Konkurrenz ist essentiell für Natur- und Tierschutzvereine

„Alle müssen mit einer Stimme sprechen“. Ein Slogan, der dem Tier- und Umweltschutz in den vergangenen Jahren sehr geschadet hat, denn er wird zu propagandistischen Zwecken genutzt, um Tier- und Umweltschützer mundtot zu machen, die nicht mit der Leitkultur der großen Umweltorgas übereinstimmen. Wie immens wichtig in der Tat Konkurrenz und auch Streit sind, zeigt sich aktuell in der Schweiz: Dort distanzieren sich vier Orgas von Aussagen eines Umweltlobbyisten. Viel zu spät, meinen wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V.. Lesen Sie hier unsere Einschätzung.

Kann David Gerke, der zugleich Schafhalter und Jäger ist und für und seine Geschäftsstellen bei Gruppe Wolf Schweiz sowie von Pro Natura und WWF Schweiz bezahlt wird, sich tatsächlich glaubhaft für Wölfe einsetzen?  Pro Nature und der WWF, der von Jägern gegründet wurde, sind Organisationen, die sich nicht in erster Linie für den Wolfsschutz einsetzen. Zurzeit sei ihr größtes politisches Anliegen, die Biodiversitätsinitiative durch die Volksabstimmung zu bringen. Die Gruppe Wolf Schweiz sei deshalb finanziell und auch in Wolsfschutzfragen nicht unabhängig, lautet eine Richtigstellung der Organisationen CHWolf, Wildtierschutz Schweiz, Avenir Loup Lynx Jura (ALLJ) sowie WolfFacts.

Beispielfoto Wolf.

Hintergrund ist ein Radio-Interview mit David Gerke vom 15.08.2024, in dem der Hirte und Jäger laut Ansicht der vier Orgas, den Eindruck erweckt hätte, für Wolfsorganisationen in der ganzen Schweiz zu sprechen. Dies wird nun stark dementiert. David Gerke werde in der Sendung als «die Stimme» der Großraubtiere bezeichnet. Beim Gespräch wähle er immer die WIR-Form und impliziere damit, dass er im Namen von allen Schweizer Wolfschutzorganisationen spreche. Dies sei klar eine Irreführung der Zuhörer. Was er sage, entspräche allenfalls der Meinung der Gruppe Wolf Schweiz (GWS), Pro Natura und WWF. Leider hätten weder die Journalisten noch er selber klargestellt, für wen er eigentlich spricht. „Viele Aussagen von David Gerke entsprechen absolut NICHT den Haltungen von unseren Organisationen,“ heißt es in der Richtigstellung vom 23.08.2024. Gerke lege offensichtliche Interessenkonflikte an den Tag, die mit echtem Wolfsschutz nicht vereinbar wären.

Interessenkonflikte

Hier einige Aussagen, von denen sich die vier Orgas distanzieren: „Gerke spricht davon, dass es in Ordnung sei, Wölfe präventiv abzuschießen. Unsere Organisationen und unsere Mitglieder, sind entschieden gegen präventive Abschüsse. Es werden Tiere geschossen, die noch nie Schaden angerichtet haben und es impliziert, dass wir bereits zu viele Wölfe in der Schweiz hätten. Präventive Abschüsse sind nicht verhältnismäßig, nicht nachhaltig und zudem nicht mit der Berner Konvention und dem Schweizer Tierschutzgesetz vereinbar. Darüber hinaus haben mehrere Studien gezeigt, dass sie kontraproduktiv sind, da sie langfristig den Druck auf die Nutztiere erhöhen.  Ein Lerneffekt wie Gerke hier vermutet, wird es nicht geben. Als Begründung für das revidierte Jagdgesetz wird immer wieder angeführt, dass die proaktive Wolfsmanagement-Strategie zu scheueren Wölfen führen wird. Dies ist jedoch eine unbewiesene und unbegründete Behauptung und führt die Öffentlichkeit in die Irre. Die Tötung von Wölfen in der Nähe von Siedlungen wird nicht per se zu mehr Scheu bei Wölfen führen, die eine von Menschen und Infrastrukturen dicht besiedelte Landschaft bewohnen.  Einzig Vergrämungsmaßnahmen könnten einen gewissen Lerneffekt erzielen. Ein möglichst konfliktarmes Zusammenleben Mensch – Wolf – Nutztiere funktioniert nur mit seriösem und konsequentem Herdenschutz.“

Beispielfoto Wolfswelpen im Alter von vier Monaten. Sie sollen in der Schweiz ab dem ersten September gnadenlos hingerichtet und auch ihre Eltern ausgelöscht werden.

Wolfsschutz-Deutschland e. V. hat ja bereits vor Jahren auf die Interessenkonflikte von Gerke hingewiesen. Wir wurden dafür angefeindet und gecancelt. Dabei besteht das Problem von Lobbyismus und Interessenkonflikten längst nicht nur in der Schweiz, sondern gerade auch in Deutschland, wo die großen Organisationen sich das Rederecht heraus nehmen. Der Slogan „Alle müssen mit einer Stimme sprechen“ war insofern ein genialer Schachzug, um kritische Stimmen mundtot zu machen, denn viele Wolfsfreundinnen und Wolfsfreunde sind tatsächlich noch immer der Ansicht, dass Konkurrenz im Naturschutz schaden würde. In Deutschland war auch der Spruch „Wer den Nabu kritisiert, schadet dem Wolf“ in großer Mode. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Kleine Vereine und Organisationen können Klartext reden. Man sollte Ihnen zuhören, statt sie zu canceln. Konkurrenz belebt das Geschäft und es muss wieder eine neue Streitkultur entstehen, in der Debatten erlaubt sind. Wir hoffen, dass die Schweizer Richtigstellung dazu ein erster Schritt dahin ist. Wir brauchen keine verengten Meinungskorridore, denn diese führen dazu, dass die Lobbyisten sich durchsetzen.

Wie sagte schon Karl Valentin? „Wo alle das Gleiche denken, wird nicht viel gedacht!“

Hintergrund: Am ersten September 2024 soll in der Schweiz erneut die große Wolfsjagd beginnen. Dabei sollen komplette Rudel mit Welpen abgeschossen werden.

Quellen:

https://www.srf.ch/audio/tagesgespraech/david-gerke-wir-haben-den-wolf-unterschaetzt?id=12641579

https://cdn.prod.website-files.com/63872a3e60a4151a28b7b7b1/66cc7575f1a9a3bb90c65525_MM_Tagesgespra%CC%88ch_Gerke_15-08-2024_DEF_D.pdf

https://on.orf.at/video/14239713/15706686/schweiz-debatte-ueber-wolfsjagd

 

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Klatsche für Agrar-und Jagdlobbyisten: Wölfe bleiben streng geschützt

Die Mitglieder des  ständigen Ausschusses der Berner Konvention haben gestern in Straßburg einen Antrag der Schweiz abgelehnt, den internationalen Schutzstatus der Wölfe von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabzustufen. Wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. sind sehr erfreut darüber, denn eine andere Entscheidung hätte sich auch international ausgewirkt.

Beispielbild Wolf © Brigitte Sommer

Nicht nur für die Schweiz, auch auf internationaler Ebene stand eine Lockerung des Wolfsschutzes zur Debatte. Der ständige Ausschuss der Berner Konvention hat am 29. November in Strassburg auf Antrag der Schweiz beraten, ob der Status des Wolfs von heute «streng geschützt» auf «geschützt» hätte heruntergestuft werden soll. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt. Damit behält der Wolf international den Schutzstatus «streng geschützt». Eine stärkere Regulierung mit vermehrten Abschüssen bleibt in den Unterzeichnerstaaten der Berner Konvention damit auch künftig untersagt.

Hintergrund Schweiz

Hintergrund Schweiz: Jagd auf Wölfe bleibt in den Unterzeichnerstaaten der Berner Konvention verboten. Allerdings schießt man in der Schweiz bereits „legal“ jedes Jahr Wölfe ab. Die Umweltverbände Pro Natura, WWF Schweiz, Gruppe Wolf Schweiz und BirdLife Schweiz begrüssen den Entscheid der Berner Konvention, wie sie in einem gemeinsamen Communiqué schreiben. Die alpine Wolfspopulation sei immer noch potenziell gefährdet. Die Verbände forderten das Parlament auf, diesen in seinen Beschlüssen zum Jagdgesetz in der Wintersession zu respektieren.

Der Nationalrat befasst sich in Kürze mit der Revision des Jagdgesetzes. Im Zentrum der Debatte  die Frage, ob in der Schweiz Wölfe in Zukunft präventiv geschossen werden dürfen. Eine solche Anpassung des Jagdgesetzes käme unserer Ansicht nach einer erneuten Ausrottungsgefahr für Wölfe in der Schweiz gleich und würde sich auch auf die genetische Vielfalt in Europa auswirken, da Jungwölfe die tot sind, nicht mehr wandern und sich ausbreiten können. Werden Elterntiere geschossen, kommt es durch die unerfahrenen Jungtiere sogar noch zu mehr Rissen. Auch ethisch wäre  dies untragbar.

Bereits im September hatte der Ständerat die Revision des Jagdgesetzes beschlossen. Die kleine Kammer will eine Art Jagdsaison auf Wölfe ins Jagdgesetz einrichten. Jedes Jahr zwischen dem 1. September und dem 31. Januar dürften dann Wölfe getötet werden. Ob sie in den Wolfsbestand eingreifen möchten oder nicht, läge im Ermessensspielraum der Kantone. Notwendig wäre aber weiterhin eine Zustimmung des Bundes. Diese wäre an verschiedene Bedingungen geknüpft. Abschüsse wären nur erlaubt, wenn Herdenschutzmassnahmen Risse an Nutztieren nicht hätten verhindern können und wenn das Fortbestehen der Wolfspopulation gesichert wäre.

Schweiz schießt schon jetzt mit Duldung der Umweltverbände Wölfe

„24 Wölfe zum Abschuss frei, vier Rudel reguliert, kein einziger Einspruch durch die Umweltorganisationen: Diese Bilanz seit Anfang Jahr zeigt erstens, dass das bestehende Jagd- und Schutzgesetz (JSG) Eingriffe in den Wolfsbestand zulässt. Zweitens haben Pro Natura, BirdLife, Gruppe Wolf Schweiz und WWF unzählige Male bestätigt, dass sie den sachgerechten Umgang mit dem Wolf mittragen. Und drittens kann das JSG mit einer auf Schäden ausgerichteten präventiven Regulierung beim Wolf so revidiert werden, dass die Alpwirtschaft wirklich entlastet wird. „Es braucht beim Wolf keine Jagd, wie sie beim Steinbock praktiziert wird,“ schreibt die Gruppe Wolf Schweiz in einer Pressemitteilung darüber. Wolfsschutz-Deutschland e. V. ist entsetzt darüber, dass bei derart hohen Abschusszahlen seitens der Verbände nicht längst interveniert wurde. Wir sind der Meinung, dass viele Bauern in der Schweiz genauso wie auch in Deutschland, nicht schützen wollen und dass sie damit wohl Wolfsrisse provozieren, um Wolfsabschüsse genehmigt zu bekommen. Und solange ihnen diese Lösung in welcher Form auch immer geboten wird, werden sie diese nutzen. Ein Totalverbot von Abschüssen und Strafzahlungen, oder andere juristische Konsequenzen für die jenigen, die einfach nicht schützen wollen und immer wieder Risse provozieren, wäre unserer Ansicht nach wirklich eine Lösung.

Nur sechs Prozent Wolfsrisse in der Schweiz

Die Agrar- und Jagdlobby wittert Morgenwind.  So spricht sich der Schweizerische Alpwirtschaftliche Verband ebenso dafür aus, wie die Regierungskonferenz der Gebirgskantone. In den Kantonen Uri und Wallis wurden ausserdem kantonale Initiativen lanciert und angenommen, die eine Regulierung des Wolfsbestandes fordern. Für eine ähnliche Initiative werden derzeit Unterschriften im Berner Oberland gesammelt. Dabei werden nur sechs Prozent aller Todesfälle von so genannten Nutztieren von Beutegreifern verursacht. Krankheit und Unfälle, wie Abstürze, Steinschlag oder Blitzschlag sind die weitaus häufigere Todesursache.

Stellvertreterkrieg gegen einen wehrlosen Beutegreifer

Nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa werden Bauern von der Politik für verfehlte Agrarlösungen auf den Wolf gehetzt. Die Lage der Bauern würde sich nicht bessern, wenn es Wölfe nicht mehr geben würde. Auch deshalb ist es immes wichtig, weiter für ihren angestammten Platz in Frieden für die Wölfe zu kämpfen.

Facebookgruppe mit tagesfrischen Infos aus der Schweiz: https://www.facebook.com/groups/347215789877202

Quellen: https://www.msn.com/de-ch/nachrichten/other/die-neusten-entwicklungen-berner-konvention-lehnt-antrag-der-schweiz-ab-wolf-bleibt-weiterhin-international-streng-geschützt/ar-AANIYHI?ocid=msedgntp&cvid=effa425f57934c6989fa8590744e4354&fbclid=IwAR29grLfTFhnotNJrdvWcmu9lhrHcyhQcW7V4QUthCWdUeQiMNXP_VRckNA#comments

https://www.bmuv.de/themen/naturschutz-artenvielfalt/artenschutz/internationaler-artenschutz/berner-konvention

https://www.gruppe-wolf.ch/Pressemitteilungen/Die-Fakten-fur-die-Wolfdebatte.htm?fbclid=IwAR3q0EQD547U8gFx8l1DD6a6WJpLnFLiMcPdj_QT4tdksQb7Xc3ApXV-m5o