Herdenschutzmaßnahmen werden jetzt in ganz Hessen bezahlt

Für Halter von Damwild, Schafen und Ziegen gibt es nun keine Ausreden mehr. Herdenschutzmaßnahmen werden nun in ganz Hessen bezahlt, nicht nur wie bisher, in ausgewiesenen Wolfsgebieten. Das müsste doch nun ordentlich Druck von der Wolfsdebatte nehmen. Zudem in Hessen überdurchschnittlich viele Risse von frei laufenden Hunden verusacht werden. Warum die Förderkulisse aber noch ausgebaut werden müsste, lesen Sie in unserer neuen Reportage. Außerdem gibt es noch weitere gute Nachrichten, wie Wolfswelpen in den hessischen Revieren, aber auch Irritierendes.

Die Arbeitsgruppe „Wolf in Hessen“ wurde vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz eingerichtet und sie erarbeitet Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Wolfsmanagements. Sie besteht aus Vertreterinnen und Vertretern von Verbänden und Behörden aus den Bereichen Weidetierhaltung, Naturschutz, Landwirtschaft, Jagd, Wissenschaft und Tierschutz. Die Arbeitsgruppe „Wolf in Hessen“ hat mittlerweile  drei Mal getagt, zweimal in Präsenz und einmal online, heißt es auf der Infoseite des HLNUG.

Empfehlungen der AG Wolf für das hessische Wolfsmanagement

Die Empfehlungen inklusive der Abstimmungsergebnisse wurden im Nachgang des zweiten Treffens der AG Wolf an das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) übergeben. Unterarbeitsgruppen der AG Wolf hatten unter der Koordination des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) über ein Jahr lang Empfehlungen für die Themenbereiche „Prävention“, „Schadensregulierung“ und „Monitoring und Forschung“ erarbeitet. Auf ihrer zweiten Sitzung im Dezember 2022 sei es der AG Wolf lauf HLNUG dann im Plenum gelungen, trotz grundsätzlicher Differenzen im Umgang mit dem Thema konstruktiv 21 Empfehlungen herauszuarbeiten. Anschließend seien diese 21 Empfehlungen an das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz übergeben worden.

Im März 2023 sei dann die Rückmeldung von Staatssekretär Conz an die Mitglieder der AG Wolf erfolgt: Von 21 Empfehlungen trafen beim hessischen Umweltministerium 18 auf grundsätzliche Zustimmung, zwei Empfehlungen sollen auf Bundesebene eingebracht werden, eine Empfehlung betrifft das Referenzlabor Senckenberg und muss dort geprüft werden. Angenommen wurde beispielsweise die Empfehlung, die einzelnen Präventionsgebiete in Hessen abzuschaffen und ganz Hessen als Präventionsgebiet auszuweisen: Für Schafe, Ziegen und Damwild kann eine Förderung von Herdenschutzmaßnahmen nun hessenweit beantragt werden, auch ohne vorigen Wolfsnachweis.

Über diese Entwicklung freuen wir uns von Wolfsschutz-Deutschland e. V. sehr, denn eine unserer Hauptforderungen Herdenschutzmaßnahmen unabhängig von ausgewiesenen Wolfsgebieten zu bezahlen, ist damit tatsächlich in die Realität umgesetzt worden. Allerdings müssten auch Kühe mit Kälbern und Jungrinder noch in die Förderkulisse mit aufgenommen worden. Denn wie wir in unserer neuen Zaundokumentation aufzeigen, sind auch diese Tiere normalerweise nicht geschützt. Kälber, die unter zu hohen Litzen nach draußen gelangen, können von der Herde nicht mehr geschützt werden. Auch Alpakas werden in ganz Hessen gehalten.

 

Mufflons nur hinter Wilddraht. Wir messen auch dort, um den Lesern zu verdeutlichen, dass hier wirklich keine Spannung vorhanden ist. Mufflons sind Wildschafe und sie müssten eigentlich unter die Förderkulisse fallen.

 

Auch von der anderen Seite ist das Gehege leicht untergrabbar. Die Bauzäune bieten keinen Schutz.

 

 

Mufflons nur hinter Wilddraht.

 

Auch hier wurde wohl schon versucht, zu untergraben.

 

 

Ein Team war auch in den späten Abendstunden unterwegs. Um unsere Aktiven vor Angriffen zu schützen, zeigen wir sie nicht öffentlich. Hier die Vorsitzende Brigitte Sommer mit Liv.

 

 

Spessart in der Dämmerung. So werden die alten Räubergeschichten um den großen Wald fast real.

 

 

Damwild bei Flörsbachtal nur hinter Wildzaun, ohne Spannung und ohne Untergrabschutz.

 

 

Auch wenn Wildzaun keine Spannung hat, messen wir dennoch, um dies unseren Lesern zu verdeutlichen. Wölfe oder Hunde „überwinden“ oder „überspringen“ diese Zäune nicht, wie es oft behauptet wird, sondern sie untergraben sie. Deshalb ist ein Untergrabschutz ja auch so wichtig.

 

 

Kein Schutz vor Untergraben. Wolfsgegner verbreiten oft das Märchen, Wölfe würden über zwei Meter hohe Zäune springen. Dies stimmt nicht. Als Wildtier müssen sie dabei Verletzungen einkalkulieren. Sie gehen systematisch vor und sie prüfen den geringsten Aufwand. Warum sollten sie darüber springen, wenn sie problemlos unten durch kommen? Dass es Zäune braucht, wie sie in Zoos gebraucht werden, sind Märchenerzählungen der Wolfsgegner, denn dort muss man dem Freiheitsdrang der Tiere Einhalt gebieten. Die Motivation irgendwo heraus zu kommen , ist ungleich größer, als in Freiheit irgendwo hinein zu gelangen. Klappt das nicht ohne Probleme, suchen sich Wölfe leichtere Beute.

 

Hier sind Steine aufgeschichtet worden. Es gab hier also schon Probleme mit Untergrabungen. Drei Litzen unter Spannung in Bodennähe würden hier schon für Abhilfe sorgen.

 

Weidetiere in Hessen nicht ausreichend geschützt

 

Laut HLNUG haben in Hessen im Juli nachweislich sechs Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere im Main-Kinzig-Kreis stattgefunden. Dabei wurden insgesamt eine Ziege und sechs Schafe getötet und zwei weitere Schafe verletzt. Bei allen sechs Fällen konnte die DNA der Wölfin GW3092f (Frigga) sichergestellt werden, die erstmals im April dieses Jahres in Hessen nachgewiesen wurde. Aus welchem Elternterritorium das Tier stammt, sei nicht bekannt. Bei fünf der sechs Fälle waren die Weidetiere gemäß Weidetierschutzrichtlinie nicht ausreichend geschützt.

Ob hier absichtlich Risse provoziert worden sind, um eine Abschussverfügungen zu erlangen, wissen wir natürlich nicht. Fakt ist allerdings: Solange Abschüsse als Problemlösung angeboten werden, solange wird es auch Halter geben, die solche Risse provozieren, um eine Abschussverfügung zu erlangen. Nur Null-Wolfsabschuss motiviert wirklich zum Herdenschutz.

Im August sah die Lage nämlich nicht besser aus. Wir berichteten hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2023/08/27/gewalteskalation-in-hessen-wutbauern-drehen-durch/

 

 

27. August 2023. Fotonachweis von der Seite des HLNUG in Flörsbachtal (Main-Kinzig-Kreis). Hier könnte Frigga (GM3092f ) abgebildet sein. Auffallend oft sind hier Wölfe auf so genannten Kirrplätzen aufgenommen worden. Rechts im Bild ist ein Salzleckstein zu sehen, mit dem Wildtiere angelockt werden. Gibt es hier auch Lockmittel für Beutegreifer? Falls ja, wäre dies verboten. Quelle: https://www.hlnug.de/themen/naturschutz/tiere-und-pflanzen/arten-melden/wolfszentrum/fotonachweise-2023

 

 

Für die Kühe eine schöne Unterbringung, doch leider ohne Schutz. Mutterkühe mit Kälbern (auf dem nächsten Foto zu sehen) stehen hier nur hinter zwei Litzen. Nur ein paar hundert Meter dahinter, beginnt wieder ein großes Waldgebiet.

 

Blick auf Flörsbachtal. Wie tief sich die Weiden in den Wald hinein schmiegen, ist hier  zu erkennen.

 

Um den Jossgrund und dem Flörsbachtal herum ziehen sich offene Flächen mit vielen Weiden.

 

Im Jossgrund und in Flörsbachtal sind viele Weiden direkt an den Waldrändern. Der hessische Spessart ist zusammen mit dem bayerischen Spessart das größte Waldgebiet in Deutschland und ideal für Wölfe. Die vielen Risse von frei laufenden Hunden zeigen aber auch auf, dass diese Waldweiden bislang wenig bis gar nicht geschützt werden.

 

So sehen die meisten Zäune für Rinder und Kühe aus. Oft sind es nur eine oder zwei Litzen, die oftmals auch noch ohne Spannung sind. Hier betrug der Abstand der unteren Litze zum Boden fast 60 Zentimeter. Selbst wenn bei solchen Abständen Strom darauf sein sollte, ist es ein Leichtes für Hunde und Wölfe da hindurch zugelangen.

 

Viele Schäden durch frei laufende Hunde verursacht

 

Hier der Link zum Wolfszentrum Hessen: https://www.hlnug.de/themen/naturschutz/tiere-und-pflanzen/arten-melden/wolfszentrum?fbclid=IwAR0IiOctlOGI7HNj1Pn_vOgNzjQmCTlO9sd95g8dbYK5UWXj_sivNt1D5FA

Hier ein Ausschnitt der Verdachtsfälle in der Rissliste von Hessen. Beim Daraufklicken wird der Text lesbar. Da man diese Liste nicht direkt verlinken kann, haben wir sie abgefilmt. Auffällig oft wird hier Hund nachgewiesen. Schäden, die durch frei laufende Hunde verursacht wurden, werden  seit Jahrzehnten mehr oder weniger in Kauf genommen, ohne dass es großes Geschrei gibt. War es jedoch ein Wolf, wird sofort Abschuss gefordert. Dies ist vernunftsmäßig nicht mehr zu begreifen. Auch nicht zu begreifen ist, dass viele Hundehalter einen ausgeprägten Hass auf Wölfe haben. Dabei sind doch die Wölfe die Vorfahren ihrer Hunde.

Nachwuchs bei den hessischen Wölfen

 

Beispielfoto Wolfsfamilie.

 

Auch im laufenden Monitoringjahr hat es wieder Nachwuchs bei den in Hessen lebenden Wölfen gegeben. Der erste Nachweis dafür wurde nun im Territorium Rüdesheim erbracht: Im Hinterlandswald im Rheingau-Taunus-Kreis sind zwei Wolfswelpen in eine Fotofalle des HLNUG getappt. Damit gilt das Territorium Rüdesheim für das laufende Monitoringjahr als bestätigt. Mit dem neuen Reproduktionsnachweis ist es nun das dritte Jahr in Folge, dass es in dem Territorium nachweislich Nachwuchs gegeben hat. Das dort lebende Wolfspaar ist bereits seit dem Monitoringjahr 2020/2021 in der Region sesshaft. Insgesamt wurden mit den zwei neuen Welpen innerhalb von drei Monitoringjahren sechs Welpen im Rudel bei Rüdesheim nachgewiesen.

In der Regel sind in einem Territorium nur die Elterntiere dauerhaft sesshaft. Die Jungtiere wandern im Alter von 10 bis 22 Monaten ab, um einen Geschlechtspartner und ein eigenes Territorium zu finden. Auf ihrer Wanderung können sie weite Strecken zurücklegen, teilweise bis zu 80 km am Tag. Zwei Welpen, möglicherweise dieselben, die von der HLNUG-Fotofalle erfasst wurden, wurden außerdem auf einem Video einer privaten Fotofalle festgehalten. Interessierte können das Video auf der Homepage des WZH unter der Rubrik Fotonachweise anschauen.

Zum jetzigen Zeitpunkt konnten laut HLNUG mit dem Rüdesheimer Territorium im laufenden Monitoringjahr 2023/2024 vier der sechs Territorien aus dem vorherigen Monitoringjahr bestätigt werden: Spangenberg in Nordhessen, Butzbach in Mittelhessen sowie Wildflecken auf einem Truppenübungsplatz in der Rhön.

Laut DBB-Wolf ist aber auch das Territorium Waldkappel mit fünf Welpen bestätigt. https://www.dbb-wolf.de/Wolfsvorkommen/territorien/status-und-reproduktion?Jahr=2022&Bundesland=Hessen

 

Im Taunus ist Butzi vielleicht nicht mehr alleine

Unter den Fotonachweisen des HLNUG ist auf einem Foto im Bereich Rosbach eine Wölfin abgebildet. https://www.hlnug.de/themen/naturschutz/tiere-und-pflanzen/arten-melden/wolfszentrum/fotonachweise-2023

Butzbach gehört zum Revier des Wolfsrüden Butzi (GW2554m). Es könnt also tatsächlich sein, dass der Rüde nicht mehr alleine ist. In einem Bericht der Frankfurter Rundschau sagen aber Laura Hollerbach und Susanne Jokisch vom Wolfszentrum in Gießen, dass dieses Bilder keine Beweise darstellen würden, sondern es auch ein ganz anderer Wolf sein könne.

 

Der Irrsinn des Monats

Dieser Hof wirbt mit Direktvermarktung und Hofladen mit Galloways in Rot und Schwarz. Die Tiere werden also eindeutig geschlachtet. Auf einen Plakat soll aber wohl der Eindruck erweckt werden, dass Wölfe und nicht der Schlachthof die größte Gefahr für die Tiere darstellen würden und dass die Tiere wohl nur zur Beweidung von Flächen eingesetzt werden würden.

Dies ist an Doppelmoral und völliger Verdrehung von Fakten kaum noch zu überbieten.

 

Quelle: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=813847784079922&set=a.509345634530140&type=3

 

 

Angriffe auch auf Mitarbeiterinnen des HLNUG?

Wir berichteten ja bereits in unserer Hessenreportage aus dem August, dass ein wild gewordener Mob uns vor Ort im Spessart angreifen wollte. Doch auch im Taunus scheint die Lage so angespannt zu sein, dass Mitarbeiterinnen vom HLNUG angegangen werden. Die FR schreibt dazu folgendes: „Der Wolf polarisiert. Beweis sind ungezählte E-Mails, die nahezu täglich im Posteingang von Hollerbach und Jokisch landen. Mitunter reichen sie bis zu persönlichen Bedrohungen. Verschwörungstheorien, gezielt gestreute Falschinformationen, dubiose Whatsapp-Gruppen. Das Netz ist voll mit Behauptungen, die einer seriösen Überprüfung nicht standhalten würden.“

Hassseiten im Netz verbreiten weiter Falschinformationen und hetzen Halter auf. Facebook greift hier so gut wie gar nicht ein.

 

Wolfsschutz-Deutschland e. V. und die Wölfe brauchen Hilfe

In allen  hessischen Wolfsgebieten brauchen wir dringend aktive Unterstützung. Nicht nur im Spessart und im Taunus, sondern auch in Nord- und Mittelhessen, Osthessen und im Odenwald. Das ist der erste Schritt zum Aktivwerden: https://wolfsschutz-deutschland.de/mitglied-werden/

Da wir nicht staatlich unterstützt werden, sind wir auf Spenden angewiesen. Wir freuen uns über jeden kleinen Beitrag. Sehr gut helfen uns regelmäßige Spendenabos in Höhe von beispielsweise 5 Euro im Monat als Abo, bzw. Dauerauftrag.

Wolfsschutz-Deutschland e.V.

Berliner Sparkasse

IBAN DE79 1005 0000 0190 7118 84

BIC BELADEBEXXX

Auch über Paypal sind Spenden möglich. Hier der Link: https://wolfsschutz-deutschland.de/spenden-2/

 

 

Quellen:

https://www.hlnug.de/themen/naturschutz/tiere-und-pflanzen/arten-melden/wolfszentrum/fotonachweise-2023

https://www.hlnug.de/presse/pressemitteilung/empfehlungen-der-ag-wolf-veroeffentlicht

https://www.fr.de/politik/landtagswahl-hessen-ere855992/themencheck-zur-hessenwahl-naturschutz-der-wolf-polarisiert-92471260.html?fbclid=IwAR2sWUgnc4rcQNq1fyNAtpSa1NjGXYEuTkokZaKHNvy73eYozJHaaJ_xzns

 

 

Mehr Wölfe, aber weniger Risse in Hessen

Die Daten strafen anders lautenden Behauptungen von WeidetierhalterInnen und JägerInnen Lügen. Für Hessen fällt die Bilanz des HLNUG eindeutig pro Wolf aus. Wolf und Weidetierhaltung funktioniert also zusammen, wenn man es denn will. Außerdem wurde bekannt, dass ein Wolf aus dem Leuscheider Rudel nach Hessen gewandert ist.

Wölfe in Hessen – mehr Tiere, weniger bestätigte Nutztierrisse

HLNUG-Bilanz zum Ende des Monitoringjahres 2021/22

Eine Wolfsfamilie mit Welpen im Rheingau, zwei Wolfspaare und vier einzelne Tiere – Wölfe werden auch in Hessen endlich wieder heimisch. Seit sich im Frühjahr vor zwei Jahren die erste Wölfin fest in Hessen niedergelassen hat, ist die Population langsam, aber stetig gewachsen: Zehn adulte, sesshafte Tiere sind dem Wolfszentrum Hessen (WZH) am Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) derzeit per Gennachweis bekannt. Die gute Nachricht: Obwohl es mehr Wölfe gibt, ist die Zahl der bestätigten Nutztierrisse seit drei Jahren gesunken – Hessens Wölfe jagen offenkundig fast ausschließlich Wild. Allerdings kann die Zahl der Nutztierrisse mit weiteren durchziehenden oder neuen sesshaften Tieren auch wieder zunehmen, wenn Weidetiere nicht ausreichend geschützt sind.

Beispielfoto Wölfin

Wölfe stehen in der EU unter strengem Schutz, in Hessen sind sie nach wie vor selten. Zwar hinterlassen auch immer wieder einzelne Wölfe auf Wanderschaft ihre genetischen Spuren in Hessen, von diesen lassen sich aber bei Weitem nicht alle hier nieder: Viele befinden sich nur auf der Durchreise durch unser zentral gelegenes Bundesland und nicht wenige fallen dabei dem Straßenverkehr zum Opfer, so das HLNUG. Wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. befürchten zudem zahlreiche illegale Wolfstötungen. So wurde ein durchziehendes Jungtier bei Homberg-Ohm regelrecht von einem aufgepeitschten Mob bedroht. Wir berichteten hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2022/02/12/hessen-junger-wanderwolf-wurde-bei-homberg-ohm-bedroht/

Mindestens zehn erwachsene Wölfe und drei Welpen

In Hessen gab es im letzten Monitoringjahr (2021/2022) sieben Wolfsterritorien: Neben einem Rudel mit zwei Elterntieren und mindestens drei Welpen bei Rüdesheim im Rheingaus-Taunus-Kreis wurden mittlerweile zwei sesshafte Wolfspaare nachgewiesen: eines bei Ludwigsau im Kreis Hersfeld-Rotenburg und eines bei Wildflecken in der Rhön, dessen Territorium als länderübergreifend zwischen Hessen und Bayern gilt. Darüber hinaus gab es vier sesshafte Einzelwölfe: Ihre Territorien lagen im Vogelsberg, im nordhessischen Stölzinger Gebirge, in der Rhön länderübergreifend mit Thüringen und Bayern und im Odenwald länderübergreifend mit Baden-Württemberg. Insgesamt gab es damit im vergangenen Monitoringjahr in Hessen zehn erwachsene sesshafte Einzeltiere und mindestens drei Welpen.

Wurde die Vogelsberger Wölfin eliminiert?

Ein Wolfsterritorium kann allerdings auch wieder erlöschen, wenn es über ein Jahr lang keinen genetischen Nachweis des dort sesshaften Wolfes mehr gab: Dann ist davon auszugehen, dass sich das betreffende Tier nicht mehr dort aufhält. Dieser Fall ist nun für das Territorium im Vogelsberg eingetreten, da bisher für den Berichtszeitraum kein genetischer Nachweis erbracht wurde, laut HLNUG.

Durchziehende Wölfe kann es in Hessen jederzeit geben, diese werden jedoch meist nur einmalig oder wenige Male nachgewiesen und verschwinden dann wieder von der Bildfläche des hessischen Wolfsmonitorings.

Wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. haben die Befürchtung, dass Ulli von Ulrichstein – wie wir die Vogelsberger Wölfin nannten, tatsächlich beseitigt wurde. Entsprechende Drohungen gab es im Netz zuhauf.

Bilanz Wolfsnachweise und Nutztierrisse

Im Wolfszentrum Hessen (WZH) werden alle Meldungen und Hinweise auf Wölfe in Hessen – auch per Mail – entgegengenommen und geprüft.

Im vergangenen Monitoringjahr 2021/22 hätte es mehr als 620 Meldungen, dazu gehören Sichtungsmeldungen, Fotos, Videos und genetische Nachweise gegeben. Über 240 davon gelten als gesicherte Nachweise (sog. C1-Nachweise, Erläuterung unten). In 18 Fällen handele es sich um bestätigte Rissvorfälle, davon wiederum zwei Rissereignisse an Nutztieren, bei denen ein Wolf genetisch nachgewiesen worden wäre. Dabei seien insgesamt vier Schafe getötet worden und fünf weitere würden als verschollen gelten.

Obwohl die Anzahl der Wölfe und die Zahl der Hin- und Nachweise in Hessen in den vergangenen Jahren stetig zugenommen hat, ist die Anzahl der bestätigten Nutztierrisse gegenüber dem vorherigen Monitoringjahr zurückgegangen: Wurden im Monitoringjahr 2019/20 zwölf Rissereignisse an Nutztieren verzeichnet, waren es 2020/21 sieben und 2021/22 wie oben beschrieben zwei, die amtlich bekannt und genetisch nachgewiesen wurden. Die folgende Tabelle (Stand 30.4.2022) veranschaulicht diese Tatsache:

 

MonitoringjahrGeprüfte MeldungenBestätigte Nutztierrisse
2019/2030012
2020/214147
2021/226242

Zugenommen hat auch die Zahl der Nachweise über Kamerafallenbilder – dies ist jedoch über das aktive Monitoring mit Fotofallen zu erklären, welches das WZH mittlerweile an mehreren Standorten betreibt.

Wolf aus dem Leuscheider Rudel in RLP/NRW im Lahn-Dill-Kreis nachgewiesen

Erstnachweis bei Haiger

Durch die kürzlich abgeschlossene genetische Analyse einer Abstrichprobe, die am 17.04.22 bei Haiger im Lahn-Dill-Kreis an einem Rehkadaver genommen wurde, konnte ein neues Wolfsindividuum identifiziert werden: Der Wolfsrüde mit dem Laborkürzel GW2478m stammt aus dem Wolfsterritorium Leuscheid, welches länderübergreifend zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz liegt. Dies hat das wildtiergenetische Labor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung nun dem Wolfszentrum Hessen (WZH) mitgeteilt.

Außerdem wurde eine Wölfin aus Sachsen in Nordhessen identifiziert. Wir berichteten hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2022/05/03/woelfin-aus-sachsen-bis-nach-hessen-gewandert/

Es handelt sich um den Erstnachweis dieses Tiers für Hessen, nicht um den Nachweis der Sesshaftigkeit. Als sesshaft gilt ein Wolf erst dann, wenn er über einen Zeitraum von sechs Monaten wiederholt in einem Gebiet nachgewiesen wird. Ob der neue Wolfsrüde sich in Hessen niederlässt oder nur auf der Durchreise ist, müssen weitere Nachweise im Rahmen des Wolfsmonitorings zeigen. Zuständig dafür ist das Wolfszentrum Hessen (WZH) im Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG). Das WZH sammelt im Rahmen des hessischen Wolfsmonitorings alle Hin- und Nachweise und stellt Informationen zu bestätigten Nachweisen auf seiner Homepage bereit.

Wolfsmonitoring Hessen

Zuständig für das Wolfsmonitoring in Hessen ist das Wolfszentrum Hessen (WZH) beim Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG). Dort werden alle eingehenden Hinweise und Verdachtsfälle aufgenommen, umgehend geprüft und dokumentiert. Sowohl die bestätigten Nachweise als auch die Riss-Verdachtsfälle werden auf der Homepage des HLNUG veröffentlicht, in besonderen Fällen (Nachweis Territorium, Paarbildung, Rudel etc.) auch über eine Pressemitteilung und Social Media.

 

Komplette Pressemitteilung des HLNUG: https://www.hlnug.de/presse/pressemitteilung/woelfe-in-hessen-mehr-tiere-weniger-bestaetigte-nutztierrisse?fbclid=IwAR26SMXY1e6fxtVwXrJo3jynZAWlL1SnxePwC7fyZZimm-kxGiFXnBa2apc

Hessen – Wolfspaar jetzt im Landkreis Fulda zuhause

Ein Wolfspaar ist an der Grenze zwischen Bayern und Hessen im Bereich des Truppenübungsplatzes Wildflecken sesshaft geworden, gab das Hessische Umweltministerium am 17.03.2022 in einer Pressemitteilung bekannt.

In der Rhön an der hessisch-bayerischen Grenze hat sich ein Wolfspaar niedergelassen. Der Rüde, der aus dem niedersächsischen Wolfsrudel Munster stammt, wurde erstmals im Mai 2021 in der Region um Fulda genetisch nachgewiesen. Damit ist er ein evtl. Nachkomme des Jungwolfs Kurti aus dem Munster-Rudel, der im Frühjahr 2016 erschossen worden war. Wir berichteten: https://wolfsschutz-deutschland.de/2020/04/27/wir-erinnern-wolf-kurti-erstes-opfer-deutscher-lobbypolitik-erschossen-am-27-04-2016/

Das gesamte Rudel verwand damals später auch von der Bildfläche. Auch Kurtis Schwester, die ebenfalls besendert gewesen war, starb unter misteriösen Umständen.

Im Dezember 2021 wurde dann anhand von DNA-Proben ein weibliches Tier mit bisher unbekanntem Herkunftsrudel auf der bayerischen Seite im Bereich des Truppenübungsplatzes Wildflecken identifiziert. Im Januar wurden die beiden Wölfe unterschiedlichen Geschlechts dann gemeinsam markierend im hessischen Bereich des Truppenübungsplatzes nachgewiesen, was zu einer Einstufung als Paar führt. Das neue Territorium Wildflecken gilt damit als länderübergreifend zwischen Hessen und Bayern.

In Hessen gibt es inzwischen wieder mehrere sesshafte Einzelwölfe im Vogelsberg, Nordhessen sowie im Odenwald und ein weiteres Wolfspaar n Nordhessen und ein Rudel mit Nachwuchs im Rheingau. Grundsätzlich ist in ganz Hessen mit durchziehenden Wölfen zu rechnen.

Die Jungwölfe wandern aktuell noch immer, um sich ein eigenes Revier zu suchen. Es kann jetzt praktisch überall so ein Jungtier auftauchen. Der Weg der Teenie-Wölfe führt sie auch an Ballungsgebieten vorbei wie hier irgendwo in Rhein-Main. Fahrt bitte vorsichtig. Und behaltet Sichtungen für Euch. Auf keinen Fall irgendeiner Zeitung Bescheid geben. Veröffentlichungen werden für die Jungtiere regelmäßig zum Spießrutenlauf, Hass und Hetze missbraucht. In Aufrufen in geheimen Whats-App-Gruppen soll sogar zur illegalen Jagd auf die Tiere augerufen worden sein. Wir berichteten von einem Vorfall bei Homberg Ohm: https://wolfsschutz-deutschland.de/2022/02/12/hessen-junger-wanderwolf-wurde-bei-homberg-ohm-bedroht/

Wölfin Rhönhild hat ihr Revier jetzt auf Hessen und Bayern ausgeweitet

Ihr Lebensraum in der Rhön beschränkte sich bisher auf die Thüringer Seite. Doch jetzt hat das hessische Wolfsmonitoring ergeben, dass sich GW1422f, so das offizielle Kürzel für Rhönhild, auch in Hessen und Bayern bewegt hat.

Beispielbild Wölfin.

Das Hessische Umweltministerium wird in einen dpa-Artikel dahingehend zitiert, dass das Territorium des Tieres sich somit über drei Bundesländer erstrecken würde. Der ersten Nachweis der Wölfin überhaupt hatte im Oktober 2019 bereits nach Hessen geführt: Ihre DNA wurde erstmals in der Rhön bei Poppenhausen (Fulda) nachgewiesen. Die Wölfin hatte dort nahe der Wasserkuppe auf einer Koppel drei Schafe gerissen. Für Hessen blieb dies bisher der einzige Beleg der Wölfin, die aus einem Wolfsrudel in Brandenburg stammt.

Rhönhild stammt aus Brandenburg

Im Februar 2020 und 2021 sei sie dann auch in Thüringen erfasst worden. Thüringen habe „GW1422f“ daraufhin im Territorium „Zella/Rhön“ als sesshaft erklärt. Im Herbst 2021 wurde ihre DNA zum vierten Mal nachgewiesen – und zwar in Bayern am 30. Oktober 2021.

Anlässlich dieser zeitlich weit auseinanderliegenden vier genetischen Nachweise derselben Wölfin hätten sich die drei Bundesländer gemeinsam mit der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf beraten und beschlossen, die Wölfin rückwirkend auch in Hessen seit dem Monitoringjahr 2019/2020 länderübergreifend als sesshaft einzustufen, erklärte das HLNUG.

Rhön ist Hessens sechstes Wolfsterritorium

Hessen hat damit grenzüberschreitend in der Rhön ein sechstes Wolfsterritorium. Neben der jetzt als sesshaft eingestuften Wölfin gelten bereits drei weitere Einzeltiere, ein Paar und ein Rudel als territorial. Bei den Einzeltieren handelt es sich um eine Wölfin im Stölzinger Gebirge in Nordhessen, eine weitere Wölfin im Vogelsberg und einen männlichen Wolf im Odenwaldkreis über die Grenze nach Baden-Württemberg hinweg.

Ein Wolfspaar lebt bei Hersfeld-Rotenburg bei Ludwigsau und das Rudel ist im Rheingau-Taunus-Kreis nördlich von Rüdesheim beheimatet.

 

Quellen: https://www.hessenschau.de/panorama/erste-woelfin-wird-in-hessischer-rhoen-sesshaft,woelfin-hessen-rhoen-100.html

https://osthessen-news.de/n11661424/sie-standen-ploetzlich-vor-mir-mann-wird-von-woelfen-ueberrascht.html?fbclid=IwAR1aQkdcmWfFyZYNk37LluGW-4gFrTTG_71KTGttjl7tVcqSKEU9vRk5L6A

https://www.hlnug.de/themen/naturschutz/tiere-und-pflanzen/arten-melden/wolfszentrum

https://www.hlnug.de/presse/pressemitteilung/woelfin-im-dreilaendereck-hessen-thueringen-bayern-sesshaft?fbclid=IwAR25wGD9KJ0aq7auD1vgwKVUdDGb66R59gwhlcYmOXDWGgtwyQ6F9X8RLSQ