Am 1. Mai 2025 wurde im Bezirk Villach-Land, Kärnten, ein Wolf – ein Rüde – in den frühen Morgenstunden getötet. Dieser Abschuss, der 20. seit Inkrafttreten der Kärntner Risikowolfsverordnung im Januar 2022, ist ein weiterer Beweis für die rücksichtslose und rechtswidrige Wolfspolitik in Österreich. Wir, Wolfsschutz-Deutschland e. V., verurteilen diesen Akt aufs Schärfste und stellen uns entschieden gegen jeden Wolfsabschuss. Der Wolf ist eine geschützte Schlüsselart und seine Tötung – egal unter welchem Vorwand – ist ein Angriff auf die Natur und das ökologische Gleichgewicht.
Keine genetische Analyse – Willkür statt Transparenz
Die Kärntner Behörden behaupten, der Abschuss sei aufgrund erfolgloser Vergrämungsversuche und der Einstufung des Wolfs als „Risikowolf“ gerechtfertigt gewesen. Doch wie kann ein Tier als Risikowolf eingestuft werden, wenn keine genetische Analyse vorliegt? Laut den uns vorliegenden Informationen wurde der Kadaver zwar beprobt, aber es gibt keinerlei Belege dafür, dass eine genetische Analyse durchgeführt oder abgeschlossen wurde. Ohne diese Analyse ist es unmöglich, den Wolf eindeutig mit Rissereignissen oder anderen Vorfällen in Verbindung zu bringen. Dies ist ein eklatanter Verstoß gegen die Grundsätze eines transparenten und wissenschaftlich fundierten Wolfsmanagements. Die Behörden handeln nach dem Prinzip „erst schießen, dann fragen“. Doch selbst wenn der getötete Wolf tatsächlich für einen Riss verantwortlich gewesen wäre, wäre dies kein Grund, ihn zu töten. Insider deuten an, dass Landwirte möglicherweise wenig Anreiz haben, ihre Tiere besser zu schützen, da Entschädigungen garantiert und marktschwankungsunabhängig sind. Dies deutet auch darauf hin, dass Entschädigungen in manchen Fällen attraktiver erscheinen als der Verkauf, insbesondere bei niedrigen Marktpreisen oder hohen Schutzmaßnahmenkosten (z.B. Elektrozäune, Herdenschutzhunde). In Kärnten müssen Tierhalter keinen zwingenden Nachweis über Schutzmaßnahmen (z. B. Zäune, Herdenschutzhunde) erbringen, um Entschädigungen für Risse durch Großraubtiere zu erhalten. Die Entschädigungspraxis ist kulanzorientiert und Zahlungen werden auch für unbestätigte Risse oder vermisste Tiere in Gebieten mit Raubtierpräsenz gewährt. Wozu also überhaupt Abschüsse?
Weidetierabstürze: Kein Zusammenhang mit dem Wolf
Die Behörden und die Agrarlobby rechtfertigen den Abschuss mit angeblichen Gefahren für Weidetiere. Besonders perfide ist die Behauptung, Wölfe würden Weidetiere in den Absturz treiben. Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache: Es gibt keinen einzigen belegten Fall in Kärnten, in dem ein Wolf nachweislich für den Absturz eines Weidetiers verantwortlich war. Weidetiere stürzen aus vielfältigen Gründen ab – etwa durch schlechtes Wetter, unwegsames Gelände, mangelnde Beaufsichtigung oder Panik durch Hunde oder Touristen. Laut Berichten der Kärntner Landwirtschaftskammer und des Österreichzentrums Bär, Wolf, Luchs sterben jährlich etwa 200–300 Weidetiere in Kärnten durch Abstürze, Krankheiten oder andere natürliche Ursachen, ohne dass Wölfe im Spiel sind.
Die pauschale Schuldzuweisung an den Wolf ist ein populistischer Trick, um von den wahren Problemen abzulenken: unzureichender Herdenschutz, fehlende Hirten und mangelnde Förderungen für präventive Maßnahmen. Statt die Almwirtschaft durch Elektrozäune, Herdenschutzhunde oder professionelles Weidemanagement zu stärken, wird der Wolf zum Sündenbock gemacht. Dies ist unwissenschaftlich und gefährdet die Artenvielfalt langfristig.
Tragödie für die Wolfspopulation: Eine verlassene Wölfin und ihre Welpen?

Der totgeschossene Wolf war ein Rüde und es ist nicht auszuschließen, dass er eine trächtige Partnerin hatte. April und Mai ist die Zeit, in der Wölfinnen Welpen zur Welt bringen. Ohne den Rüden, der für die Nahrungsbeschaffung entscheidend ist, wird es für eine Wölfin nahezu unmöglich, ihre Welpen allein durchzubringen. Die Folge: Die Wölfin wird gezwungen, häufiger auf leichte Beute wie Weidetiere auszuweichen, was die Zahl der Risse paradoxerweise erhöhen könnte. Studien aus Italien und Slowenien zeigen, dass der Abschuss eines Rudelmitglieds die soziale Struktur eines Wolfsrudels destabilisiert und Rissereignisse oft zunehmen. Kärntens Politik fördert also genau das Problem, das sie vorgibt zu lösen.
Dieser Abschuss ist ein Verlust für die ohnehin kleine Wolfspopulation Österreichs – mit nur etwa 104 nachgewiesenen Wölfen im Jahr 2023. Der Wolf ist eine Schlüsselart, die durch die Regulierung von Wildbeständen wie Rehen und Wildschweinen unsere Wälder gesund hält. Seine Tötung aus Lobby-Gründen ist ein Rückschritt für den Naturschutz. Wir, Wolfsschutz-Deutschland e. V., lehnen jeden Wolfsabschuss kategorisch ab, da er die fragile Population weiter gefährdet und Alternativen wie Herdenschutz systematisch ignoriert.
Strafanzeigen kleiner Vereine: Ein Hoffnungsschimmer – Doch wo bleibt der WWF?
Wir begrüßen die mutigen Schritte kleinerer Tierschutzvereine in Kärnten, die Strafanzeigen gegen diesen Abschuss wegen Tierquälerei angekündigt haben. Diese Vereine zeigen, dass der Widerstand gegen die rechtswidrige Wolfsjagd wächst. Ihre Anzeigen sind ein starkes Signal, dass die Zivilgesellschaft nicht länger schweigen wird. Solche Aktionen sind umso wichtiger, da sie die Behörden zwingen, ihre Entscheidungen zu rechtfertigen und Transparenz zu schaffen.
Doch wir fragen uns: Wo bleibt der WWF? Große Naturschutzorganisationen wie der WWF Österreich haben die Kärntner Wolfsverordnung wiederholt als rechtswidrig kritisiert und rechtliche Prüfungen angekündigt. Doch konkrete Klagen scheitern oft an formalen Hürden. So wurden 2023 Beschwerden des WWF und von ÖKOBÜRO gegen Entnahmebescheide für zwei Wölfe vom Landesverwaltungsgericht Kärnten zurückgewiesen, da die Bescheide als bloße „Informationsschreiben“ gewertet wurden und keinen angreifbaren Verwaltungsakt darstellten. Revisionen beim Verwaltungsgerichtshof blieben offenbar erfolglos und für das neue Alm- und Weideschutzgesetz (in Kraft seit Mai 2024) liegen laut Kärntner Behörden derzeit keine Klagen vor. Die Verordnung ist so gestaltet, dass sie Beschwerden durch pauschale Abschussgenehmigungen und fehlenden Rechtsschutz erschwert – ein klarer Verstoß gegen die Aarhus-Konvention.
Warum zögert der WWF, rechtlich gegen diesen Abschuss vorzugehen? Mit seinen Ressourcen und seiner Expertise könnte der WWF vor Gericht gegen Verstöße gegen die FFH-Richtlinie kämpfen, insbesondere nach dem EuGH-Urteil von 2024, das Abschüsse in Österreich für rechtswidrig erklärte, solange die Wolfspopulation keinen günstigen Erhaltungszustand hat. Wir vermissen eine klare Klagepolitik und fragen uns, ob der WWF seine Kräfte auf Kompromisse mit der Agrarlobby oder anderen Strategien konzentriert, anstatt die Kärntner Wolfsjagd gerichtlich zu stoppen. Wir fordern den WWF und andere große Verbände auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und Klagen einzureichen, um die rechtswidrige Praxis zu beenden.
Die Kärntner Wolfsverordnung ist ein Musterbeispiel für eine verfehlte Politik, die weder den Weidetieren noch den Wölfen gerecht wird. Wir, Wolfsschutz-Deutschland e. V., stehen gegen jeden Wolfsabschuss, da er die ohnehin bedrohte Population weiter schwächt und Alternativen wie Herdenschutz ignoriert. Statt pauschaler Tötungen fordern wir:
- Fachgerechten Herdenschutz: Elektrozäune, Herdenschutzhunde und Hirten haben in Ländern wie der Schweiz und Italien Risse um bis zu 80 % reduziert. Es dürfte nur Entschädigungen geben, wenn ein Herdenschutz nachgewiesen wurde.
- Rechtsschutz: Die Verordnung verstößt gegen die Aarhus-Konvention, da sie keinen Rechtsschutz für artenschutzrechtliche Ausnahmen bietet. Dies muss gerichtlich geklärt werden.
Den Wolf zum Feind zu erklären, klingt geradezu fanatisch im Spiegel der tatsächlichen Probleme, die auf die Bauern zukommen werden. Seine Rückkehr nach Österreich ist eine Chance, Mensch und Natur in Einklang zu bringen – doch Kärnten verspielt diese Chance durch eine kurzsichtige Jagdpolitik. Wir stehen an der Seite der kleinen Vereine, die mit ihren Strafanzeigen ein Zeichen setzen wollen, und rufen alle Naturschutzorganisationen auf, sich diesem Kampf anzuschließen.
Die Macht der Agrar- und Jagdlobby in Kärnten
Die Agrar- und Jagdlobby prägt Kärntens Politik und Kultur und behindert effektiven Wolfschutz. Globale Konzerne spielen dabei auch eine Rolle, während regionale Strukturen dominieren:
- Agrarlobby: Die Landwirtschaftskammer Kärnten vertritt 18.228 Betriebe, die 88 % der Landesfläche bewirtschaften. Familienbetriebe stehen im Fokus, doch globale Konzerne wie Bayer (Saatgut, Pestizide) oder Cargill (Agrarhandel) könnten indirekt über Lieferketten Einfluss nehmen. Die enge Zusammenarbeit mit Landesrat Martin Gruber erleichtert agrarfreundliche Politik, wie die Risikowolfsverordnung.
- Jagdlobby: Die Kärntner Jägerschaft repräsentiert über 11.000 Jäger und kontrolliert 951.745 ha Jagdfläche. Unternehmen wie Swarovski Optik (Jagdoptiken) könnten von der Jagdkultur profitieren, doch der Einfluss bleibt lokal geprägt. Die Jägerschaft nutzt ihre politische Verzahnung, um Wolfsabschüsse zu fördern.
- Einfluss auf Wolfsabschüsse: Seit 2022 ermöglichte die Risikowolfsverordnung 20 Wolfsabschüsse, gestützt von Agrar- und Jagdinteressen, die Weidetiergefahren übertreiben, obwohl keine belegten Abstürze durch Wölfe vorliegen. Globale Konzerne sind zwar nicht direkt involviert, aber regionale Narrative könnten von Agrarinteressen (z. B. Futtermittelproduktion) unterstützt werden.
- Kritik: Die Lobby wird für ihre politische Dominanz und mangelnde Transparenz kritisiert. Reformforderungen, z. B. vom Verein der freien Jäger, bleiben ungehört. Der Verein der Freien Jäger bezeichnet die Kärntner Jägerschaft als „feudal“ und kritisiert, dass sie wie ein geschlossenes Machtsystem agiert, das wenig Raum für demokratische Mitbestimmung lässt. Die Jägerschaft, als Körperschaft öffentlichen Rechts mit etwa 11.630 Jagdscheinbesitzern, wird als elitär wahrgenommen, da sie von einflussreichen Akteuren wie Großgrundbesitzern und traditionellen Jagdstrukturen dominiert wird. Naturschutzinteressen werden zugunsten populistischer Narrative zurückgestellt, während globale Konzerne indirekt von einer schwachen Umweltpolitik profitieren.
Fazit: Die Kärntner Agrar- und Jagdlobby basiert auf regionaler Macht und politischer Verzahnung, mit Einfluss globaler Konzerne. Nur gesellschaftlicher Druck und stärkere Naturschutzpolitik können diese Strukturen aufbrechen.
Wir freuen uns über finanzielle Unterstützung:
Konzerne und Lobbyisten bestimmen immer mehr – und nicht im Interesse der Bürger und nicht zum Wohle der Natur – mit. Deshalb ist es essentiell, dass es Vereine wie Wolfsschutz-Deutschland e. V. gibt, die völlig unabhängig sind. Kein Vorstandsmitglied sitzt in einer Partei. Parteien mischen auch nicht bei uns mit und wir nehmen keine Lobbygelder an. Wer uns unterstützt, kann sich also sicher sein, dass wir stets im Sinne unserer Wölfe handeln. Wir sind nicht bestechlich.
Doch wir Helfer brauchen auch Hilfe. Bitte unterstützen Sie uns mit einer Spende. Auch mit einem Dauerauftrag von 5 Euro im Monat können wir viel Gutes tun und weiter für unsere Wölfe kämpfen. https://wolfsschutz-deutschland.de/spenden-2/
2 Gedanken zu „Kärntner Wolfsabschuss – Willkür statt Naturschutz“
Unmöglich was diese Lobbyisten anrichten entgegen jeglicher Vernunft!
Was Abstürze nicht nur von Weidetieren betrifft, so sollte das Augenmerk auch auf die Gleitschirmflieger-Fraktion gelegt werden, die lautlos über den Abhängen oder entlang diesen kreisen, die Tiere dadurch erschrecken (es könnte sich ja auch um einen Adler oder Geier handeln) und sich dadurch vertreten und abstürzen.
WWF … ah ja … Nun, so mancheine/r soll ja auch noch an den Klapperstorch glauben, der die Kinder bringt. Nun denn, dann glaubt mal schön weiter.
Der WWF hat mit dem Schutz bedrohter Tierarten so viel zu tun, wie CO2 mit dem Klima.
In Wien wird an einem Tag soviel Brot von den Bäckereien weggeworfen, das dann verbrannt werden muß, daß man davon ganz Graz einen Tag lang mit Brot versorgen könnte.
Rehe und Hirsche, ja auch Wildschweine werden von den Jägern in der Regel lfd. gefüttert …
Erinnert das nicht an die Geschichte von Hänsel und Gretel, die doch auch von der Hexe fürsorglich ernährt wurden, besonders der Hänsel …
Makaber.
Aber es wird den doch so besonders frommen Austrianern bereits von den kath. Pfaffen gelehrt, selbst saufen und fressen macht satt, deshalb hamse den teuren Messwein und ihre Riesen-Hostien auch nur für sich …
Bitte um Nachsicht für den Sarkasmus und die Ironie.
Doch der Wolf würde sicher lieber noch einige Jahre länger gelebt haben.
Würde man die Kugel, mit der er ermordet wurde, in die Forensik schicken, wäre auch schnell der Mörder ermittelt …