Großer Faktencheck Lausitz – Nach 20 Jahren Wölfe in Sachsen ist Herdenschutz noch immer ein Fremdwort

 

 

Wölfe schwimmer gerne
Wölfe sind gute Schwimmer, das zeigen hier unsere Joungster aus der Lausitz.

Es ist nun fast zwanzig Jahre her, dass die erste Wolfsfamilie aus Polen wieder in Sachsen eingewandert ist und sich in der Lausitz niedergelassen hatte. Viele Menschen dort sind sich zwar sicher, dass der Wolf in Sachsen nie wirklich weggewesen ist. Unstrittig ist jedoch, dass Sachsen von allen Bundesländern in Deutschland die meiste Erfahrung mit dem Schutz der Weidetiere haben müsste.

Wie kann es also sein, dass es noch immer die Ausnahme zu sein scheint, seine Tiere angemessen zu schützen? Diese Jungwölfe in der Lausitz haben wir mit Hilfe einer unserer Wildkameras beobachtet. Geradezu lehrbuchmäßig zeigen sie uns hier, dass sie sehr gute Schwimmer sind und dass ein Bach oder Graben für Wölfe wirklich gar kein Hindernis darstellt.

 

Die komplette Rissliste 2019 gibt es hier: https://www.wolf-sachsen.de/images/Schadensstatistik/Schadensstatistik_2019_Stand_20190405.pdf

Warum werden die Fördermöglichkeiten nicht genutzt?

Wir haben uns deshalb auch mal die neuesten Nutztierschäden in Sachsen angeschaut. In 15 Fällen war überhaupt kein Wolf beteiligt oder aber die Tiere waren gar nicht geschützt. In zwei Fällen war die Bachseite offen gelassen worden. Dabei schriebt das BIL (Bewilligungsstelle Investitionsförderung Landwirtschaft) bereits im Januar 19 folgendes: 

Förderung des präventiven Herdenschutzes zur Vermeidung von Nutztierschäden

Im Freistaat Sachsen werden Präventionsmaßnahmen gefördert, die dem Schutz von Schafen und Ziegen sowie Wild in Gattern dienen. Dies gilt sowohl für Hobbyhalter, als auch Tierhalter im landwirtschaftlichen Haupt- oder Nebenerwerb und umfasst den gesamten Freistaat Sachsen. Hintergrund für die Ausweitung des Fördergebietes auf den gesamten Freistaat ist die zu erwartende weitere Ausbreitung der Wölfe in Regionen, in denen sie bisher nicht dauerhaft anwesend waren.
Die Anschaffung folgender Maßnahmen zum Herdenschutz ist förderfähig:
– mobile Elektrozäune
– Breitbandlitzen („Flatterband“ als Übersprungschutz)
– Herdenschutzhunde
– Unterwühlschutz bei Wildgattern (inkl. Installationsleistung)
Die oben genannten Maßnahmen fallen unter den Punkt E „Vorhaben zur Prävention vor Wolfsschäden“, Förderrichtlinie „Natürliches Erbe“. Ab sofort können die Investitionskosten in voller Höhe erstattet werden, da die Europäische Kommission am 11. Januar 2019 die Anhebung der Förderung für Investitionen in den Schutz von Schafen, Ziegen und Gatterwild vor Wölfen auf 100 Prozent der Anschaffungskosten genehmigt hat. Bewilligungsbehörde ist das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Wichtig ist, dass vor Anschaffung der Herdenschutzmaßnahmen erst ein Antrag bei der Bewilligungsbehörde eingereicht werden muss!

Doch Kretschmer und Lange fordern trotz besseren Wissens Wolfsabschüsse

Angesichts der wachsenden Zahl von Wölfen in Ostsachsen und damit einhergehender Probleme müsse der Bund nach Ansicht des Görlitzer Landrats Bernd Lange „dringend handeln,“ schrieb die Sächsische Zeitung am 04.04.19. https://www.saechsische.de/goerlitzer-landrat-fordert-regulierung-des-wolfs-5054379.html  Die SZ weiter: „Jedes politische Nichthandeln nährt Populismus und Radikalismus“, sagte der CDU-Politiker. Die Wolfspopulation im Norden des Landkreises sei mit mehreren Rudeln auf vier Quadratkilometern mittlerweile dichter als von Experten für möglich gehalten. Die Menschen verlören die Geduld angesichts der Ignoranz gegenüber ihrer Situation und der Uneinigkeit in der Bundesregierung, die Bundesartenschutzgesetz und EU-Verordnung blockiere. „Dabei geht es nicht um Totalabschuss, sondern um eine Regulierung.“ Zitat Ende.

Dabei hatte doch die EU im September 18 ganz deutlich gemacht, dass Wölfe sich nicht unkontrolliert vermehren und ihr Bestand sich in Sachsen sogar gesättigt hat. Auch verwies die EU noch einmal ausdrücklich auf die Notwendigkeit, den Herdenschutz endlich anzugehen. Schreiben EU Kommission an Landratsamt Bautzen wg. Schutzstatus Wolf

Doch passiert ist wenig. Stattdessen versucht Ministerpräsident Kretschmer anscheinend seinen Landrat noch mit populistischen Forderungen zu übertreffen. So schreibt die Lausitzer Allgemeine Zeitung heute in einem Meinungsartikel, der nicht als solcher gekennzeichnet worden ist:  Zitat – „Das (Thema Wolf) ist ein unhaltbarer Zustand. Die Menschen leiden wirklich unter dem Wolf und verlangen nichts anderes, als das genau die gleichen Regeln wie in den baltischen Ländern, in Schweden und Finnland gelten, die auch seit  Jahrzehnten Erfahrung mit dem Wolf haben.“ So der Politiker Michael Kretschmer, (noch) Ministerpräsident von Sachsen. Die Aussagen sind prinzipiell richtig, nur leider fehlt die dazugehörige Glaubwürdigkeit. Der Wolf lebt schon seit Anfang der 2000er Jahre in der Lausitz und vermehrt sich nahezu unkontrolliert. Die Probleme mit dieser Tierart nehmen genauso rasant zu, wie die Wolfspopulation.“ Zitat Ende.  https://www.lausitzer-allgemeine-zeitung.org/wolfspolitik-die-falschen-versprechen-im-wahlkampf/?fbclid=IwAR2UVZwdY8ZIFMLiQrRiOhkzHlBq2Oor7fV8CtRh49o1jkGlASnvy3rTvuM

Die Ausssagen Kretschmers stehen im krassen Gegenzug zu dem, was die Wissenschaftler des Kontaktbüros, das Landrat Lange unterstellt ist, herausgefunden hatten.  Siehe Schreiben der EU:

 

 

Weidetierhalter provozieren weiter Wolfsrisse

Wir haben uns eine Weide bei Schäfer W., der zugleich auch Jäger ist, mal genauer angeschaut. Erst vor wenigen Wochen brachte der MDR einen Artikel, in dem der Jäger-Schäfer wörtlich zitiert wurde, dass er trotz 100 % Förderung die Wölfe in der Lausitz abgeschossen bekommen will. Unsere Zaunkontrolle ergab, dass sein Zaun nur den Anschein hat, wolfsabweisend zu sein. Jeweils nur eine Litze führte hier Strom. die höchste Spannung betrug dabei 2.000.

Keinerlei Spannung auf der unteren und zweitoberen Litze.

 

An der unteren Litze ist gar keine Spannung.
An einer mittleren Litze haben wir 2.000 gemessen.

Klöckner und Schulze wollen über Abschuss von Wölfen reden, obwohl der Anteil von Wolfsrissen insgesamt sinkt

Update: 10.01.19  – Agrarministerin Klöckner vorläufig bei Umweltministerin Schulze abgeblitzt. 

Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat sich gegen weitergehende Maßnahmen zur erleichterten Entnahme von Wölfen ausgesprochen. Wie eine Sprecherin des Umweltressorts betonte, gibt es bereits genügend „nützliche und effektive Maßnahmen“. Sie verwies in dem Zusammenhang auf den Bau von Elektrozäunen, aber auch auf den gezielten Abschuss von auffälligen Wölfen, der bereits nach derzeitiger Gesetzeslage möglich sei. Die Sprecherin erinnerte außerdem an ein vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängiges Verfahren gegen Finnland zur dortigen Wolfsjagd zur Bestandsregulierung, dessen Urteil in diesem Frühjahr erwartet werde, schreibt Topagrar gestern in seiner Online-Ausgabe. https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/schulze-gegen-weitergehende-massnahmen-zur-erleichterten-wolfsentnahme-10143954.html?fbclid=IwAR2hQG-BTyFqI2Y8F30zz5iNpqnFh3JoyWNKTb2PoqwyOeHxsPtz6BtwIG0

 

Nach einen Brandbrief, den Agrarministerium Klöckner (CDU) Ende des Jahres 2018 an Umweltministerin Schulze (SPD) geschrieben hatte, soll nun als Konsequenz daraus ein Treffen im Januar 2019 folgen. Klöckner will eine allgemeine Bestandsreduzierung der Wölfe in Deutschland. Diese Forderung verstößt gegen EU-Recht, ergo müssten bereits bestehende Gesetzte geändert werden. Die EU hatte 2018 erneut die Beibehaltung des höchsten Schutzstatus für Wölfe bestätigt und entsprechende Vorstöße von Politikern aus Niedersachsen und Italien zurückgewiesen. Eine Ministeriumssprecherin behauptete gegenüber der MOZ:

„Wie eine Sprecherin des Agrarministeriums jetzt sagte, nimmt der Wolfsbestand in Deutschland jährlich um 25 bis 30 Prozent zu, was alle drei bis vier Jahre eine Verdoppelung bedeute. Heute gebe es hierzulande rund 600 Wölfe. 2016 seien mehr als 1000 gerissene Tiere gezählt worden.“

Diese Anzahl an gerissenen Tieren ist im Vergleich zur Anzahl an Weidetieren, die an Krankheiten oder Totgeburten oder anderen Faktoren jährlich sterben, geradezu lächerlich gering. Laut statistischem Bundesamt wurden 2017 zwei Millionen Pferde, Ziegen und Schafe geschlachtet. 

So sterben Jahr für Jahr Hunderte ausgewachsener Schafe an Krankheiten und an den Folgen fehlender Unterstände oder anderer problematischer Haltungsbedingungen. Die alljährliche Todesrate bei Lämmern, die aufgrund von Witterungsbedingungen sterben oder verhungern, liegt selbst in Deutschland bei bis zu 13 %. Aber anstatt Maßnahmen zu ergreifen, um all diese vermeidbaren Todesfälle zu reduzieren, werden die Verlustraten durch die Zucht neuer Lämmer kompensiert, schreibt das Online-Medium Pro Veg. https://vebu.de/tiere-umwelt/massentierhaltung-ausbeutung-von-tieren/schafe-wolle-aus-schafhaltung/

Was die Sprecherin weiter verschweigt, ist die Tatsache, dass der Anteil an Schafen und Ziegen von Wölfen am Rissgeschehen seit Jahren sinkt, wie dieser Screenshot von der Seite  http://www.dbb-wolf.de aufzeigt. Die EU hat den Wolf unter den höchsten Schutzstatus gestellt, damit er sich vermehren kann. Fachleute sagen, dass in Deutschland Platz für mehrere tausend Wölfe sei. Bis heute leben nicht einmal tausend Wölfe in Deutschland. 

Quelle:

https://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1700696/?fbclid=IwAR2ioPpLd5TsPDNYWObBthJMjoz6IVv1JdAUAW7vWaCP-AIFhP-aE4-_m48

Offener Brief von Wolfsschutz-Deutschland an Umweltminister Philipp Albrecht (Schleswig-Holstein)

14. November 2018

Sehr geehrter Herr Minister Albrecht,

mit Empörung haben wir aus den „Kieler Nachrichten“ vom 31.10.2018 von Ihrem Ansinnen erfahren, sogenannte „verhaltensauffällige“ Wölfe töten zu lassen. Wie Ihnen als Jurist sicher bewusst ist, verstößt die Tötung von Individuen dieser streng geschützten Tierart gegen nationale, europäische und internationale Gesetze. Die Tötung von Wölfen ist aus ökologischen und moralischen Gründen strikt abzulehnen.  Auch  das sollte Ihnen  als  „Grüner“ wohl verständlich sein.  Umso weniger nachvollziehbar ist ihre Forderung nach einer Tötung von Wölfen.

Alle  Ökosysteme  auf  der Erde  sind nicht  nur miteinander  verbunden,  sondern funktionieren  nach  den  gleichen  Grundprinzipien. Störung und Zerstörung natürlicher Lebensräume  und -gemeinschaften bewirken zwangsläufig Ungleichgewichte und Fehlfunktionen in betroffenen Ökosystemen. So führte die fast ausschließlich ökonomische, nur auf steigende Bedürfnisse von immer mehr Menschen ausgerichtete Landnutzung, zur Ausrottung des Wolfes und anderer Spitzenprädatoren in Deutschland. Die noch heute spürbaren Folgen sind  gravierende ökologische  Verwerfungen mit ökonomisch  nachteiligen Veränderungen  in deutschen  Wäldern  und anderen  Natur- und  Kulturlandschaften.  Genannt  seien  hier  die  durch  fehlende Beutegreifer unkontrollierte  Vermehrung und veränderte Verhaltensweisen von Wildschwein, Reh und Co., welche letztlich u.a. die Naturverjüngung und den Erfolg von Neuanpflanzungen in Wäldern  be- und  verhindern. So  schreibt  Peter  Wohlleben,  sind  die  Wildbestände  in  unseren  Wäldern auf  dem  bis  zu  fünfzigfachen  Niveau  derer  angekommen,  die  einst  in  hiesigen  Urwäldern  zu  finden waren. Nicht umsonst existiert die russische Weisheit: „Wo der Wolf  lebt,  ist der Wald gesund.“ Und wo der Wald gesund ist, sind es  u.a. auch Boden, Grundwasser, Luft  und Klima. So belegen aktuelle wissenschaftliche  Studien den  Zusammenhang  zwischen  einem ökologisch intakten Wald und lokalem Klima; u.a. durch Feuchtigkeitsretention und verstärkte Wolkenbildung auch in Trockenperioden.

In Zeiten des bereits real existierenden und spürbaren globalen Klimawandels auch hier in Deutschland, mit prognostizierten und in 2018 erlebten extremen Dürren, ist der Klimaeinfluss intakter Wälder  von unverzichtbarer ökologischer,  ökonomischer und soziologischer Bedeutung. Intakte  Wälder und  andere  Landschaften  brauchen  also  intakte natürliche Lebensgemeinschaften  und  der  Wolf  ist seit hundertausenden von Jahren integraler Bestandteil dieser Lebensgemeinschaften und Motor der sogenannten trophischen Kaskaden in Ökosystemen.

So ist es nicht verwunderlich, dass renommierte Wissenschaftler aus aller Welt in einem Moratorium „Warnung an die Menschheit“ zum Erhalt der Erde als Grundlage unserer Existenz explizit den Erhalt und  die  Schaffung  von  Lebensräumen  für  Apex-Prädatoren  wie  Wölfen  fordern  (World  Scientists’ Warning to Humanity: A Second Notice). Dies vor allem auch, um anthropogen gestörte ökologische Prozesse und Dynamiken wiederherzustellen.

Tötung  von Wölfen verstößt gegen Gesetze

Die enorme  Bedeutung  der  großen  Beutegreifer  für unsere natürlichen Lebensgrundlagen gilt unter Fachleuten unumstritten. Auch aus diesem Grund sind Wölfe strengstens geschützt und das muss so bleiben. Das Töten von einzelnen Wölfen und gesamten Wolfsfamilien im großen Stil verstößt gegen alle  anerkannten  Naturgesetze,  beeinträchtigt  folglich  das  ökologische  Gleichgewicht  ganzer  Biome, bedroht damit unsere Lebensbasis und steht somit in krassem Widerspruch zur Pflicht von gewählten Politikern  und  Behörden.  Diese  sind, wie  sie  als  Minister sicher wissen,  dem  Gemeinwohl  verpflichtet, u.a. indem sie unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen und erhalten.

Entgegen all den genannten Tatsachen forcieren politisch und wirtschaftlich einflussreiche Kräfte aus rein ökonomischem und kurzsichtigem Eigeninteresse eine widerwärtige, vollkommen unqualifizierte und auf Halbwahrheiten sowie Lügen gebaute Hetzkampagne gegen den Wolf. Diese zielt letztlich auf die erneute Ausrottung des Wolfes ab. Keines der von diesen Leuten gegen den Wolf hervorgebrachten  Argumente  besitzt  Hand  und  Fuß.  Dazu  gehört  auch  das  gebetsmühlenartig  wiederholte  Argument von „verhaltensauffälligen“ Wölfen. Es gibt keine verhaltensauffälligen Wölfe. Führende Wolfsforscher  widersprechen  vehement  einer  solchen  Kategorie  von Wölfen. Es gibt wie beim Menschen auch bei Wölfen lediglich unterschiedliche Charaktere. So gibt es in Wolfs- wie  Menschenfamilien neugierige  und  vorsichtige  Charaktere.  Dazu  kommen  junge  unerfahrene  und  ältere  erfahrenere  Wölfe  im  Familienverband  und  als  wandernde  Einzeltiere.  All  diese unterschiedlichen Charaktere können sich gegenüber Menschen und Nutztieren unterschiedlich verhalten. Dazu kommt, dass es durch die immer stärkere Zersiedlung auch der letzten naturnahen Lebensräume zu Nahbegegnungen von Mensch und wandernden Jungwölfen führen kann. All das führte in keinem einzigen Fall in Deutschland oder anderswo zu aggressivem Verhalten oder gar Übergriffen gegenüber Menschen.

Jim Brandenburg, der wohl bekannteste Fotograf von Wölfen und zugleich Forscher, schreibt hierzu in seinem sehr lesenswerten Buch „Brother Wolf“ sehr klar: „Der Wolf ist das einzige große Raubtier,  das den  Menschen  nicht  attackiert.“ L. David Mech  schreibt  in  seinem  Standardwerk „The Wolf“: „Wölfe gehören zu den wildesten und zugleich scheuesten Tieren in den nördlichen Regionen … sie vermeiden den Menschen aus Angst.“ Wölfe  als „verhaltensauffällig“ und gefährlich einzustufen ist somit unsachlich. Auf solch unsachlicher Grundlage den Abschuss von Wölfen zu fordern oder zu rechtfertigen ist unverantwortlich und kategorisch abzulehnen. Wirklich gefährlich für den Menschen ist der Mensch selbst. Zunehmende  Urbanisierung, Luftverschmutzung, Straßenverkehr, falsche Ernährung, Waffengewalt usw. fordern tausende Tote jährlich. Durch Jäger sterben jährlich Dutzende Menschen in Deutschland. Durch den Wolf stirbt  kein Mensch. Wer und was  zum Schutz des Menschen eigentlich auf die „Abschussliste“ gehört, scheint somit klar.

Wölfe  brauchen  weder  Regulierung  noch  Management  durch  den  Menschen

Wölfe sind natürliche Raubtiere  und wie  alle Lebewesen auch Nahrungsopportunisten. Mit möglichst wenig  Energieaufwand  überleben  ist  ein  Grundprinzip  der  Natur und  auch uns  Menschen  eigen.  So verwundert es nicht, dass Wölfe hin und wieder unzureichend geschützte Nutztiere, vor allem Schafe und Ziegen reißen. Allerdings machen Nutztiere etwa als 1% der Nahrung von Wölfen aus. Ausreichender Schutz der Nutztiere durch z.B. qualifiziert errichtete Schutzzäune oder Herdenschutzhunde können hier erfolgreich Abhilfe  leisten. Unvergleichlich schlimmer als durch Wolfsrisse ist der jährliche Verlust durch den sinnlosen Tod von ca. 250 Mio. Nutztieren aufgrund katastrophaler Haltungsbedingungen und ökonomischer Gier. Schon vor diesem Hintergrund ist das Töten von Wölfen wegen relativ weniger und vermeidbarer Übergriffe  auf  Nutztiere unverhältnismäßig, ungerechtfertigt und kategorisch abzulehnen. Auch  führte die  Tötung vor  allem  älterer  und  erfahrener Wölfe – meist Elterntiere – zur Schwächung eines Rudels und folglich zu verändertem Beutespektrum und noch mehr Übergriffen auf Nutztiere. Peter Wohlleben schreibt hierzu in einem seiner Bücher: „Wolfshasser, die Übergriffe  auf  das  Vieh  verhindern  möchten,  sollten  also  lieber  das  Gewehr  im  Schrank  stehen lassen.“ Zudem  belegen  Feldstudien  aus  den  USA  und  Kroatien,  dass  offizielle  genehmigte  Abschüsse von Wölfen auch zu mehr illegalen  Tötungen  führen und  damit  den Wolf  in  seinem  Bestand  bedrohen können.

Wölfe  brauchen  weder  Regulierung  noch  Management  durch  den  Menschen.  Die  Populationsdynamik von Wölfen unterliegt den perfekt orchestrierten Gesetzen der Natur. Ein Eingriff des Menschen in  diese  Gesetze  ist  unnötig,  schädlich  und  letztlich  zum  Scheitern verurteilt.  Gescheiterte  Versuche des  Menschen  die  natürliche  Fauna  und  Flora  zu  seinen  Gunsten  manipulieren  zu  wollen,  gibt  es weltweit zur Genüge. Natursteuerung ohne unerwünschte Nebenwirkungen ist ein Märchen wie das von Rotkäppchen und dem bösen Wolf. Besser kontrollieren wir unser eigenes Handeln, das von zunehmend maßloser Gier und Verschwendung getrieben immer offensichtlicher zur nachhaltigen Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen führt. Dies und nicht der Wolf bedroht uns und unsere  Zukunft  auf  diesem  Planeten.  Flächenversiegelung,  Flussbegradigungen,  Wald- und  Lebensraumvernichtung,  Artenschwund,  Vermüllung  der  Ozeane,  Vergiftung  von  Boden  und  Grundwasser, Glyphosat  &  Co.  in  unserer  Nahrung,  Luftverschmutzung,  Strahlenbelastung  durch  Mobilfunk  usw. sind die wahren Bedrohungen für unsere Existenz. Und es sind allesamt menschgemachte Bedrohungen. Hören wir auf mit dem Finger auf Wolf & Co. zu zeigen, sondern kontrollieren und ändern unser eigenes selbst- und naturzerstörerisches Tun. Und genau hier sind Sie als Politiker gefordert, die entsprechenden  Weichen  in  Richtung  Veränderung  zu  stellen,  anstatt  unverändert  an  den  alten  Märchen vom guten Menschen und dem bösen Wolf festzuhalten. Die Natur braucht uns nicht, aber wir brauchen  die  Natur. Dieser  alte  ARD-Umweltspot  hat  an  Aktualität  nichts  verloren.  Lassen  Sie  uns also  lieber deutlich mehr  Wildnis und ökologische  Korridore schaffen,  um das  menschgemachte  rasante Artensterben zu stoppen, anstatt die Tötung von Wölfen zu fordern und seine erneute Ausrottung und damit den Verlust einer weiteren Art zu forcieren.

Auch  moralisch  besitzen  wir  kein  Recht,  über  Leben, Tod und Fortbestand von  Wolf,  Luchs,  Bär,  Biber, Kormoran und anderen Arten in diesem Land und anderswo zu richten. Wir sind nicht Herr dieser Welt und sollten ihn auch nicht spielen. In Anbetracht des Zustands dieses Planeten qualifizieren wir uns höchstens als Krönung der Schröpfung. Lassen wir also die Natur nach ihre Gesetzen walten und folgen diesen ab sofort mit mehr Respekt und Demut als bisher. Dazu gehört auch, Lebensräume und Früchte dieser Welt – ob in Natur- oder Kulturlandschaften – mit anderen Arten wie dem Wolf zu teilen. Entschädigungszahlungen an  Landwirte für  gerissene  Nutztiere und finanzielle  Unterstützung für nicht letalen Herdenschutz sind ein bescheidener Ausgleich der Gesellschaft für unsere exklusive Nutzung fast aller Lebensräume. Hierzu  bedarf  es mehr  Bereitschaft der  Menschen zur  Koexistenz.

Die Tötung von Wölfen ist ein blutiger Irrweg

So  fordern wir  Sie  abschließend erneut mit  aller  Nachdrücklichkeit auf,  von  ihrem Plan abzusehen, Wölfe unter fadenscheinigen Begründungen töten lassen zu wollen. Falls es Ihr Ansinnen ist, mit dem gesetzlosen Töten von Wölfen bei Teilen der Bauern- und Jägerschaft zu punkten, wäre dies ein blutiger Irrweg. Denn nicht der Wolf trägt Schuld am dramatisch fortschreitenden Niedergang von Schäfern und Bauernschaft in Deutschland, sondern eine bauernfeindliche Agrarpolitik zugunsten milliardenschwerer Unternehmen und Investoren. Daher taugt auch der Bauernverband als Lobbyverband der mächtigen Chemie- und Maschinenindustrie nicht  als Ratgeber für Bauernschaft sowie  Umwelt- und Agrarpolitik. Gerade sie als Minister der Grünen sollten sich dessen bewusst sein und stattdessen dem  Auftrag  ihrer  Wählerschaft  folgen,  nämliche Politik konsequent in  Grün zu machen, der  Farbe die für Leben und Vernunft steht. Sie wurden nicht für Politik in Schwarz gewählt, der Farbe, die für Dunkelheit, Tod und Trauer steht.

Der Wolf gehört nach Deutschland und das bereits 300.000 Jahre länger als unsere vor 45.000 Jahren aus Afrika eingewanderten Urahnen des Homo sapiens. Dem Wolf verdanken wir unser Überleben in dieser für uns damals fremden und rauen Wildnis des Nordens.  Wolf  und Mensch  sind  also Partner  seit  Urzeiten.  Wir  gehören  zusammen und unsere Hunde als Abkömmlinge des Wolfes sind allgegenwärtige Zeugen dieser engen und damit ganz besonderen  Lebensgemeinschaft. Zollen wir dem  Wolf  also  den  Respekt  und  Dank der ihm gebührt. Schützen wir ihn konsequent, anstatt ihm ständig weiter nach dem Tod zu trachten.

Dr. habil. Hans-Holger Liste

Brigitte Sommer, Vorsitzende Wolfsschutz-Deutschland e.V.

Brandenburger Wolfsverordnung Freibrief zum Wölfe töten?

Brandenburg – Die Hatz auf den Wolf geht in eine neue Runde. Der Brandenburger Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) hat eine so genannte „Wolfsverordnung“ unterzeichnet. Anfang 2018 soll sie in Kraft treten. Wir von Wolfschutz Deutschland bezweifeln allerdings, dass sich diese Verordnung wirklich konform mit EU-Recht erweisen wird. Von Seiten der EU wurde Ende des vergangenen Jahres erneut der höchste Schutzstatus für den Wolf bestätigt. Ein Vorstoß des Bundeslandwirtschaftsministers, den Schutzstatus zu lockern, wurde damit zurückgewiesen. Will das Land Brandenburg mit seiner Wolfsverordnung (BbgWolfCv) dem mächtigen Bauernverband und dem Jagdverband entgegenkommen? Brandenburg versuche, mit seiner Wolfsverodnung Einzelfallentscheidungen zu auffälligen Wölfen besser abzusichern, heißt es. Weiterhin erklärt der Minister: „Der Wolf steht weiter national und international unter Schutz. Unter diesen Bedingungen brauchen wir neben einem guten Herdenschutz klare rechtliche Regelungen, die Behörden einen Handlungsrahmen vorgibt, wenn Wölfe sich auffällig verhalten oder lernen die anerkannten Schutzeinrichtungen in Nutztierhaltungen zu überwinden.“ Im Klartext heißt dies nach unserer Ansicht: Wolfsabschüsse sollen erleichtert werden.

Dem Spiegel http://www.spiegel.de/…/brandenburg-neue-verordnung-regelt-…

sagt der Minister: „Es wird nur Einzelfallprüfungen geben. Zuständig ist das Landesumweltamt, das zunächst mildere Methoden wie Verscheuchen oder Vergrämen der Tiere versuchen muss. Bleibt dies erfolglos, darf eine „berechtigte Person“ dem Wolf nachstellen und ihn töten. Dies soll in der Regel der Jagdpächter sein.“ Und genau hier liegt eines der Hauptprobleme dieser Verordnung.

Diese Praxis eröffnet der „Problemwolfkreation“ Tür und Tor. Eine Tierfreundin war für uns in einem Gebiet vor Ort, das seit Jahren Schlagzeilen macht. http://www.maz-online.de/…/Verfahren-wegen-moeglicher-Wolfs…

Sabine Schmidt (Name geändert) hat auch Fotos gemacht, die die Lage darstellen. „Seit vielen Jahren leben Wölfe in unserer Nachbarschaft und als Tierhalterin bin ich froh, dass es hier bisher noch nie Probleme mit Wölfen gab. Aufgrund der neuen Brandenburger Wolfsverordnung, nach der zum Beispiel auch Wölfe geschossen werden dürfen, wenn sie zweimal in eine Weide eingebrochen sind, könnte sich das jetzt leider ändern,“ befürchtet die Brandenburgerin, die selbst Weidetiere hält. Denn kaum ist die Verordnung in Kraft, stellt sich die Frage, ob nicht Menschen die nötigen Übergriffe selbst herbeiführen wollen. „Seit Ende Dezember 2017 steht nun eine Schafherde im Bereich eines kommerziellen Jagdgebietes mitten im Wald, an einer Stelle, an der bislang noch nie Weidetiere zu sehen waren.“ Die Weide ist zirka zwei Kilometer von der nächsten Ortschaft, Kemlitz, entfernt. Die aus fünf Schafen bestehende Herde, ist nicht sicher eingezäunt. Eine Batterie, die auf Strom hinweist, ist nicht zu sehen. Keine 500 Meter davon entfernt hat Sabine Schmidt selbst schon Wölfe beobachten können. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Jagdpächter und Tierhalter nicht wissen, dass in dem Gebiet aktuell Wölfe leben. Seit Jahren würde sich der Tierhalter dafür einsetzen, dass Wölfe abgeschossen werden sollen, so Sabine Schmidt. „Am liebsten hätte ich die fünf armen Würstchen da draußen im Wald gleich mitgenommen. Die nächste Nacht kann schon ihre letzte sein und die bisher absolut unauffälligen Wölfe könnten mit dieser mutmaßlichen „Anköderei“ erst auf den Geschmack von Schafen gebracht werden.“

Desweiteren gibt es auch noch tierschutzrechtliche Bedenken: Auf Bildern ist ersichtlich, dass hier wohl ein aufgestellter Miststreuer als eine Art „mobiler Schafstall“ dienen soll. Der Wassereimer für die fünf Schafe ist so gut wie leer. Es stellt sich die Frage, wie tierschutzgerecht es ist, die Tiere im Dezember auf einer feuchten Wiese zu halten. Die fünf Schafe können sich zwar unter dem Miststreuer unterstellen, doch das Futter liegt nicht überdacht im Regen.

Zudem soll die Entscheidung über einen Abschuss von so genannten „Problemwölfen“, deren Verhalten nicht einmal genau definiert wurde, alleine das Landesamt für Umwelt treffen, ohne vorher Experten hinzugezogen zu haben. Das ist für Wolfsschutz Deutschland inakzeptabel. Der NABU sei im Großen und Ganzen mit der Wolfsverordnung zufrieden, erklärte dagegen die Brandenburger Geschäftsführerin Christiane Schröder, obwohl NABU die Verordnung zusammen mit den anderen Verbänden stark kritisiert hatte. Nicht die erste Aussage, die sowohl bei Naturschützern und den Jägern Verwunderung auslöst. Die Brandenburger NABU-Geschäftsführerin wollte auch dem Abschuss von Jungwolf Filou zustimmen http://www.jagdrechtsblog.com/wolfsmanagement-brandenburg-wird-das-nix/ Neben dem NABU hatten auch der BUND Brandenburg, die Grüne Liga Brandenburg sowie die Naturfreunde Brandenburg eine gemeinsame Stellungnahme zur geplanten Wolfsverordnung abgegeben. https://brandenburg.nabu.de/…/171218-nabu-2-stellungnahme-w…

Hier geht es zur Brandenburger Wolfsverordnung

http://www.mlul.brandenburg.de/…/lmb1.a.3310.de/BbgWolfV.pdf