst einschreiten

Rolle der Veterinärämter: Sie sind als Ordnungsbehörden zuständig für die Überwachung (§ 16a TierSchG i. V. m. TierSch-NutztV).

Sie können:

  • Kontrollen durchführen: Bei Verdacht auf Verstöße (z. B. ungeschützte Weiden in Wolfsgebieten) unangemeldet prüfen. 
  • Anordnungen erteilen: Z. B. „Sofortiger Einbau eines Elektrozauns“ oder „Einsatz von Herdenschutzhunden“. Das basiert auf § 16a TierSchG: Behörden müssen Verstöße beseitigen und zukünftige verhindern.
  • Sanktionen: Bei Nichteinhaltung: Bußgelder, Schließung des Betriebs oder Strafverfahren. In Niedersachsen plant man mehr Stellen für Kontrollen (2025). Dort gab es auch erste Urteile. 

 

 

 

 

Aktueller Auszug aus der Rissliste. Auch seit Sommer ist immer noch kein einziges Tier geschützt gewesen. Auch „nicht definiert“ ist nicht geschützt. Dazu gibt es etliche Widersprüche, bei Hunderissen lautet das Ergebnis „Todesursache unbestimmt“. Quelle: https://umwelt.thueringen.de/fileadmin/001_TMUEN/Unsere_Themen/Natur_Artenschutz/Wolf_Luchs_Biber/Schadenereignisse/Schadenstabelle_Nutztiere.pdf
So wenige Wölfe leben in Türingen. Quelle: Umweltministerium Thüringen.

Bei uns kann jede/r mitmachen

Wir sind ehrlich: Wolfsschutz-Deutschland e.V. kann und will niemandem die Verantwortung abnehmen. Wir sind kein Dienstleister, der „den Wolf retten“ anstelle von Euch erledigt. Wir sind ein hartnäckiger Verein, der vor Ort dokumentiert, Strafanzeigen stellt, Belohnungen aussetzt und laut wird – aber wir können das nur, weil hinter uns Menschen stehen, die selbst aktiv werden. Die andere Seite ist bestens organisiert: Jagdverbände, Agrarlobby, Forstverwaltungen und Politiker, die den Wolf zum Sündenbock machen, haben Millionenbudgets, hauptamtliche Sprecher und direkten Zugang zu Ministerien. Gegen diese geballte Macht helfen keine noch so guten Pressemitteilungen allein. Veränderung kommt von unten – und genau da brauchen wir Dich:

  • Komm mit auf Begehungen – je mehr Augen im Wald sind, desto schwerer wird es, illegale Abschüsse, Drückjagden und Kahlschläge zu vertuschen.
  • Melde Verdachtsfälle – jede Blutlache, jede Sprühleuchtfarbe, jedes verdächtige Fahrzeug kann der entscheidende Hinweis sein.
  • Spende – unsere Belohnungen (aktuell 2.000 € für den Vaterwolf-Täter) finanzieren sich ausschließlich aus unserer Vereinskasse.
  • Werde Mitglied – je mehr wir sind, desto lauter wird unsere Stimme bei Behörden und in der Öffentlichkeit.
  • Teile, diskutiere, widersprich – in sozialen Medien, im Freundeskreis, beim Stammtisch.

Wir leben in einer Zeit, in der die Anti-Wolf-Lobby immer dreister wird. Sie wissen genau: Wenn genug Angst geschürt wird, lassen Politik und Gesellschaft den streng geschützten Wolf fallen. Deshalb brauchen wir jetzt keine stille Mehrheit – wir brauchen mutige Menschen, die aufstehen und sagen: „Nicht mit uns!“

Der Wolf hat keine Lobby. Er hat nur uns. Und wir haben nur Euch. Macht mit. Jetzt. Jede Stunde zählt.

 

Gudrun mit Alba, die Wolfslosung und Wolfsgeruch in der Umgebung erkennt. © Brigitte Sommer

 

Brigitte mit Liv, die ebenfalls Wolfsanwesenheit anzeigt.

 

Dreiherrenstein am 19.11.25  Der Große Dreiherrenstein (ca. 820 m ü. NN) im Thüringer Wald ist ein zentraler Knotenpunkt des berühmten Rennsteigs und liegt im Biosphärenreservat Vessertal-Thüringer Wald. Er verbindet historische Grenzsteine mit modernen Wanderwegen und bietet Zugang zu einem dichten Netz aus markierten Pfaden.  Basierend auf offiziellen Wanderportalen und Apps wie AllTrails, GPS Wanderatlas und lokalen Tourismusseiten (Stand November 2025) umfasst das unmittelbare Umfeld  ca. 50–60 km an markierten Wegen, die den Dreiherrenstein als Ausgangspunkt nutzen. Der Großteil davon ist Teil des Rennsteigs (insgesamt 170 km lang), dessen Etappen hier kreuzen. Er gehört zum Kerngebiet des Neustädter Rudels.  Foto: privat

Weitere Quellen:

https://tlubn.thueringen.de/medieninformationen-einzelansicht/woelfe-sollen-scheu-zurueckgewinnen-tlubn-genehmigt-gezielte-vergraemung-auffaelliger-tiere?fbclid=IwY2xjawNggwNleHRuA2FlbQIxMAABHsMRTWXueJCGzp6RIVBiCqsUz01Hsl6plRy4nLw4AqIqncsRDO-deLGGWmdq_aem_bkS6BNIRlO1MsKXMCZwUvg

https://umwelt.thueringen.de/aktuelles/anzeigen-medieninformationen/umweltministerkonferenz-antraege-zum-wolf-gruenen-band-emissionsschutz-in-tierhaltungsanlagen-und-ersatzbaustoffe

https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/west-thueringen/gotha/wolf-tier-tot-luisenthal-100.html?fbclid=IwY2xjawOJE1hleHRuA2FlbQIxMABzcnRjBmFwcF9pZBAyMjIwMzkxNzg4MjAwODkyAAEenaHh0_53SiIMzlKdGSUi1q0AvGkMCVyYR02GVDgVSU0G-vGwQQvgXayQI9w_aem_oJzyevUgiUTWgy4VlxVENg

https://umwelt.thueringen.de/aktuelles/anzeigen-medieninformationen/einzeltiere-aus-dem-wolfs-rudel-neustadt-am-rennsteig-nar-auffaellig-mehr-monitoring-und-vergraemung

https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/09/05/thueringen-illegaler-wolfsbeschuss-bei-ilmenau-strafanzeige-und-2000-euro-belohnung-zur-ergreifung-des-taeters/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/08/13/antrag-auf-abschussverfuegung-gegen-wolf-im-ilm-kreis-in-thueringen-abgelehnt/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/07/16/thueringen-wolfsschutz-deutschland-e-v-stellt-strafanzeige-wegen-illegalem-wolfsabschuss-im-wartburgkreis/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/06/14/wolf-in-thueringen-offenbar-gehetzt-und-getoetet-wolfsschutz-deutschland-e-v-stellt-strafanzeige/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/06/03/thueringen-absurder-antrag-auf-wolfsabschuss-auf-mutterwoelfin-des-rudels-neustadt-im-ilmkreis/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/05/03/thueringen-kein-unglaublicher-anstieg-der-wolfsrisse-politiker-und-presse-verbreiten-die-unwahrheit/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2025/02/07/thueringen-bsw-minister-mit-stasivergangenheit-will-schutzstatus-senken-und-woelfe-toeten-lassen/

Wir freuen uns über finanzielle Unterstützung:

Konzerne und Lobbyisten bestimmen immer mehr –  und nicht im Interesse der Bürger und nicht zum Wohle der Natur – mit. Deshalb ist es essentiell, dass es Vereine wie Wolfsschutz-Deutschland e. V. gibt, die völlig unabhängig sind. Kein Vorstandsmitglied sitzt in einer Partei. Parteien mischen auch nicht bei uns mit und wir nehmen keine Lobbygelder an. Wer uns unterstützt, kann sich also sicher sein, dass wir stets im Sinne unserer Wölfe handeln. Wir sind nicht bestechlich. 

Doch wir Helfer brauchen auch Hilfe. Bitte unterstützen Sie uns mit einer Spende. Auch mit einem Dauerauftrag von 5 Euro im Monat können wir viel Gutes tun und weiter für unsere Wölfe kämpfen. https://wolfsschutz-deutschland.de/spenden-2/

 

NRW – Protestbriefaktion zum Mitmachen: Kein Todesurteil für Wolfsmutter Gloria

Umweltminister Oliver Krischer rechne in Kürze mit der nötigen Allgemeinverfügung für einen Abschuss der so genannten „Problemwölfin“ Gloria (GW954f). Laut dpa sagte dies der Minister am 22. November im Umweltausschuss des Landtages. Zuständig sei der Kreis Wesel, in dessen Gebiet das Wolfsrevier Schermbeck am Niederrhein fällt. Wolfsschutz-Deutschland e. V. protestiert und legt Fakten vor, die einem Abschuss widersprechen. Lesen Sie hier unseren Artikel und machen Sie mit bei der Brief-Protestaktion an den Umweltminister.

Der Wölfin seien am 20., 21., und 24. Oktober neue Nutztierrisse genetisch nachgewiesen worden, sagte der Grünen-Politiker. Damit seien aus seiner Sicht die Bedingungen der Wolfsverordnung für eine Entnahme des Tieres erfüllt. Das Land habe intensiv mit dem Kreis Wesel zusammengearbeitet und ihm alle nötigen Informationen für die rechtliche Bewertung etwa der wirtschaftlichen Schäden durch den Wolf zur Verfügung gestellt.

Beispielfoto Wolfsfamilie. Auch Gloria hat in diesem Jahr mindestens zwei Welpen zur Welt gebracht. Ihre Welpen haben die gleiche Größe wie die Welpen auf dem Beispielfoto. Sie können noch nicht alleine jagen. ©Brigitte Sommer

 

Gloria soll über mehrere Jahre hinweg zahlreiche Nutztiere gerissen haben, neben einer großen Zahl von Schafen nachweislich auch ein Pony. Laut eines Gutachtens waren die allermeisten Weidetiere nicht geschützt gewesen.

Der Kreis Wesel habe unterstrichen, dass eine mögliche Entnahme gründlich geprüft werden und in jedem Fall rechtssicher erfolgen müsse. Diese Rechtssicherheit zweifeln wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. stark an.

Bereits 2021 war ein Vorstoß eines Schäfers für einen Abschuss der Wölfin vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf gescheitert.  Laut dpa sei „die Prüfung des Kreises Wesel noch nicht abgeschlossen.“

In NRW sei ein neuer Erlass in Vorbereitung, der den Wolfsabschuss erleichtern soll, heißt es weiter. Der Erlass sehe vor, dass genetisch identifizierte Wölfe abgeschossen werden dürfen, die mindestens zwei Mal in einem engen zeitlichen Zusammenhang intakte Schutzzäune von mindestens 0,90 Metern Höhe überwunden und Tiere gerissen hätten. Aus gutem Grund schreiben andere Bundesländer eine Zaunhöhe von 1,10 Metern vor. Warum UM Krischer die Zaunhöhe herab gesetzt hat, erschließt sich uns nicht.

Für diesen Erlass sei die Verbändeanhörung am 19.11. ausgelaufen, er werde «kurzfristig» in Kraft gesetzt, kündigte Krischer in der Ausschusssitzung an.

 

Nur ein Prozent der Gesamtpopulation lebt in NRW

 

In Nordrhein-Westfalen gibt es seit 2009 einzelne, durchziehende Wölfe, seit 2018 ist der Wolf in NRW dauernd sesshaft geworden. Diese Rückkehr des Wolfes in seine ehemaligen Verbreitungsgebiete, zu dem NRW gehört, erfolgte dabei auf natürliche Weise, heißt es in einer Pressemitteilung des Umweltministeriums von gestern.

 

Laut Monitoringjahr 2022/2023 des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) lagen in NRW fünf besetzte Territorien (Schermbeck, Leuscheid und territoriale Einzeltiere in den Territorien „Hohe Mark“, „Dämmerwald-Üfter Mark“ sowie „Ebbegebirge“). Damit lebt in Nordrhein-Westfalen nur rund 1% des deutschlandweiten Wolfsbestands. Wie für alle Bundesländer sei auch für Nordrhein-Westfalen davon auszugehen, dass zusätzlich zu den mehr oder weniger dauerhaft besetzten Territorien sporadisch einzelne durchwandernde Wölfe auftreten, die tage- oder wochenweise in NRW verbleiben und auf ihrer Wanderung NRW wieder verlassen.

Beispielfoto eines Wolfswelpen, der in diesem Jahr geboren wurde. Glorias Welpen sind wie wie der Welpe auf dem Foto, noch auf die Mutter angewiesen.

Die Landesregierung setze aus diesem Anlass auf umfangreiche Herdenschutzmaßnahmen. Deshalb hat die Landesregierung erst jüngst die Förderkulisse präventiv auf fast die Hälfte der Landesfläche ausgeweitet. Unserer Meinung nach reicht dies nicht aus. Um Schäden von wandernden Jungwölfen zu ersetzen, müsste ganz Deutschland und somit auch ganz NRW als Wolfsgebiet ausgewiesen werden und überall gefördert, aber auch gefordert werden.

Schießen statt schützen?

„In Nordrhein-Westfalen werden wir die Wolfsverordnung kurzfristig praxisgerechter und rechtssicherer gestalten und die Herdenschutz-Förderung zeitnah weiterentwickeln“, sagte Umweltminister Oliver Krischer. „Dabei hat die Unterstützung der Schäferinnen und Schäfer beim Herdenschutz oberste Priorität. Im Vorgriff haben wir daher nun die Förderangebote ausgebaut, um Tierhalterinnen und Tierhalter beim Herdenschutz zu unterstützen.“ so Krischer.

In den Herdenschutz-Fördergebieten werden 100 Prozent der Kosten für investive Herdenschutzmaßnahmen gefördert. Neben Zäunen umfasst dies unter bestimmten Voraussetzungen auch die Anschaffung und Ausbildung von Herdenschutzhunden. Zusätzlich bestehen großräumige Pufferzonen, in denen ebenfalls Herdenschutzzäune gefördert werden. Die Förderrichtlinie Wolf umfasst zudem Angebote zur Entschädigung von Tierverlusten und weiteren Schäden (wie Tierarztkosten oder Schäden an Schutzvorrichtungen), die landesweit gewährt werden (in Herdenschutz-Fördergebieten ist nach einer halbjährigen Übergangszeit mindestens ein bestehender Grundschutz erforderlich).

Wie im vergangenen Jahr stehen auch 2023 wieder bis zu zwei Millionen Euro für Maßnahmen nach den Förderrichtlinien Wolf zur Verfügung (rund 430.000 Euro wurden im Jahr 2022 genutzt).

Warum so wenig Interesse von Seiten der Weidetierhalter fragt sich Wolfsschutz-Deutschland e. V.? Solange Wolfsabschüsse als Problemlösung angeboten werden, so lange wird es auch Weidetierhalter geben, die ganz offensichtlich Risse herbei führen, um eine Abschussverfügung zu erlangen. Dieser Tatsache scheinen sowohl die Umweltminister der einzelnen Bundesländer, als auch die Bundesumweltministerin Steffi Lemke nicht ins Auge blicken zu wollen, denn laut Presseinformation soll der Umgang mit dem Wolf und seinem aktuellen Erhaltungszustand bis Heute Gegenstand der Umweltministerkonferenz von Bund und Länder unter dem Vorsitz Nordrhein-Westfalens in Münster sein. „Wir müssen zu praxisgerechteren Regelungen im Umgang mit problematischen Wölfen kommen. Daher begrüße ich die Initiative des Bundes. Wir haben es mit einzelnen Tieren zu tun, die sehr geschickt Herdenschutzmaßnahmen überwinden. Dagegen müssen wir etwas tun, um die Akzeptanz für den Wolf insgesamt zu erhalten“, sagte Minister Krischer. Dabei ist laut Umfrage sogar der größte Teil der Landbevölkerung für den Schutz der Wölfe. Abschüsse erhöhen die Akzeptanz nach Meinung von Wolfsschutz-Deutschland e. V. nicht, sondern solche Abschüsse sind Geschenke an die Jagdlobby.

 

Hier unser Protestschreiben (Text kann einfach kopiert werden)

 

Umweltministerium Nordrhein-Westfalen

Umweltminister Oliver Krischer

Emilie-Preyer-Platz 1

40479 Düsseldorf

 

 

Tel:  0211 4566-0 Fax:  0211 4566-388

Vorab per Mail:

 

01.12.2023

Betr.: Abschussverfahren gegen Wölfin Gloria (GW 954f)

 

Sehr geehrter Herr Minister Krischer,

laut einem Artikel der dpa rechnen sie in Kürze mit einer Allgemeinverfügung zum Abschuss von Wölfin Gloria (GW954f). Es ist zwar der Kreis Wesel zuständig, aber Sie haben die Funktion des übergeordneten Entscheidungsträgers inne.

Der Wölfin Gloria (GW954f) seien am 20., 21., und 24. Oktober neue Nutztierrisse genetisch nachgewiesen worden. Damit seien aus Ihrer Sicht die Bedingungen der Wolfsverordnung für eine Entnahme des Tieres erfüllt. Das Land habe intensiv mit dem Kreis Wesel zusammengearbeitet und ihm alle nötigen Informationen für die rechtliche Bewertung etwa der wirtschaftlichen Schäden durch den Wolf zur Verfügung gestellt.

Wir widersprechen hier auf das Entschiedenste, denn es wurden bislang keine Alternativen, wie zum Beispiel Vergrämungsmaßnahmen oder der Einsatz von Herdenschutzhunden in Betracht gezogen.

Zudem hat Gloria (GW954f) mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch in diesem Jahr im Mai mindestens zwei Welpen geboren. Entsprechende Nachweise hat Wolfsschutz-Deutschland e. V. in seinem internen Monitoring. Diese Tatsache müsste aber auch der Jägerschaft bekannt sein, die wohl zum Großteil das Wolfsmonitoring übernommen hat. Eine Tochter aus dem vergangenen Jahr hilft bei der Aufzucht der Welpen. Dieses Tier wurde auch offiziell nachgewiesen.

Würde nun die Wolfsmutter getötet werden, müssten die diesjährigen Welpen verhungern, weil der Vater und die Tochter aus dem vergangenen Jahr Schwierigkeiten hätten, die Welpen zu versorgen, denn alleine jagen können die Welpen noch nicht. Eine weitere Gefahr wären dann auch mehr, statt weniger Nutztierrisse, weil die Wölfe sich leichter Beute zuwenden. Diese Erkenntnisse wurden längst wissenschaftlich bestätigt. Ein Abschuss hilft Weidetierhaltern also nicht.

Laut einer Pressemitteilung Ihres Ministeriums gibt es in NRW lediglich fünf besetzte Territorien (Schermbeck, Leuscheid und territoriale Einzeltiere in den Territorien „Hohe Mark“, „Dämmerwald-Üfter Mark“ sowie „Ebbegebirge“). Damit lebt in Nordrhein-Westfalen nur rund 1% des deutschlandweiten Wolfsbestands.

Ein Abschuss von Wölfin Gloria (GW954f) würde auch den regionalen Bestand der Wölfe in NRW gefährden und eine Klage hätte nach Ansicht von Wolfsschutz-Deutschland e. V. mit Sicherheit Erfolg. Ihre Tochter aus dem Vorjahr wird das Rudel zudem wahrscheinlich Anfang des Jahres vor Beginn der Paarungszeit verlassen, um sich auf den Weg nach einem eigenen Revier zu machen. Nicht einmal ein Drittel der Jungtiere überleben die gefährliche Reise. Damit ist Gloria ein überaus wichtiges Bindeglied zum Erhalt und zur weiteren Verbreitung des Wolfs in NRW. Deutschland und auch NRW haben sich laut EU verpflichtet, den Wölfen eine Ausbreitung in Deutschland zu ermöglichen. In NRW gibt es noch immer zu wenige Wölfe.

Wolfsschutz-Deutschland e. V. kündigt Strafanzeigen an, sollten Wölfin Gloria (GW954f) oder ein anderer Wolf im Falle einer Abschussverfügung zu Tode kommen.

In zahlreichen Artikeln hat Wolfsschutz-Deutschland e. V. immer wieder nachgewiesen, dass Weidetiere im Raum Schermbeck und Dämmerwald nicht geschützt waren und dass Risse geradezu provoziert worden sind. Entsprechende Artikel sind auf der Homepage www.wolfsschutz-deutschland.de  unter entsprechenden Suchbegriffen zu finden und die aktuellsten sind auch noch einmal im Artikel zum Protestschreiben verlinkt.

Laut Gutachten in dem meisten Fällen kein Herdenschutz

Zitat aus dem Gutachten, das Ihr Ministerium selbst beauftragt hatte:

„Wolfsrisse im Wolfsgebiet Schermbeck: In NRW hat es seit 2016 insgesamt 188 Nutztierrisse mit insgesamt 563 getöteten, verletzten und verschwundenen Nutztieren durch Wölfe gegeben. Es gab seit seiner Ausweisung mit Wirkung zum 01.10.2018 im Wolfsgebiet Schermbeck insgesamt 79 Risse, bei denen ein Wolf als Verursacher nachgewiesen werden konnte. In 56 Fällen waren die Nutztiere nicht oder unzureichend durch Herdenschutzmaßnahmen geschützt. In 23 Fällen wurde der Grundschutz durch Wölfe überwunden. Der empfohlene Herdenschutz, der über den Grundschutz hinaus geht, ist insgesamt  fünf  Mal überwunden worden; seit Oktober 2021 jedoch nicht mehr.“

Fördergelder für Zäune wurden auch in diesem Jahr zu einem Großteil nicht abgerufen, was ebenfalls dafür spricht, dass durch die Provokation von Rissen, eine Abschussverfügung erreicht werden soll.

Wir fordern Sie auf, dass endlich Herdenschutzmaßnahmen umgesetzt werden. Bitte setzen Sie sich gemäß Ihres Amtes auch für den Schutz der Umwelt, und dazu gehört auch der Wolfsschutz, ein, statt dem Druck der Jagd- und Agrarlobby nachzugeben. Insbesondere mahnt Wolfsschutz-Deutschland e. V. an, dass in NRW immer wieder Wölfe aus dem Schermbecker Rudel, so der Partner von Gloria, als auch die Partnerin des Dämmerwaldrüden „verschwunden“ sind. Illegale Jagd auf Wölfe muss endlich mit aller Härte der Gesetze verfolgt werden.

Vorstand Wolfsschutz-Deutschland e. V.

Brigitte Sommer, 1. Vorsitzende

Ulrike de Heuvel, 2. Vorsitzende

 

Quellen:

https://www.umwelt.nrw.de/presse/detail/zahl-der-woche-rund-1-prozent-des-bundesweiten-wolfsvorkommens-in-nordrhein-westfalen-1701329736?fbclid=IwAR1fGIzXVfbRCVwp2i8LaOqgEKbekKCjgcyH82kJAaO9GqcW2FhtPVPkF3w

https://wolfsschutz-deutschland.de/2023/11/16/nrw-illegal-mutterwoelfin-gloria-soll-trotz-andauernder-herdenschutzverweigerung-getoetet-werden/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2023/11/23/fake-news-in-nrw-schiessgenehmigung-auf-gloria-noch-nicht-erteilt/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2023/09/30/nrw-herdenschutzverweigerung-um-abschuss-von-woelfin-gloria-zu-erlangen/

https://www.lokalkompass.de/bedburg-hau/c-lk-gemeinschaft/umfrage-landbevoelkerung-spricht-sich-fuer-wolfsschutz-aus_a1912854?fbclid=IwAR2DjkYNL9F7-lXQBtkshw8V2WAxdVGV_FcOfv7LqjjNN6RHJeMenwHLz34