Moderater Zuwachs: 29 Wolfsrudel mehr als im Vorjahr leben in Deutschland

Kaum wurden die neuesten Zahlen zum Wolfsvorkommen in Deutschland vom Bundesministerium für Naturschutz bekannt gegeben, geht der übrliche Trara auch schon los. Statt sich darüber zu freuen, dass Wölfe ihre Plätze zurückerobern, erscheinen wie jedes jahr wieder zahlreiche Artikel in den Massenmedien mit Panik schürenden Überschriften und haltlosen Forderungen der Agrar und Jagdlobby. Wolfsschutz-Deutschland e. V. freut sich über die positiven Zahlen, doch wir beobachteten auch, dass Rudel und Einzelwölfe plötzlich verschwanden.

Statt wolfsfreie Zonen oder eine allgemeine Jagd auf Wölfe zu fordern, sollte endlich unsere Forderung nach einem einheitlichen Förder- und Forderkatalog für die Weidetierhaltung mehr Aufmerksamkeit finden. Da sich die Wölfe nach dem offiziellen Wolfsmonitoring tatsächlich mehr auszubreiten scheinen, sollten endlich Fördermaßnahmen für das gesamte Bundesgebiet geschaffen werden und überall entschädigt und gefördert werden. Dies würde auch einen Teil der Bürokratie abbauen und WeidetierhalterInnen könnten auch für Risse von durchwandernden Jungtieren entschädigt werden.

Beispielbild. © Brigitte Sommer

EU-Förderung ignoriert?

Dennoch darf nicht vergessen werden, dass der Anteil an Weidetieren in der Ernährung von Wölfen so gut wie keine Rolle spielt und nur knapp über einem Prozent beträgt. Anders als Deutschland haben mehrere EU-Mitglieder einen Fonds der EU  zur Finanzierung von Herdenschutz über den Europäischen Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) schon seit 2014 genutzt. In Deutschland dagegen versäumten es die Länder, die für den Herdenschutz verfügbaren Mittel über europäische Zuschüsse aufzustocken. Auch der Sondertopf, der von der EU geschaffen worden ist, wurde wohl nicht in Anspruch genommen. Wir fragen uns natürlich warum nicht? Setzt man auf SChießen statt auf Schützen?

Die Monitoringzahlen

Im Monitoringjahr 2020/2021 gab es 157 Wolfsrudel in Deutschland. Das geht aus den Erhebungen der Bundesländer hervor, die hierfür mehr als 27.000 Hin- und Nachweise ausgewertet haben. Die amtlichen bestätigten deutschen Wolfszahlen haben das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) jetzt in Abstimmung mit den Ländern veröffentlich

Das Wolfsvorkommen konzentriert sich wie in den Vorjahren auf das Gebiet von Sachsen in nordwestlicher Richtung über Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern nach Niedersachsen. Weitere Wolfsterritorien wurden in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen nachgewiesen. Die meisten Wolfsrudel leben im Wolfsjahr 2020/2021 (1. Mai 2020 bis zum 30. April 2021) in Brandenburg (49), gefolgt von Niedersachsen (35) und Sachsen (29).

Neben den 157 Rudeln sind 27 Wolfspaare sowie 19 sesshafte Einzelwölfe für das Monitoringjahr 2020/2021 bestätigt. Im vorhergehenden Monitoringjahr 2019/2020 wurden 131 Rudel, 45 Paare und neun Einzelwölfe nachgewiesen (aktualisierter Stand vom 30.11.2021).

Im Vorjahr lauteten die Zahlen wie folgt. Neben den 128 Rudeln sind 35 Wolfspaare sowie zehn sesshafte Einzelwölfe für das Monitoringjahr 2019/20 bestätigt. Im vorhergehenden Monitoringjahr 2018/19 wurden 105 Rudel, 41 Paare und zwölf Einzelwölfe nachgewiesen (aktualisierter Stand vom 30.10.2020).

BfN-Präsidentin Sabine Riewenherm wird folgendermaßen zititert: „Ich danke den Bundesländern für die wertvolle Ermittlung zu den Wolfsbeständen im Rahmen ihres Wolfsmonitorings. Die amtlich geprüften Daten aus den Ländern zur Anzahl der Territorien und zu den Vorkommen zeigen: der Wolfsbestand in Deutschland nimmt zu. Die meisten Wolfsterritorien verteilen sich von Ostsachsen bis an die Nordsee. Aber auch außerhalb dieser Vorkommen konnten in den mittel- und süddeutschen Bundesländern einzelne Wolfsterritorien nachgewiesen werden.“

Alleine vier tote Wölfe durch geheime Jagden in Niedersachsen

Die Anzahl aufgefundener toter Wölfe (Totfunde) lag bei 138 Tieren, davon sind 107 durch Verkehrsunfälle gestorben. Bei 13 Wölfen war die Todesursache natürlichen Ursprungs, neun Wölfe wurden illegal getötet, bei fünf Wölfen war die Todesursache nicht zu ermitteln und vier Wölfe wurden im Rahmen von Managementmaßnahmen im Monitoringjahr 2020/2021 entnommen, laut Pressemitteilung. Diese unter „Managementmaßnahmen“ aufgeführten erschossenen Tiere sind allesamt auf die geheimen Schießbefehle des Niedersächsischen Umweltminister Lies zurückzufähren. Ausgestellt waren sie auf die Elterntiere, erschossen worden waren allesamt Jungtiere. Wolfsschutz-Deutschland e. V. hatte daraufhin Strafanzeigen erstatten. Wie zu erwarten war, wurden keine Ermittlungen aufgenommen, bzw. Ermittlungen eingestellt. Wir berichten auch hier: https://wolfsschutz-deutschland.de/2021/12/03/schluss-mit-geheimen-wolfsjagden-in-niedersachsen/

Verschwundene Wölfe in Sachsen und Rheinland-Pfalz

Wir von Wolfsschutz-Deutschland e. V. beklagen, dass das komplette Neusorge-Rudel, sowie auch das Weißwasserrudel in Ostsachsen verschwunden ist. In Niesky und Bihain beobachteten wir nur noch Einzeltiere. Eine der Ursachen könnten praktisch wöchentlich stattfindende Treibjaggden sein, die sogar in so genannten Prozessschutzgebieten stattfinden, in denen normalerweise gar nicht gejagt werden darf. Als Ausnahme gilt die Bekämpfung der Schweinepest. Ebenso wurde die Schonzeit für Rotwild aufgehoben, was den Jagddruck auf die gesamte Tierwelt noch erhöht. Hinzu kommt noch ein zig Kilometer langer unter Strom stehender Zaun, der die Wildschweine hindern soll über die Grenze von Polen nach Deutschland zu gelangen. Wir sehen hier auch Hinweise darauf, dass auch Wölfen der Übergang erschwert bis unmöglich gemacht wird. Offiziell heisst es, dass die Wölfe sich selbst dort Konkurrenzdruck machen würden, doch dies zweifeln wir an, weil in den westliche gelegeren Gebieten mindestens genauso viele Wolfsrudel sind. Auffalldend ist , dass von Weißwasser bis Neusorge ein wolfsfreier „Korridor“ zu sehen ist.

 

Wildschweinzaun zwischen Polen und Deutschland behindert Wildtiere.

Das komplette Neusorge-Rudel, hier noch auf unserem Film mit Welpen zu sehen, ist verschwunden.

 

Auch in Rheinland-Pfalz beklagt ein anderer kleiner Naturschutzverein, das Verschwinden von Wölfen aus der Region des Leuscheider Rudels.

Einheitliche Standarts im Wolfsmonitoring

„Die Daten, die das Bundesamt für Naturschutz jährlich im Herbst veröffentlicht, werden von den Bundesländern nach einheitlichen Standards jeweils für ein Monitoringjahr erhoben. Dieses erstreckt sich vom 1. Mai bis zum 30. April des darauffolgenden Jahres und deckt sich zeitlich mit einem biologischen „Wolfsjahr“, von der Geburt der Welpen bis zum Ende des ersten Lebensjahres. Grundlage des Wolfsmonitorings sind eindeutige Wolfsnachweise, wie etwa durch Lebendfang, genetische Nachweise (auch aus Kotproben) oder Fotos. Auch bestätigte Hinweise, etwa von einer erfahrenen Person überprüfte Spuren, werden für das Monitoring herangezogen. Die von den Bundesländern erhobenen Daten werden anschließend überprüft und durch das BfN und die DBBW bundesweit im Rahmen des Treffens der im Monitoring erfahrenen Personen von Bund und Ländern zusammengeführt,“ heisst es weiter in der Pressemitteilung des Bundesamtes für Naturschutz.

 

 

Pressemitteilung des Bundesamtes für Naturschutz: https://www.bfn.de/pressemitteilungen/aktuelle-wolfszahlen-bundesweit-157-rudel-bestaetigt

Zum direkten Vergleich die Meldung aus 2020: https://wolfsschutz-deutschland.de/2020/11/06/bundesamt-fuer-naturschutz-bfn-gibt-zahlen-fuer-das-akutelle-wolfsmonotoringjahr-bekannt/

Dazu interessanter Bericht von 3Sat nano: https://www.3sat.de/wissen/nano/211202-wolf-nano-100.html#xtor=CS5-54

Pressemitteilung der Naturschutzinitiative e. V. RLP über „verschwundene Wölfe“ https://naturschutz-initiative.de/pressemitteilungen/1071-12-10-2021-pm-wohin-verschwinden-die-woelfe-im-westerwald

Unsere Info über verschwundene Wölfe in Sachsen: https://wolfsschutz-deutschland.de/2021/10/28/keine-rasante-vermehrung-neue-wolfszahlen-fuer-sachsen-entlarven-alte-probleme/

6 Gedanken zu „Moderater Zuwachs: 29 Wolfsrudel mehr als im Vorjahr leben in Deutschland

  1. Das ist die typische deutsche Willkommenskultur. Alles, was sich regt, erstmal abknallen. Einige nennen Angst, andere Futterneid und die Jäger Sport als Grund. Panikmache aus Eigennutz. Besonders wenn man bedenkt wie arglos unsere Vorfahren mit den Wölfen gelebt haben. Jetzt nennt man Geldaufwand als Grund für wenig Gegenmaßnahmen wie z. B. Hütehunde und besser gesicherte Zäune. Also, wer ist dann dran Schuld…….?

  2. Am Geld kann der Herdenschutz eigentlich nicht scheitern, denn es gibt Geld von der EU.
    Allerdings muss dies auch beantragt werden. Wer aber an allem kein Interesse hat sind die Jäger, die eine starke Lobby bilden und ihre hörigen Politiker, die oft selbst Jäger sind. Mit Wölfen leben ist bei Verständnis kein Problem, denn es sind scheue und kluge Tiere, die von uns Menschen nichts wissen wollen. Verwerflich ist, dass, wohl einige schlechte Menschen
    Wölfe heimlich und arglistig töten. Aus dem Hinterhalt natürlich! Ich wünsche mir, dass endlich vielen Menschen klar wird, was für wunderbare Tiere das sind und wie erbärmlich die Menschen sind, die Tiere aus niederen Motiven töten.

  3. Der Mensch findet immer einen Schuldigen ( Wolf für Risse, Rehe schaden den klimafreundlichen Neuanpflanzungen im Wald – hört hört, nach jahrelanger Misswirtschaft im Wald, Wildschweine/ Schweinepest usw. ). Für Zäune ist kein (Steuer-)Geld da, aber für jeden anderen Sch…..

  4. 6. Dezember 2021.
    Wolf reißt 25 Schafe im Landkreis Osterholz
    https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/wolf-reisst-schafe-landkreis-cuxhaven-100.html
    Bei einem Wolfsangriff auf eine Schafherde bei Rade im Landkreis Osterholz sind mehr als 25 Tiere getötet worden. Das bestätigte der Kreisverband der Wasser- und Bodenverbände im Altkreis Wesermünde. Der Verband will an diesem Montag über das weitere Vorgehen beraten.

    Bei dem Angriff in der Nacht von Freitag auf Samstag wurden laut Kreisverbands-Geschäftsführer Thomas Ströer 25 Tiere gerissen, mehrere weitere waren geflüchtet und wurden später tot aufgefunden. Die Schafe gehören zur Deichschäferei in Wersabe im Landkreis Cuxhaven. In deren Nähe hatte es erst vor Kurzem ebenfalls einen Angriff mit zwei toten und 35 vermissten Schafen gegeben.

    In beiden Fällen habe der eigens aufgestellte Wolfszaun, ein vom Land Niedersachsen gefördertes Pilotprojekt, den Angriff nicht verhindern können. Die Schafe seien wichtig für die Deichsicherheit. Man erwarte nun Hilfe vom Land und den Landkreisen, sagte Ströer zu buten un binnen.
    Wolfsberater schmeißt hin

    Der Landkreis Cuxhaven will sich nicht äußern, weil sich der Angriff auf dem Gebiet des Landkreises Osterholz ereignet habe. Aus Osterholz liegt noch keine Stellungnahme vor.

    Der ehemalige Wolfsberater Hermann Kück erneuerte seine Kritik am Landkreis Cuxhaven. Dieser erkenne die Realitäten nicht an. Er hatte vor Kurzem sein Amt niedergelegt, sein Argument: Der Landkreis verharmlose das Problem.

    1. Lobbyland Niedersachsen: uns würde es nicht wundern, wenn längst eine geheime Abschussgenehmigung von UM Lies (SPD) auf dieses Rudel ausgestellt wäre. Das vorherige Rudel wurde übrigens, nachdem eine unglaubliche mediale und verbale Hetze (auch von so genannten Wlfsfreunden) gegen es eröffnet worden war, illegal beseitigt.

  5. Professionelle Aufklärung tut not. Liebe Frau Sommer, bitte machen Sie unbedingt weiter. Jäger*innen sind und bleiben für mich Faschisten.

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