Bundesumweltministerin Lemke: „Es darf so lange geschossen werden, bis es aufhört!“

Am zweiten Juni entsetzte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) mit dem Zitat: „Es darf so lange geschossen werden, bis es aufhört!“ während eines Radiointerviews mit dem Deutschlandfunk viele Wolfsfreundinnen und Wolfsfreunde. Doch ist diese scheinbare Umkehr von der bisherigen Wolfspolitik wirklich überraschend? Wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. finden das nicht. Lesen Sie in unserem Artikel warum.

Seit dem 13. März 2020 ist die Lex-Wolf, die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes in Kraft. Wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. waren einer der wenigen Vereine, die gegen diese Änderung protestiert hatten. Während einer Anhörung in Berlin, bei der wir auch zugegen waren,  trat  Steffi Lemke noch als Gegnerin der Gesetzesänderung auf. Wir berichteten hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2019/11/25/safe-the-date-berlin-09-12-19-oeffentliche-anhoerung-zur-lex-wolf-hingehen-undoder-protest-an-den-ausschuss-senden/

Heute setzt sie als Politikerin einer Partei, die selbst in der Regierung sitzt, die Konsequenzen dieser Gesetzesänderung um. Deshalb überrascht uns diese Aussage von ihr auch nicht wirklich. Das Zitat wurde tatschlich so beschlossen: Es darf so lange in Rudel hineingeschossen werden, bis Risse aufhören.

Beispielfoto Wolf © Brigitte Sommer

Das erste Bundesland, das Abschussverfügungen aufgrund der Gesetzesänderung ausstellte, war Niedersachsen. Dort wurde unter der Leitung von Umweltminister Lies (SPD) teilweise tatsächlich wahllos in geheimen Wolfjagden in Rudel hineingeschossen, ungeachtet der Tatsache, dass die EU inzwischen ein Pilotverfahren wegen der Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes und wegen der Wolfsverordnungen Niedersachsen und Brandenburg eröffnet hatte. Des weiteren läuft gegen Deutschland ein Verfahren wegen fehlender Definition von Naturschutzgebieten im Rahmen von Natura 2000. Klagende Verbände konnten schließlich das Schlimmste verhindern, da Richter in Niedersachsen EU-Recht über das Deutsche Naturschutzrecht stellten. Und da heißt es, dass nur der „Schadwolf“ geschossen werden dürfe und dass dies sichergestellt werden müsse. Unter Lies´ Nachfolger Meyer (Grüne) wurde diese Wolfsverordnung zurückgezogen. Allerdings stellte Meyer stets klar, dass er und seine Partei nicht generell gegen Wolfsabschüsse  seien, sondern nur gegen deren Geheimhaltung.

Auf mehrere Beschwerdeschreiben an die EU erhielten wir von Wolfsschutz stets die Antwort, dass die strengen EU-Regeln (Deutschland hatte mit vielen weiteren Ländern einen Vertrag unterschrieben, der den strengen Wolfsschutz bestätigt. Wer sich nicht daran hält, wie z. B. Schweden, muss mit hohen Strafzahlungen rechnen) für alle unterzeichnenden Länder gelte. Länder, wie Frankreich, hatten sich im Vorfeld der Unterzeichnung Abschüsse genehmigen lassen. Die EU hatte auf unsere Beschwerden geantwortet, dass auch für Deutschland diese Regeln gelten würden und diese vor Gerichten in Deutschland eingeklagt werden könnten. Die aktuelle Antwort ist hier nachzulesen: https://wolfsschutz-deutschland.de/2023/05/25/falscher-wolf-erschossen-ermittlungen-gegen-jaeger-in-brandenburg/

Dort wurde ein Verfahren gegen Umweltminister Vogel (Grüne) aufgrund einer Strafanzeige von uns wegen des Abschusses des Vaterwolfs und eines Nachkommens aus einer Wolfsfamilie im Landkreis Teltow Fläming eingestellt. Gegen den Jäger, der den Nachkommen und damit den „falschen“ Wolf erschossen hatte, würde ermittelt werden, hieß es seitens der Staatsanwaltschaft.

Dieses Vorgehen widerspricht also ganz deutlich den Aussagen von Steffi Lemke, dass es klar geregelt sei, dass so lange in Wolfsrudel hineingeschossen werden dürfe, bis Risse aufhören. Das Ausrufen wolfsfreier Zonen und auch die Behauptung, dass es Gegenden gäbe, in denen kein Herdenschutz funktionieren würde, steht also auf tönernen Füßen. Müssen zukünftig Gerichte für die Einhaltung der Gesetze sorgen?

Werden die Eltern erschossen, müssen die Welpen elendig verhungern, denn sie können bis zum jeweiligen Herbst noch nicht selbst jagen. Wird nur ein Elternteil erschossen, werden sich die Weidetierrisse dagegen eher sogar noch erhöhen, da an ungeschützten, oder schlecht geschützten Weidetieren leichter heran zu kommen ist, als an Wildtiere, um die Welpen zu versorgen. Auch elternlose, unerfahrene Jungtiere werden sich dann eher an Weidetieren als an Wild bedienen. Wem also nutzt so eine unmenschliche Verordnung?

Weitere Aussagen von Steffi Lemke in dem Interview mit dem Deutschlandfunk lassen schon die Vermutung aufkommen, dass sie der Agrarlobby entgegen kommen will. Da wohl keine Änderung des Schutzstatus in der EU möglich sein wird, wird an einem „regionalen Bestandsmanagement“ gearbeitet. Entsprechende Pressemitteilungen darüber gibt es auch seitens des Niedersächsischen Umweltministers Meyer. Dazu soll der Bestand an Wölfen in Deutschland neu ausgewertet werden. Ein Trick, um endlich der Jagd- und Agrarlobby die Jagd auf Wölfe zu ermöglichen, wäre es, den „guten Erhaltungszustand“ der Wölfe in Deutschland auszurufen. Ein Trick, den man in Schweden bereits angewendet hat. Dort hat man eine absolute Untergrenze der Wölfe, die sich vor der Ausrottung bewegt, zum „guten Erhaltungszustand“ erklärt. Wird dieser  „gute Erhaltungszustand“ festgestellt, könnte die Jagd, natürlich verkleidet in das schönere Wort „Regulierung der Bestände“, beginnen.

Das ist genau das, worauf unserer Meinung nach hingearbeitet wird. Leider haben wir es in Deutschland mit vielen Verbänden zu tun, die selbst von der Lobby unterwandert sind. Auch haben wir es leider auch oft mit Wolfsfreundinnen und Wolfsfreunden zu tun, die diesen Gefahren und der Realität nichts ins Auge blicken wollen und die nicht die Verursacher verantwortlich machen, sondern die Überbringer der schlechten Nachrichten.

Wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. haben uns vor fünf Jahren genau deswegen gegründet, um aufzuklären und zumindest einen kleinen Gegenpart gegen Lobbyismus und Amigoverhalten sowie Naivitäten zu bieten. Die Vorkommnisse bestätigen uns darin, dass es einen Verein wie den unseren, dessen Vorstand keiner Partei angehört und der auch stets einen professionellen Abstand zu allen Politikern hält, geben muss. Unsere Position hat allerdings natürlich auch zur Folge, dass wir weder staatliche Unterstützung erhalten, noch Gelder von der Lobby zu erwarten haben. Wir können also deswegen arbeiten, weil uns echte Wolfsfreundinnen und Wolfsfreunde mit Spenden unterstützen. Dafür möchten wir uns vielmals bedanken.

Doch wir sind weiter auf Unterstützung angewiesen, um weiter arbeiten zu können. Die Gegner der Wölfe verfügen über Macht und Budgets, von denen wir nur träumen können. Dass die Lobby allerdings alles daransetzt uns mundtot zu machen, zeigt, dass unser kleiner Verein durchaus Erfolg hat. Bitte unterstützen Sie uns auch weiterhin. Wir freuen uns über jede kleine Summe. Schon mit einem Abo von fünf Euro im Monat können Sie uns wirklich helfen. Dass es durchaus Sinn macht, nicht nur Klagen zu erarbeiten, sondern auch Anzeigen über Anwälte zu erstatten, zeigt das Beispiel von Brandenburg. Wir haben dadurch aber auch hohe Kosten.

Wir freuen uns über Unterstützung:

Wolfsschutz-Deutschland e.V.

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Auch über Paypal sind Spenden möglich. Hier der Link: https://wolfsschutz-deutschland.de/spenden-2/

 

Quellen:

https://www.deutschlandfunk.de/problematische-woelfe-duerfen-geschossen-werden-interview-mit-steffi-lemke-gruene-dlf-f4a8b040-100.html

https://wolfsschutz-deutschland.de/2020/03/13/schwarzer-tag-fuer-woelfe-und-andere-wildtiere-seit-heute-ist-die-aenderung-des-bundesnaturschutzgesetzes-lex-wolf-in-kraft/

EU-Kommissar bleibt standhaft: Kein Aufweichen des Wolfsschutzes

Eine Lobby aus Agrar und Jagdlobby unternahm Anfang der Woche einen erneuten Versuch bei der EU, den hohen Schutzstatus der Wölfe in Europa aufzuweichen. Man meint Weidetiere durch Abschuss und nicht durch Herdenschutz zu schützen zu können. EU-Kommissar Virginijus Sinkevičius wies den Vorstoß mehrerer EU-Länder jedoch zurück. Wolfsschutz-Deutschland e. V. begrüßt diese Standhaftigkeit außerordentlich. Und wir glauben, dass auch unsere Proteste bei der EU hier Wirkung gezeigt haben. Dennoch fordert die „IG Sichere Weidewirtschaft“ heute eine „Null-Lösung für Großprädatoren“. Ein handfester Skandal. Hier unser Bericht:

Virginijus Sinkevičius erklärte während des Treffens am Montag, dass die derzeitigen Rechtsvorschriften den Mitgliedstaaten „angemessene Instrumente, Mittel und Werkzeuge an die Hand geben, um sicherzustellen, dass die Erhaltung geschützter Großraubtiere und die Fortsetzung nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken Hand in Hand gehen können.“

Beispielfoto Wolf. ©Brigitte Sommer

Er wies auch darauf hin, dass die Mitgliedstaaten bereits im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften die Möglichkeit hätten, „in hinreichend begründeten Fällen“ Ausnahmen von den strengen Schutzvorschriften zu gewähren.

Der Kommissar warnte jedoch, dass „Ausnahmen keine Alternative zu den notwendigen Investitionen und Anstrengungen sind, um ein wirksames System der Koexistenz aufzubauen, das die Erholung der Bestände von Großraubtieren in unseren Ökosystemen ermöglicht.“

„Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass die Kommission das Thema auf verschiedenen Ebenen aktiv verfolgt“, betonte Sinkevičius, räumte jedoch ein, dass „die natürliche Rückkehr des Wolfes und anderer Großraubtiere eine Herausforderung für die Weidehaltung darstellt.“

Hintergrund:

17 Länder hätten einen Vorstoß Österreichs unterstützt. Deutschland hätte sich aber zurück gehalten, so das Wochenblatt.

Beim Treffen der EU-Agrarminister in Brüssel (26.9.) forderte eine Mehrheit von 17 Ländern, die 30 Jahre alte EU-Richtlinie zum Schutzstatus des Wolfes herab zu setzen. Österreich hatte mit Unterstützung von sechs Mitgliedsstaaten die Forderung auf den Tisch der EU-Kommission gelegt.

Neben Kroatien, Finnland, Ungarn, Lettland, Rumänien und Slowakei haben darüber hinaus auch Frankreich, Spanien, Italien, Slowenien, Griechenland, Dänemark, Portugal, Estland, Litauen und Belgien die österreichische Forderung in der Rats-Sitzung die Bedenken geteilt. Deutschlands Agrarminister Cem Özdemir konnte sich dazu nicht entschließen. Ob er Rücksicht auf die Landtagswahlen in Niedersachsen genommen hat, die in Kürze stattfinden ist unklar. Fakt ist allerdings, dass  die Niedersächsischen Grünen Wahlkampf mit dem hohen Schutz des Wolfes dort betreiben. Gegen Deutschland ist auch noch immer ein Pilotverfahren anlässig.

Gerade Österreich stark in der Kritik

Alleine sechs Wölfe sind dort illegal abgeschossen worden. Ermittlungen dazu laufen in Kärnten. Dazu gibt das Nachbarland ständig „legal“ Wölfe zum Abschuss frei.

Handfester Skandal in Deutschland

Der Sprecher der „IG Sichere Weidewirtschaft“ gibt in einer Rundmail offen zu, dass man die für Deutschland „notwendige Null-Lösung für Großprädatoren“ nicht aus den Augen verlieren wolle. Fällt bei dem Duktus etwas auf?

Es ist nicht die erste Entgleisung aus dieser Richtung. Schwer verständlich, dass angebliche Wolfsfreundinnen und Wolfsfreunde solchen Leuten noch immer bedingungslos beim Zaunaufbau helfen.

Quelle: https://www.euractiv.de/section/landwirtschaft-und-ernahrung/news/kommission-verteidigt-schutz-von-woelfen-und-baeren-gegen-klagen-der-mitgliedstaaten/?fbclid=IwAR39mDvZmYmo2Q8rlM8ARz6qgt34yxVc4hkINFvZt7SlAFNvRCsoMJSZzKQ

https://www.wochenblatt-dlv.de/politik/eu-agrarrat-mehrheit-will-wolf-schutzstatus-senken-570578?fbclid=IwAR3J4_rrNiw9Jg6V0D6i8RqgUOZmc2aY6GtCS8BwgPqfyfCwmhhMMLRtu3M

Klöckner, Lies und Schulze ignorieren EU-Verträge und hetzen gegen Wölfe – dabei ist der Standpunkt der EU mehr als deutlich

Pinocchio-Syndrom bei deutschen Politikern?

Das, was diverse Politiker in den letzten Wochen so fordern, ist im Grunde nichts anderes als das, was bereits nach der Bundestagswahl 2017 in der GroKo im Koalitionsvertrag beschlossen worden ist. Darin steht nämlich, dass Deutschlands Wölfe dezimiert werden sollen. Damit knickte die Koalition genauso wie bei vielen anderen Themen, wie der Verlängerung des Ackergiftes Glyphosat, Ferkelkastration, Feinstaub, Klimawende und nicht ausgewiesenen Naturschutzgebieten vor der Agrar- und Industrie sowie der Jagdlobby ein.

Um Wölfe dezimieren zu können, muss das Bundesnaturschutzgesetz geändert werden und genau das hat Umweltministerin Schulze nun vor. Dabei sind Schulze, Lies, Albrecht, Klöckner und Co. anscheinend keine alternative Wahrheiten zu schräg, um nicht als Fakten heraus posaunt zu werden. So sollen angeblich Naturfreunde Wölfe anfüttern, weil sie sie interessant finden. Die Wölfe würden daher in die Nähe von Gemeinden kommen, wo sie nicht hingehören würden. Dass zur Zeit die Jungwolfwandersaison in vollem Gange ist, scheint Schulze, Klöckner und Co ebenso wenig zu interessieren, wie die Tatsache, dass das Thema Herdenschutz bislang in Deutschland nie wirklich angepackt worden ist. Dabei erhalten Wiedetierhalter nun 100 % Förderung und 100 % Entschädigung.  Also sie erhalten alles bezahlt. Im krassen Gegenzug dazu ist bei vielen Weidetierhaltern einfach kein Wille erkennbar, sich mit den Wölfen zu arrangieren. Ja selbst die Anträge auszufüllen scheint manchen zu mühevoll zu sein. Da ist es leichter, den Abschuss von Wölfen zu fordern.

Eine Antwort von EU-Kommissar Notaro auf eine Eingabe von Landrat Harig aus Sachsen ist dermaßen deutlich, dass wir das Schreiben hier noch mal bringen möchten. Dieses Schreiben erklärt alle populistischen Forderungen die derzeit kursieren ad absurdum und stellt klar, dass Wölfe nicht dezimiert werden müssen, dass endlich der Herdenschutz angegangen werden muss und dass sich Wölfe nicht unkontrolliert vermehren und dass sie nicht gefährlich für Menschen sind. 

Wenn Sie uns bei unserer ehrenamtlichen Arbeit zum Schutz der Wölfe unterstützen wollen, würden wir uns sehr freuen. Hier der Link zur Spendenseite: www.wolfsschutz-deutschland.de/spenden