Hurra ! Hessen ist wieder Wolfsland – Wölfin im Vogelsberg daheim

„Hessen hat wieder einen sesshaften Wolf, nachdem die Art hier sehr lange Zeit ausgerottet war. Das habe die Genprobe eines am Ortsrand von Unter-Seibertenrod im Vogelsberg gerissenen Rehes ergeben, heisst es heute in einer Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.  Bei dem sesshaften Wolf handelt sich um ein weibliches Tier , das sich nun seit mindestens einem halben Jahr im Vogelsberg aufhält. Die Wölfin wurde durch das Wolfsmonitoring des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) erstmalig vor einem Jahr in der Nähe von Bad Hersfeld per Gennachweis an einem Reh registriert. Anschließend zog die Wölfin weiter in den Vogelsberg, wo sie in der Gegend um Ulrichstein wiederholt genetisch nachgewiesen wurde, zunächst anhand einer Kotprobe vom 12. Juli 2019. Zwischen September und November 2019 wurde diese „Ulrichsteiner Wölfin“ an mehreren Wildtier-Rissen genetisch erfasst, auch an zwei toten Kälbern hinterließ sie Speichelspuren. Nun konnte das Tier erneut anhand einer Genprobe nachgewiesen werden, damit gilt diese Wölfin im Vogelsberg als standorttreu.

Beispielbild Wölfin ©Brigitte Sommer

„Für den Artenschutz in Hessen ist die Beobachtung eines sesshaften Wolfes eine gute Nachricht. Viele Nachbarländer haben in den letzten Jahren ähnliche Erfahrungen gemacht, daher war diese Entwicklung absehbar.“ sagte Prof. Dr. Thomas Schmid, Präsident des HLNUG. „Bisher haben wir im hessischen Wolfsmonitoring nur einzelne Tiere auf Wanderschaft registriert, nun scheint sich erstmals seit dem Wolf im Reinhardswald wieder ein Tier bei uns in Hessen niederzulassen,“ so Schmid.

Hinz thematisiert bereits Abschuss

Hessen habe deshalb die Herdenschutzprämie bereits im März auf 40 Euro pro Hektar aufgestockt und die Förderkonditionen verbessert. Sollte es trotz Grundschutz-Maßnahmen zu einem Wolfangriff auf eine Herde kommen, sollen Schäden unbürokratisch und vollständig ausgeglichen werden, schreibt das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HLNUG) heute in einer Pressemitteilung. Darüber hinaus soll noch in diesem Jahr 1 Million Euro für eine einkommenswirksame pro-Kopf Weidetierprämie zur Verfügung gestellt werden, um die angespannte Situation insgesamt für die Schäfer zu verbessern. Bei Wölfen, die sich Menschen gegenüber „auffällig“ verhalten, oder die wiederholt empfohlene Herdenschutzmaßnahmen überwinden, sodass Gefahr besteht, dass sie ernste wirtschaftliche Schäden anrichten, dürfen erschossen werden.“, wird Hinz in der Presssemitteilung des Umweltministeriums zitiert.

Abschuss für Wolfsschutz Deutschland e. V. ein Nogo

Wir von Wolfsschutz Deutschland e. V. sind der Überzeugung, dass kein einziger Wolf aufgrund von Rissen abgeschossen werden darf, denn Abschüsse helfen keinem Weidetierhalter wirklich weiter, sondern wecken nur Begehrlichkeiten für Tricksereien. Wie wir in diversen Zaunkontrollen u. a. hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2019/12/17/hessen-2020-wieder-wolfsgebiet-faktencheck-und-zaunkontrolle-bei-ulrichstein-jagdfrevel-und-meist-ungeschuetzte-weidetiere/  sowie hier https://wolfsschutz-deutschland.de/2020/01/27/faktencheck-und-zaunkontrolle-hessen-hobbyschaefer-e-keine-spannung-auf-den-zaeunen-aber-wolfsausrottung-auf-wutdemo-fordern/nachweisen konnten, werden wohl von bestimmten Schäfern Risse provoziert, um genau solche Abschussverfügungen zu erwirken. Es ist aber der richtige Weg, dass Hessen praktisch im Alleingang endlich eine Weideprämie einführt. Eine bundweite Prämie wird weiter von der GroKo in Berlin blockiert. Die geplante Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes https://wolfsschutz-deutschland.de/2020/02/18/pressemitteilung-lex-wolf-ist-ignorant-und-demokratie-gefaehrdend/ – mit Auswirkungen wie von Hinz geschildert, nämlich dass Wölfe abgeschossen werden könnten, sobald ein „ernster“ Schaden (der nicht einmal genau in der Gesetzesänderung definiert ist) eintritt,  hilft so auch keinem einzigen Schäfer weiter. Zumal oft mehr Tiere Hunden zum Opfer fallen, als durch Wölfe. Ganz abgesehen von der Anzahl an Tieren, die durch Krankheiten, Vernachlässigung und andere Ursachen zu Tode kommen. Die Politik suggeriert Weidetierhaltern, dass Abschüsse eine Lösung wären. So war es übrigens Hinz selber, die im Sommer 2019 in einer Pressemitteilung folgende Zahlen verkündete: „Beim Thema Wolfrisse ist zu beachten, dass bei der ganz normalen Haltung ohne besondere Vorfälle in Hessen jährlich rund 15.000 Schafe und Ziegen sowie mehr als 20.000 Kälber während der Geburt, durch Krankheiten oder andere Ursachen vorzeitig zu Tode kommen. Im Vergleich wurden in diesem Jahr in Hessen 12 Wolfsrisse bei Nutztieren nachgewiesen.“

Mit Ulli von Ulrichstein wird Hessen wieder Wolfsland (GW1166f)

Im Jahr 2008 war erstmals seit der Ausrottung im 19. Jahrhundert wieder ein Wolf in Hessen nachgewiesen und gleich sesshaft geworden, damals im Reinhardswald – der Rüde wurde allerdings 2011 tot aufgefunden, ohne dass ein weibliches Tier zugewandert war. Ein Rudel konnte sich deshalb nicht bilden.

Sollte die nun als sesshaft registrierte Ulrichsteiner Wölfin (von uns „Ulli von Ulrichstein“ genannt) in diesem Gebiet bleiben und ein männliches Tier zuwandern, könnte sich erstmals ein Rudel bilden. Da derzeit vermehrt Wölfe aus anderen Bundesländern nach Hessen zuwandern – 2019 verzeichnete das HLNUG acht verschiedene Individuen – ist die Wahrscheinlichkeit diesmal größer als noch vor zehn Jahren.

Infos für Weidetierhalter vom HLNUG:

Herdenschutz und Entschädigung

Die Herdenschutzprämie ist eine Förderung für Schaf- und Ziegenhalter, die den Arbeitsmehraufwand bei der Absicherung von Weidezäunen unterstützt. Dafür stellt das Landwirtschaftsministerium jährlich 500.000 Euro Landesmittel bereit. Diese Prämie wurde in diesem Monat auf 40 Euro pro Hektar erhöht. Weidetierhalter können bereits ab vier Tieren und einer Weidefläche von zwei Hektar einen Antrag stellen. Mit einer Antragsstellung verpflichten sich Weidetierhalter zu einem Herdenschutz nach guter fachlicher Praxis mit täglichen Zaunkontrollen und einer Einzäunung mit einem Elektrozaun in Höhe von mindestens 90 cm (alternativ ein Festzaun in einer Höhe von 120 cm und zusätzlicher Elektroleitung). Dieser Mindeststandard sollte für Weidetierhalter in der Regel keinen Mehraufwand bedeuten, da er der sogenannten guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft entspricht und auch aus Gründen des Tierschutzes und aus versicherungstechnischen Gründen praktiziert werden sollte, ganz unabhängig vom Wolf.

Dieser Grundschutz für Weidetiere ist von zentraler Bedeutung, um das Risiko von Wolfsangriffen deutlich zu verringern. Vor allem der Bodenabschluss und die Stromführung sind wichtig. Damit können Wölfe abgeschreckt werden. Alle Weidetierhalter sind daher aufgerufen, ihre Tiere nach guter fachlicher Praxis zu schützen. Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) steht den hessischen Weidetierbetrieben außerdem beratend zur Seite.

Außerdem können Weidetierhalter von weiteren Förderprogrammen für die Landwirtschaft profitieren:

Direktzahlungen für landwirtschaftliche Betriebe: Die Direktzahlungen tragen zur Einkommens- und Risikoabsicherung landwirtschaftlicher Betriebe bei und stellen den Schwerpunkt der EU-Agrarförderung dar. Sie gleichen die im weltweiten Vergleich hohen EU-Standards im Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz aus, werden flächenbezogen gewährt und sind grundsätzlich von der landwirtschaftlichen Produktion entkoppelt. Im Rahmen dieses Programms werden verschiedene Prämienkomponenten gewährt, wie z.B. eine Basisprämie von 176 Euro pro Hektar. Für die Erbringung von Umweltleistungen werden zusätzlich zur Basisprämie weitere 85 Euro pro Hektar ausgezahlt.

HALM (Hessische Agrarumwelt- und Landschaftspflegemaßnahmen): Landwirte, wie auch Weidetierhalter, erhalten einen finanziellen Ausgleich für zusätzliche Kosten oder Ertragsverzicht in Folge einer besonders umweltgerechten Landbewirtschaftung. 2019 hat Hessen hierfür rund 45 Millionen Euro ausgezahlt.

Ausgleichszulage (AGZ): Die Ausgleichszulage ist ein Förderinstrument zum Erhalt der flächendeckenden Landwirtschaft in den sogenannten benachteiligten Gebieten. Schaf- und Ziegenhaltung findet hauptsächlich in solchen Gebieten statt. Die Standorte zeichnen sich z.B. durch Hangneigungen, besondere klimatische Voraussetzungen oder auch geringe Bodenqualitäten aus. Ziel der Förderung ist es, in benachteiligten Gebieten eine standortgerechte und möglichst flächendeckende Landbewirtschaftung zu sichern. Bei den Fördermitteln handelt es sich überwiegend um EU-Gelder. 2019 wurden 18 Millionen Euro Ausgleichszulage in Hessen ausgezahlt.

Tierbezogene Prämie bei besonderen Nutztierrassen: Mit der Förderung soll der Fortbestand gefährdeter heimischer Nutztierrassen sichergestellt und damit ihr genetisches Potenzial erhalten werden. Neben den beiden bodenständigen Rinderrassen werden zwei Schafrassen sowie eine Ziegenrasse gefördert. Hessen leistet damit einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität. Die Höhe der jährlichen Zuwendungen beträgt 200 Euro je förderfähigem Rind und 30 Euro je förderfähigem Schaf oder je förderfähiger Ziege. Folgende Nutztierrassen sind Teil des Programms: Rotes Höhenvieh, Deutsches Schwarzbuntes Niederungsrind, Rhönschaf, Coburger Fuchsschaf und Weiße Deutsche Edelziege.

So hilft Wolfsschutz Deutschland e. V. Weidetierhaltern

Wer Hilfe beim Zaunbau benötigt, darf sich gerne bei uns melden. Allerdings helfen wir hier nicht bedingungslos, sondern sichern uns vertraglich ab, dass die Weidetierhalter, die unsere Hilfe in Anspruch nehmen, nicht gegen Wölfe hetzen, Abschüsse fordern oder sich auf Mahnfeuern präsentieren.

Hintergrund Monitoring und Genproben

Die bundesweiten Standards im Wolfsmonitoring sehen vor, dass ein Wolf, der über einen Zeitraum von sechs Monaten in einer Region genetisch nachgewiesen wird, als territorial, also sesshaft zu bezeichnen ist. Alle Proben im Rahmen des hessischen Wolfsmonitorings werden an das nationale Referenzzentrum für Wolfsgenetik, das „Senckenberg Forschungsinstitut für Wildtiergenetik“ in Gelnhausen, geschickt und dort ausgewertet. Jedes Tier erhält bei der Individualisierung durch die Genanalyse eine Kennzeichnung durch ein Laborkürzel – die „Ulrichsteiner Wölfin“ trägt das Kürzel GW1166f (GW = Grauwolf, 1166 = Labornummer, f= weiblich).

Hier die Pressemitteilung des HLNUG mit einem Originalfoto der Wölfin: https://umwelt.hessen.de/presse/pressemitteilung/wolf-wieder-sesshaft-hessen

 

 

9 Gedanken zu „Hurra ! Hessen ist wieder Wolfsland – Wölfin im Vogelsberg daheim

  1. Au weia! In Hessen ist noch immer diese Priska Hinz (Grüne) Umweltministerin… Die ist mir seit der Petition (2017-2019) „Erhalten Sie das hessische Landgestüt Dillenburg, Frau Hinz!“ in lebhaft-unangenehmer Erinnerung… Ich kommentierte damals so:
    „Man sollte schleunigst eine von allen guten Geistern verlassene Umweltministerin von einem Amt befreien, in dem sie erkennbar nicht gewillt ist, zum Wohle aller wirksam zu werden, sondern eher für irgendeine Bau-Lobby… Das ist Amtsmißbrauch, und dies umso mehr angesichts ihrer faulen Begründungen (von wegen Landgestüt Dillenburg nicht „tierschutzgerecht“) vor dem Hintergrund der seit jeher unerträglichen, dem Tierschutz in jeder Hinsicht spottenden Zustände in der kommerziellen, profitorientierten Massentierhaltung, die trotz jahrelanger massiver Proteste politisch einfach geduldet und perpetuiert werden! Eine unsägliche Schande!“
    Und genau diese Umweltministerin hat jetzt also am Beispiel „Wolf in Hessen“ erneut eine Gelegenheit, Ihre hanebüchene Auffassung von Tier- und Umweltschutz umzusetzen! Daß sie bereits jetzt den Abschuß (von „auffällig“ gewordenen Wölfen) thematisiert, läßt mich nichts Gutes ahnen… Aber jetzt will ich einfach mal hoffen, daß die löblicherweise eingeführte „Weidetierprämie“ den Schäfern/Weidetierhaltern und unserer Ulli von Ulrichstein eine Chance zur friedlichen Coexistenz gibt…

  2. Ich wünsche ihr wirklich von ganzem Herzen viel, viel Glück beim Versuch des Überlebens. Schließlich wird sie es mit Menschen/Ignoranten zu tun bekommen.

  3. Wir benötigen Umweltministerinnen und -minister, die das Primat des Arten- und Naturschutzes in ihren jeweiligen Bundesländern mit Leben erfüllen und sich für die dauerhafte Existenz ihre Schutzbefohlenen einsetzen und nicht solche, die über irgendwelche fragwürdigen Kautelen (wie die Neufassung der § 45a BNatSchG) nachdenken, die den Abschuß eines einzelnen Tieres oder eines ganzen Familienverbandes legitimieren. Fazit: die vornehmste Aufgabe einer hessischen Umweltministerin bestünde somit darin den WolfsSCHUTZ zu intensivieren und ergänzend hierzu in der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen, die eine friedliche Koexistenz zwischen Wölfen und Weidetierhaltern ermöglichen (s.a. Positivbeispiele Rumänien und Italien). Nach den aktuellen Äußerungen von Frau Hinz ist es mehr als fraglich ob diese sich den real gegebenen Anforderungen an ihr Amt/an ihren originären Aufgaben- und Verantwortungsbereich als oberste Artenschützerin gewachsen zeigt. Leider gibt es diesbezüglich bereits aktuell genügend Negativbeispiele in Deutschland (Schlesw.-Holstein und v.a. Niedersachsen) wo die zuständigen Umweltminister ohne valide Basis teils Millionenbeträge in die völlig sinnlose und wahrscheinlich auch rechtswidrige Jagd auf ein nach EU-Recht streng geschütztes Lebewesen (und nicht etwa in den Artenschutz!…) „investiert“ haben.

  4. Ein einzelner „Alibi-Wolf“ – ist das nicht Wasser auf die Mühlen jener Beschwichtiger und Salbader, wie sie in den Medien zuhauf zu finden sind, die gebetsmühlenartig immer wieder wiederholen, es sei noch nicht alles verloren für den Artenschutz und die wie halluziniert, immer wieder die Mär von der noch zu rettenden Vielfallt daherleiern ? Es muss nichts geändert werden – schaut es geht auch so: Der Weg ist das Ziel (in den aufgeschobenen Orcus).

  5. Frau Hinz sollte endlich Vernunft annehmen und ihren vorlauten Mund halten- sie hat überhaupt keine Empathie für Tiere, Umwelt usw. Wir freuen uns über die Wölfe und sie redet schon wieder von Abschüssen- widerlich!

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