Kein Abschuss: Wutbauern aus NRW erneut abgewatscht – Gutachten entlastet Schermbecker Wölfe

Ein Rechtsgutachten, das das Umweltministerium in Auftrag gegeben hat, bestätigt jetzt erneut: die Voraussetzungen für eine „Entnahme“, sprich Tötung der Wölfe sind nicht gegeben. Wolfsschutz-Deutschland e. V. begrüßt diese Entscheidung mit großer Erleichterung und mit noch größerer Zufriedenheit. „Wir sind sicher, dass auch unsere Faktenchecks, mit denen wir immer wieder die Lage vor Ort aufgezeigt haben und den mangelnden Willen bestimmter Schäfer und Pferdehalter *innen aufgezeigt haben, mit zur Entscheidung beigetragen haben,“ so die Vorsitzende Brigitte Sommer.

Der Wolf hat allen Grund zur Freude. © Beispielbild Brigitte Sommer

Für Schäfer Kurt Opriel sie es dagegen ein „Tiefschlag“ gewesen, schreibt heute die NRZ. Wir können uns das gut vorstellen, haben wir die „alternativen Fakten“ dieses Schäfers doch immer und immer wieder aufgedeckt.  Unser großer Dank geht hier auch an unser NRW-Team, das praktisch über sich hinaus gewachsen ist. Und weil wir weiter so starke Arbeit leisten wollen, freuen wir uns über Spenden und neue Mitglieder.

Für zwei Risse war der Rüde verantwortlich

Für die Pony-Risse am 11., 20., und 22. Oktober sowie das verletzte Pony am 21. Oktober war auf jeden Fall ein Wolf verantwortlich. Das haben die Genanalysen des Senckenberglabors für Wildtiergenetik in Gelnhausen laut Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz ergeben. Bei den Übergriffen am 20. und 21. Oktober konnte erstmals der männliche Wolf GW1587m als Verursacher nachgewiesen werden. Für die Risse am 11. und 22. Oktober konnte kein bestimmtes Wolfsindividuum nachgewiesen werden. Die genetischen Analysen der Proben vom 29. Oktober  und 3. November  sind noch in der Bearbeitung.

Land will wolfsabweisende Zäune für Pferde ab Dezember fördern

Als „zumutbare Alternativen“ zu einer von Nutztierhaltern und Bauern geforderten Entnahme werden Herdenschutzmaßnahmen wie wolfsabweisende Zäune, nächtliches Aufstallen oder der Einsatz von Herdenschutzhunden genannt. Diese sind aber kostspielig und werden vom Land bislang nicht gefördert. Die Landesregierung will künftig nun auch die Halter von Kleinpferden finanziell unterstützen. Das Landwirtschaftsministerium werde dien Förderrichtlinien Wolf auch für Kleinpferde-, Fohlen- und Jungpferde-Haltungen öffnen, mit dem Ziel, ab 1. Dezember 2021 Schutzmaßnahmen für sie zu fördern – ähnlich, wie es für Gehegewild, Schaf- und Ziegenhaltung heute schon der Fall ist. Die Details werden derzeit ausgearbeitet. Zusätzlich wurde bei der Landwirtschaftskammer eine neue Hotline für die Herdenschutzberatung eingerichtet, die u.a. auch zu wolfsabweisenden Zäunen berät.

Das sagt die Ministerin

Landwirtschafts- und Naturschutzministerin Ursula Heinen-Esser:Eine „Entnahme von Wölfen in Schermbeck ist nach aktueller rechtlicher Bewertung nicht möglich.“ Umso wichtiger sei es, die Weiden mit potenziell gefährdeten Haus- und Nutztieren „wolfsabweisend zu zäunen“ und die Tiere „in den dunklen Tag- und Nachtstunden nach Möglichkeit in einen Stall zu verbringen.“

Artikel aus der NRZ: https://www.nrz.de/staedte/dinslaken-huenxe-voerde/rechtsgutachten-woelfe-im-kreis-wesel-duerfen-weiterleben-id233794881.html?utm_medium=Social&utm_campaign=NRZDinslaken&utm_source=Facebook&fbclid=IwAR0ykhXDr5sFk8mu67Ytjtr6ZMMmXQkJq2h_DxBSCF4ruGP9ANyJKsqzoaA#Echobox=1636466051

Unsere Faktenchecks noch einmal zum Nachlesen:

https://wolfsschutz-deutschland.de/2021/10/25/weitere-tote-ponys-in-nrw-alle-warnungen-zu-rissgefahren-ab-august-ignoriert/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2021/10/19/nrw-wolfsschutz-deutschland-e-v-klagt-an-provozieren-pferdehalter-innen-absichtlich-wolfsrisse-um-eine-abschussgenehmigung-zu-erhalten/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2021/10/03/wolfsschutz-deutschland-e-v-entlarvt-fakenews-in-nrw-woelfin-gloria-nicht-auf-schlagerpfaden/

https://wolfsschutz-deutschland.de/2021/09/01/exklusiv-faktencheck-fotoreportage-und-zaunkontrollen-aus-dem-wolfsgebiet-schermbeck-nrw/

Zum Gerichtsentscheid im Mai: https://wolfsschutz-deutschland.de/2021/05/07/woelfin-gloria-darf-nicht-abgeschossen-werden-wolfsschutz-deutschland-e-v-begruesst-die-entscheidung-des-verwaltungsgerichts-duesseldorf/

NRW – Wolfsschutz-Deutschland e. V. klagt an: Provozieren Pferdehalter *innen absichtlich Wolfsrisse um eine Abschussgenehmigung zu erhalten?

Umwelt- und Agrarministerin Heinen-Esser scheint nach einem unserer Meinung nach provozierten Wolfsriss im Rudelgebiet Schermbeck auf Abschusswünsche von Ponyhalter *innen nun doch eingehen zu wollen. Wolfsschutz-Deutschland e. V. protestiert erneut auf das Schärfste. Hier unser entlarvender Faktencheck:

Im Oktober 2020 wurde ein Wolfsriss eines Ponys auf einer Weide in Bottrop-Kirchhellen festgestellt und am 4. Januar 2021 wurde ein Pony auf einer Weide in Hünxe tot aufgefunden. Eine Individualisierung der beteiligten Wölfe war in beiden Fällen nicht möglich. Dennoch verlangen Halter *innen im Wolfsgebiet immer wieder die Tötung der Mutterwölfin Gloria. Anfang Oktober 2021 wurde ein Pony mit Kehlbiss auf einer abgelegenen Waldweide wieder in Hünxe gefunden. Umweltministerin Heinen-Esser erklärte einer Pressemitteilung am 12. Oktober dazu folgendes: „Es bereitet mir Sorge, dass nach Schafen, die auf den Weiden geschützt werden müssen, jetzt offenbar auch einzelne Pferde angegriffen werden. Wenn sich der Verdacht bestätigt, dass das Pony von einem oder mehreren Wölfen gerissen wurde, wäre es bereits der dritte Wolfsriss eines Ponys“, sagte Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser… Sobald die Untersuchungsergebnisse des Senckenberg-Instituts und des CVUA sowie die abschließende Analyse des LANUV vorliegen, müsse man die Lage auf aktueller Basis neu bewerten. „Die Frage einer Entnahme ist erneut zu stellen, wenn die Wölfin GW954f an dem Vorfall beteiligt war und die Gefahr besteht, dass verstärkt Pferde Opfer von Übergriffen werden“, so die Ministerin.““

Wie sollen Wölfe wissen, dass Schafe „erlaubt“ sind und Ponys nicht?

Auf unsere gestrige telefonische Nachfrage bei der Pressestelle des Umweltministerium wurde die Aussage der Ministerin noch einmal bekräftig und bestätigt. Das Ergebnis der DNA-Untersuchung stünde erst frühestens Ende der Woche fest. Wir wundern uns sehr, über diesen plötzlichen Stimmungsunschwung der sonst so besonnenen Umweltministerin. Richtig ist es zwar, dass dies tatsächlich der dritte Riss eines Ponys ist. Allerdings haben unsere Faktenchecks und Zaunkontrollen ergeben, dass alle Kleinpferde nicht geschützt waren. Die Wölfin Gloria hat seit mehreren Jahren im Raum Schermbeck ihr festes Revier. Es ist inzwischen auch hinlänglich bekannt, dass Wolfsrisse jährlich ab August zunehmen. Also müssten doch Weidetierhalter *innen, die wirklich um ihre Tiere besorgt sind, ab dieser Zeit besondern auf ihre Tiere achten. Die Größe eines Ponys entspricht in etwa der eines Damhirsches oder eines großen Schafs und passt damit auch in das Beuteschema eines Wolfs. Es ist uns nicht begreiflich, wie Ponyhalter *innen, obwohl sie doch wissen, dass bereits Ponys gerissen worden sind, ihre Tiere praktisch auf dem Präsentierteller servieren.

Rissprovokation für Abschuss?

Unserer Meinung nach ist es offensichtlich, dass wie in Niedersachsen nun auch in NRW, Pferde alleine auf einsame Weiden gestellt werden, um Wölfe zu Rissen zu animieren. Geben sich Halter *innen am Ende sogar noch Tipps, wie ungeliebte Haustiere abgeschoben werden können? Unklar. Fakt ist aber, dass die im Hintergrund eines unten verlinkten TV-Beitrages zu erkennenden Zäune keinen Schutz geboten haben konnten. Das Pony stand demnach alleine nachts auf einer Weide im Kerngebiet des Schermbecker Rudels. Wie sollen Wölfe wissen, dass sie Schafe „dürfen“, weil Halter *innen entschädigt werden und Kleinstpferde nicht, die natürlich auch ins Beuteschema passen, vor allem, wenn sie nachts alleine auf einer Weide gelassen werden? Umweltministerin Heinen-Esser will Zäune für Pferde mit in die Förderrichtlinie aufnehmen. Warum erst jetzt? Es ist schon das dritte Mal, dass Halter *innen ihre Tiere „opfern“. Was sie damit erreichen wollen, ist nicht schwer vorzustellen. Enttäuschend ist es, dass Heinen-Esser nun wohl tatsächlich auf die Abschusswünsche eingehen könnte.

Im Film ist die abgelegene Waldweide deutlich zu erkennen. Angeblich sei der über 20 Jahre alte Rebell ein Therapiepferd für die Tochter gewesen. Umso unbegreiflicher ist es, das Pferd unter derart desaströsen Umständen, wie im Verlauf des Filmes weiter zu sehen ist, zu halten. Die marode Umzäunung würde auch Hunde oder Pferderipper nicht abhalten. Der Unterstand ist in einem katastrophalen Zustand und viel zu klein. Außerdem ist es ganz und gar nicht artgereicht, ein Pferd oder Pony alleine zu halten. Angebliche Spender *innen wollen nun sogar ein neues Pferd spenden. Dabei kann die Alleinhaltung von Pferden durchaus als Tierquälerei bezeichnet werden.

Wolfsschutz-Deutschland e. V. appeliert an die Ministerin auch dieses Mal weiter auf der Seite des Rechts und Wahrheit zu stehen und sich nicht dem Druck der Agrar- und Jagdlobby zu beugen.

 

Pferdehaltung in der Familie des Schäfer O., der auch bereits mehrmals einen Antrag auf Abschuss von Wölfin Gloria gestellt hatte. So sieht die Haltung der Ponys der Schwester von O. im Kerngebiet des Schermbecker Rudels aus. Selbst falls Spannung auf den Litzen sein sollte, kommen Hunde oder Wölfe mühelos unten durch.

 

Hier die nähere Umgebung der Weide, auf der der jüngste Riss passiert sein könnte

Weide mit eingebautem Schlupfloch.
Zwei Litzen.
Stacheldraht.
Und Hochsitze in Weidenähe.
Die Weiden und Höfe sind keinesfalls in Stadtnähe, sondern abgelegen.
Keine 50 Meter vom Rissort entfernt.
Stacheldraht.
Stacheldraht.
Erneut ein Hochsitz direkt neben einer Weide. Will man auf die langersehnte Abschussgenehmigung „vorbereitet“ sein?
Erntejagd oder Wolfsjagd?
Erntejagd oder Wolfsjagd
Freie Sicht auf Weiden.
Weitere abgelegene Waldweide.

 

Pressemitteilung des Umweltministerium NRW vom 12.10.2021: https://www.umwelt.nrw.de/presse/detail/wolfsgebiet-schermbeck-pony-in-huenxe-gerissen-1634054730

Bericht des WDR, das die Ponyweide zeigt: https://www1.wdr.de/nachrichten/wolfsriss-100.html

 

Wölfin Gloria darf nicht abgeschossen werden – Wolfsschutz Deutschland e. V. begrüßt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf

Eine gute Nachricht aus NRW: Schäfer Opriel ist gestern auch in der Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht in Düsseldorf gescheitert. Weder muss Wölfin Gloria umgesiedelt werden, noch darf sie abgeschossen werden. Es seien keine ernsten Schäden zu erwarten, hieß es u. a. in der Urteilsbegründung. Außerdem hätte er wohl die Schutzmaßnahmen oft nicht angewendet, bzw. ausgeschöpft. Damit ist hoffentlich der Kleinkrieg dieses Hobbyschäfers gegen die Wolfsfamilie dort zu Ende.

Bei „Schermbeck-Online“ gibt es einen Vieo-Bericht https://schermbeck-online.de/wold-keine-entnahme-von-woelfin-gloria-statements-nach-dem-urteil/

mit O-Tönen des Hobbyschäfers sowie seinem Anwalt Steinkühler. Übrigens ist Opriels Anwalt Steinkühler Mitglied der Grünen und er war für Schermbeck auch als Bürgermeisterkandidat aufgestellt. Wird sich dieser Poltiker andere Umweltminister der Grünen wie UM Albrecht aus SH, der Wolf Dani erschießen lassen wollte oder UM Wenzel, der Wolf Kurti in Niedersachsen erschießen ließ sowie UM Siegesmund aus Thüringen, die die Mischlingswelpen erschießen ließ, künftig quasi als Beispiel nehmen wollen? Unklar. Es scheint aber ganz so, als wollten auch immer mehr Politiker der Grünen mit einer Politik für die Jagd- und Agrarlobby liebäugeln.

Auch die Umweltministerin Heinen-Esser (CDU) freut sich über das Urteil aus Düsseldorf: „Wir begrüßen, dass das Gericht die Entscheidung der Naturschutzbehörde des Kreises Wesel und die zu Grunde liegenden fachlichen Erkenntnisse und Einschätzungen des LANUV bestätigt hat,“ heisst es in einer Pressmitteilung des LANUV von heute.

„Wir begrüßen, dass das Gericht die Entscheidung der Naturschutzbehörde des Kreises Wesel und die zu Grunde liegenden fachlichen Erkenntnisse und Einschätzungen des LANUV bestätigt hat. Mit der heutigen Gerichtsentscheidung ist die Arbeit jedoch nicht gemacht. Um die Koexistenz von Weidetierhaltung und Wolf sicherzustellen, ist es unerlässlich, den empfohlenen Herdenschutz auf der gesamten Fläche des Wolfsgebiets Schermbeck möglich zu machen. Herdenschutz war, ist und bleibt das Gebot der Stunde. Dort, wo die Zäunung bisher nicht ausgereicht hat, um die Herden zu schützen, sind weitere Alternativen wie der Einsatz von Nachtpferchen und Herdenschutzhunden zu prüfen“, kommentiert Umweltministerin Ursula Heinen-Esser das Urteil.

Gloria keine Problemwölfin

Nach den bisherigen Erkenntnissen und Einschätzungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) und unter Berücksichtigung der gutachterlichen Stellungnahme der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) könne eine Verhaltensauffälligkeit der Wölfe im Wolfsgebiet Schermbeck nicht belegt werden. Übergriffe auf Haus- und Nutztiere erfolgten im Wesentlichen immer dann, wenn sich die Gelegenheit durch unzureichenden Herdenschutz bieten würde. Bisher konnte nicht nachgewiesen werden, dass sich die Wölfin darauf spezialisiert hätte, empfohlene Herdenschutzmaßnahmen zu überwinden. Das hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf bestätigt.

Bestätigt hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf auch, dass vor einem Abschuss eines Wolfes der Einsatz von Alternativen zu prüfen ist, dazu gehört die Umsetzung umfassender Herdenschutzmaßnahmen, insbesondere Zäune. Die Alternativenprüfung gibt das Bundesnaturschutzgesetz zwingend vor. Vor diesem Hintergrund drohe bei Realisierung dieser Maßnahmen kein ernster wirtschaftlicher Schaden für Schafhalter, die die empfohlenen Herdenschutzmaßnahmen verwirklichen.

Herdenschutz wirklich umsetzen

Als weitere Alternativen würden mit Unterstützung des Landes und des Kreises Wesel bereits Herdenschutzhunde und nächtliches Aufstallen erfolgreich in Betrieben in Schermbeck realisiert. Seitdem gebe es an den entsprechenden Weiden keine Übergriffe mehr.

Auch losgelöst von Wölfin GW954f  (Gloria) wären schon weitere Wölfe nach Nordrhein-Westfalen gekommen und es würden weitere folgen. Mit Blick auf die Rückkehr des Wolfes müsse am Ziel an einer ausreichenden Sicherung der Weiden festgehalten werden. „Gemeinsames Ziel aller Beteiligten muss es sein, sowohl den Wolf, als auch die Weidetiere zu schützen. An einer Koexistenz von Weidetierhaltung und Wolf führt in Europa kein Weg vorbei. Wir werden gemeinsam mit dem Bund und den Bundesländern den Herdenschutz weiterentwickeln“, so Heinen-Esser.

Darüber hinaus wird zwischen Bund und Ländern ein „Praxisleitfaden Wolf“ abgestimmt. Auch dieser wird wichtige länderübergreifende Empfehlungen im Umgang mit dem Wolf geben, unter anderem zu der Fragestellung, wann ein Wolf als „problematisch“ in Bezug zur Weidetierhaltung einzustufen und wie mit ihm umzugehen ist.

Hier die Pressemittelung des Umweltministeriums: https://www.umwelt.nrw.de/presse/detail/verwaltungsgericht-weist-klage-auf-entnahme-der-woelfin-gw954f-gloria-im-wolfsgebiet-schermbeck-ab-1620314698

Dazu ist auch die Antwort der EU auf die Beschwerde von Wolfsschutz-Deutschland e. V. zu den heimlichen Wolfsjagden in Niedersachsen, interessant: https://wolfsschutz-deutschland.de/2021/05/02/geheimes-wolfsgemetzel-klatsche-von-der-eu-fuer-niedersachsens-umweltminister-lies-spd/

NRW – Gutachten: Weidetierhalter schuld, nicht Wölfin Gloria

Die Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser hat sich am 18. Februar 2021 mit Landräten, Oberbürgermeistern und Bürgermeistern aus dem Wolfsgebiet Schermbeck über die aktuelle Situation ausgetauscht und Abschusswütigen erneut einen Korb gegeben. Neben einem Lagebericht des Ministeriums und des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), dem Stimmungsbild aus der Region, standen die Nutztierrisse der zurückliegenden Jahre, der Herdenschutz, die Unterstützung der Region sowie die Frage der Auffälligkeit der Wölfe im Wolfsgebiet Schermbeck im Mittelpunkt des Gespräches, heisst es in einer Pressemeldung. Gleichzeitig deckt ein jetzt fertig gewordenes Gutachten der DBB-Wolf über Wölfin Gloria die Schwachstellen der Weidetierhaltung, und nicht etwa problematisches Rissverhalten von Wölfin Gloria auf. Ein brisanter Satz aus diesem Gutachten könnte sogar auch ein Schlaglicht auf die Schießgenehmigung von Umweltminister Lies auf das Rodewaldrudel in Niedersachsen werfen, finden wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V.

Beispielbild Wolf ©Brigitte Sommer

Fazit von Ministerin Heinen-Esser: „Wölfe werden sich in Nordrhein-Westfalen dauerhaft etablieren / Nur ein ausreichender Herdenschutz wird unsere Weidetierhaltung dauerhaft sichern.“

Grundlagen für den Austausch waren unter anderem die Monitoring-Ergebnisse des LANUV sowie eine aktuelle vom Ministerium in Auftrag gegebene gutachterliche Stellungnahme der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) zum bisherigen Verhalten der Wölfe im Wolfsgebiet Schermbeck. Die gutachterliche Stellungnahme der DBBW bestätigt die bisherige Einschätzung, dass sich das Rudel in Schermbeck weitgehend von Wild ernährt. Übergriffe auf Haus-und Nutztiere erfolgten im Wesentlichen immer dann, wenn sich die Gelegenheit durch unzureichenden Herdenschutz bietet.

  • In der Stellungnahme heißt es unter anderem: „In den meisten Fällen tötet sie (Anm.: GW954f) Nutztiere, bei denen sie gar keine oder nur geringe Schutzmaßnahmen überwinden muss.“ . „Bisher gibt es keinen Beleg dafür, dass GW1578m oder der Welpe des Rudels das Töten von Nutztieren hinter empfohlenen Herdenschutzmaßnahmen erlernt haben.“ . Die Wölfe in Schermbeck zeigen, „.dass sie ihre Ernährung weitgehend mit Wildtierrissen bestreiten, d.h. sie töten Nutztiere, wenn sie die Gelegenheit dazu haben, aber sie brauchen Nutztiere nicht als Nahrungsgrundlage.“

Die gutachterliche Bewertung kommt aber auch zu dem Schluss, dass dann, wenn sich Übergriffe auf ausreichend gegen den Wolf geschützte Weidetiere verstetigen, eine Entnahme des betreffenden Wolfs in Betracht zu ziehen sei. Zurzeit sei dies aber nicht der Fall.

  • „Sollte die Wölfin GW954f damit beginnen, in zeitlich-räumlich engen Abständen Nutztiere hinter empfohlenen Schutzmaßnahmen zu töten, so dass man von einem verfestigten Verhalten ausgehen kann und nicht von seltenen Ausnahmen bzw. sporadischen Vorfällen, die zwischen vielen Übergriffen auf wenig geschützte Nutztiere erfolgen, ist es für uns allerdings fachlich nachvollziehbar, sich dafür zu entscheiden, eine Entnahme des Tieres zu veranlassen.“

Die DBBW empfiehlt auch aus den Erfahrungen in anderen Bundesländern eine konsequente Anwendung des bundesweit empfohlenen Herdenschutzes in der Fläche.

  • „Eine massive Ausweitung geeigneter Schutzmaßnahmen in der Region erscheint uns aber die einzig tragfähige Strategie, um eine langfristige Koexistenz von Nutztieren und Wölfen zu gewährleisten.“

Ministerin Heinen-Esser: „Hierbei geht es vor allem um die langfristige Perspektive, da auch bei einer theoretischen Auflösung des aktuellen Rudels in Schermbeck damit zu rechnen ist, dass sich früher oder später wieder neue Wölfe in der wild- und waldreichen Region westlich von Wesel ansiedeln.“

Brisanter Aussschnitt aus Gutachten könnte Schlaglicht auf die Vorgänge in Niedersachsen werfen

Zitat aus dem Gutachten, das eigentlich auch ein Schlaglicht auf Niedersachsen werfen müsste. Niedersachsens Umweltminister Lies begründete die Schießgenehmigung auf das Rodewaldrudel nämlich unter anderem damit, dass die Gefahr bestände, dass Jungtiere problematisches Jagdverhalten von ihren Eltern erlernen würden. Das Gutachten der DBB-Wolf widerspricht dieser Aussage deutlich:  „Da sie den Effekt des Schmerzreizes der elektronischen Zäune nicht haben, können Wölfe an ihnen mit der Zeit die Technik des Überwindens verfeinern, ohne dass die Zäune einen abschreckenden Effekt haben, der dazu führen kann, dass sie sich das gelernte Verhalten wieder abgewöhnen.

Bisher gibt es keinen Beleg dafür, dass GW 1578m (Wolf Ingolf) oder der Welpe (Hope) des Rudels das Töten von Nutztieren hinter empfohlenen Schutzmaßnahmen erlernt haben. Aus anderen Territorien in Deutschland ist bekannt, dass einzelnde Indivuduen mitunter jahrelang das Verhalten des Partners bzw. der Elterntiere beim Jagen von Nutztieren NICHT übernehmen. Z.B. Zschorno, Rosenthal, Ohrdruf.“

Im Klartext heisst dies, dass es keinesfalls belegt ist, dass Nachkommen oder Partner eine bestimmte Technik von einem Elterntier erlernen. Damit würde auch die Begründung zum Abschuss des Rodewaldrudels entfallen. Stattdessen legen wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. dem Niedersächsischen Umweltminister nahe, ebenfalls ein Gutachten über das Rudel erstellen zu lassen.

Hintergrund

Im Jahr 2009 wurde der erste Wolf in Nordrhein-Westfalen nachgewiesen, 2018 erfolgte die erste dauerhafte Ansiedlung eines Wolfs, 2020 gründeten sich die ersten beiden Rudel. Aktuell sind in Nordrhein-Westfalen sieben Wölfe verteilt auf zwei Wolfsrudel nachgewiesen. Ein Wolfsrudel lebt im niederrheinischen „Wolfsgebiet Schermbeck“, das andere im „Wolfsgebiet Oberbergisches Land“ bei Eitorf an der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz.

Während die Wölfe bei Eitorf kaum in Erscheinung treten, kam es im Wolfsgebiet Schermbeck immer wieder zu Übergriffen. Im Jahr 2018 wurden 18 Vorfälle und insgesamt 47 getötete Nutztiere nachgewiesen, 2019 waren es 18 Vorfälle und 39 getötete Nutztiere, 2020 waren es 20 Vorfälle und 25 getötete Nutztiere inklusive eines Übergriffs auf ein Shetland-Pony. Damit blieb trotz gestiegener Zahl der Wölfe die Anzahl der Übergriffe in etwa gleich, die Zahl der getöteten Tiere nahm ab.

52 von 56 Übergriffen in den zurückliegenden Jahren ereigneten sich auf unzureichend gegen den Wolf geschützten Weiden. In bisher vier Fällen lag ein nach den Empfehlungen des Bundes ausreichender Herdenschutz vor (durchgehend stromführende Schutzzäune in Höhe von 120 cm). Ein Übergriff auf eine durch eingearbeitete, erfahrene Herdenschutzhunde gesicherte Weide ist bisher nicht zu verzeichnen. Im Jahr 2021 stellt sich die Situation bisher wie folgt dar: Anfang Januar erfolgte ein weiterer Übergriff auf ein Shetland-Pony, Ende Januar und Anfang Februar gab es jeweils einen Übergriff auf Schafe.

Ein Platz für Wölfe: neben Gloria lebt jetzt Senni fest in Nordrhein-Westfalen

Beispielfoto

Landesregierung weist in der Senne zweites „Wolfsgebiet“ in Nordrhein-Westfalen aus


https://www.umwelt.nrw.de/presse/detail/news/2018-12-20-landesregierung-weist-in-der-senne-zweites-wolfsgebiet-in-nrw-aus/

Ministerin Ursula Heinen-Esser in einer Pressemitteilung von heute: Ab heute können Maßnahmen zum Herdenschutz auch in Ostwestfalen, in den Kreisen Lippe, Höxter, Paderborn, der Stadt Bielefeld und Teilen des Kreises Gütersloh gefördert werden

Nach dem „Wolfsgebiet Schermbeck“ am Niederrhein weist das Umweltministerium nun ein weiteres Wolfsgebiet in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Senne aus. Hier liegen genügend Nachweise und Anhaltspunkte vor, so dass von einem standorttreuen Wolf ausgegangen werden kann. Anhand genetischer Analysen konnte ein weiblicher Wolf mit der Kennung GW1044f seit Ende Juli dieses Jahres mehrfach individuell nachgewiesen werden. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV) geht davon aus, dass dieses Tier mittlerweile standorttreu geworden ist.

Umweltministerin Heinen-Esser: „Vor diesem Hintergrund weisen wir hier in der Senne auf der Grundlage unserer Förderrichtlinien Wolf mit Wirkung zum 20. Dezember nun auch das zweite Wolfsgebiet in Nordrhein-Westfalen, das „Wolfsgebiet Senne“ aus. Das Wolfsgebiet ist zugleich Förderkulisse, denn hier erhalten Tierhaltungen mit Schafen und Ziegen sowie Wildgehege ab sofort Förderungen für Maßnahmen zum Herdenschutz.“ Das Wolfsgebiet Senne ist 922 km2 groß und umfasst Teile der Kreise Gütersloh, Lippe und Paderborn sowie der Stadt Bielefeld.

Beide Wolfsgebiete, „Schermbeck, wo Wölfin Gloria lebt und „Senne“, das neue Zuhause von „Senni“ würden von einer großzügig dimensionierten Pufferzone umfasst, in der künftig ebenfalls Präventionsmaßnahmen gefördert werden sollen – dazu werden zurzeit die aktuellen Förderrichtlinien angepasst, so das LANUV in der Pressemitteilung.

Wie bereits zum Wolfsgebiet „Schermbeck“ am Niederrhein informiert das Wolfsportal Nordrhein-Westfalen künftig auch zum „Wolfsgebiet Senne“. Das unter www.wolf.nrw öffentlich zugängliche Portal wird vom Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen (LANUV) regelmäßig aktualisiert. Dr. Thomas Delschen, Präsident des LANUV betonte: „Mit unserem Wolfsportal informieren wir die Bürgerinnen und Bürger über Nachweise, Nutztierrisse, sowie über das Verhalten und die Biologie von Wölfen. Mit Hilfe von interaktiven Karten und Listen können alle Ereignisse rund um den Wolf in Nordrhein-Westfalen unmittelbar nachvollzogen werden.“ Darüber hinaus sind für Anfang 2019 im Wolfsgebiet Senne Informationsveranstaltungen vor Ort vorgesehen.