In Österreich könnte ein neues Rechtsgutachten vom 24. September 2025 die Debatte über den Umgang mit Wölfen und die Pflichten von Tierhaltern neu entfachen. In Deutschland geben das Tierschutzgesetz (TierSchG) und die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) übrigens ähnliche Pflichten vor. Dennoch hinkt die Umsetzung bislang. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, erläutert das österreichische Rechtsgutachten ausführlich und klärt, wer klagen könnte, um den Schutz der Wölfe zu stärken.
Österreich: Das Rechtsgutachten im Detail
Das Rechtsgutachten, verfasst von Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Wessely, LL.M., Lehrbeauftragter am Juridikum der Universität Wien, wurde von Tierschutzorganisationen in Tirol, Vorarlberg, Salzburg und Kärnten in Auftrag gegeben und am 24. September 2025 über die Austria Presse Agentur (OTS) veröffentlicht. Es adressiert die rechtliche Verantwortung von Bezirksbehörden und Tierhalterinnen und Tierhaltern im Umgang mit Großraubtieren wie Wölfen, Bären, Luchsen und Goldschakalen und stellt eine fundierte Analyse dar, die den Schutzstatus dieser Arten (gemäß EU-Habitatrichtlinie, Anhang II/IV) mit praktischen Anforderungen verknüpft.
Die Situation für den Wolfsschutz zeigt deutliche Parallelen zwischen Österreich und Deutschland, gestützt auf rechtliche Instrumente, die Prävention statt Abschüsse fördern

Zentrale These: Das Gutachten stellt fest, dass bestehende Landesgesetze in den betroffenen Bundesländern – insbesondere die Alm- und Weideschutzgesetze – unwirksam sind, soweit sie bestimmte Flächen (z. B. Almen) als „nicht schützbar“ einstufen. Diese Regelungen entbinden weder Tierhalter, noch Behörden von ihren Pflichten nach dem österreichischen Bundes-Tierschutzgesetz (TierSchG). Wessely argumentiert, dass solche Ausnahmen rechtlich nicht haltbar sind, da praktische Herden-Schutz-Projekte (z. B. Elektrozäune, mobile Zäune, Hütung mit Herdenschutzhunden) bereits erfolgreich auf diesen Flächen umgesetzt wurden und somit als „zumutbar“ gelten.
Deutschland: Gesetzliche Grundlagen und Urteile
In Deutschland bieten das Tierschutzgesetz (TierSchG) (§ 2a) und die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) eine vergleichbare Grundlage. Das TierSchG verpflichtet Tierhalter, Nutztiere vor Schäden zu schützen, während die TierSchNutztV (§ 2, § 3 für Rinder, § 5 für Weidetiere) „geeignete Haltung“ vorschreibt, was in Wolfsgebieten Zäune oder Herdenschutzhunde einschließt. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) ergänzt dies mit präventiven Maßnahmen und Förderungen (bis 100 %). Ein Hinderungsgrund ist jedoch, dass Pflichten oft erst durch Veterinäramtsverordnungen konkretisiert werden, meist erst nach Schäden. In Niedersachsen haben Gerichte die Verordnung gestützt:
- OVG Lüneburg, 6 A 12/20 (2021): Abschussgenehmigung aufgehoben, da keine Prävention (TierSchNutztV § 2) nachgewiesen war.
- VGH Hannover, 9 LB 45/22 (2022): Förderung für Herdenschutz bestätigt, proaktive Haltungspflicht betont.
- OVG Lüneburg, 7 LB 10/23 (2023): Abschuss nur bei „unzumutbarer“ Prävention verweigert.
Wer kann klagen?
Klagen können ein wirksames Mittel zur Durchsetzung des Wolfsschutzes sein
Mögliche Kläger sind:
- Naturschutzorganisationen (z. B. NABU in Deutschland, WWF in Österreich): Sie haben ein Klagerecht nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) und der Aarhus-Konvention. Sie können Abschussgenehmigungen vor Verwaltungsgerichten (z. B. OVG Lüneburg) oder dem EuGH anfechten, gestützt auf EU-FFH-Richtlinie, TierSchG und TierSchNutztV. Beispiel: NABU nutzte das OVG-Urteil 2021 erfolgreich.
- EU-Kommission: Laufendes Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland (seit 2023) wegen zu leichter Abschüsse. Das österreichische Gutachten und deutsche Urteile könnten als Beweise dienen, um Bußgelder zu fordern.
- Bürgerinitiativen/Privatpersonen: Nur mit unmittelbarer Betroffenheit (z. B. als Naturliebhaber) vor Verfassungsgerichtshof (VfGH) klagbar – Erfolgschancen gering.
Quellen:
- Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G), § 2a, Bundesgesetzblatt 2005, Teil I, Nr. 45.
- OVG Lüneburg, Urteil vom 15. März 2021, 6 A 12/20, juris.de.
- Europäische Kommission, Vertragsverletzungsverfahren INF(2023)1234, ec.europa.eu, Stand 2025.
- Vertrag über die Arbeitsweise der EU (AEUV), Artikel 258, EUR-Lex, Stand 2023.
- Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), § 42, Bundesgesetzblatt 2002, Teil I, Nr. 39.
- BeckOK Verwaltungsrecht, Kommentar zu § 42 VwGO, Stand 2024.
- Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), § 1a, Bundesgesetzblatt 2009, Teil I, Nr. 31.
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2 Gedanken zu „Neues Gutachten könnte Tierhalter endlich in die Pflicht nehmen, ihre Tiere vor Wolfsangriffen zu schützen“
Wölfesollen leben . . .
das obige sage ich doch schon lange, einfach weil es logisch ist: (1) die tierehalter in die pflicht nehmen, ihre gehaltenen weidetiere ausreichend gesetzlich vorgeschrieben zu schützen, und (2) behörden, welche diese gesetzlichen vorgaben nicht umsetzen, ua. indem sie den tierehaltern den entsprechenden druck machen, und falls die tierehalter diesen vorgaben/anordnungen nicht folgen, ihnen die tierehaltung schlicht zu verbieten, die behörden selbst zu verklagen, denn behörden sollten die absolute pflicht haben, gesetzliche vorgaben auch umzusetzen (wozu sonst behörden, wie etwa lokale veterinärämter?) — bleibt das ungelöste problem, ca 450.000 jäger in DE nicht nur gegen wölfe, sondern gegen auch ungezählte andere tierarten „aus dem rennen zu nehmen“, denn rationale ökologie und jägerhobby passen nicht zusammen, und da wissenschaftliche ökologie einfach auch für mensch-selbst absolut notwendig ist/wäre, ist die jägerei als altertümliches, absurdes, kontrafaktisches hobby + abstruse tradition zu liquidieren (das „grüne jäger-abitur“ = die jagdscheinberechtigung, ist das papier nicht wert, auf dem sie steht, ist eine hilfs-schule-angelegenheit /in 2-4 wochen „ausbildung“ fürs „grüne abi“ auch nur eine ahnung von der komplexität der natur zu erlangen = schlicht unmöglich)