Mehr Wölfe, aber weniger Risse in Hessen

Die Daten strafen anders lautenden Behauptungen von WeidetierhalterInnen und JägerInnen Lügen. Für Hessen fällt die Bilanz des HLNUG eindeutig pro Wolf aus. Wolf und Weidetierhaltung funktioniert also zusammen, wenn man es denn will. Außerdem wurde bekannt, dass ein Wolf aus dem Leuscheider Rudel nach Hessen gewandert ist.

Wölfe in Hessen – mehr Tiere, weniger bestätigte Nutztierrisse

HLNUG-Bilanz zum Ende des Monitoringjahres 2021/22

Eine Wolfsfamilie mit Welpen im Rheingau, zwei Wolfspaare und vier einzelne Tiere – Wölfe werden auch in Hessen endlich wieder heimisch. Seit sich im Frühjahr vor zwei Jahren die erste Wölfin fest in Hessen niedergelassen hat, ist die Population langsam, aber stetig gewachsen: Zehn adulte, sesshafte Tiere sind dem Wolfszentrum Hessen (WZH) am Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) derzeit per Gennachweis bekannt. Die gute Nachricht: Obwohl es mehr Wölfe gibt, ist die Zahl der bestätigten Nutztierrisse seit drei Jahren gesunken – Hessens Wölfe jagen offenkundig fast ausschließlich Wild. Allerdings kann die Zahl der Nutztierrisse mit weiteren durchziehenden oder neuen sesshaften Tieren auch wieder zunehmen, wenn Weidetiere nicht ausreichend geschützt sind.

Beispielfoto Wölfin

Wölfe stehen in der EU unter strengem Schutz, in Hessen sind sie nach wie vor selten. Zwar hinterlassen auch immer wieder einzelne Wölfe auf Wanderschaft ihre genetischen Spuren in Hessen, von diesen lassen sich aber bei Weitem nicht alle hier nieder: Viele befinden sich nur auf der Durchreise durch unser zentral gelegenes Bundesland und nicht wenige fallen dabei dem Straßenverkehr zum Opfer, so das HLNUG. Wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. befürchten zudem zahlreiche illegale Wolfstötungen. So wurde ein durchziehendes Jungtier bei Homberg-Ohm regelrecht von einem aufgepeitschten Mob bedroht. Wir berichteten hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2022/02/12/hessen-junger-wanderwolf-wurde-bei-homberg-ohm-bedroht/

Mindestens zehn erwachsene Wölfe und drei Welpen

In Hessen gab es im letzten Monitoringjahr (2021/2022) sieben Wolfsterritorien: Neben einem Rudel mit zwei Elterntieren und mindestens drei Welpen bei Rüdesheim im Rheingaus-Taunus-Kreis wurden mittlerweile zwei sesshafte Wolfspaare nachgewiesen: eines bei Ludwigsau im Kreis Hersfeld-Rotenburg und eines bei Wildflecken in der Rhön, dessen Territorium als länderübergreifend zwischen Hessen und Bayern gilt. Darüber hinaus gab es vier sesshafte Einzelwölfe: Ihre Territorien lagen im Vogelsberg, im nordhessischen Stölzinger Gebirge, in der Rhön länderübergreifend mit Thüringen und Bayern und im Odenwald länderübergreifend mit Baden-Württemberg. Insgesamt gab es damit im vergangenen Monitoringjahr in Hessen zehn erwachsene sesshafte Einzeltiere und mindestens drei Welpen.

Wurde die Vogelsberger Wölfin eliminiert?

Ein Wolfsterritorium kann allerdings auch wieder erlöschen, wenn es über ein Jahr lang keinen genetischen Nachweis des dort sesshaften Wolfes mehr gab: Dann ist davon auszugehen, dass sich das betreffende Tier nicht mehr dort aufhält. Dieser Fall ist nun für das Territorium im Vogelsberg eingetreten, da bisher für den Berichtszeitraum kein genetischer Nachweis erbracht wurde, laut HLNUG.

Durchziehende Wölfe kann es in Hessen jederzeit geben, diese werden jedoch meist nur einmalig oder wenige Male nachgewiesen und verschwinden dann wieder von der Bildfläche des hessischen Wolfsmonitorings.

Wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. haben die Befürchtung, dass Ulli von Ulrichstein – wie wir die Vogelsberger Wölfin nannten, tatsächlich beseitigt wurde. Entsprechende Drohungen gab es im Netz zuhauf.

Bilanz Wolfsnachweise und Nutztierrisse

Im Wolfszentrum Hessen (WZH) werden alle Meldungen und Hinweise auf Wölfe in Hessen – auch per Mail – entgegengenommen und geprüft.

Im vergangenen Monitoringjahr 2021/22 hätte es mehr als 620 Meldungen, dazu gehören Sichtungsmeldungen, Fotos, Videos und genetische Nachweise gegeben. Über 240 davon gelten als gesicherte Nachweise (sog. C1-Nachweise, Erläuterung unten). In 18 Fällen handele es sich um bestätigte Rissvorfälle, davon wiederum zwei Rissereignisse an Nutztieren, bei denen ein Wolf genetisch nachgewiesen worden wäre. Dabei seien insgesamt vier Schafe getötet worden und fünf weitere würden als verschollen gelten.

Obwohl die Anzahl der Wölfe und die Zahl der Hin- und Nachweise in Hessen in den vergangenen Jahren stetig zugenommen hat, ist die Anzahl der bestätigten Nutztierrisse gegenüber dem vorherigen Monitoringjahr zurückgegangen: Wurden im Monitoringjahr 2019/20 zwölf Rissereignisse an Nutztieren verzeichnet, waren es 2020/21 sieben und 2021/22 wie oben beschrieben zwei, die amtlich bekannt und genetisch nachgewiesen wurden. Die folgende Tabelle (Stand 30.4.2022) veranschaulicht diese Tatsache:

 

MonitoringjahrGeprüfte MeldungenBestätigte Nutztierrisse
2019/2030012
2020/214147
2021/226242

Zugenommen hat auch die Zahl der Nachweise über Kamerafallenbilder – dies ist jedoch über das aktive Monitoring mit Fotofallen zu erklären, welches das WZH mittlerweile an mehreren Standorten betreibt.

Wolf aus dem Leuscheider Rudel in RLP/NRW im Lahn-Dill-Kreis nachgewiesen

Erstnachweis bei Haiger

Durch die kürzlich abgeschlossene genetische Analyse einer Abstrichprobe, die am 17.04.22 bei Haiger im Lahn-Dill-Kreis an einem Rehkadaver genommen wurde, konnte ein neues Wolfsindividuum identifiziert werden: Der Wolfsrüde mit dem Laborkürzel GW2478m stammt aus dem Wolfsterritorium Leuscheid, welches länderübergreifend zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz liegt. Dies hat das wildtiergenetische Labor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung nun dem Wolfszentrum Hessen (WZH) mitgeteilt.

Außerdem wurde eine Wölfin aus Sachsen in Nordhessen identifiziert. Wir berichteten hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2022/05/03/woelfin-aus-sachsen-bis-nach-hessen-gewandert/

Es handelt sich um den Erstnachweis dieses Tiers für Hessen, nicht um den Nachweis der Sesshaftigkeit. Als sesshaft gilt ein Wolf erst dann, wenn er über einen Zeitraum von sechs Monaten wiederholt in einem Gebiet nachgewiesen wird. Ob der neue Wolfsrüde sich in Hessen niederlässt oder nur auf der Durchreise ist, müssen weitere Nachweise im Rahmen des Wolfsmonitorings zeigen. Zuständig dafür ist das Wolfszentrum Hessen (WZH) im Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG). Das WZH sammelt im Rahmen des hessischen Wolfsmonitorings alle Hin- und Nachweise und stellt Informationen zu bestätigten Nachweisen auf seiner Homepage bereit.

Wolfsmonitoring Hessen

Zuständig für das Wolfsmonitoring in Hessen ist das Wolfszentrum Hessen (WZH) beim Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG). Dort werden alle eingehenden Hinweise und Verdachtsfälle aufgenommen, umgehend geprüft und dokumentiert. Sowohl die bestätigten Nachweise als auch die Riss-Verdachtsfälle werden auf der Homepage des HLNUG veröffentlicht, in besonderen Fällen (Nachweis Territorium, Paarbildung, Rudel etc.) auch über eine Pressemitteilung und Social Media.

 

Komplette Pressemitteilung des HLNUG: https://www.hlnug.de/presse/pressemitteilung/woelfe-in-hessen-mehr-tiere-weniger-bestaetigte-nutztierrisse?fbclid=IwAR26SMXY1e6fxtVwXrJo3jynZAWlL1SnxePwC7fyZZimm-kxGiFXnBa2apc

4 Gedanken zu „Mehr Wölfe, aber weniger Risse in Hessen

  1. so schön das alles ist, insgesamt finde ich es sehr traurig, dass man um die an sich höchst erfreuliche wiederansiedelung eines für die eurasische fauna + flora (denn der wolf hat natürlich auch florale auswirkungen, wie in usa/yellowstone bewiesen) selbstverständlichen tieres solch „riesigen aufwand“ betreibt/betreiben muss.

    wölfe, luxe usw usw gehören zur eurasischen fauna, wie schmeißfliegen, eichhörner und igel, und ich bin froh, dass der wolf bei uns zurückist, auch er teil der komplettierung des netzwerks der eurasischen gemeinschaft des lebendigen, und gottlob gab es im osten und süden eurasiens und europas genügend „reserven“, um den mitteleuropäischen „gap“ wiederaufzufüllen, denn die heutige und immer weitergehendere menschengemachte flora+fauna ausdünnung der natur ist teil unseres eigenen artlichen selbstmordes.

    die natur kann auch ohne uns, wie 4,5 milliarden jahre beweisen, wir menschen aber nicht ohne eine funktionierende natur als auch unser eigenes trägersystem.

  2. Der Mensch ist des Menschen ärgster Feind und leider zerstört er auch das, wovon er abhängt, jedes Lebewesen hat eine Aufgabe ! Aber die Machtgier und der Blutrausch erfaßt immer wieder Männer, die unbegingt töten wollen, (Männer machen ja auch Kriege!!) Wann hört das endlichauf und wann gewinnen Männer endlich eine weibliche Seite in sich, Frauen im Berufsleben müssen ja auch die männliche Seite in sich haben…
    Die Eingriffe der Menschheit in natürliche Systeme und Harmonien hat schon sehr viel zerstört, trotz aller möglichen Wissenschaften und Wissen scheint das nicht aufzuhören! Warum?

    1. off topic:
      [ so hab ich auchmal gedacht: „männer“ als antriebe für kriege, zerstörungen usw“, und „frauen“ sind die lieben – bis ich mich fragte, was männer so antreibt zum ihrem auch zerstörenden tun – und irgendwann begriff ich, dass sexualität die ursache ist, und bei mensch als lebewesenart maßlose sexualität (sexuelle auftönung), weil er sich glaubt alles erlauben zu können auf diesem planeten, sodass die weibliche sexualität letztlich den mann lebenslang antreibt – und das bedeutet, „das weib“ steckt letztlich als genereller antrieb hinter fast allem männlichem tun und lassen = männer sind zwar (oft) die ausführenden, aber das weibliche prinzip im hintergrund ist der booster – schluss daraus: mann und frau sind bezüglich umweltzerstörung, kriegen, usw. zwar äußerlich unterschiedlich, und haben äußerlich auch unterschiedliche anteile daran, aber in wahrheit/im hintergrund/ gibts diese unterschiede nicht, beide geschlechter sind gleichermaßen involviert in die abtötung auch der biosphäre dieses planeten, gegenseitiges sich-abschlachten (als lediglich sonderform von kannibalismus), usw. – oder sagen wir es anders: männer zerstören, aber es sind die fingerabdrücke der frauen auf dem zerstörten. ]

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