Stellungnahme an den Umweltausschuss zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des §45 Abs.7 BNschG („Lex Wolf“)

Öffentliche Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des §45 Abs.7 BNschG („Lex Wolf“) – per E-Mail an umweltausschuss@bundestag.de

Sehr geehrte Mitglieder des Ausschusses für Umwelt etc.,
sehr geehrte Mitglieder der mitberatenden Ausschüsse,
sehr geehrte Sachverständige,

der Verein Wolfsschutz Deutschland e.V. lehnt diesen Gesetzentwurf kategorisch und auf das Schärfste ab, da er auf eine Legitimation zur Wiederausrottung des Wolfes in Deutschland hinausläuft.

Der ‚höchste Schutzstatus‘ des Wolfes – der in der Praxis in einigen Bundesländern bereits unterlaufen wird – wäre dann nicht einmal mehr das Papier wert, auf dem er steht.

Wir verneinen ganz grundsätzlich die Notwendigkeit einer Änderung des BNSchG, da die Argumente, die dafür angeführt werden, einer Überprüfung nicht standhalten.

Im Wesentlichen sind diese:

Argument Rissvorfälle bei Weidetieren und wirtschaftliche Schäden; Zukunft der Weidetierhaltung
Die „Lex Wolf“ sieht vor, dass Risse nicht mehr individualisiert werden müssen, sondern Wölfe ‚entnommen‘ werden dürfen, bis keine Risse mehr stattfinden. In der Praxis hieße das, dass künftig ganze Wolfsrudel und auch durchziehende Jungwölfe getötet werden dürften, bis zur völligen Auslöschung einer Population.
Begründet wird dies mit den wirtschaftlichen Schäden, die WeidetierhalterInnen durch Wolfsrisse entstehen. Dem widersprechen wir energisch! Erstens werden die SchäferInnen für Verluste durch Wolfsrisse zu 100% entschädigt – anders als für die nicht seltenen Risse durch wildernde Hunde -, und zweitens erlaubt die EU seit Anfang 2019, alle Herdenschutzmaßnahmen zu 100% durch das jeweilige Bundesland zu fördern. Trotz dieser großzügigen Regelungen ist es für viele WeidetierhalterInnen anscheinend leichter, nach dem Abschuss von Wölfen zu rufen, als ihre Tiere wirksam zu schützen. Unsere Zaunkontrollen an den Orten und in den Gebieten von Wolfsvorkommen und -rissen zeigen wieder und wieder, mit welcher Fahrlässigkeit Weidetiere Gefahren ausgesetzt werden. In zahlreichen Fällen läuft diese Fahrlässigkeit regelrecht auf eine Anfütterung von Wölfen und anderen großen Beutegreifern hinaus.

Gänzlich überzogen ist das Argument, dass die Weidetierhaltung wegen des Wolfes vor dem Aus stünde. Besonders die Verbände der WeidetierhalterInnen führen dieses immer wieder an, obwohl alle Daten und Fakten beweisen, dass die wirtschaftlichen Probleme struktureller Natur sind. Weil man aber auf strukturelle Probleme nicht so gut mit dem Finger zeigen kann, zeigt man auf den Wolf. Mit anderen Worten: Wider besseres Wissen wird der Wolf zu einem Bösewicht hochstilisiert, der einen ganzen Berufsstand zu ruinieren droht.

Was Bauern und Bäuerinnen sowie Weidetierhalter *innen übrigens niemals erwähnen, ist die hohe Zahl der ‚Falltiere‘, das sind die Tiere, die im üblichen Betrieb zu Tode kommen, also als Kadaver in den Tierkörperverwertungsanstalten entsorgt werden. Diese Zahlen gehen allein für Schafe und Ziegen in die Hunderttausende. (Aus einigen Bundesländern gibt es amtliche Zahlen, aus anderen nur Schätzungen. Beispiel Niedersachsen: Zahl der ‚Falltiere‘ jährlich um die 15.000 Schafe und Ziegen sowie mehr als 115.000 Rinder (ohne Totgeburten); Zahl der Wolfsrisse im Monitoringjahr 2018/19: 404. Vierhundertundvier!). Diese Verluste, für die es keine Entschädigungen gibt, werden von den WeidetierhalterInnen achselzuckend hingenommen. Zudem sind Preise für Nutztiere rapide in den Keller gesunken, deshalb lauern wohl einige Tierhalter auf Rissentschädigungen und provozieren Risse.

Es sollte endlich eine bundesweit einheitliche Lösung mit der kompletten Bezahlung von wolfsabweisenden Zäunen für alle Berufs- und Hobbyweidetierhalter in ganz Deutschland (was auch wandernde Jungwölfe einschließen würde) geben, wie es  auch von der EU seit Anfang des Jahres erlaubt wurde. Desweiteren fordern auch wir von Wolfsschutz Deutschland e. V. eine höhere Weidetierprämie für Weidetierhalter *innen. Dafür sollte es dann aber auch keine Entschädigung bei Rissen mehr geben, damit Weidetierhalter *innen endlich die Verantwortung für das Wohlergehen ihrer anvertrauten Tiere übernehmen. Ganz zu schweigen von Abschussgenehmigungen aufgrund von Rissen. Dies zieht lediglich alle möglichen Tricksereien bestimmter Weidetierhalter *innen nach sich, die das Wohl ihrer Tiere aufs Spiel setzen, um einen Abschuss zu erlangen. Wir haben bei zahlreichen Kontrollen nachgewiesen, dass hier teilweise keine Spannung auf den Zäunen war und sich große Lücken in den Zäunen befanden. Wir halten deswegen auch die Änderung des Naturschutzgesetzes (Lex-Wolf) für völlig verfehlt.

Argument Rechtssicherheit:
Der Gesetzentwurf definiert nicht, was ein „erheblicher Schaden“ sein soll. Der Rechtsfrieden wird also gerade nicht hergestellt. Noch schwerwiegender ist die Tatsache, dass der Gesetzentwurf nicht mit EU-Recht konform ist und Deutschland erneut ein Vertragsverletzungsverfahren droht. Im jüngsten Urteil des EuGH vom Oktober 2019 wurde noch einmal bekräftigt, dass der Schutz gefährdeter Arten – und zu denen gehört der Wolf auch in Deutschland – Priorität hat gegenüber anderen Aspekten. (Siehe dazu auch die rechtliche Würdigung der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrechte.)

Dass es zukünftig erlaubt sein soll, Wolfsmischlinge zu töten, sehen wir als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.

Argument Sicherheit von Menschen:
Einer der Eckpfeiler unseres Rechtssystems ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel. So kann z.B. kein Gesetz den LKW-Verkehr pauschal verbieten, obwohl jedes Jahr Hunderte von Menschen zu Tode und Tausende zu Schaden kommen durch Unfälle mit LKW. Im Fall des Wolfes ist es sogar so, dass die Gefahr von Wölfen für Menschen eine rein theoretische ist. In 20 Jahren hat es nicht einen einzigen Angriff auf Menschen gegeben. Weniger Risiko für Leib und Leben geht nicht!

In Zeiten des dramatischen Artensterbens sollten wir die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland begrüßen und fördern, anstatt mit der „Lex Wolf“ deren erneuter Ausrottung den Boden zu bereiten.

Ursula Ripke, Assistentin des Vorstandes, Brigitte Sommer 1. Vorsitzende

Schleswig-Holstein: Wolf Dani (GW 924m) wahrscheinlich abgewandert, andere Wölfe im Revier – aber weiter schießwütige Jäger auf der Lauer im LK Pinneberg

Die Lage in Schleswig-Holstein um den vom Abschuss gefährdeten Wolf Dani wird immer verrückter. Knapp 200 Hobbyjäger verlangen nun von Umweltminister Albrecht, dass sie nach einem Abschuss anonym bleiben. Selbst dem Ministerium soll dabei nicht bekannt werden, welcher Hobbyjäger Dani oder einem anderen Wolf den Garaus gemacht haben könnte. Grund: Es gibt zahlreiche Nachweise, dass sich mindestens ein weiterer Wolf im Gebiet, für das der Abschuss genehmigt wurde, aufhält. Also scheinen selbst die Jäger davon auszugehen, dass sie nicht den richtigen Wolf erlegen werden können, denn laut offizieller Rissliste, gab es am 21. Oktober einen Riss in Ostholstein, der Dani nachgewiesen worden ist. Ostholstein ist 75 Kilometer von Danis normalem Revier im Landkreis Pinneberg entfernt. Es könnte also sein, dass Dani abgewandert ist. Ebenso gibt es genug Indizien dafür, dass sich weitere Wölfe in Danis Gebiet aufhalten. Dabei verspricht Umweltminister Albrecht immer wieder in Medieninterviews, dass der Schießbefehl sofort erlöschen würde, wenn ein weiterer Wolf dort in Erscheinung treten sollte.

Das Umweltministerium in Schleswig-Holstein ignoriert Indizien dafür, das sich weitere Wölfe in Danis Gebiet aufhalten.
Screenshot aus der Rissliste SH. Schwochel ist in Ostholstein und 75 Kilometer von Danis normalem Revier entfernt.

Die Kosten für die sinnlose Jagd in SH dürften mittlerweile dem Betrag, den Umweltminister Lies in Niedersachsen ver(sch)wendet hat, gleichkommen. Weit über 100.000 Euro für sinnlose Wolfsjagden, statt für Weidezäune?

Unser Vereinsmitglied Ursula Ripke hat gestern einen Stellvertreter des Mitarbeiters im UM S-H erreicht, der für Schutzgebiete und Artenschutz zuständig ist. Seine Auskunft lautete, dass sich an der rechtlichen Situation NICHTS geändert habe. Das Streifgebiet sei unerheblich, es zähle nur das Entnahmegebiet, und für letzteres bliebe die Abschussverfügung bestehen. – Auf die Frage, warum die Abschussverfügung aufrechterhalten bleibt, obwohl wir in deren eigenen Listen keinen Hinweis darauf finden können, dass Dani in letzter Zeit „wolfssichere“ Zäune überwunden hat, behauptete der Mitarbeiter, dass Dani im September genau das gemacht habe. Dabei haben Zaunkontrollen von uns ergeben, dass dies nicht stimmt.

Umweltminister Albrecht will weiter töten

In der Rissliste ist für September in drei Fällen GW924m als Verursacher identifiziert worden: 8.9. (keine Angaben zu Zäunen), 10.9. (kein Zaun), 16.9. (Zaun, aber kein Zusatz „wolfssicher“). Wir werden noch eine schriftliche Anfrage an das Umweltministerium stellen, wie genau sie zu der Aussage kommen, dass Dani im September NACHWEISLICH wolfssichere Zäune überwunden habe. Allerdings spielt es wohl für das UM eigentlich überhaupt keine Rolle mehr, ob sich Dani jemals wieder irgendetwas ‚zuschulden kommen‘ lässt. Der Mitarbeiter  aus dem UM hatte gegenüber Ursula Ripke deutlich gemacht, dass Dani schon dadurch sein Leben verwirkt habe, dass er in zwei Fällen wolfssichere Zäune überwunden habe. Dieses erlernte Verhalten könne er ja jederzeit wieder anwenden – und an mögliche Nachkommen weitergeben. Die einzige Chance, eine Aufhebung der Abschussverfügung zu erwirken, wäre also der Nachweis eines weiteren Wolfes in Danis Gebiet.

Zu erlerntem Verhalten an Zäunen gibt es keine einzige wissenschaftliche Studie, oder wissenschaftliche Nachweise, darüber, dass die Behauptung, dass Wölfe, die Zäune „überwinden“, dieses Verhalten an ihre Nachkommen weitergeben. Geradezu hirnrissig ist es auch, dass in den Sternen steht, ob Wolf Dani überhaupt jemals Nachkommen haben wird, an die er das Erlernte weitergeben könnte. Wir bezweifeln auch, dass Dani jemals wolfsabweisende Netze überwunden hat. Denn durch unsere Zaunkontrollen haben wir mehrfach bewiesen, wie dreist Weidetierhalter hier tricksen, nur damit sie einen Schießbefehl erreichen. Wir wiesen nach, dass große Lücken zwischen den Haltestäben und zum Boden hin bestehen. Hier hat es kein Wolf nötig, darüber zu springen. Und Nachweise, dass in dem Gebiet mindestens ein weiterer Wolf unterwegs ist, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits erbracht worden. In der Rissliste sind viele Risse nämlich Wolf Dani überhaupt nicht zuordbar. Stattdessen ist hier die Kennung HW 01 angegeben worden. Im Klartext: Es ist ein Wolf, aber es ist nicht zu ermitteln, welcher.

Unsere Botschaft an die Hobbyjäger:

Nein, liebe Hobbytöter, Ihr seid nicht anonym, denn jenseits von Funklöchern und vertraulichen E-Mail-Kontakten zum Unweltministerium, gibt es dort sehr viele „analoge“ Möglichkeiten. Wir sind nämlich persönlich dort und wir sehen Euch. Wir sind keine Autonomen, sondern ganz normale Bürgerinnen und Bürger. Deshalb sind wir auch nicht zu erkennen. Wir von Wolfsschutz Deutschland e. V. werden alle legalen Möglichkeiten in Anspruch nehmen. Im Klartext: Wir werden Anzeige erstatten. Die Häscher können sich nicht hinter einer vermeintlichen Anonymität verstecken. Wir haben auch die Jäger persönlich erkannt, die sich neulich beim Griechen in Westerhorn unter Polizeischutz eingebucht hatten. Dabei braucht man vor uns gar keinen Polizeischutz, weil wir stets legale Methoden anweden.
Dass wir keine falschen Versprechungen machen, sieht man hier anhand tagesaktueller Fotos aus der Region Westerhorn. Wir sind aber auch nachts unterwegs. Wir wissen auch, wo Wildkameras platziert sind. Auch ein Foto von den Schafen der Schäferei K. ist beigefügt. Die Tiere sind auf der Weide jetzt ganz weit hinten und ganz dicht dran ist dort plötzlich ein Hochsitz. Auch das bleibt uns nicht verborgen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Medienberichte:

https://www.ln-online.de/Nachrichten/Norddeutschland/Problemwolf-GW924m-hat-in-Ostholstein-zwei-Schafe-gerissen?fbclid=IwAR3jEVnxsCqGRqGKmns94bIpHObmYZGwVXGiar0yb5ZpXN7iYfWK0z7rBHc

Zitat: Generell sind Wölfe, sofern sie nicht als Problemwölfe deklariert sind, geschützt. Ihr Erlegen ist verboten. Und selbst diejenigen, die wie das Exemplar GW 924m zum Abschuss freigegeben wurden, tragen kein Etikett mit sich herum. Börner warnt vor möglichen Strafanzeigen. Er wünscht sich Anonymität für die Wolfsjäger. Er würde außerdem dazu raten, alle potenziellen Erleger mitmachen zu lassen. Börner meint, dann würde die Wahrscheinlichkeit, GW 924m zu treffen, erheblich steigen, schreibt die Süddeutsche Zeitung heute: https://www.sueddeutsche.de/…/wolf-niedersachsen-abschuss-1…

Hier ein Bericht von SAT 1 – Jäger „ärgern“ sich über strenge Auflagen. https://www.sat1regional.de/wolfs-abschuss-in-sh-jaeger-a…/…

Hintergrundinformation: Unser offener Brief an Umweltminiter Albrecht, in dem wir alle Fakten noch einmal aufgelistet haben. https://wolfsschutz-deutschland.de/…/offener-brief-an-umwe…/

 

Hier der Link zur Rissliste:

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/A/artenschutz/Wolf_Tabelle.html

Einige unserer Kontrollen, die aufzeigen, wie desolat die Zaunsituation vor Ort im LK Pinneberg ist:

https://wolfsschutz-deutschland.de/2019/10/12/faktencheck-bild-artikel-vom-10-10-19-dreiste-wolfsanfuetterung-mit-lebenden-schafen-in-schleswig-holstein/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2019/09/28/faktencheck-schleswig-holstein-fakenews-in-der-shz-zaeune-zum-wasser-offen-wollen-jaeger-jetzt-sogar-trophaeenjagd-auf-dani/

Hier ältere Kontrollen:
https://wolfsschutz-deutschland.de/2019/08/26/faktencheckzaunkontrolle-von-problembauern-problemministern-problemmedien-und-kniefaellen-vor-der-agrarlobby-in-schleswig-holstein/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2019/08/12/in-schleswig-holstein-gilt-weiter-wolfsabschuss-statt-herdenschutz/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2019/06/21/faktencheck-schleswig-holstein-bild-jungbauer-und-schaefer-verschweigen-dass-zaun-zum-wasser-offen-war/